Als höhere Töchter bezeichnete man im 19. Jahrhundert junge Mädchen und Frauen aus großbürgerlichen Kreisen und aus dem weitgehend „verbürgerlichten“ Adel. Im Unterschied zu den Töchtern niederer sozialer Schichten (wie etwa dem kleinbürgerlichen bis bürgerlichen Handwerker- und Kaufmannsmilieu oder der bäuerlichen Landbevölkerung) waren „höhere Töchter“ von jeglicher Erwerbstätigkeit (wie z. B. der Mitarbeit im Familienbetrieb oder einer Dienstbotentätigkeit) freigestellt. Ihre Aufgabe bestand darin, eine gute Hausfrau, Gattin und Mutter zu werden. Entsprechend eindimensional gestalteten sich Erziehung und Schulbildung (s. Frauenbildung) der höheren Tochter.

Auf dem Chrysanthemenball (München, 1996) werden junge Frauen vorgestellt und in die Gesellschaft eingeführt

Die Biografie einer höheren Tochter verlief idealtypisch so: Ungefähr mit dem Alter der Firmung bzw. Konfirmation fand die Schulzeit (auf einer höheren Töchterschule oder einem Mädchenpensionat) ein Ende und die junge Frau wurde auf den Heiratsmarkt geschickt. Das bedeutete die beständige Teilnahme an diversen Kränzchen, Abendgesellschaften und Bällen, die den Zweck hatte, die Tochter unter die Haube zu bringen. Die angestrebte Heirat war zu dieser Zeit eine Mischung aus Liebes- und arrangierter Heirat.

Oftmals verlief dieser Weg jedoch nicht so. Die betreffenden Frauen fanden ein mehr oder weniger gutes Auskommen als Lehrerin, Erzieherin oder Gesellschafterin. Insgesamt waren ihre Freiräume aufgrund des herrschenden Weiblichkeitsideals gering.

Literatur

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in der Reihenfolge des Erscheinens

  • Ernst Temming: Wie erzieht und bildet die höhere Töchterschule unsere Töchter? Ein Beitrag. C. Marowsky, Pädagogische Verlagsbuchhandlung, Minden i. W. 1907.
  • Dagmar-Renate Eicke: „Teenager“ zu Kaisers Zeiten. Die „höhere“ Tochter in Gesellschaft, Anstands- und Mädchenbüchern zwischen 1860 und 1900 (Marburger Studien zur vergleichenden Ethnosoziologie; Bd. 11). Marburger Studienkreis für Europäische Ethnologie, Marburg 1980 (Dissertation, Universität Marburg 1980).
  • Michaelea Jonach: Väterliche Ratschläge für bürgerliche Töchter. Mädchenerziehung und Weiblichkeitsideologie bei Joachim Heinrich Campe und Jean-Jacques Rousseau (Aspekte pädagogischer Innovation; Band 22). Lang, Frankfurt am Main u. a. 1997, ISBN 3-631-32373-5.
  • Ursi Blosser, Franziska Gerster: Töchter der guten Gesellschaft: Frauenrolle und Mädchenerziehung im schweizerischen Grossbürgertum um 1900, Chronos, Zürich 1985, ISBN 3-905278-04-9 (Gemeinsame Dissertation Universität Zürich 1985, 342 Seiten).
  • Hannes Stekl (Hrsg.): „Höhere Töchter“ und „Söhne aus gutem Haus“. Bürgerliche Jugend in Monarchie und Republik. Böhlau, Köln 1999, ISBN 3-205-99059-5.
  • Wiltrud Ulrike Drechsel (Hrsg.): Höhere Töchter. Zur Sozialisation bürgerlicher Mädchen im 19. Jahrhundert (Beiträge zur Sozialgeschichte Bremens; Bd. 21). Edition Temmen, Bremen 2001, ISBN 978-3-86108-640-6.
  • Bärbel Ehrmann-Köpcke: „Demonstrativer Müßiggang“ oder „rastlose Tätigkeit“? Handarbeitende Frauen im Hansestädtischen Bürgertum. Dissertation, Universität Bremen 2009; Einleitungskapitel (PDF; 269 kB).
  • Felicitas Glade: Von den „Jungfern im Grünen“. Berufsausbildung für „höhere Töchter“ in Gartenbauschulen für Frauen. In: Rainer Hering (Hrsg.): Die Ordnung der Natur. Vorträge zu historischen Gärten und Parks in Schleswig-Holstein. Hamburg University Press, Hamburg 2009, ISBN 978-3-937816-65-4, S. 121–142.
  • Carola Groppe: Im deutschen Kaiserreich. Eine Bildungsgeschichte des Bürgertums 1871–1918. Böhlau, Köln 2018, ISBN 978-3-412-50058-0; darin: Höhere Töchterschulen und Mädchenpensionate vor der Jahrhundertwende: Unternehmertöchter zwischen Bildungsambitionen und Eheschließung, S. 336–360.
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