Als Judasverbrennen, auch Judasbrennen, Jaudusbrennen, Jaurusbrennen bzw. -feuer bezeichnet man den regional verbreiteten Brauch, am Karsamstag in einem Osterfeuer oder zum Neujahrsfest eine Puppe oder einen Baumstamm in effigie als Judas Iskariot zu verbrennen.[2][3][4][5][6][7][8][9][10]

Judasverbrennen (Malhação de Judas); Debret, Jean-Baptiste, „Voyage pittoresque et historique au Brésil“, 1831, S. 34[1]

Geschichte

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Grand Rababou“ (französisches Kompositum aus Grand Rabba und boo!), hier abgebildet mit stereotypischer Hakennase und Geld in Koffern und Taschen, wird jährlich im Karneval in Freiburg Üe. verbrannt.[11]
 
Schießen auf den Judas am Galgen in effigie, Santorin, Griechenland, April 2010

Das Verbrennen einer Puppe als Hinrichtung einer Person in effigie wurde bereits in Babylonien praktiziert.[12] Das Judasverbrennen, ein christlich-weltlicher Brauch[13], war weltweit verbreitet und wird auch heute noch in einigen christlichen Gemeinden veranstaltet. So beispielsweise in Süddeutschland, Griechenland, Chile, Mexiko und Teilen Osteuropas.

In Süddeutschland konzentrieren sich die „Judasfeuer“ auf die Gegend zwischen Donauwörth, Ingolstadt, Augsburg, Landsberg am Lech und München sowie Teile Unterfrankens.[14]

Nachdem während der Griechischen Revolution in den eroberten Städten Türken und Tausende der Kollaboration beschuldigte Juden ermordet worden waren, kam es im 1832 gegründeten Königreich Griechenland im Zusammenhang mit Judasverbrennungen erneut zu Ausbrüchen gegen Juden.[15]

In Chile wurde die Judasfigur vor der Verbrennung mit den Zügen ansässiger Juden versehen und vor den Häusern jüdischer Familien angebracht.[16] Auch in Süd- und Mittelamerika, z. B. in Brasilien, Ecuador, Kolumbien, werden von der Bevölkerung – gegen den Willen der katholischen Kirche – im Rahmen des sogenannten Queima do Judas („Verbrennung des Judas“) oder Malhação do Judas („Misshandlung des Judas“) Puppen an Galgen aufgehängt, verbrannt oder mit Sprengstoff zum Platzen gebracht.[17]

In der Stadt Pruchnik in Südost-Polen besteht der Brauch, eine Puppe in Überlebensgröße, die Judas darstellen soll, an Karfreitag zum Tode zu verurteilen, an einen Baum zu hängen, durch die Straßen zu schleifen, mit Stöcken zu schlagen und letztendlich zu verbrennen. Daran beteiligen sich viele Kinder. Die im Jahr 2019 verfertigte Judasfigur hatte mit schwarzem Hut und Schläfenlocken deutliche Kennzeichen eines orthodoxen Juden. Der World Jewish Congress nahm am Ostermontag, dem 22. April, dazu Stellung und bezeichnete die Vorgänge in Pruchnik als „geisterhafte Wiederbelebung des mittelalterlichen Antisemitismus“. Auch Polen protestierten gegen die Veranstaltung in Pruchnik und stellten Fotos online, die zeigen, dass das Judasverbrennen schon vor dem Zweiten Weltkrieg durchgeführt wurde.[18]

Literatur

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  • Wolfgang Benz (Hrsg.): Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart, Band 1: Länder und Regionen, Walter de Gruyter, 2008.
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Commons: Judasverbrennen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Voyage pittoresque et historique au Brésil de Jean-Baptiste Debret. Actes Sud, archiviert vom Original am 30. April 2018; abgerufen am 30. April 2018.
  2. Peter Bürger: "pro perfidis Judaeis" In: telepolis, Heise Medien, 6. September 2007. Abgerufen am 30. April 2018 
  3. Hugo Loetscher: FLÜSSE MIT DRITTEM UFER. In: Spiegel ONLINE. SPIEGEL ONLINE GmbH, abgerufen am 30. April 2018.
  4. Helmut Brenner: Absorption und Adaption als Faktoren traditioneller Musik in Lateinamerika. In: Ethnomusikologie. Universität für Musik und darstellende Kunst Graz, archiviert vom Original am 14. Juni 2018; abgerufen am 30. April 2018.
  5. Karl von den Steinen: Durch Central-Brasilien. In: Etnolinguistica. etnolinguistica.org, abgerufen am 30. April 2018.
  6. Osterbrauch in Lateinamerika: Judas-Puppen brennen in Venezuela, International Affiliate Press, 6. April 2015. Abgerufen am 30. April 2018 
  7. E. Hoffmann-Krayer, Hans Bächtold-Stäubli: Handwörterbuch Des Deutschen Aberglaubens, Bd. IV. Berlin 1931, S. 800 ff. (google.de [abgerufen am 30. April 2018]).
  8. Venezuela: Trump- und Maduro-Puppen brennen in Caracas bei traditioneller Judas Verbrennung, RT Deutsch, 17. April 2017. Abgerufen am 30. April 2018 
  9. Thomas Lange: Überall lodern die Osterfeuer, Kieler Zeitung Verlags- und Druckerei KG-GmbH & Co., 26. März 2016. Abgerufen am 30. April 2018 
  10. Judasfeuer. In: Meyers Großes Konversationslexikon. Trier Center for Digital Humanities / Kompetenzzentrum für elektronische Erschließungs- und Publikationsverfahren in den Geisteswissenschaften an der Universität Trier, abgerufen am 30. April 2018.
  11. Karneval - Fasnacht in fribourg region. In: Fribourg région. Freiburger Tourismusverband, archiviert vom Original am 14. Juni 2018; abgerufen am 30. April 2018.
  12. Purim – Fest des Sieges über die Widersacher – talmud.de. Abgerufen am 17. März 2021: „In Babylonien schwenkte man eine in einem Eisenreifen aufgehängte Haman-Puppe solange durchs Feuer bis das Seil riss und sie in’s Feuer fiel. Oder man stieß Haman-Figuren vom Dach herab in ein loderndes Feuer.“
  13. Judasfeuer – Brauchwiki. Abgerufen am 17. März 2021: „Es handelt sich um einen christlichen, weltlichen (laikalen) Brauch, der nicht mit dem liturgischen Osterfeuer zu verwechseln ist.“
  14. Antijüdisches Brauchtum, HaGalil, 28. März 2024. Abgerufen am 3. April 2024.
  15. W. Benz (Hrsg.): Handbuch des Antisemitismus. Band 1, 2008, S. 122.
  16. W. Benz (Hrsg.): Handbuch des Antisemitismus. Band 1, 2008, S. 71.
  17. Klaus Hart: Judas verbrennen (Queima do Judas) – antisemitisches Ritual in Brasilien?, 2009.
  18. Leading Jewish group outraged at beating of Judas effigy in Poland. In: The Times of Israel. 22. April 2019, abgerufen am 22. April 2019 (englisch).
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