Blutrote Fingerhirse
Die Blutrote Fingerhirse[1] (Digitaria sanguinalis), auch Blut-Fingergras genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Fingerhirsen (Digitaria) innerhalb der Familie der Süßgräser (Poaceae). Sie ist fast weltweit als Archaeophyt oder Neophyt verbreitet.
Blutrote Fingerhirse | ||||||||||||
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Blutrote Fingerhirse (Digitaria sanguinalis) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Digitaria sanguinalis | ||||||||||||
(L.) Scop. |
Beschreibung
BearbeitenErscheinungsbild und Blatt
BearbeitenDie Blutrote Fingerhirse ist eine sommergrüne,[1] einjährige krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 10 bis 30, bisweilen bis zu 80 Zentimetern. Die oberirdischen Pflanzenteile sind purpurfarben überlaufen. Sie weist mit wurzelnden, niederliegenden, verzweigten und knickig aufsteigenden Halmen einen lockeren Wuchs auf. Ihre Halmknoten sind bärtig behaart oder kahl.
Die wechselständigen Laubblätter sind in Blattscheide und Blattspreite gegliedert. Die Blatthäutchen (Ligulae) sind gestutzt und bis zu 2 Millimeter lang. Die Blattscheiden sind dichter oder spärlich bewimpert und die oberen Scheiden sind abstehend lang behaart. Die flachen Blattspreiten sind bei einer Länge von 3 bis 10 Zentimetern und einer Breite bis zu 8 Millimetern schmal-lanzettlich mit gerundetem Spreitengrund und lang zugespitztem oberem Ende. Die Blattspreite ist am Rand rau, bewimpert oder auch kahl. Bei der Wimper-Fingerhirse (Digitaria sanguinalis subsp. pectiniformis) besitzen die Blattränder weißliche Nerven.
Blütenstand und Blüte
BearbeitenDie Blütezeit erstreckt sich von August bis Oktober. Die 5 bis 15 Zentimeter langen ährigen Blütenstände stehen fingerförmig ausgebreitet zu vier bis acht gebüschelt am Halmende (Synfloreszenz). Die Ährchen sind bei einer Länge von 2, 8 bis 3,3 Millimetern lanzettlich mit spitzem oberem Ende. Die Deckspelzen der fruchtbaren Einzelblüten sind dunkelbraun. Bei der Wimper-Fingerhirse sind die oberen Hüllspelzen borstig bewimpert. Auf den Deckspelzen der unteren Einzelblüten sind neben kurzen, weichen auch starre, borstige auf Warzen stehende längere Haare vorhanden. Die Deckspelzen der unteren Einzelblüten der Gewöhnlichen Blutroten Fingerhirse sind mehr oder weniger stark weich behaart. Die obere Hüllspelze ist nur einhalb Mal so lang wie die Deckspelze.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 36.[2]
Ökologie
BearbeitenBei der Blutroten Fingerhirse handelt es sich um einen sommerannuellen Therophyten.[1] Die Blutrote Fingerhirse ist ein Wärmekeimer und eine C4-Pflanze.[3] Sie wurzelt bis 35 Zentimeter tief.[2]
Als Wirtspflanze für den Wurzelnematoden Pratylenchus penetrans ist sie vor allem im ökologischen Landbau ein unerwünschtes Beikraut.
Die Diasporen unterliegen der Ameisenverbreitung durch die Gattung Tetramorium, daneben breiten sich die von den Spelzen eingeschlossenen Früchte als Regenschwemmling aus, und es erfolgt auch Menschenausbreitung als Kulturbegleiter.[3]
Vorkommen
BearbeitenDas weite natürliche Verbreitungsgebiet der Blutroten Fingerhirse liegt im südlichen Europa und Nordafrika und reicht nach Osten bis ins gemäßigte und tropische Asien weiter bis Malesien.[4] Sie ist in Mitteleuropa ein Archaeophyt.[1] Sie ist in der Neuen Welt, im südlichen Afrika, Tasmanien und Neuseeland ein Neophyt.[4]
Sie kommt meist nur in den niederen Höhenlagen bis etwa 500 bis 600 Meter vor. Ausnahmsweise wurde sie um Brixen bis in einer Höhenlage von 1000 Meter und im Kanton Wallis bis 1300 Meter beobachtet.[5]
Die Blutrote Fingerhirse gedeiht in Mitteleuropa in Krautfluren in Gärten, wächst auf Äckern und in Weinbergen, auf Bahngeländen und zuweilen auch in Pflasterfugen. Sie gedeiht meist auf trockenen, nährstoffreichen, oft kalkarmen und meist sandigen Böden. Sie ist eine Charakterart der Klasse Chenopodietea, sie kommt aber auch in Pflanzengesellschaften der Ordnung Sisymbrietalia oder des Verbands Polygonion avicularis vor.[2]
Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 2+ (mäßig trocken), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 3 (schwach sauer bis neutral), Temperaturzahl T = 4 (kollin), Nährstoffzahl N = 4 (nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental).[6]
Taxonomie und Systematik
BearbeitenDie Erstveröffentlichung erfolgte 1753 unter dem Namen (Basionym) Panicum sanguinale durch Carl von Linné in Species Plantarum, Tomus I, S. 57, dort „sangvinale“ geschrieben.[7] Das Artepitheton sanguinalis leitet sich vom lateinischen sánguis, -inis für „Blut“ ab und bezieht sich auf die häufig blutrote Färbung der oberirdischen Pflanzenteile. Die Neukombination zu Digitaria sanguinalis (L.) Scop. wurde 1771 durch Giovanni Antonio Scopoli in Flora Carniolica, Editio Secunda 1, S. 52 veröffentlicht.[7] Ein weiteres Synonym für Digitaria sanguinalis (L.) Scop. ist Digitaria gracilis Guss.[8]
Je nach Autor gibt es etwa zwei Unterarten:
- Gewöhnliche Blutrote Fingerhirse (Digitaria sanguinalis (L.) Scop. subsp. sanguinalis)[8]
- Wimper-Fingerhirse (Digitaria sanguinalis subsp. pectiniformis Henrard): Sie kommt in Mitteleuropa eingeschleppt vor.[8] Sie wurde in Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, in der Schweiz, in Südtirol und in Tschechien beobachtet.[9]
Verwendung
BearbeitenDie umgangssprachlich auch Himmeltau oder Manna genannte Bluthirse galt früher als Kulturpflanze. Ähnlich der Foniohirse (Westafrika) oder der Kolbenhirse (Setaria italica) fand sie auch als Nahrungsmittel Verwendung. Nach dem Enthülsen wurden die Körner gestampft und mit Milch oder Wasser zu einem süßen Brei gekocht.
Digitaria sanguinalis wird auch als Futtergras kultiviert, vor allem noch in den USA (brab grass oder crab grass).
Literatur
Bearbeiten- Henning Haeupler, Thomas Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Hrsg.: Bundesamt für Naturschutz (= Die Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Band 2). Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2000, ISBN 3-8001-3364-4.
- Charles Edward Hubbard: Gräser – Beschreibung, Verbreitung, Verwendung. Ulmer Verlag, Stuttgart 1985, ISBN 3-8001-2537-4.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c d Digitaria sanguinalis (L.) Scop., Blutrote Fingerhirse. auf FloraWeb.de
- ↑ a b c Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 265.
- ↑ a b Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1.
- ↑ a b Datenblatt Digitaria sanguinalis bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
- ↑ Hans Joachim Conert: Familie Poaceae. In Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 3. Auflage. Band I, Teil 3, Verlag Paul Parey, Berlin/Hamburg 1979, ISBN 3-489-52020-3, S. 60–62.
- ↑ Digitaria sanguinalis (L.) Scop. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 15. Juni 2023.
- ↑ a b Digitaria sanguinalis bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis, abgerufen am 31. August 2021.
- ↑ a b c B. Valdés, H. Scholz, unter Beteiligung von E. von Raab-Straube, G. Parolly, 2009: Poaceae (pro parte majore). Datenblatt Digitaria sanguinalis. In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
- ↑ Michael Koltzenburg: Digitaria. In: Schmeil-Fitschen: Die Flora Deutschlands und angrenzender Länder. 98. Auflage. Verlag Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2024, ISBN 978-3-494-01943-7. S. 282.
Weblinks
Bearbeiten- Blutrote Fingerhirse. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
- Steckbrief und Verbreitungskarte für Bayern. In: Botanischer Informationsknoten Bayerns.
- Digitaria sanguinalis bei Tropicos.org. In: IPCN Chromosome Reports. Missouri Botanical Garden, St. Louis
- Digitaria sanguinalis bei Tropicos.org. In: Flora of Pakistan. Missouri Botanical Garden, St. Louis
- Digitaria sanguinalis bei Tropicos.org. In: Catalogue of New World Grasses. Missouri Botanical Garden, St. Louis
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben).