Ahmed al-Dschabari

palästinensischer Oberbefehlshaber des militärischen Flügels der Hamas

Ahmed al-Dschabari (arabisch أحمد الجعبري Ahmad al-Dschabari, DMG Aḥmad al-Ǧaʿbarī; auch Ahmed (al-)Jabari; * 1960 in Gaza; † 14. November 2012[1][2] ebenda) war der Oberbefehlshaber[3] des militärischen Flügels und einer der fünf wichtigsten Führer der Terrororganisation Hamas, der so genannten Top Five.[2] Ahmed al-Dschabari war unter anderem für die Gefangennahme des israelischen Soldaten Gilad Schalit verantwortlich. Dschabari lebte seit 2004 im Gazastreifen im Untergrund und wurde auch das Phantom genannt.[2] Die Vereinigten Staaten führten al-Dschabari auf der Liste der meistgesuchten Terroristen.[4][5]

Nach 1971 hatte die Fatah im Süden des Libanon ihre Basis für den Terrorismus gegen Israel. Im Libanonkrieg 1982 drang Israel militärisch in den Libanon ein, woraufhin sich die Fatah in verschiedene arabische Länder zerstreute und Ahmed al-Dschabari 1982 mit 22 Jahren wegen seiner Beteiligung an Terroraktionen gegen Israel im Namen der Fatah verhaftet wurde. Er verbüßte in Israel eine 13-jährige Gefängnisstrafe. In dieser Zeit wurde er Mitglied der 1988 gegründeten Hamas.[6]

Nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis wurde al-Dschabari 1995 Mitglied der Führungsebene der Hamas.

Im Jahr 2000 wurde er Assistent von Salah Mustafa Muhammad Shehade, dem militärischen Befehlshaber der Hamas. Auf dem Höhepunkt der zweiten Intifada wurde Shehade im Juli 2002 durch einen gezielten Luftangriff von Israel getötet[7]. In dessen Nachfolge wurde al-Dschabari ausführender Kommandant des militärischen Arms der Hamas, der Kassam-Brigaden und Mohammed Deif der militärische Oberbefehlshaber.[5][4] Die Kassam-Brigaden werden von Israel und der EU als terroristische Vereinigung eingestuft.[8]

Im Jahr 2004 überlebte Dschabari verwundet einen gezielten Angriff der Israelischen Luftstreitkräfte (IAF) gegen ihn in seinem Haus im Stadtteil Schadschaijeh von Gaza-Stadt. Hierbei wurden fünf Personen getötet: sein Sohn Mohammed, ein Bruder und zwei Cousins sowie ein Verwandter von Abd al-Aziz ar-Rantisi, dem im April 2004 bei einem Einsatz der Israelischen Streitkräfte getöteten früheren Hamas-Anführer.[9] Aus Angst vor einem weiteren Angriff wechselte er kontinuierlich seinen Aufenthaltsort.[2]

Dschabari wurde 2006 paramilitärischer Oberbefehlshaber[3] und einer der Führer der Hamas[3] und Nachfolger des im Juli 2006 schwer verwundeten Mohammed Deif.

Dschabari stand hinter dem gewaltsamen Kampf um Gaza zwischen Milizen der verfeindeten palästinensischen Bewegungen Hamas auf der einen Seite sowie Fatah und regulären Truppen der Palästinensischen Autonomiebehörde auf der anderen Seite. Dieser bürgerkriegsähnliche Putsch im Juni 2007 brachte Hamas im Gazastreifen an die Macht, und die PLO wurde vertrieben.[2]

Dschabari werden die Verantwortung für jahrzehntelangen Terrorismus gegen Israel, die Ermordung von zwei Soldaten und das Abfeuern von Kassam-Raketen auf Israel zugeschrieben.[10] Ahmed al-Dschabari führte die Unterhandlungen während der Geiselhaft Schalits aus dem Untergrund Gazas und übergab Schalit schließlich selbst an die ägyptischen Unterhändler bei dessen Freilassung gegen mehr als eintausend arabisch-palästinensische Gefängnisinsassen.[4][5]

Dschabari galt in Israel als militanter Hardliner der Hamas,[11] der mit seinen Soldaten das historische Palästina einschließlich Israel befreien wollte.[2] Eine Versöhnung mit der gemäßigten Palästinenserführung lehnte er ab.[2]

Gershon Baskin zufolge war al-Dschabari kurz vor seinem Tod an Waffenstillstandsverhandlungen mit Israel beteiligt.[12]

Nach einer von Ägypten vermittelten Waffenruhe eskalierte die Gewalt am Gazastreifen. Innerhalb einer Woche wurden über 600 Geschosse auf Israel abgefeuert, die israelische Luftwaffe reagierte mit Angriffen auf Hamas-Stellungen.[13] Nachdem es direkt vorher erneut einen Raketenbeschuss aus Gaza auf südliche israelische Landesteile gegeben hatte, wurde Dschabari am 14. November 2012 bei einem israelischen Raketenangriff auf sein Fahrzeug in Gaza gezielt getötet.[14] Dschabaris Tod wurde am selben Tag sowohl vom israelischen Inlandsgeheimdienst Schin Bet als auch von der Hamas bestätigt.[15][16] Außer Dschabari wurde dabei ein weiteres Hamas-Mitglied getötet.[4] Die israelische Armee veröffentlichte ein Video,[17] das den Angriff zeigen soll.

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Israeli air strike kills Hamas military chief Jabari. Abgerufen am 14. November 2012 (englisch).
  2. a b c d e f g @1@2Vorlage:Toter Link/www.heute.deFührende Politiker der Hamas und Israels (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2018. Suche in Webarchiven). In: Heute.de vom 4. Januar 2009
  3. a b c Hamas schmuggelte neue Raketen durch Tunnelsystem. In: Tages-Anzeiger Online vom 29. Dezember 2008
  4. a b c d Philip Kuhn: Hamas-Terrorist stand auf der „Most-wanted“-Liste In: Die Welt online, 14. November 2012. Abgerufen am 15. November 2012 
  5. a b c Zach Pontz: Ahmed al-Jabari: A Man “With a Lot of Blood on His Hands” (VIDEO) In: Algemeiner.com, 14. November 2012. Abgerufen am 15. November 2012 
  6. Mitch Ginsburg: Ahmed Jabari: The ruthless terror chief whose bloody end was only a matter of time, November 14, 2012, 14:20. Abgerufen am 16. November 2012 
  7. Archivlink (Memento vom 7. März 2013 im Internet Archive)
  8. Gemeinsamer Standpunkt 2009/468/GASP des Rates vom 15. Juni 2009 zur Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2009/67/GASP, abgerufen am 30. November 2019
  9. Fünf Palästinenser bei Raketenangriff der IAF im Gazastreifen getötet. In: Newsletter der Botschaft des Staates Israel vom 18. August 2004
  10. Haaretz: Hamas fires Qassams for first time since Gaza takeover (englisch)
  11. Ahmad Al-Jaabari, auf der Hamas-Website, am 5. April 2006: „Unser (gewaltsamer) Widerstand in Palästina wird fortgesetzt und wird unter keinen Umständen beendet werden. Die al-Kassam-Brigaden werden den Marsch für die totale Befreiung des Bodens ihrer geliebten Heimat Palästina vom Mittelmeer bis zum Jordanfluss fortsetzen.“ (Vgl.: Unterschiede in der HAMAS-Rhetorik in westlichen und arabischen Medien. In: Newsletter der Botschaft des Staates Israel vom 21. April 2006)
  12. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 20. November 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.tagesschau.sf.tv
  13. Entweder Gespräche oder Krieg. In: tagesschau.de. 29. Oktober 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Dezember 2012; abgerufen am 4. Juni 2020.
  14. Israel tötet Hamas-Kommandanten al-Jabari. In: drs.ch. 14. November 2012, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 15. November 2012.@1@2Vorlage:Toter Link/www.drs.ch (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  15. Zach Pontz: IDF Kills Hamas Terror Mastermind Ahmed al-Jabari (VIDEO) In: Algemeiner.com, 14. November 2012. Abgerufen am 15. November 2012 
  16. Hamas-Militärchef stirbt bei Luftangriff der Israelis In: Die Welt online, 14. November 2012. Abgerufen am 15. November 2012 
  17. IDF Pinpoint Strike on Ahmed Jabari, Head of Hamas Military Wing auf YouTube, 14. November 2012
  NODES
Intern 2
mac 1
os 3
web 4