Benzonitril ist eine farblose, brennbare Flüssigkeit, die bittermandelartig riecht.

Strukturformel
Struktur von Benzonitril
Allgemeines
Name Benzonitril
Andere Namen
  • Benzencarbonitril
  • Benzoesäurenitril
  • Phenylcyanid
  • BENZONITRILE (INCI)[1]
Summenformel C7H5N
Kurzbeschreibung

farblose, angenehm nach Bittermandel riechende Flüssigkeit[2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 100-47-0
EG-Nummer 202-855-7
ECHA-InfoCard 100.002.596
PubChem 7505
ChemSpider 7224
Wikidata Q412567
Eigenschaften
Molare Masse 103,12 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig[3]

Dichte

1,01 g·cm−3 (20 °C)[3]

Schmelzpunkt

−13 °C[3]

Siedepunkt

191 °C[3]

Dampfdruck
Löslichkeit

schwer in Wasser (10 g·l−1 bei 20 °C)[3]

Brechungsindex

1,5289 (20 °C)[4]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[5] ggf. erweitert[3]
Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 302+312
P: 264​‐​270​‐​280​‐​301+312​‐​302+352+312​‐​362+364[3]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Das Molekül besteht aus einem sechsgliedrigen, aromatischen Ring, an den eine Nitrilgruppe gebunden ist. Es wird als chemischer Ausgangsstoff für Synthesen oder auch sehr selten als Lösungsmittel eingesetzt.

Geschichte

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Benzonitril wurde erstmals 1832 von Justus von Liebig und Friedrich Wöhler durch Schmelzen von Benzamid mit Bariumhydroxid hergestellt. Diese gaben der Substanz allerdings keinen Namen, sondern bezeichneten es nur als "ölartigen Körper mit süßlich aromatischem Geruch".[6] 1844 stellte es Hermann Fehling durch die thermische Zersetzung von Ammoniumbenzoat her und nannte auch den Namen, weswegen man später davon ausging, er wäre der erste Chemiker gewesen, der es herstellte.[7][8]

Darstellung und Gewinnung

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Die Verbindung kann durch die Umsetzung des Natriumsalzes der Benzolsulfonsäure mit Natriumcyanid gewonnen werden. Die technische Herstellung erfolgt durch eine katalytische Ammonoxidation von Toluol.[2]

 

Eigenschaften

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Physikalische Eigenschaften

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Benzonitril ist eine farblose Flüssigkeit, die unter Normaldruck bei 191 °C siedet.[9] Die Verdampfungswärme beträgt 49,1 kJ·mol−1.[10] Die Dampfdruckfunktion ergibt sich nach Antoine entsprechend log10(P) = A−(B/(T+C)) (P in bar, T in K) mit A = 4,85401, B = 2110,572 und C = −28,331 im Temperaturbereich von 301 bis 463 K.[11] Die Wärmekapazität beträgt bei 25 °C 166,52 J·mol−1·K−1 bzw. 1,61 J·g−1·K−1.[12]

Chemische Eigenschaften

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Durch katalytische Hydrierung (Reduktion) von Benzonitril entsteht das Benzylamin. Versetzt man Benzonitril allerdings mit starken wässrigen Säuren oder Basen, so hydrolysiert es über Benzamid zu Benzoesäure und Ammoniak.[13][14]

Sicherheitstechnische Kenngrößen

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Benzonitril bildet bei erhöhter Temperatur entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Die Verbindung hat einen Flammpunkt bei 67 °C.[3] Der Explosionsbereich liegt zwischen 0,9 Vol.‑% (38 g/m3) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 12 Vol.‑% (510 g/m3) als obere Explosionsgrenze (OEG).[3] Der untere Explosionspunkt beträgt 65 °C.[3] Die Grenzspaltweite wurde mit 0,98 mm bestimmt.[15] Es resultiert damit eine Zuordnung in die Explosionsgruppe IIA.[15] Die Zündtemperatur beträgt 615 °C.[15] Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T1.

Verwendung

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Die Verbindung dient zur Herstellung von Benzoguanaminharzen, Tensiden, Gummichemikalien, Heil- und Desinfektionsmitteln sowie Farbstoffen. Es kann als stark polares Lösungsmittel für Polymere, wasserfreie anorganische Salze sowie metallorganischer Verbindungen eingesetzt werden. Weiterhin kann es als Extraktionsmittel verwendet werden.[2]

Sicherheitshinweise

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Die Flüssigkeit und die Dämpfe sind giftig. Bei Kontakt mit der Verbindung erfolgt eine Reizung der Augen und der Haut. Es kann eine Aufnahme über die Haut erfolgen.[2] Beim Verbrennen können blausäurehaltige Gase entstehen.[3]

Einzelnachweise

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  1. Eintrag zu BENZONITRILE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 18. September 2021.
  2. a b c d Eintrag zu Benzonitril. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 5. September 2023.
  3. a b c d e f g h i j k l m n Eintrag zu Benzonitril in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 3. Januar 2023. (JavaScript erforderlich)
  4. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Physical Constants of Organic Compounds, S. 3-38.
  5. Eintrag zu Benzonitrile im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  6. F. Wöhler, J. Liebig: Untersuchungen über das Radikal der Benzoesäure. In: Annalen der Pharmacie. Band 3, Nr. 3, Januar 1832, S. 249–282, doi:10.1002/jlac.18320030302.
  7. H. Fehling: Ueber die Zersetzung des benzoësauren Ammoniaks durch die Wärme in Ann. Chem. Pharm. 49 (1844) 91–97
  8. Rolf Werner Soukup: Chemiegeschichtliche Daten organischer Substanzen, Version 2020, S. 28 pdf.
  9. Reddy, S.S.; Reddy, K.D.; Rao, M.V.P.: Excess Volumes of Homologous Series of ALiphatic Hydrocarbons with Chlorobenzene, Nitrobenzene, and Benzonitrile in J. Chem. Eng. Data 27 (1982) 173–176.
  10. R. M. Stephenson, S. Malanowski: Handbook of the Thermodynamics of Organic Compounds. Springer 1987, ISBN 94-010-7923-4, doi:10.1007/978-94-009-3173-2.
  11. Stull, D.R.: Vapor Pressure of Pure Substances Organic Compounds in Ind. Eng. Chem. 39 (1947) 517–540, doi:10.1021/ie50448a022.
  12. Tanaka, R.; Nakamichi, T.; Murakami, S.: Molar excess heat capacities and volumes for mixtures of benzomitrile with cyclohexane between 10 and 45°C in J. Sol. Chem. 14 (1985) 795–803.
  13. Heinz G. O. Becker, Werner Berger, und Günter Domschke: Organikum. 22. Auflage. Wiley-VCH, 2004, ISBN 978-3-527-31148-4.
  14. T. Maki, K. Takeda: Benzoic Acid and Derivatives, in: Ullmanns Enzyklopädie der Technischen Chemie, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 2012; doi:10.1002/14356007.a03_555.
  15. a b c K. Nabert; G. Schön; T. Redeker: Sicherheitstechnische Kenngrößen brennbarer Gase und Dämpfe – Kenngrößen des Explosionsschutzes, zusammengestellt aus Schrifttum und eigenen Messungen; 4., erweiterte Auflage 2021, Deutscher Eichverlag, ISBN 978-3-8064-9956-8; Band II, S. II–45.
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