Prasugrel (Entwicklungsbezeichnungen CS-747, LY640315) ist ein Thrombozytenaggregationshemmer aus der Gruppe der Thienopyridine, der die Bildung von Blutgerinnseln (Thromben) behindert. Prasugrel ist seit 2009 zum Einsatz beim akuten Koronarsyndrom in den USA, in England, in Österreich, in der Schweiz und in Deutschland zugelassen. Es stellt damit eine Alternative zum Wirkstoff Clopidogrel aus derselben Wirkstoffgruppe dar, der derzeit noch in den meisten Fällen bei der Therapie des Herzinfarktes eingesetzt wird.

Strukturformel
Strukturformel von (±)-Prasugrel
1:1-Gemisch aus (R)-Form (oben) und (S)-Form (unten)
Allgemeines
Freiname Prasugrel
Andere Namen
  • (RS)-[5-[2-Cyclopropyl-1-(2-fluorphenyl)-2-oxoethyl]-6,7-dihydro-4H-thieno[3,2-c]pyridin-2-yl]acetat (IUPAC)
  • CS-747
Summenformel C20H20FNO3S
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 150322-43-3 (Prasugrel)
  • 389574-19-0 (Prasugrel·Hydrochlorid)
  • 1060616-79-6 (Prasugrel·Hydrobromid)
  • 1060616-84-3 (Prasugrel·Mesylat)
  • 389574-20-3 (Prasugrel·Maleat)
  • 1191933-01-3 (Prasugrel·Hydrogensulfat)
  • 952340-40-8 (Prasugrel·Benzolsulfonat)
  • 1155404-76-4 (Prasugrel·p-Toluolsulfonat)
EG-Nummer (Listennummer) 801-962-1
ECHA-InfoCard 100.228.719
PubChem 6918456
ChemSpider 5293653
DrugBank DB06209
Wikidata Q416232
Arzneistoffangaben
ATC-Code

B01AC22

Wirkstoffklasse

Thrombozytenaggregationshemmer

Eigenschaften
Molare Masse 373,44 g·mol−1
Schmelzpunkt
  • 120–121 °C (Racemat)[1][2]
  • 103 °C (Mesylat)[3]
Löslichkeit

13 mg·l−1 in Wasser[4]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[5]

Achtung

H- und P-Sätze H: 302​‐​411
P: ?
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Das Arzneimittel „Efient“ (Europa) bzw. „Effient“ (USA) von Daiichi Sankyō enthält als Arzneistoff Prasugrel·Hydrochlorid.

Pharmakologie

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Prasugrel ist wie die anderen Thienopyridine Clopidogrel und Ticlopidin ein Prodrug, das im Körper (durch eine Hydrolyse durch Esterasen, anschließend Oxidation durch das Cytochrom-P450-System) in den aktiven Metaboliten R-138727 umgesetzt wird. Dies scheint schneller und zu einem größeren Anteil zu geschehen als bei den anderen Stoffen dieser Arzneistoff-Gruppe. Die Ausscheidung geschieht hauptsächlich über die Niere.

Der aktive Metabolit bindet am P2Y12-Adenosindiphosphat-Rezeptor der Thrombozyten. In der Folge unterbleibt die Thrombozytenaktivierung über den Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptorkomplex. Da die Blockierung des P2Y12-Rezeptors irreversibel ist, bleiben die Thrombozyten während ihrer gesamten Lebensdauer beeinträchtigt. Die vollständige Gerinnungsfähigkeit des Bluts stellt sich erst mit der Neubildung von Thrombozyten im Laufe von fünf bis sieben Tagen wieder ein.

Anwendungsgebiete

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Prasugrel wird in Kombination mit Acetylsalicylsäure bei Patienten mit ST-Strecken-Hebungsinfarkt (STEMI) im Rahmen der Behandlung (Perkutane transluminale coronare Angioplastie) bei einer Herzkatheter-Untersuchung eingesetzt.[6] Bei Patienten mit Nicht-ST-Streckenhebungsinfarkt (NSTEMI) bringt eine frühzeitige Aufsättigung vor geplanter (nächste 48 Stunden) Herzkatheterbehandlung keinen Vorteil in Hinblick auf ischämische Ereignisse (Tod durch Schlaganfall oder Herzinfarkt, notfällige Herzkatheterbehandlung). Es erhöht sich aber die Rate an Blutungskomplikationen, so dass der Beginn der Therapie erst im Rahmen der Herzkatheterbehandlung erfolgen sollte.[7]

In der der Zulassung zugrunde liegenden Phase-3-Studie (TRITON-TIMI 38, eine randomisierte doppelblinde Multicenterstudie, n=13.608) zeigte Prasugrel in Bezug auf die Häufigkeit von kardiovaskulärem Tod (9,44 % vs. 11,49 %) für den primären Endpunkt, nicht-tödlicher Herzinfarkt oder nicht-tödlicher Schlaganfall, einen signifikant höheren Nutzen als Clopidogrel. Demgegenüber traten allerdings häufiger Blutungen als Nebenwirkung auf (1,4 %, vs. 0,9 % in der Clopidogrel-Gruppe, davon 0,4 % vs. 0,1 % tödlich). Die Gesamtsterblichkeit unterschied sich deshalb nicht.[8]

Das deutsche Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bewertet die Datenlage nicht als Beleg, sondern lediglich als einen Hinweis auf einen Vorteil von Prasugrel gegenüber Clopidogrel. Das Studiendesign der TRITON-Studie wird kritisiert, da es möglicherweise Prasugrel bevorzugt. Auch die erhöhte Rate an Nebenwirkungen, vor allem Blutungen, wird betont.[9][10]

Bei rückenmarksnahen Regionalanästhesie-Verfahren (Spinalanästhesie bzw. Periduralanästhesie) sollte Prasugrel 7–10 Tage vorher abgesetzt werden und frühestens sechs Stunden nach dem Eingriff wieder eingesetzt werden.[11]

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Xianhua Pan, Rui Huang, Jianshui Zhang, Liping Ding, Weijin Li, Qunhui Zhang, Feng Liu: Efficient synthesis of prasugrel, a novel P2Y12 receptor inhibitor in Tetrahedron Letters 53 (2012) 5364–5366, doi:10.1016/j.tetlet.2012.07.071.
  2. Ou, Wenhua; Yi, Weiyin; Liu, Feng; Pan, Xianhua; Peng, Xijiang: An improvement to the preparation of prasugrel hydrochloride in J. Chem. Res. 37 (2013) 369–371, doi:10.3184/174751913X13687269227225.
  3. Patent WO2009/98142 A1 (HELM AG 2009).
  4. Takács-Novák, K.; Urac, M.; Horváth, P.; Völgyi, G.; Anderson, B.D.; Avdeef, A.: Equilibrium solubility measurement of compounds with low dissolution rate by Higuchi's Facilitated Dissolution Method. A validation study in Eur. J. Pharm. Sci. 106 (2017) 133–144, doi:10.1016/j.ejps.2017.05.064.
  5. Vorlage:CL Inventory/nicht harmonisiertFür diesen Stoff liegt noch keine harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von (R,S)-5-[2-cyclopropyl-1-(2-fluorophenyl)-2-oxoethyl]-4,5,6,7-tetrahydrothieno[3,2-c]pyridin-2-yl acetate im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 6. Juli 2020.
  6. Neue Arzneimittel : Efient® (Prasugrel). Arzneimittelinformation der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), S. 30–44. (Stand 16. April 2009; 2,75MB, abgerufen am 19. März 2010).
  7. Gilles Montalescot u. a.: Pretreatment with Prasugrel in Non–ST-Segment Elevation Acute Coronary Syndromes. In: N Engl J Med. 369, 2013 September 12, S. 999–1010, doi:10.1056/NEJMoa1308075.
  8. S. D. Wiviott u. a.; TRITON-TIMI 38 Investigators: Prasugrel versus clopidogrel in patients with acute coronary syndromes. In: N Engl J Med. 357(20), 2007 Nov 15, S. 2001–2015. PMID 17982182.
  9. Abschlussbericht A09-02: Prasugrel bei akutem Koronarsyndrom. (PDF) Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, 11. Juli 2011, abgerufen am 6. Juli 2020.
  10. IQWiG: Prasugrel: Für manche Patienten Hinweise auf Zusatznutzen, aber auch auf größeren Schaden. 5. September 2011, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 9. August 2013.@1@2Vorlage:Toter Link/www.iqwig.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  11. Wiebke Gogarten, Hugo Van Aken: Perioperative Thromboseprophylaxe - Thrombozytenaggregationshemmer - Bedeutung für die Anästhesie. In: AINS - Anästhesiologie · Intensivmedizin · Notfallmedizin · Schmerztherapie. 47, 2012, S. 242–252, doi:10.1055/s-0032-1310414.
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