β-Alanindiessigsäure

chemische Verbindung

β-Alanindiessigsäure bzw. β-ADA (β-Alanindiacetat), das Trianion der N-(2-Carboxyethyl)iminodiessigsäure, ist ein vierzähniger Komplexbildner, der stabile 1:1-Chelatkomplexe mit Kationen mit einer Ladungszahl von mindestens +2, z. B. den „Wasserhärtebildnern“ Ca2+ oder Mg2+ bildet. β-Alanindiessigsäure ist nicht zu verwechseln mit α-Alanindiessigsäure, auch Methylglycindiessigsäure (MGDA) oder α-ADA genannt, deren Erdalkali- und Schwermetallkomplexe wie die der homologen β-ADA, aber im Gegensatz zu Chelatkomplexen mit herkömmlichen Komplexbildnern, wie z. B. EDTA, bioabbaubar sind.

Strukturformel
Allgemeines
Name β-Alanindiessigsäure
Andere Namen
  • N-(2-Carboxyethyl)iminodiessigsäure
  • N,N-Bis(carboxymethyl)-β-alanin
  • β-ADA
  • BETA-ALANINE DIACETIC ACID (INCI)[1]
Summenformel C7H11NO6
Kurzbeschreibung

weißer Feststoff[2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 6245-75-6
EG-Nummer 228-360-6
ECHA-InfoCard 100.025.782
PubChem 535795
ChemSpider 466712
Wikidata Q17128124
Eigenschaften
Molare Masse 205,17 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

190–200 °C (Zersetzung)[3]

Löslichkeit

wasserlöslich[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[4]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Darstellung

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Die erste Synthese von β-Alanindiessigsäure aus β-Alanin und Monochloressigsäure wurde 1949 von Gerold Schwarzenbach berichtet.[5]

 

Mit β-Alanin als Edukt liefert die zweifache Cyanmethylierung mit Formaldehyd und Alkalicyaniden und Hydrolyse der intermediär entstehenden Bis-methylcyanide und anschließendem Ansäuern mit Mineralsäuren β-ADA in Ausbeuten von lediglich 80 %, aber sehr hoher Reinheit von 99,8 %.[6]

 

Die Cyanethylierung von Iminodiessigsäure mit Acrylnitril liefert im Sinne einer Michael-Addition die Cyanoethylverbindung, die nach alkalischer Hydrolyse und Ansäuern in einer Gesamtausbeute von 93,6 % und Reinheit von 99,9 % β-ADA ergibt.[7]

 

Bei der analogen Reaktion mit Acrylsäureestern werden nach Ansäuern 99,9%ige β-ADA in einer Gesamtausbeute von 97,6 % erhalten.[7]

Die direkteste Route verläuft über die Michael-Addition von Acrylsäure an Iminodiessigsäure, die das Trinatriumsalz von β-ADA in 97%iger Ausbeute und 99,2%iger Reinheit erzeugt.[8] Die Umsetzung zur β-Alanindiessigsäure ist in dieser Patentschrift nicht beschrieben.

Der wirtschaftlich günstigste Syntheseweg geht von Iminodiessigsäure aus, die durch Oxidation von Diethanolamin einfach zugänglich ist und als Schlüsselrohstoff für das Herbizid Glyphosat dient.

Eigenschaften

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β-Alanindiessigsäure ist ein farbloser Feststoff, der sich in Kläranlagensimulationen als sehr gut abbaubar (98 % nach acht Wochen) zeigte und als außerordentlich wenig toxisch erwies.[9] An anderer Stelle wird auf die schlechte mikrobielle Abbaubarkeit und Adsorbierbarkeit von β-ADA hingewiesen.[10] Die widersprüchliche Bewertung der Abbaubarkeit von β-ADA, die im Vergleich zur (schnell bioabbaubaren) Methylglycindiessigsäure (MGDA, Trilon M) schwächere Komplexbildung und die geringere Stabilität in weiten Temperatur- und pH-Bereichen haben wesentlich zum Durchbruch von MGDA als geeignetsten Ersatzstoff für EDTA beigetragen.[11]

Verwendung

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Wie andere Komplexbildner aus der Stoffklasse der Aminopolycarbonsäuren findet β-Alanindiessigsäure aufgrund ihrer Fähigkeit zur Bildung stabiler Chelatkomplexe mit mehrwertigen Ionen, insbesondere den Wasserhärtebildnern Ca2+ und Mg2+, sowie von Übergangs- und Schwermetallenionen, wie Fe3+, Mn2+, Cu2+ usw. Verwendung in der Wasserenthärtung, in Wasch- und Reinigungsmitteln, in Galvanik, Kosmetik, Papier- und Textilherstellung.

Einzelnachweise

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  1. Eintrag zu BETA-ALANINE DIACETIC ACID in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 18. April 2020.
  2. a b SAA Pedia: N,N-Bis(carboxymethyl)-beta-alanine
  3. Eintrag zu N-(2-Carboxyethyl)iminodiacetic Acid bei TCI Europe, abgerufen am 5. Juni 2017.
  4. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  5. G. Schwarzenbach, H. Ackermann, P. Ruckstuhl, Komplexone XV. Neue Derivate der Iminodiessigsäure und ihre Erdalkalikomplexe. Beziehungen zwischen Acidität und Komplexbildung, Helv. Chim. Acta, 32, 1175–1186, doi:10.1002/hlca.19490320403.
  6. Patent EP490228: Verfahren zur Herstellung von beta-Alanindiessigsäure und ihren Alkalimetallsalzen. Veröffentlicht am 14. Dezember 1990, Anmelder: BASF AG, Erfinder: M. Zipplies et al..
  7. a b Patent EP641310B1: Verfahren zur Herstellung von β-Alanindiessigsäure oder ihren Alkalimetall- oder Ammoniumsalzen. Veröffentlicht am 15. Januar 1997, Anmelder: BASF AG, Erfinder: M. Kneip et al..
  8. Patent EP0356972B2: Verfahren zur Herstellung von beta-Alanindiessigsäure oder ihren Alkalimetall- oder Ammoniumsalzen. Veröffentlicht am 2. April 1997, Anmelder: BASF AG, Erfinder: R. Baur et al..
  9. L. Nitschke, A. Wilk, C. Cammerer, G. Lind, G. Metzner: Biodegradation and aquatic toxicity of β-alaninediacetic acid (β-ADA). In: Chemosphere. Band 34, Nr. 4, Februar 1997, S. 807–815, doi:10.1016/S0045-6535(97)00009-X.
  10. Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie, 6.12 Komplexbildner, S. 12/3, 2003.
  11. Environmental Protection Agency, DfE's Safer Chemical Ingredients List, Chelating Agents, Alanine, N,N-bis(carboxymethyl)-, sodium salt (1:3).
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