Elsa Bernstein

deutsche Schriftstellerin und Theaterdichterin

Elsa Bernstein, geb. Porges (Pseudonym Ernst Rosmer), (* 28. Oktober 1866 in Wien, Kaisertum Österreich; † 12. Juli 1949 in Hamburg-Eimsbüttel) war eine deutsche Schriftstellerin und um 1900 vielgespielte Bühnenautorin.

Elsa Bernstein (um 1905)

Elsa Porges war die Tochter von Wilhelmine Merores (1842–1915) und des Musikschriftstellers Heinrich Porges, der bald nach Elsas Geburt von König Ludwig II. nach München berufen wurde. Beide Eltern stammten aus Prag.[1] Sie wuchs in München auf, „erzogen inmitten des künstlerischen Krieges für das neue Musikdrama Richard Wagners“, wie sie in einer Selbstauskunft schrieb.[2] Die Familie konvertierte vom Judentum zum Christentum und ließ sich in München protestantisch taufen.[3] Bernstein arbeitete kurze Zeit als Schauspielerin, mit sechzehn Jahren trat sie in kleineren Rollen am Magdeburger Stadttheater auf.[4] Im Jahr 1884 nahm sie das Hoftheater Braunschweig unter Vertrag, zwischen 1884 und 1886 trat sie in insgesamt 37 Rollen auf. Aufgrund ihrer schweren Augenerkrankung und der Gefahr zu erblinden musste sie ihre Schauspielerinnenkarriere frühzeitig beenden und kehrte nach München zurück.[4] Im Jahr 1890 heiratete sie den Rechtsanwalt und Schriftsteller Max Bernstein, aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Nachdem ihr die Schauspielerei durch ihr Augenleiden versagt wurde, begann sie ab 1891 selbst Dramen zu schreiben, die sie unter dem Pseudonym Ernst Rosmer veröffentlichte. Mit ihrem Mann unterhielt sie einen künstlerisch-literarischen Salon, den sie 1939 einstellen musste.

 
An dem Familiengrab ist nur noch der Name des Vaters Heinrich Porges erhalten

Die Möglichkeit, 1941 in die USA zu emigrieren, lehnte Bernstein ab, da ihre Schwester Gabriele keine Einreisegenehmigung erhielt. Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft wurde sie am 25. Juni 1942 zunächst nach Dachau und bereits am 26. Juni 1942 gemeinsam mit ihrer Schwester Gabriele in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Gabriele Porges kam im Ghetto Theresienstadt um. Elsa Bernstein ist im Theresienstadt-Konvolut als Status A-Prominent verzeichnet.[5] Anfang Mai 1945 wurde sie von der Roten Armee befreit.[6]

Bernstein starb 1949 und wurde im Grab ihres Vaters auf dem Münchner Ostfriedhof beigesetzt. (Grab M-li-94)

Schaffen

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Zwischen 1892 und 1910 veröffentlichte Elsa Bernstein 14 Dramen, außerdem schrieb sie Novellen und Gedichte. Ihre Werke werden zumeist der Strömung des Naturalismus zugeordnet, dennoch enthalten sie einen breiten Stilpluralismus.[7] Für die in ihren Werken enthaltene Kritik an den Werten und Normen der Wilhelminischen Gesellschaft erntete sie sowohl Lob als auch Missbilligung.

Ihr Pseudonym wurde früh durch den Theaterkritiker Paul Schlenther gelüftet.[8] Im Jahr 1893 gab er in einer der ersten Rezensionen zu ihrem Drama Dämmerung in der Zeitschrift Magazin für Literatur ihren wahren Namen bekannt.[9] Dennoch veröffentlichte sie ihre nachfolgenden Werke weiterhin als Ernst Rosmer. Während des Nationalsozialismus wurde die Märchenoper Königskinder noch bis 1942 gedruckt und bis 1943 auf der Bühne gespielt.[10] Das Pseudonym schützte das Theaterstück noch eine Zeit lang vor der Vernichtung.

Werke (Auswahl)

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Theaterstücke

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  • Dämmerung. Schauspiel in fünf Akten (Drama) In: Freie Bühne, Jg. 4, H. 6 (1. Juni 1893), S. 609–629; H. 7 (1. Juli 1893), S. 737–752; H. 8 (1. August 1893), S. 882–899. Uraufführung in der Freien Bühne, Neues Theater Berlin, 30. März 1893
  • Wir Drei (Drama 1893, Uraufführung 2003 im Solana Theater in Köln in einer Inszenierung von Viktoria Burkert mit Gerd Buurmann in der Rolle des Richards)
  • Königskinder (Märchendrama 1895 [vordatiert, erschienen 1894]; 1895 von Engelbert Humperdinck vertont)
  • Tedeum (Komödie 1896)
  • Themistokles (Tragödie 1897)
  • Merete (1902)
  • Dagny (Drama 1904)
  • Johannes Herkner (Schauspiel 1904)
  • Nausikaa (Tragödie 1906)
  • Maria Arndt (Drama 1908)
  • Die Freundinnen (Komödie 1909)
  • Achill (Tragödie 1910)
  • Ehe (Drama 1914)
  • Johannes Kepler (Drama 1926)
  • Madonna (Novellen 1894) (Google Online-Ausgabe 2020)
  • Der Bauer und das Prinzeßchen (Ein Märchen 1895)
  • Die alte Frau (Dramatische Novelle 1926)
  • Erblindend (1891)
  • Es war einmal (1896)
  • Herbstfäden (1898)
  • Die Rose (Gedicht, 1892, auf das Gemälde Die Rose von Max Nonnenbruch). In: Die Kunst unserer Zeit. Gedicht: Textarchiv – Internet Archive – Gemälde: Textarchiv – Internet Archive.
  • Mutter Maria. Totengedicht in fünf Wandlungen (1900)
  • August-Mittag (1906)
  • April (1911)
  • Der deutsche Sieg (1914)
  • England (1914)
  • Dem Führer (1945)

Autobiographisches

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  • Bernstein, Frau Elsa. Autobiographische Skizze (1913)
  • Das Leben als Drama. Erinnerungen an Theresienstadt (Erinnerungen an die Prominentenhäuser im KZ Thereresienstadt, posthum 1999)

Literatur

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  • Rita Bake, Birgit Kiupel (Hrsg.): Das Leben als Drama. Erinnerungen an Theresienstadt, edition eberbach / Landeszentrale für politische Bildung. Hamburg 1999.
  • Sigrid Borck: Weibliche Hauptfiguren in Elsa Bernsteins Dramen. VDM Verlag, Saarbrücken 2008, ISBN 978-3-639-05162-9.
  • Natalia Igl: Geschlechtersemantik 1800/1900. Zur literarischen Diskursivierung der Geschlechterkrise im Naturalismus. (Palaestra. Untersuchungen zur europäischen Literatur 340) V&R unipress, Göttingen 2014 [besonders zu Bernsteins naturalistischen bzw. naturalismusnahen Dramen Wir Drei (1893) und Dämmerung (1893) sowie dem Märchendrama Königskinder (1894, vordatiert auf 1895)].
  • Jürgen Joachimsthaler: Max Bernstein. Kritiker, Schriftsteller, Rechtsanwalt (1854–1925). Lang, Frankfurt a. M. u. a. 1995, ISBN 3-631-48427-5.
  • Jürgen Joachimsthaler: Elsa Bernsteins Aufzeichnungen aus Theresienstadt. In: Franciszek Grucza u. a. (Hrsg.): Vielheit und Einheit der Germanistik weltweit. Akten des XII. Internationalen Germanistenkongresses Warschau 2010. Band 11. Lang, Frankfurt am Main 2012, S. 183–187.
  • Kristina Kargl: Elsa Bernstein – „Ein scharf gezacktes Schicksal“. Der Münchner Dramatikerin und Salonière zum 150. Geburtstag im Jahr 2016. In: Gabriele von Bassermann-Jordan, Waldemar Fromm, Wolfram Göbel und Kristina Kargl (Hrsg.): Frauen der Boheme 1890–1920, ausgewählte Beiträge zur Ausstellung „Frei leben!“. Allitera Verlag, München 2022, ISBN 978-3-96233-341-6, S. 244–265.
  • Birgit Kiupel: Antisemitismus und der deutsche Märchenwald – eine Spurensuche zu Elsa Bernstein. Textdichterin der Königskinder. In: Gundula Caspary (Stadtmuseum Siegburg), Christian Ubber (Musikwerkstatt Engelbert Humperdinck Siegburg) (Hrsg.): Hokuspokus Hexenschuss. Engelbert Humperdinck nach 100 Jahren Begleitpublikation anlässlich der gleichnamigen Ausstellung 2021. ISBN 978-3-96136-103-8, S. 150–159.
  • Helga W. Kraft, Dagmar C.G. Lorenz: From Fin-de-Siècle to Theresienstadt. The Works and Life of the Writer Elsa Porges-Bernstein. New York 2007.
  • Ingvild Richardsen: »Leidenschaftliche Herzen, feurige Seelen«. Wie Frauen die Welt veränderten. S. Fischer, Frankfurt am Main 2019, ISBN 978-3-10-397457-7
  • Franz von Wesendonk: Briefe der Frau Elsa an den Soldaten Franz. Zuvor jedoch: Wenn die Krebse auf den Bergen pfeifen. Mäander Edition, Mittenwald 1977.
  • Ursula Wiedenmann: Elsa Porges-Bernstein. In: Manfred Treml, Wolf Weigand (Hrsg.): Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. Lebensläufe. Saur, München 1988, S. 217–224.
  • Bernstein, Frau Elsa. In: Sophie Pataky (Hrsg.): Lexikon deutscher Frauen der Feder. Band 1. Verlag Carl Pataky, Berlin 1898, S. 61 (literature.at).
  • Ulrike Zophoniasson-Baierl: Elsa Bernstein alias Ernst Rosmer. Lang, Bern u. a. 1985, ISBN 3-261-03540-4.
  • Ulrike Zophoniasson-Baierl: Rosmer, Ernst (eigtl. Elsa Bernstein geb. Porges). In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11203-2, S. 92 f. (Digitalisat).
  • Bernstein. [4]. In: Brockhaus’ Kleines Konversations-Lexikon. 5. Auflage. Band 1. Brockhaus, Leipzig 1911, S. 191 (Digitalisat. zeno.org).
  • Rosmer. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 17: Rio–Schönebeck. Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1909, S. 157 (Digitalisat. zeno.org).
  • Bernstein, Elsa. In: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Band 18: Phil–Samu. Hrsg.: Archiv Bibliographia Judaica. De Gruyter, Berlin u. a. 2010, ISBN 978-3-598-22698-4, S. 371–376.
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Wikisource: Elsa Bernstein – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

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  1. Birgit Kiupel: Antisemitismus und der deutsche Märchenwald – eine Spurensuche zu Elsa Bernstein. Textdichterin der Königskinder. Hrsg.: Gundula Caspary, Christian Ubber, Siegburg. Siegburg 2021, ISBN 978-3-96136-103-8, S. 150–157.
  2. Fritz Abshoff: Bildende Geister. Band 1. Oestergaard, Berlin 1905, S. 18.
  3. Elsa Bernstein: Das Leben als Drama – Erinnerungen an Theresienstadt. Hrsg.: Rite Bake, Birgit Kiupel. 2. Auflage. Edition Ebersbach, Berlin 2005, ISBN 3-931782-54-9, S. 13.
  4. a b Elsa Bernstein: Das Leben als Drama – Erinnerungen an Theresienstadt. Hrsg.: Rita Bake, Birgit Kiupel. 2. Auflage. Edition Ebersbach, Berlin 2005, ISBN 3-931782-54-9, S. 15.
  5. Elsa Bernstein: Das Leben als Drama – Erinnerungen an Theresienstadt. Hrsg.: Rita Bake, Birgit Kiupel. 2. Auflage. Edition Ebersbach, Berlin 2005, ISBN 3-931782-54-9, S. 34.
  6. Elsa Bernstein. In: Prominentenalbum des Ghettos Theresienstadt, ghetto-theresienstadt.de
  7. Ulrike Zophoniasson-Baierl: Elsa Bernstein alias Ernst Rosmer. Eine deutsche Dramatikerin im Spannungsfeld der literarischen Strömungen des Wilhelminischen Zeitalters. 1985, ISBN 3-261-03540-4, S. 23.
  8. Susanne Kord: Sich einen Namen machen. Anonymität und weibliche Autorschaft 1700–1900. Verlag J.B. Metzler, ISBN 978-3-476-01438-2, S. 161.
  9. Susanne Kord: Sich einen Namen machen. Anonymität und weibliche Autorschaft 1700–1900. Verlag J.B. Metzler, ISBN 978-3-476-01438-2, S. 161.
  10. Elsa Bernstein: Das Leben als Drama Erinnerungen an Theresienstadt. Hrsg.: Rita Bake, Birgit Kiupel. 2. Auflage. Edition Ebersbach, Berlin 2005, ISBN 3-931782-54-9, S. 11.
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