Argentinien: Wieder einmal haarscharf am Staatsbankrott vorbei
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Buenos Aires (Argentinien), 02.02.2022 – In letzter Minute konnte sich die argentinische Regierung mit dem Internationalen Währungsfond auf ein Umschuldungsabkommen einigen und so vorerst die zehnte Staatspleite in ihrer Geschichte abwenden. Der 27. Januar, Freitagmorgen, Argentiniens Regierung und Medien befinden sich in Hochspannung: Eine Rückzahlung von 750 Millionen Dollar an den Internationalen Währungsfond (IWF) ist fällig und die Währungsreserven liegen bei nahe Null. Im Laufe des Morgens konnten sich IWF und die Regierung dann doch noch auf die Bedingungen für eine Umschuldung des 2018 von der Organisation an Argentinien vergebenen Mega-Kredits von 44,5 Milliarden Dollar einigen; vorausgegangen war ein monatelanges Tauziehen. Der umstrittene Kredit war der größte jemals vergebene in der Geschichte des IWF. So berichtet die argentinische Tageszeitung Página/12.
Argentinien sah sich allein im Rahmen dieses Kredits für die Jahre 2022 und 2023 mit Zahlungsverpflichtungen von 18 Milliarden und 23 Milliarden Dollar konfrontiert. Für diese Zahlungen fehlen dem Land nach einer jahrelangen Wirtschaftskrise, die sich durch die Covid-19-Pandemie noch einmal dramatisch verschärft hat, einfach die Mittel. Eine Umschuldung war somit unumgänglich. Der IWF forderte dafür im Gegenzug aber hartnäckig marktliberale Reformen im Rentensystem, im Arbeitsrecht und bei den Subventionen im Energiebereich des Landes. Diese lehnte die Mitte-Links-Regierung unter Präsident Alberto Fernandez jedoch strikt ab; sie hofft, der Wirtschaft mit einer Aktivierung der Binnennachfrage auf die Beine zu helfen können, wie Página/12 weiter berichtet. Rentenkürzungen und Entlassungswellen wären Gift für eine solche Politik. Das neue Abkommen sieht keine weiteren Rückzahlungen für die nächsten zwei Jahre vor. Darauf folgen acht Jahre, während denen der Kredit vollständig getilgt werden soll. Dabei soll das Staatsdefizit (2021: 3%+) und die Inflation (2021 50%+) schrittweise heruntergefahren und die Devisenreserven des Landes wieder aufgebaut werden.
Diese Zugeständnisse des IWF gegenüber der Politik der argentinischen Regierung waren nur möglich, da der drohende Zahlungsausfall Argentiniens auch den IWF stark diskreditiert hätte. Página/12 berichtete schon im Dezember: Interne Dokumente des IWF aus dem Jahr 2020 belegen sogar eine Selbstkritik der Organisation an dem überdimensionalen Kredit. Dieser war wohl nur auf Druck der Trump-Administration und anderer politischer Schwergewichte im IWF wie Deutschland und Japan zustande gekommen. Der Zweck war der damaligen neoliberalen Regierung unter Präsident Mauricio Macri die Wiederwahl zu sichern, zu der es dann aber schließlich nicht kam. Auch für das Land hätte ein Zahlungsausfall wohl dramatische Folgen wie massive Kapitalflucht und eine möglicherweise explodierende Inflation gehabt. Darin waren sich große Teile des politischen Spektrums und Wirtschaftsexperten einig, wie die Tageszeitung La Nación berichtet. Nur der linke Flügel des Regierungsbündnisses um die Vizepräsidentin Cristina Fernández de Kirchner warb in den letzten Monaten offen für einen Zahlungsausfall. Das neue Abkommen mit dem IWF muss im Zusammenhang mit dem Verzicht der privaten Gläubiger Argentiniens auf 45% ihrer Forderungen, den die Regierung Fernandez schon 2020 ausgehandelt hatte, gesehen werden.. Argentinien, das auf eine lange Geschichte problematischer Auslandsverschuldung zurückblickt, scheint somit vorerst seinen zehnten Staatsbankrott abgewendet zu haben.
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BearbeitenQuellen
Bearbeiten- Página/12: „FMI: En qué consiste el acuardo“ (29.01.2022)
- Página/12: „Los documentos des autocrítica del FMI sobre el mega crédito a Mauricio Macri“ (04.12.2021)
- La Nación: „Ante un acuerdo obligado con el FMI“ (27.01.2022)
- Deutsche Welle: „Argentinien wendet Staatsbankrott ab“ (04.08.2020)