Die Ermittlung (Film)

deutscher Spielfilm

Die Ermittlung ist ein deutscher Spielfilm von 2024. Grundlage für das Drehbuch und die Inszenierung war das Theaterstück Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesängen des Dramatikers Peter Weiss. Der Regisseur RP Kahl kombinierte darin Elemente des Kinos, Theaters und zeitgenössischer Broadcast-Techniken. Der Film hält sich weitgehend strukturell, inhaltlich und textlich an die Stückvorlage, die den ersten Frankfurter Auschwitz-Prozess von 1963 bis 1965 thematisiert. In dialogischer und erzählender Form beschreibt der Film in elf Etappen – von Peter Weiss Gesänge genannt – den Weg der Opfer von der Rampe bei der Ankunft in Auschwitz bis zu den Feueröfen. Die Dialoge basieren auf persönlichen Aufzeichnungen, Zeitungsartikeln und Protokollen des Gerichtsprozesses. Der Film feierte im Juli 2024 im Berliner Zoo Palast seine Premiere. Zuvor wurde er auf dem Münchner Filmfest uraufgeführt. Der offizielle Kinostart war der 25. Juli 2024.

Film
Titel Die Ermittlung
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 2024
Länge 240 (Originalfassung) Minuten

186 (gekürzte Fassung) Minuten

Altersfreigabe
Produktions­unternehmen Film&Mischwaren Co-Produktion ARTE, BR und WDR
Stab
Regie RP Kahl
Drehbuch Peter Weiss
Produktion
Musik Matti Gajek
Kamera Guido Frenzel
Schnitt
Besetzung

Der Film wurde von Alexander van Dülmen produziert. Für die Bildgestaltung zeichnete Guido Frenzel verantwortlich, das Bühnenbild wurde von Nina Peller gestaltet und die Kostüme wählte Tina Kloempken aus. Der Film wurde von Peter R. Adam, Anne Fabini und Christoph Strothjohann geschnitten. Friede Springer ist Co-Produzentin des Films.

Handlung

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Im Zentrum des Films stehen ein Richter, ein Verteidiger und ein Ankläger, die im Rahmen der Verhandlung auf 28 Zeuginnen und Zeugen treffen, die von ihren Erlebnissen und Beobachtungen in Auschwitz berichten. Weitere 11 Zeugen der ehemaligen Lagerverwaltung sagen vor Gericht aus. Hier unterscheidet sich der Film von der Stückvorlage, in der aus den Aussagen mehrerer Hundert Zeugen nur neun Zeugenfiguren entwickelt wurden. Sowohl im Stück als auch im Film sind diese Zeugen anonymisiert, dem realen Geschehen folgend, in dem die Namen der Opfer in Auschwitz einer in die Haut tätowierten Nummer weichen mussten. Die 18 Angeklagten hingegen lassen sich klar durch ihre Namen und Aussagen identifizieren.

Inhalt der elf Gesänge

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Die Zeugenfiguren 1, 2, 12, 13, 19, 20, 25, 29, 36, 37, 39 sind Zeugen der Lagerverwaltung, die restlichen sind Häftlings-Zeugen.

Hintergrund

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Laut Regisseur Kahl hebt sich der Film durch einen dynamischen „Show“-Charakter von anderen filmischen Umsetzungen zum gleichen Thema ab und macht den dargestellten Gerichtsprozess sehr eindringlich.

Musikalisch sind lediglich vereinzelte skizzenhafte Sounds von Matti Gajek zu hören. Erst am Ende erklingt mit Lento e Largo – Tranquillissimo ein Gesangsstück aus Henryk Góreckis Symphony No. 3, interpretiert von der Portishead-Stimme Beth Gibbons in voller Länge.

Kahl zufolge ergibt sich die Tonalität des Films aus dem, was in den Gesichtern der Schauspielerinnen und Schauspieler sichtbar wird, wenn sie sprechen und dem Gegenüber zuhören. Daher habe man besonderen Wert darauf gelegt, Schauspieler und Schauspielerinnen zu finden, die eine Figur und eine Situation in erster Linie über die Sprache abbilden könnten. „Solche, die eine starke Persönlichkeit und Präsenz mitbringen und persönliches Interesse daran haben, den Inhalt des Stückes zu erzählen, also auch ein wenig ‚Persona‘ zu sein, ihr Ich den Figuren zu schenken.“[3]

Besetzung
Rolle Darsteller
Richter Rainer Bock
Ankläger Clemens Schick
Verteidiger Bernhard Schütz
Zeuge 1 I Zeuge der Lagerverwaltung Christian Kaiser
Zeuge 2 I Zeuge der Lagerverwaltung Dirk Ossig
Zeuge 3 I Häftlings-Zeuge Arno Frisch
Zeugin 4 I Häftlings-Zeugin Elisabeth Duda
Zeugin 5 I Häftlings-Zeugin Nicolette Krebitz
Zeuge 6 I Häftlings-Zeuge Attila Georg Borlan
Zeuge 7 I Häftlings-Zeuge Robert Mika
Zeuge 8 I Häftlings-Zeuge Marcel Hensema
Zeugin 9 I Häftlings-Zeugin Christiane Paul
Zeugin 10 I Häftlings-Zeugin Barbara Philipp
Zeuge 11 I Häftlings-Zeugin Klaudiusz Kaufmann
Zeuge 12 I Zeuge der Lagerverwaltung Marc Fischer
Zeuge 13 I Zeuge der Lagerverwaltung Andreas Anke
Zeugin 14 I Häftlings-Zeugin Dorka Gryllus
Zeuge 15 I Häftlings-Zeuge Marek Harloff
Zeuge 16 I Häftlings-Zeuge André Szymanski
Zeugin 17 I Häftlings-Zeugin Sabine Timoteo
Zeugin 18 I Häftlings-Zeugin Eva Maria Jost
Zeuge 19 I Zeuge der Lagerverwaltung Peter Lohmeyer
Zeuge 20 I Zeuge der Lagerverwaltung Thomas Meinhardt
Zeuge 21 I Häftlings-Zeuge Marco Hofschneider
Zeuge 22 I Häftlings-Zeuge Matthias Zera
Zeuge 23 I Häftlings-Zeuge Rony Herman
Zeuge 24 I Häftlings-Zeuge Axel Moustache
Zeuge 25 I Zeuge der Lagerverwaltung André Hennicke
Zeuge 26 I Häftlings-Zeuge Karl Markovics
Zeuge 27 I Häftlings-Zeuge Filipe Avdeev
Zeuge 28 I Häftlings-Zeuge Mark Zak
Zeuge 29 I Zeuge der Lagerverwaltung Ralph Schicha
Zeuge 30 I Häftlings-Zeuge Andreas Schröders
Zeuge 31 I Häftlings-Zeuge René Ifrah
Zeuge 32 I Häftlings-Zeuge Axel Sichrovsky
Zeuge 33 I Häftlings-Zeuge Peter Schneider
Zeuge 34 I Häftlings-Zeuge Jiří Mádl
Zeuge 35 I Häftlings-Zeuge Andreas Lechner
Zeuge 36 I Häftlings-Zeuge Axel Pape
Zeuge 37 I Zeuge der Lagerverwaltung Andreas Pietschmann
Zeuge 38 I Häftlings-Zeuge Tom Wlaschiha
Zeuge 39 I Zeuge der Laverwaltung Robert Hunger-Bühler
Angeklagter 1 | Mulka Wilfried Hochholdinger
Angeklagter 2 | Boger Thomas Dehler
Angeklagter 3 | Dr. Capesius Michael Rotschopf
Angeklagter 4 | Dr. Frank Niels Bruno Schmidt
Angeklagter 5 | Dr. Schatz Christian Hockenbrink
Angeklagter 6 | Dr. Lucas Christian Pfeil
Angeklagter 7 | Kaduk Tristan Seith
Angeklagter 8 | Hofmann Torsten Ranft
Angeklagter 9 | Klehr Ronald Kukulies
Angeklagter 10 | Scherpe Michael Schenk
Angeklagter 11 | Hantl Frank Röth
Angeklagter 12 | Stark Nico Ehrenteit
Angeklagter 13 | Baretzki Adam Venhaus
Angeklagter 14 | Schlage Till Wonka
Angeklagter 15 | Bischof Arndt Schwering-Sohnrey
Angeklagter 16 | Broad Timo Jacobs
Angeklagter 17 | Breitwieser Lasse Myhr
Angeklagter 18 | Bednarek Matthias Salamon

Die Ermittlung war der letzte Film, an dem der im Dezember 2023 verstorbene Cutter Peter R. Adam arbeitete.

Produktion

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Nach einer vierwöchigen Probenzeit mit 60 Schauspielern und Schauspielerinnen begannen im August 2023 die Dreharbeiten im Studio Berlin-Adlershof. Die einzelnen Gesänge wurden an fünf Drehtagen mit einem speziellen visuellen Konzept in jeweils nur einer Einstellung gedreht, gefilmt von insgesamt acht Kameras.

Die Ermittlung ist eine Produktion von Alexander van Dülmen, Film&Mischwaren in Co-Produktion mit Friede Springer, ARTE, Bayerischer Rundfunk und WDR sowie in Co-Operation mit A Company Film Licensing und wurde gefördert vom Medienboard-Berlin Brandenburg, der Film- und Medienstiftung NRW, dem BKM, der Filmförderung Mecklenburg-Vorpommern sowie der FFA und dem DFFF. Das Budget betrug 2,7 Mio. €.[4]

Kritiken

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Die deutsche Filmbewertungsstelle FBW verlieh dem Film das Prädikat „besonders wertvoll“ und schreibt dazu: „ Die Ermittlung ist weitaus mehr als ein abgefilmtes Theaterstück. Ganz bewusst hat sich der Regisseur für diese künstlich-strenge Inszenierung entschieden. Nichts lenkt ab von der Ungeheuerlichkeit des Grauens, manche Sätze erschüttern gerade durch ihre Schlichtheit.“[5]

Jochen Werner schreibt auf filmstarts.de: „Ein vierstündiges, dialogintensives Theaterstück über die juristische Aufarbeitung des nationalsozialistischen Vernichtungslagers Auschwitz, in einem minimalistischen Bühnensetting für die Kinoleinwand inszeniert – das klingt zunächst anstrengend und wahnsinnig unfilmisch, wird aber dank des umsichtigen und extrem wirkungsvollen Einsatzes sowohl theatraler wie auch dezidiert filmischer Stilmittel zur ungeheuer intensiven Kinoerfahrung. Man kann nur dringend anraten, sich auf diese essenzielle filmische Auseinandersetzung mit den leider auch heute hochaktuellen Themen Faschismus, Genozid und Zivilsationsbruch einzulassen.“[6]

Sascha Westphal schreibt auf epd-Film.de: „Und es ist diese Sprache, die RP Kahl ins Zentrum seiner Verfilmung stellt. Nichts in Die Ermittlung lenkt von den Fragen des Anklägers (Clemens Schick), den Einlassungen des Richters (Rainer Bock), den Kommentaren des Verteidigers (Bernhard Schütz), den Aussagen der 39 Zeugen und den Ausflüchten und Lügen der 18 Angeklagten ab. Kahl hat einen Weg gefunden, das visuelle Medium Film ganz vom Wort her zu denken. Jeder Schnitt, jede Einstellung, die mal Nina Pellers Bühnenbild, eine Annäherung an den Raum Gerichtssaal, mal einzelne Gesichter, mal die Anklagten als Gruppe in den Fokus rückt, unterstreicht die Worte, die zum eigentlichen Abbild der Vernichtungsmaschinerie Auschwitz werden.“[7]

Jürgen Kaube schreibt in der FAZ: „Die Ermittlung (…) ist eine vierstündige Zumutung, der man sich unbedingt unterziehen sollte.“[8]

Sofia Glasl schreibt in der Süddeutschen Zeitung: „Erinnerungskultur ist hier kein trockener Schulstoff, sondern lebensnahe Konfrontation“[9]

Hanns-Georg Rodek schreibt in der Welt: „Die Ausrede, nie ein KZ besucht, nie einen Zeitzeugen erlebt zu haben, gilt nicht mehr. Es gibt nun diesen Film.“[10]

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Einzelnachweise

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  1. Freigabebescheinigung für Die Ermittlung. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (PDF; Originalfassung).Vorlage:FSK/Wartung/typ nicht gesetzt und Par. 1 länger als 4 Zeichen
  2. Freigabebescheinigung für Die Ermittlung. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (PDF; gekürzte Fassung).Vorlage:FSK/Wartung/typ nicht gesetzt und Par. 1 länger als 4 Zeichen
  3. Zitat RP Kahl aus dem Presseheft zum Film.
  4. Hans-Georg Rodek: „Wo ich hingestellt werde, da mache ich meinen Dienst“. In: Welt.de. Axel Springer SE, 24. Juli 2024, abgerufen am 25. Juli 2024.
  5. Deutsche Filmbewertungsstelle FBW FBW Pressetext, abgerufen am 11. Juli 2024.
  6. Kritik der Filmstarts-Redaktion filmstarts.de, abgerufen am 11. Juli 2024.
  7. Sascha Westphal: epd-film.de, epd-film.de, 5. Juli 2024, abgerufen am 11. Juli 2024.
  8. Jürgen Kaube: Verweigertes Drama. In: F.A.Z. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, 22. Juli 2024, abgerufen am 22. Juli 2024.
  9. Sofia Glasl: Die Gerichtsshow. In: sueddeutsche.de. Süddeutsche Zeitung GmbH, 24. Juli 2024, abgerufen am 24. Juli 2024.
  10. Hanns-Georg Rodek: „Wo ich hingestellt werde, da mache ich meinen Dienst“. In: welt.de. Axel Springer Deutschland GmbH, 2. August 2024, abgerufen am 2. August 2024.
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