Engelmar Unzeitig

deutscher Priester

Engelmar Unzeitig (* 1. März 1911 in Greifendorf bei Zwittau, Schönhengstgau als Hubert Unzeitig; † 2. März 1945 im KZ Dachau) war ein deutscher katholischer Priester, Bekenner und Märtyrer in der Zeit des Nationalsozialismus. Am 24. September 2016 wurde er in Würzburg seliggesprochen.

Seliger Pater Engelmar Unzeitig

Hubert Unzeitig arbeitete nach der Volksschule auf dem elterlichen Bauernhof in Greifendorf; sein Vater war im Ersten Weltkrieg 1916 in russischer Kriegsgefangenschaft an Typhus gestorben, die Mutter musste die sechs Halbwaisen fortan allein großziehen. Da Unzeitig Missionar werden wollte, schloss er sich im Alter von 17 Jahren der Gemeinschaft der Mariannhiller Missionare in Reimlingen bei Nördlingen an und erhielt den Ordensnamen Engelmar. Als Spätberufener holte er 1934 das Abitur nach und studierte anschließend Theologie und Philosophie in Würzburg. 1939 wurde er zum Priester geweiht, am 15. August 1939 feierte er Primiz in seinem Heimatort Greifendorf. Der Beginn des Zweiten Weltkriegs verhinderte, dass er seine Sehnsucht erfüllen konnte, in die Mission zu gehen. Stattdessen arbeitete P. Engelmar zunächst im Ordenshaus in Riedegg (Oberösterreich), wo er unter anderem französische Kriegsgefangene betreute.[1] Ab Oktober 1940 war er Seelsorger in Glöckelberg bei Krummau im Böhmerwald.

Gegen die Verfolgung der Juden protestierte er sowohl im Religionsunterricht als auch von der Kanzel. Anfang 1941 wurde P. Engelmar wegen „tückischer Äußerungen und Verteidigung der Juden“ angezeigt und am 21. April von der Gestapo verhaftet. Ohne Gerichtsverhandlung wurde er nach sechs Wochen Untersuchungshaft in Linz an der Donau am 8. Juni 1941 in das Konzentrationslager Dachau gebracht; dort war er im Pfarrerblock inhaftiert. Als im November 1944 eine Flecktyphusepidemie ausbrach, meldete sich P. Engelmar freiwillig zur Pflege der Kranken. Hunderten Sterbenden, darunter vielen Russen, spendete er die Sterbesakramente. Andere Häftlinge rettete er vor dem Hungertod, indem er ihnen sein Essen gab.[2] Schließlich starb er selbst am Flecktyphus.[3] Von Mithäftlingen und Überlebenden wurde er als „Engel von Dachau“ und „Maximilian Kolbe der Deutschen“ bezeichnet. So sagte beispielsweise P. Clemente Pereira SJ über ihn: „Ich nehme das Wort ‚Heiliger‘ nicht gern in den Mund. Bei Pater Unzeitig ist es am richtigen Platz. Er war ein Heiliger!“[4]

Seligsprechung

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Das Seligsprechungsverfahren wurde 1991 eingeleitet. 2009 unterzeichnete Papst Benedikt XVI. ein Dekret der Heiligsprechungskongregation, das Unzeitig den heroischen Tugendgrad zuerkennt.[5] Am 22. Januar 2016 bestätigte Papst Franziskus das Martyrium, womit die entscheidenden Voraussetzungen für die Seligsprechung erfüllt waren.[6] Der Kardinalpräfekt der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse, Angelo Amato, nahm am 24. September 2016 im Würzburger Dom die Seligsprechung P. Engelmars vor.

Gedenken

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Stolperstein für Engelmar Unzeitig in Würzburg.
  • P. Engelmar Unzeitigs Asche wurde aus dem KZ geschmuggelt und am 30. April 1945 auf dem städtischen Friedhof in Würzburg beigesetzt.[1] 1968 übertrugen die Mariannhiller Missionare die Reliquien in die Herz-Jesu-Kirche in Würzburg, in der P. Engelmar einst die Priesterweihe empfangen hatte, und richteten dort in einer Kapelle eine Gedenkstätte ein.
  • Der Ort Glöckelberg im Böhmerwald ging infolge der Vertreibung der Sudetendeutschen unter, nur die Kirche überdauerte und wurde nach der Wende von 1989/1990 renoviert. Sie dient heute auch zu Gottesdiensten von Deutschen und Tschechen im Gedenken an Engelmar Unzeitig. Eines ihrer Fenster stellt Engelmar Unzeitig als KZ-Häftling dar, der seinen Mitgefangenen beisteht.[7]
  • Der Monteverdichor Würzburg widmete seine Konzerte Die Seligpreisungen am 16. und 17. Juli 2010 Pater Engelmar Unzeitig und Georg Häfner.[8]
  • Am 28. Juni 2011 wurde in Würzburg vor dem Kloster Mariannhill in der Mariannhillstraße 1 (Stadtbezirk Frauenland) ein Stolperstein zur Erinnerung an Engelmar Unzeitig verlegt.
  • Im Linzer Dom wurden bei der Weihe des neuen Altars am 8. Dezember 2017 die Reliquien von Engelmar Unzeitig und Josef Mayr-Nusser unter dem Altar beigesetzt.[9]

Schriften

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  • Briefe aus dem KZ Dachau (1941–1945), zusammengestellt von Wolfgang Zürrlein. Missionsverlag Mariannhill, Reimlingen 1993, ISBN 3-922267-61-0.
  • Max Kronawitter: Der Engel von Dachau (Erstausstrahlung im Bayerisches Fernsehen 25. September 2016)
  • Max Kronawitter: Stärker als der Tod (Filmdokumentation zur Seligsprechung, Ikarus Film 2016)

Literatur

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  • Adalbert Ludwig Balling, Reinhard Abeln: Speichen im Rad der Zeit – Pater Engelmar Unzeitig und der Priesterblock im KZ Dachau. Herder, Freiburg 19852, ISBN 3-451-08241-1.
  • Adalbert Ludwig Balling: Eine Spur der Liebe hinterlassen. Pater Engelmar (Hubert) Unzeitig, Mariannhiller Missionar „Märtyrer der Nächstenliebe“ im KZ Dachau. Missionsverlag Mariannhill, Reimlingen und Würzburg 1984, ISBN 3-922267-27-0.
  • Adalbert Ludwig Balling: Gute Menschen sterben nicht, sie leben fort in der Erinnerung ihrer Freunde. Mariannhiller Porträts. Mariannhiller Missionare, Würzburg 1989, S. 196–200.
  • Rudolf Grulich: Der „Engel von Dachau“ war ein Landsmann Oskar Schindlers. Zum 50. Todestag von Pater Engelmar Hubert Unzeitig. In: Mitteilungen des Sudetendeutschen Priesterwerks, Jg. 1995, S. 7–10.
  • Stefan Kruschina: Der Engel von Dachau. Ein Lebensbild von P. Engelmar Unzeitig. Sudetendeutsches Priesterwerk, Königstein 1988.
  • Albert Oppitz, Kurt Cerwenka: Der Engel von Dachau. P. Engelmar Unzeitig. In: Oberösterreichische Heimatblätter. Jahrgang 47, Linz 1993, Heft 1, S. 45–49, ooegeschichte.at [PDF].
  • Otfrid Pustejovsky: Christlicher Widerstand gegen die NS-Herrschaft in den böhmischen Ländern. Eine Bestandsaufnahme zu den Verhältnissen im Sudetenland und dem Protektorat Böhmen und Mähren. Lit, Berlin 2009, ISBN 978-3-8258-1703-9, S. 118–120 (Kapitel 10.1.2: P. Engelmar (Hubert) Unzeitig).
  • Eric Steinhauer: Unzeitig, Engelmar (Hubert). In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 19, Bautz, Nordhausen 2001, ISBN 3-88309-089-1, Sp. 1458–1459.
  • Rudolf Zinnhobler: Wider den Strom der Zeit. P. Engelmar Unzeitig – ein Opfer des Nationalsozialismus. In: Neues Archiv für die Geschichte der Diözese Linz. Jahrgang 8, Heft 2, Linz 1993/94, S. 204–207, ooegeschichte.at [PDF].
  • Adalbert Ludwig Balling, Art.: Pater Engelmar (Hubert) Unzeitig, Mariannhiller Missionar. In: Helmut Moll (Hrsg. im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz), Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts, Paderborn u. a. 1999, 7. überarbeitete und aktualisierte Auflage 2019, ISBN 978-3-506-78012-6, Band II, S. 985–988.
  • Missionare von Mariannhill, Deutsche Provinz: Novene im Gedenken an den Seligen Pater Engelmar Unzeitig CMM. Missionar von Mariannhill (1911-1945), Würzburg 2016.
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Einzelnachweise

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  1. a b Rudolf Grulich: „Liebe verdoppelt die Kräfte“: Der „Engel von Dachau“ soll selig gesprochen werden. In: Kirche in Not. 19. Oktober 2008, archiviert vom Original; abgerufen am 12. Oktober 2022 (aktualisiert am 2. März 2015).
  2. Prälat Hermann Scheipers auf Spurensuche. In: Münstersche Zeitung vom 21. November 2008.
  3. Opfer der Nationalsozialisten: Ordensmedaillen des Paters Unzeitig zurück. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Juni 2016, abgerufen am 18. September 2016.
  4. Missionare von Mariannhill: Novene im Gedenken an den Seligen Pater Engelmar Unzeitig CMM. Hrsg.: Deutsche Provinz. Würzburg, S. 46.
  5. Robert Ellsberg: Blessed Among Us: Day by Day with Saintly Witnesses. Liturgical Press, Collegeville 2016, ISBN 978-0-8146-4721-9, S. 125.
  6. Promulgazione di Decreti della Congregazione delle Cause dei Santi. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 22. Januar 2016, abgerufen am 22. Januar 2016 (italienisch).
  7. Rainer Münz, Rainer Ohliger: Vergessene Deutsche – erinnerte Deutsche. Flüchtlinge, Vertriebene, Aussiedler. In: Tony Judt (Hrsg.): Vom Neuschreiben der Geschichte. Erinnerungspolitik nach 1945 und 1989 (= Transit, Bd. 15). Verlag Neue Kritik, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-8015-0329-1, S. 141–157, hier S. 156.
  8. César Franck: „Die Seligpreisungen“
  9. Neuer Mittelpunkt für den Linzer Dom. Bischof Manfred Scheuer weihte den neuen Altar, einen sieben Tonnen schweren Quader. In: OÖN, 8. Dezember 2017.
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