Blitzenrod

Stadtteil von Lauterbach (Hessen)

Blitzenrod ist eine ehemals selbständige Gemeinde und seit dem 1. April 1939[2] ein Teil der mittelhessischen Kreisstadt Lauterbach.

Blitzenrod
Koordinaten: 50° 37′ N, 9° 24′ OKoordinaten: 50° 37′ 5″ N, 9° 23′ 30″ O
Höhe: 337 m ü. NN
Einwohner: 800 (31. Dez. 2016)[1]
Eingemeindung: 1. April 1939
Postleitzahl: 36341
Vorwahl: 06641
Die evangelische Kirche in Blitzenrod
Der Wasserfall der Lauter in Blitzenrod
Das evangelische Gemeindehaus in Blitzenrod –
Das Bildungszentrum Berghaus

Geographie

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Der Ort, durch den die Lauter fließt, grenzt im Norden direkt an die Kernstadt Lauterbach. Etwa 1 km westlich liegt Frischborn, im Süden in 1 km Entfernung liegt Eisenbach mit dem Schloss Eisenbach, 3 km im Osten liegt Angersbach und ebenso weit ist es nach Rudlos im Südosten. Die den Stadtteil umgebenden Wiesen und Wälder östlich und südöstlich von Blitzenrod sind exemplarisch für die besondere Natur des Vogelsbergs.

Ortsgeschichte

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Ortsname

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Dass die Entstehung des Ortsnamens auf die Vermutung zurückgehe, dass er etwas mit Blitzen zu tun habe, ist falsch. Die Namensforschung deutet den Ortsnamen als Rodung eines „Blidizo“.[3] Damit erfolgt die Ortsnamenbildung von Blitzenrod wie bei Allmenrod, nämlich Personennamen und Endung -rod.

Mittelalter

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Der Ort war ursprünglich im Besitz des Klosters Fulda. Der Niederadlige Johann von Hattenbach bestätigte am 5. Juni 1428, dass er durch Johann I. von Merlau, Fürstabt der Reichsabtei Fulda, mit Gärten und Äckern bei Luternbach, drei Gütern und einer Mühle in Wickards, zwei Gütern in Bliczenrode und weiteren Gütern belehnt wurde.[4] Dies ist auch die erste urkundliche Erwähnung des Ortes. Hermann IV. Riedesel zu Eisenbach, Erbmarschall zu Hessen, und sein Bruder Theodor Riedesel belehnten am 20. November 1504 Hans Hold, dessen Ehefrau Gele und ihre Erben mit einem Driesch (drisch) zu „Plitzenrode“, eingerahmt von Deyhes Wiese, Henn Agkers oberer Wiese, das Wasser sowie durch den Berg, wobei dem Belehnten erlaubt ist, das Wasser zur Bewässerung zu nutzen.[5] 1504 heißt es: „gelegen unter Plitzenrade“.[6]

Blitzenrod war ein Dorf im Herrschaftsbereich der Riedesel. Die Riedesel besaßen im Dorf Güter, die sie als Lehen vergaben, u. a. an Bürger in Lauterbach. Am 19. Juni 1464 erhielten „Henne Linenweber“ (Leinenweber) aus Lauterbach und seine Erben ein Gut zu „Blitzenrode“ als Lehen, das von dem alten „Henne Bornträger“ bearbeitet wurde und Linenwebers in Erbleihe gehört hatte. Verliehen wurde es von Hermann II. Riedesel.[7] Der Vater Linenwebers hatte das Gut zu „Bliczenrode“ als rechtes Mannlehen am 20. Mai 1457 von Hermann III. Riedesel erhalten.[8]

Diese drei Dörfer hatten auch einen gemeinsamen Mühlenbann. Das Bannrecht galt für die Mühle zu Frischborn.[9] 1799 wurde das Bannrecht durch fremde Müller verletzt.[10]

Im 16. Jahrhundert, am 1. August 1572, wird ein Grundstück bei der Schmiede zu „Plitzenrodt“ genannt. Im 17. Jahrhundert gehörte Blitzenrod zum Gericht Engelrod. Das Gericht Engelrod umfasste neben Blitzenrod die Orte Hörgenau Engelrod, Dirlammen, Hopfmannsfeld, Eichenrod, Eichelhain, Lanzenhain und Frischborn.[11] In den Riedeseldörfern Blitzenrod, Dirlammen und Frischborn kam es zwischen 1763 und 1767 zu Streitigkeiten mit den Riedeseln wegen der Zehntabgaben für Flachs und Kartoffeln.[12]

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Blitzenrod:

„Blitzenrod (L. Bez. Lauterbach) evangel. Filialdorf; liegt im Vogelsberg 12 St. von Lauterbach, gehört dem Freiherrn von Riedesel, hat 7 Häuser und 57 evangel. Einwohner;“[13]

Am 1. April 1939 wurde die Gemeinde Blitzenrod in die Stadt Lauterbach eingemeindet.

Hutfabrik

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Direkt an der B 275 in Blitzenrod befindet sich die älteste Hut- und Mützenfabrik Deutschlands, das Unternehmen R&M Wegener. Das weitläufige Gebäude wurde am 1. März 1884 von R&M Wegener in Besitz genommen, nachdem das Gelände jahrelang als Spinnerei diente, die jedoch abgebrannt war.[14]

Verwaltungsgeschichte im Überblick

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Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Blitzenrod angehört(e):[15][16][17]

Gerichte seit 1803

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In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für das Fürstentum Oberhessen (ab 1815 Provinz Oberhessen) wurde das „Hofgericht Gießen“ eingerichtet. Es war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Blitzenrod ab 1806 das „Patrimonialgericht der Freiherren Riedesel zu Eisenbach“ in Engelrod zuständig.

Nach der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurden die Aufgaben der ersten Instanz 1821–1822 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übertragen. Dafür wurde das standesherrliche „Landgericht Lauterbach“ geschaffen, das für Blitzenrod zuständig war.

Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglichen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Lauterbach“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[24]

Einwohnerentwicklung

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• 1806: 40 Einwohner, 7 Häuser[21]
• 1829: 57 Einwohner, 7 Häuser[13]
• 1867: 90 Einwohner, 12 bewohnte Gebäude[25]
• 1875: 104 Einwohner, 11 bewohnte Gebäude[26]
Blitzenrod: Einwohnerzahlen von 1800 bis 2015
Jahr  Einwohner
1800
  
37
1806
  
40
1829
  
57
1834
  
54
1840
  
88
1846
  
157
1852
  
86
1858
  
87
1864
  
91
1871
  
102
1875
  
104
1885
  
110
1895
  
172
1905
  
197
1910
  
242
1925
  
285
1950
  
?
1970
  
?
1990
  
?
2003
  
1.037
2005
  
1.007
2010
  
861
2015
  
802
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: 1800[27]; Stadt Lauterbach[1]

Der Ort gehört zur Kernstadt und ist kein eigener Stadtteil. Daher hat Blitzenrod auch keinen eigenen Ortsbeirat.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

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Die ehemalige Gemeinde Blitzenrod verfügt über eine eigene evangelische Kirche. In ihr finden etwa 150 Personen Platz. Die dortigen Glasfenster schuf Alexander Linnemann aus Frankfurt. Das in geringer Entfernung dazu errichtete Gemeindehaus wird zu Veranstaltungen aller Art genutzt.

Wirtschaft und Infrastruktur

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Stromversorgung

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Ein auf dem Gelände der Hutfabrik Wegener fließender Wasserfall treibt schon seit Zeiten eine Turbine zur Stromgewinnung an, die heute für die Stromversorgung der Hutfabrik und von Blitzenrod dient.

Weitere Einrichtungen

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  • Berghaus des Bildungs- und Technologiezentrum für Elektro- und Informationstechnik e. V. „Berghaus“

Bahnverkehr

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Blitzenrod besaß einen Bahnhof an der Bahnstrecke Bad Vilbel–Lauterbach; Teile sind erhalten geblieben. Eine Gedenktafel am Vulkanradweg in der Nähe des Blitzenröder Bahnhofes erinnert an ein Unglück im Jahr 1900 bei dem englische Mineure, die den Felsdurchbruch am Seibertsberg erstellten, um ihr Leben kamen; diese wurden auf dem alten Blitzenröder Friedhof beigesetzt.

Hauptverkehrsstraßen

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Die Bundesstraße 275 verläuft als Teil der Deutschen Märchenstraße durch Blitzenrod und trägt innerhalb des Ortes den Namen Vogelsbergstraße.

Am Ortsrand von Blitzenrod entlang verläuft der Vulkanradweg auf der Trasse der ehemaligen Bahnstrecke Bad Vilbel–Lauterbach. Er ist Teil des BahnRadweg Hessen, der auf ehemaligen Bahntrassen ca. 250 km durch den Vogelsberg und die Rhön führt.

Busverbindungen

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Blitzenrod ist über die Buslinie VB-20 an die Kernstadt Lauterbach angeschlossen.

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Commons: Blitzenrod – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Trennung zwischen Justiz (Landgericht Lauterbach; Patrimonialgerichtsbarkeit der Freiherren Riedesel zu Eisenbach) und Verwaltung.
  1. a b Einwohnerzahlen nach Ortsteilen. (PDF; 55 kB) In: Webauftritt. Stadt Lauterbach, archiviert vom Original; abgerufen im Mai 2018.
  2. Eingliederung der Gemeinden Blitzenrod und Rudlos in die Stadt Lauterbach vom 22. Februar 1939. In: Reichsstatthalter in Hessen (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1939 Nr. 5, S. 26, Nr. 1711/J/38 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 10,9 MB]).
  3. Lutz Reichardt: Die Siedlungsnamen der Kreise Gießen, Alsfeld und Lauterbach in Hessen. Dissertation. Göppingen 1973. = Göppinger Arbeiten zur Germanistik 86. S. 60 f.
  4. StAM, Urk. 76, 174.
  5. StAD, B 13, 1359
  6. Archiv Lauterbach 67, 110.
  7. Edwin Eduard Becker: Riedeselsches Urkundenbuch (UB). 1200- 1500. Offenbach 1924. Nr. 951.
  8. Edwin Eduard Becker: Riedeselsches UB. Nr. 838.
  9. StAD F 27 A46/3.
  10. StAD F 27 A 46/34.
  11. Werner Troßbach: Bauernbewegungen im Wetterau-Vogelsberg-Gebiet 1648–1806. Fallstudien zum bäuerlichen Widerstand im Alten Reich. Diss. Marburg 1985 = Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 52. S. 365–389, S. 366.
  12. StAD F 27 A 39/72.
  13. a b Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 32 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  14. R&M Wegener: Geschichte der Hutfabrik (Memento vom 16. Juni 2016 im Internet Archive), abgerufen am 16. August 2012
  15. Blitzenrod, Vogelsbergkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 4. Mai 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  16. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  17. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC 162730471, S. 12 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  18. Die Zugehörigkeit des Gerichts Engelrod anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
  19. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC 162730471, S. 13 ff., § 24 Punkt d) XI. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  20. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 9 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  21. a b Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 280 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
  22. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 426 (online bei Google Books).
  23. Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S. 158 ff. (online bei Google Books).
  24. Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
  25. Wohnplätze 1867. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, OCLC 162730484, S. 120 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  26. Wohnplätze 1875. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 15. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, OCLC 162730484, S. 17 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  27. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 231 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
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