Bocca della Verità

scheibenförmiges Relief in der Säulenvorhalle der römischen Kirche Santa Maria in Cosmedin

Die Bocca della Verità (deutsch „Mund der Wahrheit“) ist ein scheibenförmiges Relief, das an der linken Schmalseite in der Säulenvorhalle der römischen Kirche Santa Maria in Cosmedin angebracht ist. Der Name Bocca della Verità wurde erstmals 1485 urkundlich erwähnt. Das etwa 2000 Jahre alte, antike Relief befindet sich seit 1632 in der Vorhalle der Kirche.

Bocca della Verità

Der Marmor

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Die Bocca della Verità besteht aus Pavonazzetto-Marmor. Dieser Marmor (marmor phrygium, marmor synnadicum oder marmor docimium) kommt aus Dokimeion in Phrygien, heute Phrygisches Tal (türkisch Frig Vadisi), bei der Stadt İscehisar, hat eine leicht graue Färbung und ist relativ feinkörnig. Er wurde als Rohling exportiert. Aus Dokimeion stammt auch eine Sorte hellen und von rötlichen Adern durchzogenen Marmors, der vor allem für die Ausarbeitung von Säulensarkophagen herangezogen wurde.

Der Durchmesser der Scheibe beträgt ca. 175 cm, ihre Dicke 19 cm. Das Gewicht wird mit 1.200–1.300 kg angegeben. Sie wird von insgesamt fünf Löchern durchbrochen: zwei für die Augen, eines für den Mund und zwei für die Nasenlöcher. An ihrem Rand befinden sich links und rechts jeweils ein weiteres Loch, in dem sie mit Metallhaken an der Wand befestigt wurde.

Theorien

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Forum Boarium mit Verlauf Cloaca Maxima, Ara Maxima und St. Maria in Cosmedin
 
Jupiter Ammon mit Widderhörnern beidseitig des Kopfes

Die ursprüngliche Verwendung ist nicht mit letzter Sicherheit zu klären. Die Bocca della Verità könnte von der Ara Maxima Herculis, dem großen Altar des Hercules stammen, auf dessen Resten die Kirche Santa Maria in Cosmedin errichtet wurde.[1] Die Römer verehrten Herakles unter dem lateinischen Namen Hercules, aus dem etruskischen Hercle und dem griechischen Namen durch Synkope entstanden, wie die Griechen als Gott. Dieser unterscheidet sich jedoch in einer Reihe von Mythen von seinem annektierten Pendant. An seinem Tempel auf dem Forum Boarium gelobten ihm Geschäftsleute bei Antritt ihrer Reisen den zehnten Teil ihres Gewinnes.

Am häufigsten wird jedoch die These vertreten, dass es sich bei dem Relief um eine Art „Kanal- oder Brunnendeckel“ der Cloaca Maxima handelte. Hierfür werden folgende Indizien genannt:

  • Stellt man sich die Marmorscheibe liegend vor, so befinden sich die Löcher an Nase, Mund und Augen an den tiefsten Stellen, womit sie als Einläufe zu erklären wären.
  • Die starke Abnutzung der vorspringenden Teile ist charakteristisch für ein Relief, das lange am Boden lag und von vielen Füßen blankpoliert wurde.
  • Der heutige Anbringungsort liegt unweit der Cloaca Maxima.

Auch die Darstellung ist wegen des schlechten Erhaltungszustandes nicht mehr klar identifizierbar – unter anderen werden Oceanos, Triton, der römische Gott Faunus, aber auch der aus Ägypten stammende Jupiter Ammon[2] in Erwägung gezogen. Der ägyptische Jupiter wird mit Widderhörnern zu beiden Seiten des Kopfes dargestellt. Griechen und Römer haben ihn aus ihren Kolonien, vornehmlich Kyrene, nach Rom gebracht und verehrten ihn als Jupiter Ammon. Auch das Sternbild des Widders im Tierkreis wurde mit diesem Kult in Verbindung gesetzt. Der ursprüngliche ägyptische Name war Amun und stand für einen Weide-Gott. Am höchsten wurde Ammon in Theben in Oberägypten verehrt.

In Venedig dienten ähnliche Masken, die Bocche di Leone, als öffentliche Briefkästen, durch die man Bittschriften und Denunziationen an die obersten Gewalthaber beförderte.[3]

In Kunst und Kultur

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Historisches

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  • Am 12. März 1812 wurden an der Bocca della Verità der Räuberhauptmann Stefano Spadolino und vier Mittäter durch Erschießen hingerichtet.[8]

Einzelnachweise

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  1. Christian Hülsen: Boarium forum. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band III,1, Stuttgart 1897, Sp. 573–575.
  2. Ammon. In: vollmer-mythologie.de. Abgerufen am 2. Januar 2015.
  3. Bocca della verità. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 3: Bismarck-Archipel–Chemnitz. Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1905, S. 105 (zeno.org).
  4. BOCCA DELLA VERITA. In: sagen.at. Abgerufen am 2. Januar 2015.
  5. Heinrich Platzbecker: Der Wahrheitsmund. Bocca della verità, Operette in drei Akten. Eulenburg, Leipzig ca. 1900 Foto des Komponisten in einer Sammlung der Universitätsbibliothek Frankfurt
  6. Friederike Mayröcker, Bocca della verità, mit Klaus Brömmelmeier, Rebecca Klingenberg und Janina Reinke. Musik: Philipp Schaufelberger – Regie: Stephan Heilmann – Produktion: Schweizer Radio DRS, 2009 – Dauer: 49'
  7. La Bocca della verità. In: dps-promatic.com. DPS-Promatic, abgerufen am 15. Juni 2021 (englisch).
  8. Christian August Vulpius: Curiositäten der physisch-literarisch-artistisch-historischen Vor- und Mitwelt. Verlag des Landes-Industrie-Comptoirs, 1812, S. 39. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche

Literatur

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  • John James Blunt, Mitglied des St John’s Collegs in Cambridge: Ursprung religiöser Ceremonien und Gebräuche der Römisch catholischen Kirche besonders in Italien und Sicilien. Druck und Verlag von Carl Wilhelm Leske, Leipzig und Darmstadt 1826, S. 84–85 (Google-Book [abgerufen am 23. Oktober 2009] Bei diesem Altare war es gewöhnlich, feierliche Verträge mit einem Eide zu bekräftigen, und daher ward der Ausdruck »mehercle« eine so gemeine Art von Betheurung. Diese Berufung auf den Himmel zur Bestätigung der Worte, die den contrahirenden Theilen aus dem Munde gingen, hat nun — wie man mit Grund vermuthet – die Jungfrau, die nicht weit von dem Orte eine Kirche besitzt, die oben erwähnte Benennung zugezogen).
  • Renate Tölle-Kastenbein: Antike Wasserkultur. Beck, München 1990. S. 168, ISBN 3-406-34602-2 (Becks archäologische Bibliothek)
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Commons: Bocca della Verità – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 41° 53′ 17,5″ N, 12° 28′ 53,3″ O

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