Murnauer Moos

Moorgebiet in Bayern, Deutschland

Das Murnauer Moos liegt im Landkreis Garmisch-Partenkirchen am Nordrand der bayerischen Alpen und südlich von Murnau und Staffelsee. Es ist mit 32 km² Fläche das größte zusammenhängende, naturnah erhaltene Moorgebiet Mitteleuropas.

Das Moos vom Hörnle; Blick nach Osten
Blick nach Süden über das Murnauer Moos, im Hintergrund die Alpen

Lage und Entstehung

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Das Murnauer Moos entstand nach der letzten Eiszeit im Zungenbecken des Loisachgletschers, das im Norden von einem Rücken aus subalpiner Molasse begrenzt wird. Der Vorlandgletscher erstreckte sich ursprünglich bis weit über den heutigen Ammersee hinaus nach Norden. Als die Gletscher sich vor etwa 15.000 bis 10.000 Jahren zurückzogen, entstand ein nacheiszeitlicher Zungenbeckensee. Unterschiede im geologischen Untergrund sorgten für verschiedene Entwicklungen von dessen einzelnen Abschnitten. Aus dem südlichsten Teil entstand das Murnauer Moos, es versumpfte im Staubereich des Molasserückens, der den Abfluss über das heutige Loisachbett nach Osten erzwang, sobald der Wasserspiegel unter die Kammhöhe des Rückens gefallen war. Nördlich des Rückens schließt der Staffelsee an. Er ist im Westen von weiteren Mooren umgeben. Noch weiter nördlich folgen das Moränenhügelland und das Ammermoos im Süden des Ammersees, der Ammersee und das Ampermoos an dessen nördlichem Abfluss.

Das Murnauer Moos entstand durch Verlandung im Laufe der Zeit, als die abgelagerten Tonminerale versumpften und sich zu einer ausgedehnten Moorfläche entwickelten. Das Gebiet umfasst eine vielfältige Landschaft mit Streuwiesen, Nieder- und Übergangsmooren, Quelltrichtern, Altwasser und voll ausgebildeten Hochmooren.

Das Moor ist von zahlreichen Bächen durchflossen. Die größten Fließgewässer sind die Ramsach, die im Schwaigener Ortsteil Plaicken entspringt und in die Loisach mündet, und der Lindenbach, der in Bad Kohlgrub entspringt und in die Ramsach mündet.

Eine Besonderheit sind die im Süden des Gebietes über die ebene Moorfläche dunkel emporragenden Köchel. Dabei handelt es sich um dicht bewaldete Felskuppen, die aus hartem Glaukoquarzit bestehen und in der Kreidezeit des Helvetikums entstanden. Sie waren Inseln im See und wirken heute in ähnlicher Form im Moos, da sich auf ihnen wegen des schwierigen Zugangs Waldökosysteme erhalten haben, die andernorts durch forstwirtschaftliche Eingriffe ge- und zerstört sind. Zwei der Köchel wurden industriell abgebaut, die Betriebe sind seit 2001 aber stillgelegt, wurden abgebaut und die Flächen renaturiert.

Ökosysteme

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Sibirische Schwertlilien im Murnauer Moos

Trotz der Naturnähe ist auch dieses Moor stark von der Landwirtschaft geprägt, einerseits durch Entwässerung und Nutzungsintensivierung vor allem im Süden als auch durch die Streuwiesennutzung. Letztere ist ein besonderes Kennzeichen und auch Qualitätsmerkmal dieses Moores. Nicht zuletzt auch wegen der Pflege dieser extensiven Nutzflächen bietet das Gebiet heute 946 Pflanzenarten (davon stehen 164 auf der Roten Liste, wie Herbst-Drehwurz, Wanzen-Knabenkraut, Glanzorchis, Sibirische Schwertlilie, Karlszepter, Torfsegge, Zierliches Wollgras, Moor-Binse, Moor-Steinbrech, Heidelbeerweide und Strauch-Birke) und mehreren tausend Tierarten auf den naturbelassenen Restflächen ein Refugium. Etwa zwei Drittel der Flächen sind als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Es gibt Überlegungen für die Einrichtung eines Nationalparks.

Zu den Vogelarten des Schutzgebietes zählen unter anderem Zwergtaucher, Großer Brachvogel, Wachtelkönig, Feldlerche, Wiesenpieper, Baumpieper, Waldohreule, Mäusebussard, Turmfalke, Baumfalke, Rohrschwirl, Feldschwirl, Kiebitz, Krickente, Tüpfelsumpfhuhn, Wasserralle, Teichrohrsänger, Bekassine und Raubwürger. Reptilien und Amphibien sind beispielsweise durch Laubfrosch, Gelbbauchunke, Grasfrosch, Erdkröte, Ringelnatter, Kreuzotter, Zauneidechse und Bergeidechse vertreten.[1]

Geschichte

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Auf dem mittlerweile verschwundenen Moosberg waren noch bis in die 1920er Jahre Reste einer römischen Siedlung und Befestigung aus dem 3./4. Jh. n.C. zu sehen,[2][3] die sicherlich in Zusammenhang mit der hier vorbeiführenden Via Raetia zu sehen ist.

Im Sommer 1934 wurde ein über 4,5 Meter breiter römischer Prügelweg mit Kiesauflage im südlichen Teil des Mooses entdeckt.[4] Diese überaus aufwendige Straße, für die 66.000 Knüppel, 3000 Tonnen Ton und Lehm sowie 5000 Tonnen Kies beschafft werden mussten, wurde dem Historiker Werner Zanier zufolge im Jahr 43 n. Chr. für den von der Eroberung Britanniens über Mainz (Mogontiacum mit dem Drususstein seines Vaters) nach Rom zurückkehrenden römischen Kaiser Claudius angelegt.[5]

Zwei der Köchel wurden in den Hartsteinwerken am Moosberg und am Langen Köchel (hier durch das Hartsteinwerk Werdenfels noch bis 2001) abgebaut und z. B. zur Pflasterung von Straßen oder als Bahnschotter verwendet. Früher wurden die Steine dazu bis nach München geflößt. Heute werden die Gesteinsabbauflächen renaturiert. Sämtliche Wälder der Köchel und des Moores sind infolge des Naturschutzprojektes und der Schutzverordnung nutzungsfrei und können sich unbeeinflusst entwickeln.

Naturschutz

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Das Murnauer Moos war seit Anbeginn der Besiedelung im jeweiligen Rahmen der Landwirtschaft genutzt worden. Im Mittelalter begann der Abbau von Gestein an den Köcheln durch das Kloster Ettal, eine gewerbliche oder bereits kleinindustrielle Nutzung der Steinbrüche fand wohl schon im 19. Jahrhundert statt.[6]

Das Murnauer Moos war von 1992 bis 2003 Ort eines der größten Naturschutzprojekte der Bundesrepublik Deutschland. Unter der Leitung des Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen wurden in 12 Jahren etwa 15 Millionen Euro investiert, um Flächen anzukaufen, die Voraussetzungen für eine naturnahe Entwicklung oder extensive Nutzung wiederherzustellen und Pflegemaßnahmen durchzuführen. Die Finanzierung stammte zu 75 % von der Bundesrepublik Deutschland über das Bundesamt für Naturschutz, nachdem das Murnauer Moos als Naturraum von gesamtstaatlicher Bedeutung eingestuft worden war. Nicht geheilt werden konnten die schweren Beeinträchtigungen des Wasserhaushaltes durch den Bau der Autobahn A 95 in den 70er Jahren und der anschließenden Entwässerungen durch die Flurbereinigung. Für den Naturschutz kommt es darauf an, in diesem Gebiet die richtige Balance zwischen extensiver Nutzung und Offenhaltung auf der einen Seite und natürlicher unbeeinflusster Entwicklung auf der anderen Seite zu finden.

Panoramablick nach Süden über das Murnauer Moos

Literatur

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  • Christine Rädlinger: Kultivierte Wildnis – Die Geschichte des Murnauer Mooses. Franz Schiermeier Verlag, München 2019. ISBN 978-3-943866-83-4.
  • Heiko Liebel, Hans-Joachim Fünfstück: Die Vogelwelt im Murnauer Moos: Entwicklung, Bestände und Beobachtungen in einem einzigartigen Naturraum. Aula Verlag, Wiebelsheim 2019. ISBN 978-3-89104-823-8.
  • Peter Strohwasser: Das Murnauer Moos, 2000 Jahre Nutzungsgeschichte und 100 Jahre Naturschutz im größten lebenden Moor des Alpenraumes. Allitera-Verlag, München 2018. ISBN 978-3962330668.
  • Peter Strohwasser, Inge Schmid, Bruno Haas, Ingrid Wagner, Alfred Wagner: Naturschutzgroßprojekt „Murnauer Moos, Moore westlich des Staffelsees und Umgebung“ 1992 – 2003 Schlussbericht. Landkreis Garmisch-Partenkirchen, 2005 (unveröffentlicht).
  • Peter Strohwasser: Errichtung und Sicherung schutzwürdiger Teile von Natur und Landschaft mit gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung – Projekt: „Murnauer Moos, Moore westlich des Staffelsees“, Bayern. In: Natur und Landschaft, 1994, 69. Jahrgang, Heft 7/8, Seiten 362–368.
  • Werner Zanier: Ausgrabung: Der römische Kaiser Claudius auf dem Holzweg? In: Akademie aktuell der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Nr. 65 (2/2018), Seiten 62–71 ISSN 1436-753X (PDF, 1,73 MB)

Siehe auch

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Commons: Murnauer Moos – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Hans Bibelriether: Naturland Deutschland. 1997. Kosmos-Verlag, ISBN 978-3-440-07207-3
  2. Industrie und Natur, Schloßmuseum Murnau, abgerufen am 8. Mai 2019.
  3. Fundchronik, in: Germania Bd. 10 Nr. 2 (1926), S. 159 (PDF, 4 MB), DOI:10.11588/ger.1926.20798.
  4. Paul Reinecke: Ein römischer Prügelweg im Eschenloher Moor, in: Germania Bd. 19 Nr. 1 (1935), S. 57–60 (PDF, 12,5 MB), DOI:10.11588/ger.1935.34789.
  5. Hans Kratzer: Riesiges Bauprojekt der Römer im Murnauer Moos entdeckt , Süddeutsche Zeitung vom 10. August 2018, abgerufen am 9. Mai 2019.
  6. Christine Rädlinger: Das Reichsnaturschutzgesetz von 1935 und das Naturschutzprojekt Murnauer Moos. In: Hans-Georg Hermann, Hans-Joachim Hecker (Hrsg.): Recht und Infrastruktur in der Geschichte des bayerischen Oberlands (= Rechtskultur Wissenschaft Band 26). Edition Rechtskultur 2020, ISBN 978-3-96374-041-1, S. 113–138.

Koordinaten: 47° 38′ 53″ N, 11° 9′ 11″ O

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