File:Stift Rein - Stiftungsurkunde, Faksimile.jpg

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English: Foundation deed of Rein abbey (facsimile) by Leopold the Strong of Styria, 1138, Rein abbey, Rein, Styria, Austria
Deutsch: Stift Rein - Stiftungsurkunde von Markgraf Leopold dem Starken aus dem Jahr 1138, Faksimile; Stift Rein, Steiermark, Österreich


Dateibeschreibung (liegt Dn@lor_01 schriftlich vor): Urkunde vom 22. Februar 1138, ausgestellt in Rein.

Die Urkunde ist ein angebliches Original des Erzbischofs Konrad I. von Salzburg; sie gehört dem ersten Viertel des 13. Jahrhunderts an und wurde im Skriptorium des Klosters Rein verfertigt, da offensichtlich die Erstausfertigung verloren gegangen ist. Diese Urkunde gehört zum Typus der so genannten „Seelgerätstiftungen“, d.h. man machte eine Stiftung zum Seelenheil.


Kurzregest:

1138, Februar 22, Rein Erzbischof Konrad I. von Salzburg beurkundet, dass die Markgräfin Sophie den frommen Wunsch ihres verstorbenen Gemahls Markgraf Leopold des Starken(+26.10.1129) erfüllte, indem sie dem Kloster Rein Güter im Reintal, zu Langwies bei Rein und Stangersdorf bei Leibnitz schenkte. Außerdem beurkundet der Erzbischof die Geschichte der Stiftung des Klosters Rein und die ersten Widmungen an dasselbe.


Deutsche Übersetzung, verfasst durch den Reiner Stiftsarchivar Norbert Müller:

(Invocatio) (1): Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit. Konrad durch göttliche Gnade und Barmherzigkeit Erzbischof der hl. Salzburger Kirche.

(Arenga): Jedes Vermächtnis ist eine Rückerinnerung auf das Vergangene, ein Bekenntnis für das Gegenwärtige und ein Ratschlag für das Zukünftige. Daher führen Wir (erg. der Erzbischof) die fromme Intention und Bitte des Markgrafen Leopold mit dieser Urkunde vor Augen, damit Wir durch dieses Gedächtnis den jetzt Anwesenden als einen Anreiz für den Glauben und den nachfolgenden Generationen als ein leuchtendes Beispiel für eine nachahmenswerte Tugend aufzeigen.

(Beurkundung der Geschichte der Stiftung): Denn hierher hat er (erg. Markgraf Leopold d. Starke) nach klösterlicher Vorschrift jene Mönche mit brennendem Eifer von Ebrach berufen und sie im Tal, das Rein genannt wird, mit allem Notwendigen für die Zukunft ausgestattet, was für ihre Ungestörtheit und Abgeschiedenheit geeignet war. Schließlich übergab er ihnen zum Lebensunterhalt jenes Landgut („predium“) (2), das sein Vater Markgraf Otakar II. vom Grafen Waldo im Reintal, zu Langwiesen und zu Stangersdorf durch Übergabe bekommen hatte. Auch hatte er jene vom Grafen Waldo dem Erzstift Salzburg vermachte Hube an dem Ort, wo jetzt das Kloster und Wohnräume der Mönche sich befinden, mit zwei anderen Huben, eine in Hartberg und die andere in Radkersburg von Uns abgelöst; zwar ist er (erg. Markgraf Leopold) schon verstorben, er hinterließ aber seiner Gemahlin (erg. Sophie) dieses begonnene vortreffliche Werk zur frommen und getreuen sowie glücklicheren Vollendung, die als Vormund die Regierungsgeschäfte der Markgrafschaft für ihren kleinen Sohn Otakar (III.) eifrig und friedfertig führt. Das Kloster aber versorgte sie um nichts langsamer als ihr Gemahl. Denn nachdem dort ein Abt erwählt worden war und sich die Zahl der Mönche vermehrt hatte, tauschte sie jene schon damals in diesem Tal (Reintal) bebauten Äcker, die sich nämlich in weltlichen Händen befanden, mit anderen außerhalb gelegenen Äckern, indem sie dem Priester Wolftriglo (3) von Gratwein für seine Pfründenäcker in Langwiesen gleichgroße in Gratwein gab, dem Priester Wolfker (von Graz?) für sein ebenfalls in Langwiesen gelegenes Gut ein gleichwertiges Besitztum am Aichberg bei Feistritz, den beiden Liutram und Wilhelm genannten Besitzern des Hörgasberges Güter „Domegoiestorf und Gerhartesperch“ und übergab diese den Mönchen. Damit aber nichts geschehe, was ihren Frieden in Christo stören könnte, löste sie von Uns den in diesem Tal Unserer Kirche gebührenden Zehent (4) ab, indem sie Uns zwei Huben, eine zu Hundsdorf (bei Gratwein) und eine zu Weier („Wiare“, wahrscheinlich auch bei Gratwein) übergab und so der Uns rechtlich zustehende Zehent durch diesen Tausch losgekauft und dadurch die Steuerfreiheit dieser Güter gewährleistet wurde. Wenn aber jemand die Übergabe dieses Tauschgeschäftes und die Zeugen befragen möchte, möge er sich aus der Urkunde berichten lassen, auf welche Weise diese geschlossen wurde und was sie beinhaltet, wie es oben kurz erwähnt ist.

(Dispositio): Nachdem dies alles losgekauft worden war durch den rechtsgültigen Tausch und so in höchste Freiheit gebracht worden war, trat die Markgräfin Sophie – die ehrbare und bewundernswerte Frau („,patrona admirabilis“) und im frommen Eingedenken an die Güter – mit ihrem Sohn, Markgraf Otakar, vor die versammelten Anwesenden, nämlich Uns (erg. Erzbischof von Salzburg), Unseren hochwürdigen Bischof Roman von Gurk und den Mönchen, Klerikern und Laien im Kloster, das Rein genannt wird, und übergab feierlich mit ihrem Sohn, Markgraf Otakar, mit eigener Hand („potestativa manu“) alle diese Güter im Reintal, ferner Landgwies („Luncwiz“) und Stangersdorf, die sie innehatte und erwerben konnte, Gott und seinen Heiligen als Einkommen für die Brüder, die dort (erg. in Rein) nach der Ordensregel von Ebrach, für Christus streiten (leben);

(Pertinenzformel): seien diese Güter bebaut oder unbebaut, mit Wasserstellen und Wasserläufen, Mühlen, Bergen, Hügeln, Tälern, Wäldern, Wiesen, Fischteichen, umzäunt oder nicht umzäunt, mit allem Nutzen, welche die Vorbesitzer dieser Güter besessen hatten.

(Motiv der Stiftung): Sie (erg. Sophie) machte dies für die Vergebung der Sünden, für das Heil ihres Sohnes und ihrer Töchter, nämlich des Markgrafen Otakar, der Elisabeth und der Margarethe, und aller ihrer Verwandten, vor allem für das Seelenheil ihres Ehegatten Markgraf Leopold und ihres Schwiegervaters Otakar des Älteren (Otakar II.) ferner des Herzogs Heinrich (5), Otto von Naun, Graf Waldo (erg. von Rein) (6), dessen Ort das Erbe war, und schließlich zum Seelenheil ihrer Eltern und aller verstorbenen Gläubigen. Diese Übertragung und die Installierung dieser Übertragung nehme ich, Konrad, der Salzburger Kirche Erzbischof, an zusammen mit dem Abt dieses Klosters mit Namen Gerlach, in Anwesenheit und Akklamation des Klerus und des Volkes mit folgenden genannten (40) Zeugen: Walter von Traismauer (NÖ), Suiker (Schweighart) von Gösting, Hadmar von Kuffern (NÖ), Dietmar „Mordere“, Rudolf von „Buzzenberge“, Seibot von Falkenstein (NÖ), Rudolf der jüngere von Peggau, Adalbert von Roth am Inn (Bayern), Sighart von Flatz (NÖ. bei Wr. Neustadt), Hartnid und Rafolt von Traismauer (NÖ), Hartwig von „Stade“, Hartwig von Aich (bei Feistritz), Adalbert von Dietramin (Bayern), Wisent von Pongau, von den Ministerialen aber der Markgräfin Wulfing von Prozzet (bei Wr. Neustadt), Liutold von Wilhelmsburg (NÖ) und sein Bruder Liutpolt, Ottokar von Schlierbach, Richer von Eferding (bei Linz) und seine Brüder Herrant und Helmhart, Ulrich von Haselbach (NÖ), Konrad von Kraubath, Bernger von Kapellen (NÖ), Rudpert von Lieboch, Volcholt von Steyr, Engilger von Wilhelmsburg, und sein Bruder Sighart, Hiltiwart, Otto, Eberhard von Kehrbach (bei Wr. Neustadt), Dietrich von „Mistorf“, Gerung von Ennnstal, Heinrich Blumele, Friedrich, Bernhard, Heinrich von „Welenge“, Ulrich „Liehtbrene“, Gumpold von Kainach (Stmk.);

Nachdem daher die Schenkung vollzogen und die Zeugen am Ohr gezogen worden waren, gingen Wir (erg. der Erzbischof) mit Stola und Bischofstab in die Mitte und fragten einmal, zweimal und ein drittes Mal, ob jemand gegen diese Schenkung einen Einwand zu machen hätte;

(Poenformel): nachdem niemand einen Einwand vorgebracht hatte, nahmen Wir das Kloster in Schutz und sprachen dann über diejenigen Personen – seien es geistliche oder weltliche – den Bann aus, die dieses Stiftungsgut anfechten oder verletzen sollten. Wenn es ein Geistlicher ist, soll er mit dem Verlust seiner Ämter und auch seiner kirchlichen Einkünfte bestraft werden, wenn es aber ein Weltlicher ist, soll er von allen kirchlichen Sakramenten ausgeschlossen werden.

(Corroboratio) Damit aber diese Unsere Anordnung auch stets fest und unangetastet zu immerwährenden Zeiten bleibe, haben Wir diese Urkunde unterschrieben und Unser Siegel aufgedrückt und auf der anderen Seite der Urkunde das Siegel des Markgrafen Otakar, damit sowohl die priesterliche Autorität als auch die weltliche Macht den Schutz gewährleiste.

(Datierung) Gegeben in diesem Jahr nach der Fleischwerdung des Herrn Eintausend einhundert XXX. VIII., 1. Indiction (7), am VIII. Tag der Kalenden des März, in Anwesenheit des Herrn Konrad, Erzbischof der Salzburger Kirche, im Beisein des Herrn Roman, hochwürdigen Bischofs der Gurker Kirche, des Abtes Gerlach des Klosters Rein und der Markgräfin Sophie sowie ihres Sohnes Otakar.

Nach dem Text befinden sich jeweils am linken und rechten Rand der Urkunde ineinander verschlungene Buchstaben (Zeichen), die das Wort „Conrad“ (links) und „Otacar“ (rechts) ergeben. Jeweils daneben steht folgender Text (zu Deutsch):


Zeichen des Herrn Konrad der hl. Salzburger Kirche (links)

Zeichen des Herrn Otakar unübertroffener Markgraf von Gottes Gnaden Erzbischof (rechts)


Schlussbemerkung:

Mit der in der Urkunde geschilderten Übergabe dieses Dotationsgutes durch die Markgräfin Sophie schied es aus dem Eigentum des laikalen Klostergründers aus, ohne dass gleichzeitig eine direkte Eigentumsübertragung an die Bischöfliche Kirche erfolgt wäre, denn der Erzbischof übergab es ja darnach dem Abt Gerlach und seinem Kloster. Rein war daher weder Eigenkloster des Salzburger Erzbischofs noch der Traungauer. Ab diesem Zeitpunkt galt Stift Rein als selbstständiges Kloster. Daher wird die Urkunde von 1138 auch als eigentliche „Gründungsurkunde“ bezeichnet.


Anmerkungen:

(1) Die inneren Merkmale (Aufbau) einer Urkunde sind folgende: Invocatio: Anrufung der heiligsten Dreifaltigkeit Aussteller der Urkunde mit Intitulatio; Arenga: Motivenbericht zur Ausstellung einer Urkunde; Dispositio: ist das eigentliche Rechtsgeschäft in der Urkunde; Pertinenzformel: die Güter mit ihrem Zubehör; Poenformel: bei Anfechtung des Rechtsgeschäftes werden Strafen angedroht; Corroboratio: Beglaubigungsformel;

(2) Mit „predium“ wird nicht bloß ein Komplex freieigener Grundstücke, sondern öfters auch die curia, Herrenhof, Salhof mit ihrem Zubehör bezeichnet.

(3) Wolftriglo war Pfarrer in Gratwein.

(4) Der Zehent ist eine Steuerleistung.

(5) Herzog Heinrich II. von Kärnten, ein Eppensteiner. Markgraf Leopold der Starke war mit den Eppensteinern verschwägert; als 1122 das Geschlecht der Eppensteiner erlosch, kam ihr gesamter Allodialbesitz (=Eigenbesitz) an die Traungauer, was für die Ausbildung des Landes Steiermark von großer Bedeutung war.

(6) Nach seinem kinderlosen Tod bekam Leopold d. Starke die Grafschaft Rein.

(7) Die Indiktion ist eine Römerzinszahl, ein 15-jähriger Zyklus; stammt aus dem alten Ägypten;
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