Alma redemptoris mater
Alma redemptoris mater ist die marianische Antiphon, die im Stundengebet der katholischen Kirche in der Advents- und Weihnachtszeit entweder zum Abschluss der Vesper oder der Komplet gesungen wird, je nachdem, welche dieser beiden Horen die letzte ist, die in Gemeinschaft gefeiert wird.
Entstehung
BearbeitenBenannt ist der Gesang nach den ersten drei Worten des lateinischen Textes, die „erhabene Mutter des Erlösers“ bedeuten. Für das Alma redemptoris mater hat sich – wie für die anderen marianischen Antiphonen – die Bezeichnung „Antiphon“ eingebürgert, obwohl es sich nicht um antiphonale, sondern eher um hymnusähnliche Gesänge ohne Bezug zu einem Psalm handelt. Verfasser soll gemäß einer unsicheren, auf Jacobus de Voragine – und nicht wie meist irrtümlich behauptet auf Caesarius von Heisterbach[1] – zurückgehenden Tradition Hermann der Lahme (1013–1054) sein, ein Benediktiner der Abtei Reichenau. Die Antiphon könnte jedoch bereits ins 9. Jahrhundert zurückgehen. Die älteste Textüberlieferung findet sich im Antiphonar von Saint-Maur-des-Fossés bei Paris aus dem 12. Jahrhundert.[2]
Lateinischer Text und deutsche Übersetzung
BearbeitenIm Gegensatz zur üblichen akzentrhythmischen Verstechnik der Antiphonen und den freien Rhythmen der übrigen marianischen Antiphonen besteht der Text hier aus je drei einsilbig gereimten quantitierenden Hexametern.[3]
lateinisch | deutsch |
---|---|
Alma Redemptoris Mater, |
Erhabne Mutter des Erlösers, |
Im Gotteslob ist die lateinische Antiphon unter Nummer 666, 1 abgedruckt.
Nachdichtungen
BearbeitenDer Regensburger Domprediger Franz Josef Weinzierl veröffentlichte 1816 ein Gesangbuch mit Verdeutschungen mittellateinischer Hymnen und darin eine Liedparaphrase von Alma redemptoris mater unter dem Titel Erhabne Mutter unsers Herrn.[4]
Maria Luise Thurmair bearbeitete 1969 Weinzierls Nachdichtung. Ihre Fassung mit dem Titel Maria, Mutter unsres Herrn ist im Gotteslob unter Nummer 530 enthalten (unter Nummer 577 im Gotteslob von 1975).
Vertonungen
BearbeitenEs existieren zahlreiche Vertonungen des Textes,[5] so von Gregor Aichinger, Marc-Antoine Charpentier, Luis Dartayet, Peter Maxwell Davies, Josquin Desprez, Guillaume Dufay, Marcel Dupré, Aires Fernandez, Wolfgang Fortner, Johann Joseph Fux, Nicolas Gombert, Francisco Guerrero, Johann Michael Haydn, Joseph Haydn, Jean l’Héritier, Orlando di Lasso, Giovanni Legrenzi, Isabella Leonarda, Natale Monferrato, Johannes Ockeghem, György Orbán, Diego Ortiz, Palestrina, Peter Philips, Josquin des Prez, Bruno Provezza, Josef Gabriel Rheinberger, Giovanni Antonio Rigatti, Juan Garcia de Salazar,[6] Michael Schmoll, Franz Xaver Schnizer, Francesco Soriano, Herman Strategier,[7] Victoria, Jan Dismas Zelenka, Marc’Antonio Ziani. Die wohl bekanntesten sind die von Palestrina und Orlando di Lasso.
- Nicolas Gombert: Alma redemtoris mater (1541, vierstimmig)
- Johannes Ockeghem: Alma redemptoris mater (Motetten)
- Giovanni Pierluigi da Palestrina: Alma redemptoris mater (vierstimmig, zwei Alternatim-Chöre)
- Franz Xaver Schnizer: Alma redemptoris mater (vierstimmiger Chor, Horn, 2 Violinen, B. c.)
- Joseph Haydn: Alma redemptoris mater E-Dur Hob. XXIIIb:E1 und B-Dur Hob. XXIIIb:B4 (vierstimmiger Chor, Horn, 2 Violinen, B. c.)
- Josef Gabriel Rheinberger: Alma redemptoris mater (op. 171,2a; aus: Sechs Marianische Hymnen, Besetzung: SA, Orgel)
Edition
Bearbeiten- Analecta Hymnica Medii Aevi, ed. Guido M. Dreves et al., Bd. 50, S. 317f.
- Corpus antiphonalium officii, ed. René-Jean Hesbert, Rom 1963-1979, Nr. 1356
Literatur
Bearbeiten- Andreas Heinz, Wolfgang Bretschneider: Marianische Antiphonen. In: Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Auflage. Band 6. Herder, Freiburg im Breisgau 1997, Sp. 1357–1359, hier Sp. 1358f.
- Dieter Schaller, Ewald Könsgen: Initia carminum Latinorum saeculo undecimo antiquiorum. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1977, ISBN 3-525-25610-8, S. 28, Nr. 95.
- Thomas Klein et al.: Initia carminum Latinorum saeculo undecimo antiquiorum. Bibliographisches Repertorium für die lateinische Dichtung der Antike und des früheren Mittelalters. Supplementband. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2005, ISBN 978-3-525-25614-5, S. 18, Nr. 95.
- Walter Berschin: Eremus und die Insel Reichenau im Mittelalter – Modell einer lateinischen Literaturlandschaft. Ludwig Reichert Verlag, Wiesbaden 1987, ISBN 3-88226-383-8, S. 17 f., anders in der erweiterten Aufl. 2005, ISBN 3-89500-433-2.
- Walter Berschin, Martin Helmann: Hermann der Lahme – Gelehrter und Dichter (1013–1054) (= Reicheauer Texte und Bilder, Bd. 11). Mattes, Heidelberg 2004, S. 104 f.
- Franz Brunhölzl: Zur Antiphon „Alma redemptoris mater“. In: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinischen Ordens und seiner Zweige, Jg. 78 (1967), S. 321–324.
Weblinks
Bearbeiten- Hörbeispiel: Hörbeispiel (MP3-Datei; 4,54 MB)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Zur Klärung des Sachverhalts vgl. Berschin, Hellmann (s. unten Literatur), Anm. 40, S. 104 und Anm. 43, S. 105, wo die noch von Berschin, Eremus und Insula (s. unten Literatur), S. 17f. formulierten Zweifel sicherer Gewißheit gewichen sind.
- ↑ Antiphonar von St-Maur-des-Fossés, bei Paris, BnF lat. 12044; vgl. Seite Latin 12044 der BnF
- ↑ Die Versgrenzen sind durch senkrechte Striche abgetrennt.
- ↑ Franz Joseph Weinzierl: Das Gesangbuch der heiligen römisch-katholischen Kirche. Aus ihrer Sprache in gereimten Versen übersetzt. Nikolaus Doll, Augsburg 1816, S. 9 (Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek).
- ↑ Vgl. Archivierte Kopie ( des vom 26. Mai 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Vgl. englische Wikipedia.
- ↑ Vgl. englische Wikipedia.