Koordinaten: 54° 45′ 41″ N, 9° 22′ 44″ O

Der Meteorit Flensburg ging im September 2019 im Flensburger Raum nieder. Er ist nicht mit dem gleichnamigen Asteroiden zu verwechseln.

Flensburg
Erstbegutachtung des Meteoriten ca. 2 Wochen nach dem Fall, gut erkennbar die schwarze Schmelzkruste
Allgemeines
Offizieller Name
nach MBD
Flensburg
Authentizität bestätigt
Lokalität
Land Deutschland
Bundesland Schleswig-Holstein
Landesteil (Süd-)schleswig
Stadt Flensburg
Fall und Bergung
Datum (Fall) 12. September 2019
Datum (Fund) 13. September 2019
Sammlung Institut für Planetologie (IfP) in Münster
Beschreibung
Typ Chondrit
Klasse kohlig (C1)
Gruppe ungruppiert
Masse (total) 24,5 g
Dichte 1.984 g/cm3.
Größe ca. 3.7 × 3.5 cm
Verwitterung W0
Referenzen

Hintergrund

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Am 12. September 2019 um 14:49:48 Uhr trat ein Meteoroid über Norddeutschland in die Erdatmosphäre ein. Es bildete sich eine weit sichtbare Tageslichtfeuerkugel, die von einigen Kameras aufgezeichnet wurde. Überschallknallgeräusche waren in Schleswig-Holstein zu hören. Nach Angaben von Augen- und Ohrenzeugen aus Belgien, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich, Dänemark und Deutschland deutete zunächst vieles darauf hin, dass eventuelle Meteoriten in die Nordsee gefallen wären. Daten der NASA und detailliertere Auswertungen zeigten dann, dass es im deutsch-dänischen Grenzgebiet zu Meteoritenfällen gekommen sein könnte.[1]

Unabhängig davon entdeckte am 13. September der Flensburger Erik Due-Hansen einen ungewöhnlichen Stein in seinem Garten im Stadtteil Weiche, den er für einen Meteoriten hielt.[2] Eine Erstbegutachtung erfolgte durch Mitglieder des Arbeitskreises Meteore, die den Kontakt zum deutschen Meteoritenforscher Dieter Heinlein herstellten.[3] Fachleute fanden schnell heraus, dass der 24,5 Gramm schwere Stein tatsächlich ein Meteoritenfragment ist, das aus dem Ereignis vom 12. September stammt. Umfassende Untersuchungen an der Universität Münster von Addi Bischoff zeigten einen sehr seltenen ungruppierten kohligen Chondriten des Typs C1. Bischoff zufolge sei „Flensburg […] bezogen auf Deutschland, der mit Abstand, mit großem Abstand wissenschaftlich wichtigste Meteoritenfall“.[4]

Die Datenbank Meteoritical Bulletin Database führt den Meteoriten seit dem 5. Februar 2020 unter der Bezeichnung Flensburg, benannt nach dem Fundort.[5] Von dem Meteoriten wurde für die Klassifikation ein Teil abgetrennt, die verbliebene Hauptmasse von 17,06 Gramm kaufte die Westfälische Wilhelms-Universität Münster am 8. Januar 2020. Etwa 15 Institute in Deutschland, Frankreich und der Schweiz untersuchen weiterhin den Meteoriten.

Weitere Untersuchungen, publiziert im Januar 2021, kamen zu dem Schluss, dass der Meteorit nur Minerale enthält, die in Anwesenheit von Wasser entstehen, beispielsweise Schichtsilikate und Karbonate. Die gefundenen Karbonate im Flensburg-Meteoriten gehören demnach mit zu den ältesten im Sonnensystem. Das Alter des Meteoriten wurde mittels Ionensonde bestimmt, basierend auf dem Zerfall von Mangan-53. Die Datierung zeigte, dass der Mutterasteroid, von dem der Flensburg-Meteorit stammt, sich bereits drei Millionen Jahre nach Entstehung der ersten Festkörper im Sonnensystem gebildet hat. Sie sind damit mehr als eine Million Jahre älter als vergleichbare Karbonate in ähnlichen Meteoritentypen und zeigen die frühesten Vorkommen von flüssigem Wasser auf planetaren Körpern. Asteroiden, wie der Mutterasteroid des Flensburg-Meteoriten, könnten demnach flüssiges Wasser auf die Erde gebracht haben, als diese genug abgekühlt war.[6]

Der Meteoroid kam aus südlicher Richtung mit einer Geschwindigkeit vom 18,5 km/s. Er setzte in 42 km Höhe eine Energie von 0,48 kt TNT-Äquivalent frei, wie es die NASA ermittelte.[7] Aus den Daten der Nasa errechnete der Niederländer Marco Langbroek eine Apollo-Umlaufbahn und einen Durchmesser von etwa 2 m für das ursprüngliche Himmelsobjekt.[8]

Trotz intensiver Suche nach weiteren Meteoriten gab es bisher keine neuen Funde.

Siehe auch

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Literatur

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  • Bischoff et al.: The old, unique C1 chondrite Flensburg – Insight into the first processes of aqueous alteration, brecciation, and the diversity of water-bearing parent bodies and lithologies. In: Geochimica et Cosmochimica Acta. Band 293, 2021, S. 142–186, doi:10.1016/j.gca.2020.10.014.
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Einzelnachweise

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  1. StrewnLAB Bulletin Autor: Jim Goodall
  2. Radiobeitrag im Deutschlandfunknova mp3
  3. Tilmann Post: Die Sensation nach dem großen Knall. Hrsg.: Schleswig-Holstein. 7. Dezember 2010.
  4. Television report, 3sat vom 17. Februar 2020, 18:49 Uhr
  5. Flensburg (Meteorit)
  6. Thorsten Dambeck: Der Flensburg-Meteorit enthält die ältesten Spuren von Wasser in unserem Sonnensystem. In: Neue Zürcher Zeitung. 21. Januar 2021, abgerufen am 21. Januar 2021.
  7. NASA cneos
  8. Marco Langbroek auf Twitter
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