Charlotte Perkins Gilman

US-amerikanische Schriftstellerin und Frauenrechtlerin

Charlotte Perkins Gilman (* 3. Juli 1860 in Hartford (Connecticut) als Charlotte Anna Perkins; † 17. August 1935 in Pasadena (Kalifornien)) war eine US-amerikanische Schriftstellerin und Frauenrechtlerin. Ihren literarischen Durchbruch hatte sie 1892 mit der autobiographisch geprägten Erzählung Die gelbe Tapete um eine vom Wahnsinn bedrohte junge Ehefrau, die auf diesem Wege der systematischen Abtötung ihrer Persönlichkeit zu entgehen sucht. Später fand Perkins Gilman vor allem mit feministischen Vortragsreihen und Studien viel Beachtung. Sie galt als mitreißende Rednerin.[1]

Charlotte Perkins Gilman fotografiert von Frances Benjamin Johnston, 1900

Leben und Werk

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Die Tochter der Gelegenheitsarbeiterin Mary Perkins (früher Mary Fitch Westcott) und des Buchhändlers und Schriftstellers Frederic Beecher Perkins, einem Neffen der Schriftstellerin Harriet Beecher Stowe, wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Vor allem jedoch mangelte es an elterlicher Liebe. Der Vater verließ die Familie früh. Sie lebte mit ihrer Mutter in Providence, der Hauptstadt von Rhode Island an der US-Ostküste. Nach häufigen Schulwechseln ging Perkins Gilman auf die dortige Kunstgewerbeschule (Rhode Island School of Design), die eben erst gegründet worden war. Immerhin wurde sie darin, auch finanziell, von ihrem Vater unterstützt. Sie machte jedoch keinen Abschluss.

1884 heiratete sie den Kunstmaler Charles Walter Stetson (1858–1911), verließ ihn allerdings vier Jahre später wieder – für ihre Zeit ein kühner Schritt. Nach der offiziellen Scheidung (1894) überließ sie Stetson und dessen neuer Gefährtin, der Schriftstellerin Grace Ellery Channing (eine Freundin von Perkins Gilman), die gemeinsame Tochter Katherine. In der Ehezeit hatte sie unter Depressionen gelitten, was sie zum Schreiben (zunächst der Gelben Tapete) brachte. Nun ging sie nach San Francisco, wo sie in der 21 Jahre älteren sozialistischen Schriftstellerin Helen Campell sowohl eine enge Freundin wie eine Lehrerin fand. Sie besuchte viele Frauenkongresse, was sie selbst nach Berlin und London führte; dort lernte sie unter anderem Beatrice Webb und George Bernard Shaw kennen.[1] 1900 ging sie mit ihrem Cousin George Gilman, einem Rechtsanwalt in New York, ihre zweite Ehe ein, die bis zu dessen Tod (1934) währte.

 
Charlotte Perkins Gilman, um 1900

Perkins Gilman war eine Befürworterin der Eugenik und begründete dies mit feministischen Argumenten.[2] Ihrer Ansicht nach würden behinderte Kinder geboren, da Frauen Bildungsmöglichkeiten verwehrt blieben.[3]

Man-Made World – Herland

Ab 1902 wirkte sie öffentlich als Rednerin und Journalistin. Sie gab ihre eigene Monatszeitschrift Forerunner (1909–1916) heraus. Sie besaß die Fähigkeit, komplizierte Sachverhalte gemeinverständlich auf den Punkt zu bringen, dabei oft mit Humor.[1] Ihre Hauptthemen waren Frauenbefreiung und Frieden. Ihr theoretisches Hauptwerk dürfte ihre Studie Women and Economics von 1898 sein, die in sieben Sprachen übersetzt worden ist.[4] Die Studie pocht auf uneingeschränkte Berufswahl und wirtschaftliche Unabhängigkeit der Frauen.

Ihren ersten Roman What Diantha did veröffentlichte sie 1909/1910 in Forerunner. Die Protagonistin Diantha entwirft Gilman als eine Heldin, die aufbricht, um die patriarchalen Relikte des Feudalismus in der kapitalistischen Ökonomie abzuschaffen, indem sie die Hausarbeit rationalisiert.[5]

In ihrem Buch The Man-Made World or Our Androcentric Culture von 1911 verwendete und definierte Perkins Gilman als Erste den Begriff Androzentrismus. 1915 rief sie mit ihrer Freundin Jane Addams die Women's Peace Party[6] ins Leben. Im selben Jahr erschien ihr Roman Herland, der eine fiktive, nur aus Frauen bestehende Zwerg- und Bergrepublik in Südamerika schildert und als „reines Lehrstück“ gilt.[7] Krieg kennen die „Herländerinnen“ nicht. Im Jahr 1922 zog Perkins Gilman mit ihrem Mann nach Norwich (Connecticut), wo sie das religionskritische Buch His Religion and Hers schrieb und ihre Autobiographie in Angriff nahm. Zehn Jahre später wurde bei ihr Brustkrebs diagnostiziert. Nach dem Tod ihres Mannes (1934) wechselte sie nach Kalifornien, um näher bei ihrer Tochter zu sein. Am 17. August 1935 verübte sie Suizid, indem sie Chloroform inhalierte. In einem Abschiedsbrief bemerkte sie dazu:

Kein Schmerz, kein Unglück oder ‚gebrochenes Herz‘ berechtigt einen dazu, sein Leben zu beenden, solange man noch die Kraft zum Dienst an der Gemeinschaft besitzt. Doch wenn jegliche Nützlichkeit hinter einem liegt, wenn man sicher ist, daß der Tod unausweichlich bevorsteht, gehört es zu den simpelsten Rechten des Menschen, einen schnellen, leichten Tod an Stelle eines furchtbaren und langsamen zu wählen.[8]

Literatur

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  • Ann J. Lane (Hrsg.): The Charlotte Perkins Gilman Reader. New York 1980.
  • Mary Armfield Hill: Charlotte Perkins Gilman: The Making of a Radical Feminist 1860–1896. Philadelphia 1980.
  • Joanne B. Karpinski (Hrsg.): Critical Essays on Charlotte Perkins Gilman. New York 1992.
  • Catherine Golden (Hrsg.): The Captive Imagination: A Casebook on „The Yellow Wallpaper“. New York 1992.
  • Denise D. Knight: The Diaries of Charlotte Perkins Gilman. Charlottesville, VA 1994.
  • Sybille Duda, Luise F. Pusch (Hrsg.): WahnsinnsFrauen. Band 2, Frankfurt/M. 1995, darin Seite 9–38.
  • Interdisziplinärer Arbeitskreis Frauenforschung: Charlotte Perkins Gilman und ihre Zeit, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz 1997, ISBN 3-923443-45-5.
  • Cynthia J. Davis: Charlotte Perkins Gilman. A biography. Stanford, Calif. 2010, ISBN 978-0-8047-3889-7.
  • Bruce Keith: Charlotte Perkins Gilman, in: Mary Jo Deegan (Hrsg.): Women in sociology : a bio-bibliographical sourcebook. New York : Greenwood Press, 1991, S. 148–156

Einzelnachweise

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  1. a b c fembio, abgerufen am 18. August 2011.
  2. Julia Heidelberg, Ana Radic: „Womanhood: A Vital Element in the Regeneration and Progress of a Race“. Die biopolitische Argumentation schwarzer und weißer Suffrageten, 1890-1920, in: Feminismus Seminar (Hg.): Feminismus in historischer Perspektive. Eine Reaktualisierung, Bielefeld 2014, S. 78.
  3. Katharine Quarmby: Scapegoat. Why We Are Failing Disabled People, London 2011.
  4. Webseite der Freundesgesellschaft, abgerufen am 18. August 2011
  5. Vgl. Petra Schaper Rinkel: Nachwort. In: Petra Schaper Rinkel (Hrsg.): Diantha oder der Wert der Hausarbeit. Wien/Berlin 2017.
  6. Spartacus, abgerufen am 18. August 2011
  7. Vgl. Inge Holm: Charlotte Perkins Gilman: Herland. In: Wolfgang Jeschke (Hrsg.): Heyne Science Fiction Magazin # 1. München 1981, S. 175.
  8. Zitiert nach Rolf Löchel, abgerufen am 18. August 2011
  9. Laut Rolf Löchel, abgerufen am 18. August 2011. Dieser Roman sei erst 1997 auf Englisch erschienen.
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