Freipfeifenprospekt ist ein Begriff aus dem Bereich Orgelbau für einen in den 1950er Jahren voll entwickelten Orgeltypus, bei dem die Orgelpfeifen nicht von einem Gehäuse umgeben oder durch Bauteile verblendet sind, sondern frei stehen.

Orgel des Speyerer Doms mit einem Freipfeifenprospekt, 2011

Geschichte

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Im Orgelbau ist es üblich, dem Werk ein schmückendes Gehäuse, den sogenannten Prospekt, zu geben, das einerseits den Wert des Instrumentes widerspiegelt und andererseits einen gewissen Schutz des Instrumentes gewährleistet. Der Aufbau des Gesamtgehäuses spiegelte zudem häufig die Anordnung der einzelnen Teilwerke eines Instruments wider. Außerdem spielte die Klangabstrahlung in den vergangenen Epochen eine kalkulierte Rolle.[1]

In England wurde aus Kostengründen in den 1840er Jahren auf eine schützende Gehäusedecke und ein gediegen geschreinertes Gehäuse verzichtet. Es wurde nur noch eine freie, flächenhafte Schauseite gestaltet, die mit Holzelementen eine geringfügige Gliederung erhielt. Auch diese gestalterischen Elemente verschwanden immer mehr und eine Gestaltung in Türmen und Feldern, gruppiert mit reinen Schaupfeifen, wurde Standardform der Orgel im viktorianischen England. Dieser optische Einfluss prägte zunehmend den Orgelbau des übrigen Europa. Dort wurde zum Ende des 19. Jahrhunderts ebenfalls mit der überlieferten Tradition gebrochen. Die Gehäuseidee trat auch dort immer mehr in den Hintergrund.[1]

Ab den 1950er Jahren verzichtete man völlig auf eine mögliche Gliederung und stellte eine flächenhafte Pfeifenfront als Freipfeifenprospekt nach symmetrischen Grundsätzen in den Vordergrund, die zuweilen den Spottnahmen Gartenzaunprospekte erhielten. Oft wurden diese teilweise sehr bizarren Freipfeifenprospekte von dem Architekten der Kirche entworfen und nicht mehr von dem beauftragten Orgelbauer. Damit löste sich die optische Gestaltung endgültig vom Innenleben des Instrumentes. Daher war aus technischen Möglichkeiten die klangliche Einbeziehung der Orgelfront manchmal gar nicht mehr möglich. Es entstanden stumme Prospekte, die nur der Optik dienten.[1] Dagegen wurden aber auch Freipfeifenprospekte geschaffen, die den Materialmix des Pfeifenmaterials (Holz, Kupfer) des Innenlebens eines Instruments außen widerspiegeln. Zuweilen konnte eine regelrecht bühnenhafte Gestaltung der Orgelempore erreicht werden, die den Raumbedarf der Orgel auf der Emporenfläche aufzeigt und ihn noch mit dem Einbeziehen des Brüstungbereichs überhöht.

Mit der Rückbesinnung auf den traditionellen Orgelbau ist der Freipfeifenprospekt heute seltener anzutreffen. Zuweilen findet er noch Verwendung bei einer optisch sehr modernen und zeitlosen Orgelgestaltung.

Eine Sonderform des Freipfeifenprospektes wurde durch die Firma Klais ab den 1930er Jahren entwickelt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Freipfeifenprospekten wird hierbei auf eine Pfeifenfassade vollständig verzichtet und stattdessen die räumliche Anordnung aller Pfeifen der Orgel auf ihren Windladen als Gestaltungselement verwendet. So stehen hier oft kleinste Register in erster Reihe, während die Größe nach hinten zunimmt. Ein häufiges Gestaltungsmerkmal sind auch Zungensträuße, meist aus geflammtem Kupfer, welche wie Fontänen hinter anderen Pfeifenreihen hervorsprießen. Auf diese Weise wird ein sehr plastischer Raumeindruck geschaffen, der das Innenleben der Orgel vollständig zeigt. Weitere Firmen, die vereinzelt Orgeln mit einem solchen Prospekt erbauten, waren Anton Feith (Paderborn), Hugo Mayer (Heusweiler) sowie Michael Weise (Plattling). Beeindruckende Vertreter dieses Prospekttypes finden sich in der Herz-Jesu-Kirche Ludwigshafen und im Frankfurter Dom.

Beispiele (Auswahl)

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Literatur

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  • Hermann Fischer, Theodor Wohnhaas: Zur Ästhetik der Freipfeifenprospekte. In: Aspekte der Orgelbewegung. Merseburger Berlin, Kassel 1995, S. 183–218.
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Commons: Freipfeifenprospekt – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b c Winfried Ellerhorst: Handbuch der Orgelkunde. Benzinger, Einsiedeln 1936, S. 638–640.
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