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Artikel „Nitzsch, Gregor Wilhelm“ von Richard Hoche in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 718–722, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Nitzsch,_Gregor_Wilhelm&oldid=- (Version vom 29. Dezember 2024, 10:57 Uhr UTC)
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Nitzsch: Gregor Wilhelm N., Philologe, 1790–1861. Er wurde als der jüngste Sohn des Professors der Theologie und Generalsuperintendenten D. Karl Ludwig N. am 22. Novbr. 1790 in Wittenberg geboren. Durch den Vater und Hauslehrer privatim vorbereitet, trat er Ostern 1806 in die Untersecunda der Landesschule Pforta unter Ilgen’s Rectorat ein und fand hier vornehmlich in dem Professor Ad. Gottl. Lange den anregendsten und fürsorglichsten Leiter, dessen Einfluß auch in späteren Jahren noch ganz wesentlich die Richtung seiner Studien bestimmt hat. Zu seinen Pförtner Mitschülern und Freunden gehörte damals u. a. Aug. Meineke, Ludw. Doederlein, F. A. Nobbe, Fr. Köster (später Professor in Kiel und Generalsuperintendent in Stade), Schilling (Jurist und später Domherr in Leipzig). Mit diesen wurde er durch Lange in Homer und dann auch in die griechische Tragödie tiefer eingeführt, als die Schule zu thun pflegt; Nachbildungen Homerischer Hymnen, welche er als Schüler versuchte, zeigen schon von seiner früh hervortretenden, fast ausschließlich auf Homer sich richtenden wissenschaftlichen Neigung. Ostern 1812 verließ er Pforta, um auf die heimathliche Universität überzugehen; er mußte sich hier als Theologe immatriculiren lassen, da der Rector der Wittenberger Universität die Einschreibung als „Philologe“ ablehnte. Anfangs hörte er auch einige theologische Vorlesungen, predigte auch einmal in einer Dorfkirche, wandte sich aber bald ganz philologischen Studien zu, welche durch Chr. A. Lobeck damals einen neuen Aufschwung genommen hatten; Lobeck’s Vorlesungen und Uebungen – u. a. auch ein griechisches Disputatorium – füllten damals sein ganzes Interesse aus; von studentischem Verbindungswesen hielt er sich fern. – Inzwischen war durch [719] die Schlacht von Leipzig der Bann gebrochen, der die sächsische Jugend von der Betheiligung am Feldzuge gegen Napoleon abhielt; N. gelang es, aus dem damals belagerten Wittenberg zu entkommen, doch fand er die gewünschte Theilnahme an dem Zuge des Thielemann’schen Truppentheils nicht, sondern wurde dem neugebildeten Wittenberger Landwehrbataillon zugetheilt. Mit diesem konnte er Anfang 1814 noch an dem Kriegszuge in Flandern theilnehmen, seit Ende Februar als Unterlieutenant, und machte auch mehrere Treffen vor Lille gegen den Marschall Maison mit; nach dem Frieden kehrte das Bataillon im Juni 1814 nach Wittenberg zurück. Hier war für N. bereits eine Stelle am städtischen Lyceum offen gehalten; um der Form zu genügen, mußte er vor dem Antritte derselben ein kurzes Colloquium bestehen, welches sein eigener Vater als Scholarch mit ihm abhielt, die einzige Prüfung, welche N. nach dem Verlassen der Schule je zu bestehen gehabt. „Daraus mochte es sich auch erklären, daß er es eigentlich nie gelten ließ, daß es beim Examen auf Glück ankomme“ (Lübker). Die Amtsthätigkeit in Wittenberg war nur von kurzer Dauer; schon 1817 wurde N. als Conrector an das Gymnasium Francisceum in Zerbst berufen, nachdem er sich im April dieses Jahres mit Auguste Vogt, der Tochter des früheren Prosectors der Wittenberger Universität, verheirathet hatte. So angenehm die amtlichen und persönlichen Beziehungen in Zerbst waren – auch der anhaltische „Specialpatriotismus“ sagte ihm zu –, so waren doch die Verhältnisse zu eng, um ihn dauernd fesseln zu können; als ihm im J. 1819 die Conrectorstelle am Wittenberger Gymnasium angeboten wurde, folgte er diesem Rufe und kehrte 1820 an die erst vor wenigen Jahren verlassene Stätte zurück. In Zerbst, wie in Wittenberg hat er als Schulmann sich in vorzüglicher Weise bewährt; seine Schüler – unter denen u. a. Moritz Seyffert – rühmten noch in späten Jahren, daß man ihm „Fortschritt und Freudigkeit“ zu verdanken gehabt; die Sicherheit der Methode, der sittliche Ernst und der ideale Zug, der ihn beseelte, gaben ihm einen außerordentlichen Einfluß auf seine Schüler und auch auf seine Collegen. Mit dem Rector Spitzner, von dem er in vielen Beziehungen wesentlich abwich, verband ihn die höchste gegenseitige Achtung. Die schulmännischen Erfahrungen, welche N. an diesen beiden Anstalten zu machen Gelegenheit hatte, sind ihm die werthvollste Grundlage für seine spätere Thätigkeit in der schleswig-holsteinischen Schulverwaltung geworden. – In diese Jahre fällt seine erste wissenschaftliche Veröffentlichung, die Ausgabe des Platonischen Dialogs Ion 1822, welche er selbst aber nur als Zugabe zu der begleitenden „Commentatio de comparativi graecae linguae modis“ betrachtet wissen wollte, ferner das erste Heft seiner „Quaestiones Homericae“ 1824 und sodann der erste Baud seines Hauptwerkes, der „Erklärenden Anmerkungen zu Homer’s Odyssee“, 1826. Diesen widmete er seinem verehrten Pförtner Lehrer Lange. Das Aufsehen, welches die Anmerkungen erregten, vornehmlich auch durch die „wissenschaftliche und pädagogische Methode“, veranlaßte seine Berufung als ordentlicher Professor der Alterthumswissenschaft in Kiel als Nachfolger von Wilh. Wachsmuth. Der Theologe Twesten hatte als interimistischer Verwalter auch der philologischen Professur besonders die Aufmerksamkeit der Universitätsbehörde auf N. gelenkt. Ostern 1827 trat dieser das neue Amt an, nachdem die philosophische Facultät ihn mit der Verleihung der Doctorwürde hon. c. bewillkommnet hatte. – Das neue Amt gab ihm bei der Kleinheit der dortigen Verhältnisse Muße, sich noch mehr als bisher auf sein wissenschaftliches Einzelgebiet, Homer, zu concentriren; schon 1830 erschien der erste Theil der „Meletemata de historia Homeri“, dem 1837 der zweite folgte; auch 1831 der zweite, 1840 der dritte Theil der Anmerkungen. N. bemühte sich, in diesen Veröffentlichungen die zwei „Unarten“ zu überwinden, welche seine Freunde, besonders Lange, an ihm rügten und die er selbst sehr [720] wohl erkannte. „Die eine ist die unselige Dunkelheit. Nachdem ich über mein dunkeles Latein so viel gescholten worden war, hoffte ich, in der Muttersprache doch verständlich reden zu können, aber ich sehe selbst, auch hier ist so viel des Halbentwickelten, des Verschluckten, ja eine verbissene, in einander gepackte Sprache“. „Die zweite Unart ist das Voraussetzen“. Leider ist ihm sein Bemühen nicht recht geglückt; wie ihm die Darstellung – auch oft die mündliche – viele Mühe machte, so erschwerte der Mangel an Form auch das Verständniß seiner Schriften. Selbst G. Hermann fand 1828 ein Programm von N. „schwer zu verstehen wegen der Eigenheit Ihrer Wendungen“. – Neben den Homerischen Studien beschränkte er sich im wesentlichen auf diejenigen Zweige der Alterthumswissenschaft, über welche er lesen mußte: Alterthümer und Metrik schloß er von seinen Vorlesungen ganz aus; im übrigen behandelte er allmählich die meisten der Hauptclassiker und die litterargeschichtlichen Aufgaben; als die werthvollste seiner Vorlesungen ist die 1847 gehaltene über „Homer als Nationaldichter“ zu bezeichnen. Er fand als Docent „zwar keinen rauschenden, aber stetigen Beifall; für bloße Dilettanten war er zu gründlich“. Der Schwerpunkt seiner Unterweisung aber lag in der Leitung des philologischen Seminars, aus welchem die späteren Gymnasiallehrer des Landes hervorgehen sollten; hier hatte die schulmännische Begabung, welche ihn auszeichnete, mehr Gelegenheit sich geltend zu machen, als im rein akademischen Vortrage. Allerdings wurden bei der überaus dürftigen Vorbildung der meisten damaligen schleswig-holsteinischen Studenten erst sehr langsam erfreuliche Resultate wahrnehmbar, nachdem die bessernde Hand an die Schulen des Landes selbst hatte gelegt werden können. Dieses geschah, seitdem 1834 N. als außerordentliches Mitglied in die damals neu errichtete schleswig-holsteinische Regierung in Gottorf berufen und mit der wissenschaftlichen Beaufsichtigung und Oberleitung der sämmtlichen schleswig-holsteinschen Gelehrtenschulen beauftragt worden war. Hierdurch eröffnete sich ihm ein weites Feld fruchtbarer Thätigkeit: die kleinen meist nur vierclassigen Schulen mit vier Lehrern bedurften völliger Neugestaltung in Unterricht und Disciplin, ein Gymnasiallehrerstand war erst neu zu schaffen, nachdem das Lehramt bis dahin nur als Durchgang zur Pfarrstelle gedient hatte, Pflichten und Rechte desselben neu festzustellen, Prüfungen einzuführen u. dgl. m. und so allmählich die dortigen Schulen auf die Höhe der preußischen und sächsischen zu heben. Diese großen und schwierigen Aufgaben hat N. mit lebendiger Begeisterung ergriffen und mit energischem Fleiße zu lösen versucht; seine persönliche Einwirkung bei seinen zahlreichen Inspectionsreisen erwies sich bald als das eigentlich befruchtende und belebende Element bei diesen Neuschöpfungen; er war ein guter Beobachter und ein offener, aber immer wohlwollender Beurtheiler des Beobachteten; seine Rathschläge und Anordnungen fanden willige Annahme bei den Rectoren und Lehrern. Aber freilich fanden sich der Hemmungen und Hindernisse überaus viele; vornehmlich war seine amtliche Stellung eine zu wenig feste, da er nur gutachtliche Vorschläge an die Regierung in Schleswig richten konnte, die gar zu oft bei dieser, noch viel häufiger aber in der obersten Behörde in Kopenhagen – nach der specifisch norddeutschen und dänischen Unsitte – unbeantwortet liegen blieben; an Geld fehlte es überall; während die Gehälter anderer Beamten in den Herzogthümern unverhältnißmäßig hoch bemessen waren, waren für die Gymnasiallehrer nur dürftige Besoldungen zu erreichen, so daß es schwer war, gute Köpfe für diesen Stand zu gewinnen. Die für die Neueinrichtung so dringend erforderliche Berufung von Lehrern und namentlich Rectoren aus Deutschland war zudem ganz abgeschnitten durch die – Dänemark gegenüber allerdings nothwendige – gesetzliche Bestimmung, daß nur Landeskinder in Schleswig-Holstein, mit alleiniger Ausnahme der Universität Kiel, angestellt worden durften; das sich hieraus entwickelnde [721] Autochthonenthum hat die dortigen Gymnasien bis in spätere Zeit hinein nicht zu rechtem Gedeihen kommen lassen. Kamen nun noch unvorhergesehene und unberechenbare Einwirkungen von höherer Seite hinzu, welche statt zu fördern nur die nöthige Entwickelung störten, wie z. B. 1844 die wunderliche Liebhaberei des Königs, an alle Gelehrtenschulen Realabtheilungen anzuhängen, so begreift man, daß diese Hälfte von Nitzsch’s amtlicher Thätigkeit ihm nicht selten unbefriedigend erschien und der Gedanke des Rücktritts ihm nahe trat, zumal eine langwierige Krankheit ihn in den Jahren 1842 und 1843 heimsuchte. Andererseits mochte er das angefangene Werk nicht im Stiche lassen und durch eine Amtsniederlegung der dänischen Regierung nicht die längst gewünschte Gelegenheit zu unmittelbarem Eingreifen bieten. So blieb er auch, als im Herbste 1846 plötzlich sechs Räthe der schleswig-holsteinischen Regierung, seine persönlichen Freunde, entlassen wurden, und blieb auch, als im folgenden Jahre eine Geldbewilligung vom Könige an die Bedingung der Danisirung der ganz deutschen Haderslebener Gelehrtenschule geknüpft wurde. Daß er bei dem nächsten königlichen Geburtstage in der lateinischen Festrede gegen diese Vergewaltigung eine Art Verwahrung einlegte, war selbstredend ohne jede Wirkung, auch bei dieser Gelegenheit wenig am Platze. – Erquicklicher als diese Thätigkeit in der Schulverwaltung hatten sich für N. die Verhältnisse an der Universität gestaltet, welcher von der dänischen Regierung immer eine gewisse Freiheit gelassen wurde; eine Anzahl von Berufungen, bei welchen N. den maßgebenden Einfluß geübt hatte, hatten ihm neue Freunde zugeführt; daß er, wenn auch nur einige Jahre hindurch, seinen alten Freund Heinrich Ritter zum Collegen haben konnte, erkannte er immer mit besonderem Danke an. Ueberhaupt war N. eine zur Freundschaft geneigte und geeignete Natur und namentlich mit solchen Männern, welche seine wissenschaftliche Eigenart achteten und in ihm den Vertreter des „christlich verklärten Hellenismus“ anerkannten, wie Dissen, Nägelsbach, Döderlein u. a. verband ihn das herzlichste Band, auch mit E. M. Arndt, dessen Schwiegersohn einer seiner Söhne wurde. An Vereinigungen und Versammlungen von Philologen und Lehrern nahm er mit besonderer Vorliebe theil, besonders die „norddeutsche Schulmännerversammlung“ hat ihm die vielfachste Förderung und Anregung zu danken gehabt; in den Ferien pflegte er befreundete Philologen in Deutschland aufzusuchen und, wenn irgend möglich, an den Philologenversammlungen sich zu betheiligen. Zu größeren wissenschaftlichen Arbeiten kam er in Kiel nicht mehr; die zeitraubende Thätigkeit des Doppelamtes hat ihn außer dem dritten Bande der „Anmerkungen“ und den Prooemien zu den Lectionsverzeichnissen nur die kleine Schrift über „Die Heldensage der Griechen nach ihrer nationalen Bedeutung“ 1841 vollenden lassen. – Die Bewegung des Jahres 1848 begrüßte er mit froher Hoffnung; seine beiden Söhne traten unter die Waffen, er „fühlte sich gehoben und getragen von dieser edlen, an sich starken Sache“; auch für die Gymnasien hoffte er neues Leben; sein im J. 1849 veröffentlichtes Gutachten „Ueber Reform der Gymnasien als allgemeiner Bildungsanstalten“ wurde aber leider sein pädagogisches Testament. Die Wendungen des Krieges schnitten ihn von den schleswigschen Gelehrtenschulen ganz ab, bald war seine Hauptaufgabe, für die von dort vertriebenen deutschen Lehrer in Holstein oder auswärts ein Unterkommen suchen zu helfen. Doch gab er die Hoffnung auf bessere Tage nie auf; er hielt fest daran, daß Preußen „doch noch dem deutschen Dome die Kuppel geben“ werde. Als sich die Hörsäle der Universität nach der Entwaffnung des Landes allmählich wieder füllten, konnte N. seine akademische Thätigkeit wieder aufnehmen und in den Studien Trost suchen; die Fortsetzung der nach Kiel 1851 übergesiedelten „Hallischen Allgemeinen Monatsschrift“ [722] suchte er durch eigene Beiträge und Gewinnung von Mitarbeitern zu fördern. Da wurde er am 12. Juni 1852 gleichzeitig mit fünf anderen Professoren durch die dänische Regierung seines Amtes entsetzt; als Grund wurde angegeben, daß er im September 1848 gleich seinen Collegen den ihm früher – 1836 – verliehenen dänischen Danebrogorden, den er „als erklärtes Parteizeichen nicht zu tragen vermochte“, zurückgesandt hatte. So wurde er durch eine „rohe Maßregel“ aus dem Boden gerissen, in welchem er nun seit 25 Jahren festgewurzelt war; er las die angefangenen Collegien in seinem Hause noch zu Ende, schloß den Druck des damals im Erscheinen begriffenen größeren Buches „Die Sagenpoesie der Griechen, kritisch dargestellt“ ab und schickte sich als 61jähriger an, eine neue Heimath zu suchen. Diese bot sich über Erwarten schnell; schon zum Winterhalbjahr 1852/53 wurde er als ordentlicher Professor nach Leipzig berufen, freilich zu seinem Schmerze als Nachfolger des kurz vorher seines dortigen Amtes entsetzten Otto Jahn, mit dem er von Kiel aus befreundet war. So freundlich man ihn in Leipzig auch aufnahm, den rechten Boden hat er dort doch nicht mehr gefunden; er war alt, als er dorthin kam; was ihm in Kiel die rechte Einwirkung auf die Studentenschaft ermöglicht hatte, seine amtliche Beziehung zu den höheren Schulen, fehlte ihm jetzt gänzlich; mit seinen wissenschaftlichen Arbeiten ging es auch nicht mehr recht vorwärts und die Hoffnung, seinen Standpunkt in der homerischen Frage doch noch anerkannt zu sehen, erfüllte sich nicht. Von seinen Amtsgenossen in Leipzig scheint ihm nur Overbeck wirklich nahe getreten zu sein. Ehe seine letzte größere Arbeit „Beiträge zur Geschichte der epischen Poesie der Griechen“ im Druck vollendet war – sie erschien 1862 – starb er infolge eines Schlagflusses ohne vorhergegangene Krankheit am 22. Juli 1861; bei der Bestattung hielt ihm Overbeck die Gedächtnißrede. – Nitzsch’s wissenschaftliches Verdienst liegt in ganz hervorragendem Maße in seinen Arbeiten zur Erklärung des Homer; die „Anmerkungen zur Odyssee“, welche leider über die ersten drei Bände (Buch 1–12) nicht hinausgekommen sind, werden, namentlich was die grammatische Seite der Erklärung anbetrifft, immer als Muster gelten müssen. Dagegen hat er mit seinem Widerspruche gegen die von F. A. Wolf aufgestellte Hypothese über die Entstehung der homerischen Gedichte, den er in der ganzen Reihe der im Obigen namhaft gemachten Werke zu begründen suchte, nicht durchzudringen vermocht; schon 1831 wies G. Hermann die Unhaltbarkeit seiner Ansicht nach, daß Ilias und Odyssee von einem Dichter nach festem Plane componirte einheitliche Gedichte seien, überzeugte ihn aber nicht; das spätere Auftreten Lachmann’s und seiner „Secte“ steigerte nur seine Abneigung gegen die „Kleinliederjäger“, die ihn als „Einheitshirten“ verspotteten, vermochte aber auch nicht, ihn in seiner Ueberzeugung zu erschüttern. So vereinsamte er wissenschaftlich mehr und mehr; er mußte den Schmerz erleben, daß sein Beharren auf dem einmal eingeschlagenen Wege nur als Eigensinn aufgefaßt und seine Ansichten als veraltet und abgethan behandelt wurden. Dagegen hat seine Wirksamkeit für die schleswig-holsteinischen Schulen ihm einen dauernden Platz in der Geschichte der Pädagogik gesichert.

Fr. Lübker, Greg. W. Nitzsch in seinem Leben und Wirken, nebst s. Bildnisse u. Beilagen gymnasialpädagogischen Inhalts und Briefen, 1864. – Fr. Rieck, Pädagogische Briefe. Aus der Erinnerung an Gr. W. Nitzsch. 1866. – Bursian, Gesch. der Philologie, S. 714 ff., 1883. – Die Vorreden zu den verschiedenen Werken N.’s, namentlich auch die Widmung des 1. Bandes der „Anmerkungen“ an Lange. – Ein vollständiges Verzeichniß der Schriften N.’s von E. Alberti findet sich bei Lübker a. a. O. S. 188–193. – Vgl. auch Alberti’s Lexikon der schlesw.-holst. Schriftsteller II, S. 129 u. ff., 1868.
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