Unter der Thematik Interkulturelles Management versteht man einen Teilaspekt des Internationalen Managements, der sich mit kulturellen Fragen der grenzüberschreitenden Unternehmenstätigkeit befasst.[1] Interkulturelles Management beschäftigt sich mit interpersonalen Interaktionen zwischen verschiedenkulturellen Fach- und Führungskräften.[2] Es geht davon aus, dass sich „unterschiedliche kulturelle Bedingungen […] in vielfältiger Weise auf die Einstellungen und Verhaltensweisen von Kunden, Mitarbeitern, Geschäftspartnern u. a. niederschlagen.“[1] Durch Interkulturelles Management soll bei internationaler bzw. interkultureller Unternehmenstätigkeit die Wettbewerbsfähigkeit erhalten bzw. optimiert werden, indem durch die Berücksichtigung unterschiedlicher Wertevorstellungen und kultureller Besonderheiten einerseits hieraus entstehende Dysfunktionalitäten gehandhabt werden und andererseits hieraus entstehende Synergien genutzt werden. Die Maxime liegt darin, sowohl effektiv als auch angemessen zu agieren.[3]

Interkulturalität als Managementbereich

Bearbeiten

Kultur als Orientierungssystem für Menschen und Organisationen ist ein fundamentaler Aspekt, der für das Unternehmensmanagement eine wesentliche Rolle spielt.[4] Multinationale Unternehmen stehen bei ihren internationalen Aktivitäten vor der Herausforderung ihren Managementstil den kulturellen Bedingungen auf die unterschiedlichen Länder, in denen sie aktiv sind, abzustimmen. In einem interkulturellen Kontext müssen Unternehmen in Situationen „zunehmender Unsicherheit, Varianz und Diskontinuität von Umweltentwicklungen“ bestehen.[5] Wird die kulturelle Unterschiedlichkeit ignoriert oder werden einzelne Kulturen einseitig abgewertet („Ethnozentrismus“), kann es zu kulturell bedingten Missverständnissen kommen[2], „die sich negativ auf die Wertschöpfung der Organisation auswirken“.[6]

Kulturistische vs. Universalistische Perspektive

Bearbeiten

Es kann zwischen einer kulturistischen und einer universalistischen Perspektive unterschieden werden.[7] Die kulturistische Perspektive betont, dass unterschiedliche kulturelle Bedingungen, Werthaltungen und Motive auch unterschiedliche Managementstile erfordern (Culture-bound-These). Die Universalisten gehen dagegen davon aus, dass grundlegende Managementprinzipien unabhängig von kulturellen Bedingungen immer und überall gültig sind (Culture-free-These).[1]

Multinationale Unternehmen als Hauptakteure

Bearbeiten

Kulturelle Unterschiede spielen besonders für multinationale Unternehmen eine Rolle. Diese beschäftigen häufig Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen am selben Standort (zum Beispiel durch Entsendung). Zudem treten interkulturelle Herausforderungen vor allem dann auf, wenn kulturelle Unterschiede zwischen dem Standort der Tochtergesellschaft bzw. der Produktionsstätte und dem Heimatland der Mutterunternehmen existieren. Die Unternehmenskultur wird auch von den jeweiligen Landeskulturen beeinflusst.[8] Neben interkulturellen Herausforderungen zwischen einzelnen Organisationseinheiten sind an dieser Schnittstelle zwischen den Kulturen die unterschiedlichen Kommunikationsgewohnheiten der Angehörigen unterschiedlicher Kulturen besonders bedeutend. Die Interaktion zwischen Angehörigen unterschiedlicher Kulturen geht mit interkultureller Kommunikation einher.

Kulturelle Diversität als Ressource

Bearbeiten

Einem erweiterten und offenen Kulturbegriff zufolge,[9] lassen sich Kulturen nicht scharf und nationalstaatlich voneinander abgrenzen. „Unterschiede zwischen nationalen Kulturen werden zunehmend durch Unterschiede zwischen länderübergreifenden Subkulturen überlagert und intrakulturelle Unterschiede hinsichtlich bestimmter Persönlichkeitsmerkmale (wie z. B. Beruf, Alter oder gesellschaftliche Schicht) sind oft weitaus größer als interkulturelle Unterschiede. Daraus ergeben sich Wettbewerbsvorteile für diejenigen Unternehmungen, die ihre Unternehmensstrategie nicht länger an nationalen Grenzen, sondern vielmehr an diesen internationalen Subkulturen ausrichten.“[10] Wenn kulturelle Unterschiede als Bereicherung empfunden und miteinander kombiniert werden, wirkt sich dieses positiv auf den Erfolg von Unternehmen aus.[2] Diesem Umstand trägt auch das Interkulturelle Management und vor allem das Diversity Management Rechnung. Studien zufolge kann eine innerhalb einer Organisation vorliegende Vielfalt im Sinne von Diversität als eine Ressource zum Tragen kommen. Laut einer Studie ändert sich die Art der Zusammenarbeit: Es besteht dann eine höhere Bereitschaft, sich auf gegenläufige Sichtweisen vorzubereiten, und es wird stärker davon ausgegangen, dass es Einsatz erfordern wird, andere zu überzeugen.[11] Größere Diversität innerhalb der Unternehmensführung kann eine Unternehmenskultur fördern, in der unterschiedliche Meinungen zum Tragen kommen und so die Innovationsfähigkeit erhöhen.[12]

Handlungsfelder des Interkulturellen Managements

Bearbeiten

An der Schnittstelle interkultureller Unternehmenstätigkeit greift das Interkulturelle Management ein. Es gestaltet die Unternehmensstrategie so, dass die Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit die interkulturelle bzw. internationale Geschäftstätigkeit erfolgreich und angemessen gestaltet wird. Dieses betrifft insbesondere die Managementbereiche Personalmanagement, Organisationsentwicklung und Marketing,[13] die sich als interkulturelle Handlungsfelder noch weiter aufschlüsseln lassen:

Siehe auch

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
  • Nancy Adler: International dimensions of organizational behavior. 3. Auflage. Thomson, Cincinnati, Ohio 1997.
  • Gerhard Apfelthaler: Interkulturelles Management. Die Bewältigung kultureller Differenzen in der internationalen Unternehmenstätigkeit. Verlag Manz Fortis FH, Wien 2000, ISBN 3-7068-0584-7.
  • Niels Bergemann, Andreas Sourisseaux (Hrsg.): Interkulturelles Management. 3., vollst. überarb. u. erw. Auflage. Springer, Berlin 2003, ISBN 3-540-42976-X.
  • Jürgen Bolten (Hrsg.): Interkulturelles Handeln in der Wirtschaft. Verlag Wissenschaft und Praxis, Sternenfels 2004, ISBN 3-89673-214-5.
  • Jürgen Bolten: Einführung in die Interkulturelle Wirtschaftskommunikation. Göttingen, V&R, 2015. Insbes. Kptl. "Anwendungsfelder in der Wirtschaft" (S. 133–222), ISBN 978-3-8252-4371-5.
  • Irka Fürle: Erfolgsfaktoren internationaler virtueller Teams. In: Plattform - Das Magazin für interkulturelle Wirtschaft. 03/2010. (online)
  • Geert Hofstede (Hrsg.): Lokales Denken, globales Handeln. Interkulturelle Zusammenarbeit und globales Management. 3., vollst. überarb. Auflage. DTV-Beck, 2006, ISBN 3-423-50807-8.
  • Eckart Koch: Praxistraining Interkulturelles Management. 2., vollst. überarb. und erw. Auflage. UVK, Konstanz/München 2017, ISBN 978-3-86764-724-3.
  • Eckart Koch, Sabine Speiser (Hrsg.): Interkulturelles Management - Neue Ansätze, Erfahrungen, Erkenntnisse. Rainer Hampp Verlag, München/Mering 2008, ISBN 978-3-86618-212-7.
  • Richard D. Lewis: When cultures collide - Leading across cultures. 3. Auflage. Nicholas Brealey International, Boston/London 2006, ISBN 1-904838-02-2.
  • Dagmar Lück-Schneider, Stephan Maninger (Hrsg.): Wissensmanagement – Eine interdisziplinäre Betrachtung. Wissenschaftsverlag, Berlin 2006, ISBN 3-938407-14-X.
  • Alexander Thomas, Eva-Ulrike Kinast, Sylvia Schroll-Machl (Hrsg.): Handbuch Interkulturelle Kommunikation und Kooperation. 1. Auflage. Band 1 und 2, Vandenhoeck & Ruprecht, 2003, ISBN 3-525-46186-0.
Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b c Martin Welge, Dirk Holtbrügge: Organisatorische Bedingungen des Interkulturellen Managements. In: Niels Bergemann, Andreas Sourisseaux (Hrsg.): Interkulturelles Management. 3. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 2003, S. 3.
  2. a b c Christoph Barmeyer: Taschenlexikon Interkulturalität. V&R, Göttingen 2012, S. 118.
  3. Darla Deardorff: The Identification and Assessment of Intercultural Competence as a Student Outcome of Internationalization at Institutions of Higher Education in the United States. In: Journal of Studies in International Education. Nr. 10, 2006, S. 247–248.
  4. Siegfried Stumpf: Intercultural Leadership and Management. In: Alexander Thomas, Ulrike Kinast, Sylvia Schroll-Machl (Hrsg.): Handbook of Intercultural Communication and Cooperation. 2. Auflage. Band 1. V&R, Göttingen 2010, S. 288.
  5. Bruce Kogut: Research notes and communications - A note on global strategies. In: Strategie Management Journal. Nr. 10, 1989.
  6. Nancy Adler: International Dimensions of Organizational Behavior. South Western, Cincinnati 2002.
  7. Eugen von Keller: Management in fremden Kulturen. Ziele, Ergebnisse und methodische Probleme der kulturvergleiehenden Managementforschung. Haupt, Bern / Stuttgart 1982, S. 539.
  8. Jürgen Rothlauf: Interkulturelles Management. 2. Auflage. Oldenbourg, München 2006, S. 57.
  9. Jürgen Bolten: Fuzzy Cultures - Konsequenzen eines offenen und mehrwertigen Kulturbegriffs für Konzeptualisierungen interkultureller Personalentwicklungsmaßnahmen. In: Mondial - SIETAR Journal für interkulturelle Perspektiven. Jahresedition, 2013, S. 4–10.
  10. Martin Welge, Dirk Holtbrügge: Organisatorische Bedingungen des interkulturellen Managements. In: Niels Bergemann, Andreas Sourisseaux (Hrsg.): Interkulturelles Management. 3. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 2003, S. 7.
  11. Katherine W. Phillips: How Diversity Makes Us Smarter. In: Scientific American. 1. Oktober 2014, abgerufen am 15. Oktober 2016 (englisch).
  12. Sylvia Ann Hewlett, Melinda Marshall, Laura Sherbin: How Diversity Can Drive Innovation. Harvard Business Review, Dezember 2013, abgerufen am 15. Oktober 2016 (englisch).
  13. Jürgen Bolten: Einführung in die Interkulturelle Wirtschaftskommunikation. 2. Auflage. V & R, Göttingen 2015, S. 133.
  14. Niels Bergemann, Andreas Sourisseaux: Internationale Personalauswahl. In: Interkulturelles Management. 3. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 2003, S. 181–236.
  15. Jürgen Bolten: Interkulturelle Kompetenz. Landeszentrale für Polit. Bildung Thüringen, Erfurt 2012, ISBN 978-3-943588-03-3, S. 121–172.
  16. Günter Stahl: Internationaler Einsatz von Führungskräften. Oldenbourg, München 1998, ISBN 3-486-24723-9.
  17. Klaus Hirsch: Reintegration von Auslandsmitarbeitern. In: Niels Bergemann, Andreas Sourisseaux (Hrsg.): Interkulturelles Management. Springer, Berlin/Heidelberg 2003, S. 417–430.
  18. a b Jürgen Bolten: Interkulturelle Kompetenz. Landeszentrale für Polit. Bildung Thüringen, Erfurt 2012, ISBN 978-3-943588-03-3, S. 153.
  19. Martin Welge, Dirk Holtbrügge: Organisatorische Bedingungen des interkulturellen Management. In: Niels Bergemann, Andreas Sourisseaux (Hrsg.): Interkulturelles Management. 3. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 2003, S. 3–20.
  20. Alexander Thomas, Siegfried Stumpf: Aspekte interkulturellen Führungsverhaltens. In: Niels Bergemann, Andreas Sourisseaux (Hrsg.): Interkulturelles Management. 3. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 2003, S. 71–108.
  21. Mel Schnapper: Multicultural / Multinational Teambuilding After International Mergers and Acquisitions. In: Niels Bergemann, Andreas Sourisseaux (Hrsg.): Intercultural Management. 3. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 2003, S. 385–398.
  22. Stefan Müller, Katja Gelbrich: Interkulturelles Marketing. 2. Auflage. Vahlen, Franz, München 2015, ISBN 978-3-8006-3735-5.
  NODES
innovation 2
INTERN 16
Note 2