Rachel Salamander

deutsche Literaturwissenschaftlerin, Journalistin und Unternehmerin

Rachel Salamander (* 30. Januar 1949 in Deggendorf) ist eine deutsche Literaturwissenschaftlerin, Buchhandels-Unternehmerin und Journalistin.

"Rachel Salamander an einer Brüstung der im Umbau befindlichen Synagoge in der Reichenbachstraße, 2021"
Rachel Salamander in der im Umbau befindlichen Synagoge in der Reichenbachstraße (2021)

Leben und Wirken

Bearbeiten

Rachel Salamander wurde als zweites Kind von Samuel Salamander und seiner Ehefrau Riva Salamander in einem Displaced Persons Camp für Überlebende des Holocausts in Deggendorf geboren. Die Eltern von Rachel Salamander hatten den Holocaust überlebt und wollten nach Israel auswandern. Ihr Bruder Borys wurde Arzt in München. Die Einreise nach Israel wurde der Familie aufgrund einer Krankheit der Mutter nicht gestattet. Die Mutter starb 1953 in München in einem Krankenhaus. Die Familie, in der Jiddisch gesprochen wurde, lebte bis zu dessen Auflösung im Jahre 1956 im DP-Lager Föhrenwald, danach in München. Nachdem Rachel kurzzeitig Medizin studiert hatte, wechselte sie zum Studium der Philosophie, Germanistik und Romanistik an der Universität München. Schon bald beschäftigte sich Salamander mit deutsch-jüdischer Literatur und Geschichte. Sie wurde 1980 in München in der Mediävistik mit der Dissertation Zeitliche Mehrdimensionalität als Grundbedingung des Sinnverstehens promoviert.

1982 folgte die Eröffnung der „Literaturhandlung“ in München, eine auf jüdische Literatur und Literatur zum Judentum spezialisierte Buchhandlung. Heute existieren neben einer Filiale in Berlin sechs Dependancen in ganz Deutschland. Salamander war von 2001 bis 2013 Herausgeberin der Literarischen Welt, der Literaturbeilage der Tageszeitung Die Welt. Von Oktober 2013 bis September 2014 war sie Leiterin des F.A.Z.-Literaturforums. Sie ist Jury-Vorsitzende des „Marcel-Reich-Ranicki-Preis für literarische Kritik und Essay“.[1][2]

2013 gründete Salamander zusammen mit Ron C. Jakubowicz den Verein „Synagoge Reichenbachstraße e. V.“. Vereinsziel ist die Wiederherstellung der Münchner Synagoge an der Reichenbachstraße in ihren ursprünglichen Zustand von 1931. Nach jahrelangen Vorbereitungen[3] befindet sich das historische Baudenkmal derzeit (Stand 2021) im Umbau.[4]

Mit Wirkung zum 10. Dezember 2015 gehört Salamander neben Ulla Unseld-Berkéwicz und Sylvia Ströher zum Aufsichtsrat des Berliner Suhrkamp Verlages.[5] Zum 31. Oktober 2024 schieden alle aus dem Vorstand aus.[6]

2020 erhielt Salamander den Heinrich-Heine-Preis; in der Begründung hieß es, sie habe maßgeblich zum Wiederaufbau des jüdischen intellektuellen Lebens nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland beigetragen. Die Werke jüdischer Autoren, die von den Nationalsozialisten verbrannt wurden, seien über ihre Buchhandlungen in den Kanon der deutschen Literatur zurückgeholt worden. Außerdem habe sie sich für Völkerverständigung und gegen Antisemitismus engagiert.[7][8]

Im Dezember 2022 übergab Salamander ihr Archiv mit zahlreichen Dokumenten jüdischen Geisteslebens aus vierzig Jahren dem Münchner Literaturarchiv Monacensia.[9]

Rachel Salamander ist seit 1990 mit dem Journalisten Stephan Sattler verheiratet.

Schriften (Auswahl)

Bearbeiten
  • Rachel Salamander: Die Jüdische Welt von gestern 1860–1938. Brandstätter, 1990, ISBN 3-85-447301-X.
  • Jacqueline Giere/Rachel Salamander: Ein Leben auf neu. Das Robinson-Album. DP-Lager: Juden auf deutschem Boden 1945–1948. Brandstätter, 2000, ISBN 3-85-447576-4.
  • Rachel Salamander: „Hier sehen wir das fürchterlichste Verbrechen …“. Vom deutschen Widerstand und der Judenverfolgung. Gedächtnisvorlesung zur Erinnerung an die Opfer der „Weißen Rose“, Ludwig-Maximilians-Universität München, 23. Februar 2000. Verlag Bibliothek der Provinz (edition münchen), 2000, ISBN 3-901862-09-9.
  • Hans Jonas: Erinnerungen. Nach Gesprächen mit Rachel Salamander. Suhrkamp, 2005, ISBN 3-51-845684-9.
  • Jutta Fleckenstein/Rachel Salamander (Hg.): Kurt Landauer. Der Präsident des FC Bayern. Lebensbericht und Briefwechsel mit Maria Baumann. Suhrkamp Verlag, Berlin 2021, ISBN 978-3-458-17889-7.

Auszeichnungen

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
  • Edda Ziegler: Rachel Salamander und die Literaturhandlung. In: dies.: Buchfrauen. Wallstein, Göttingen 2014, ISBN 978-3-8353-1523-5, S. 221–222.
Bearbeiten
Commons: Rachel Salamander – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Rachel Salamander wechselt zur F.A.Z., in FAZ vom 13. Juli 2013
  2. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26. Juli 2014, S. 15
  3. Nils Minkmar: Jüdisches Leben: Gibt es Rettung für die alte Münchner Synagoge? In: Süddeutsche Zeitung. 10. Oktober 2021, abgerufen am 12. Oktober 2021.
  4. Das historische Baudenkmal wird saniert – Baustellenbesichtigung in der Synagoge Reichenbachstraße. In: Jüdisches Museum München. Abgerufen am 12. Oktober 2021.
  5. Eine neue Ära bricht an In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10. Dezember 2015 auf: faz.net, abgerufen am 10. Dezember 2015
  6. Suhrkamp | Insel Pressemitteilung Nachricht vom 4. Oktober 2024, abgerufen am 1. November 2024
  7. Süddeutsche Zeitung: Rachel Salamander mit Heine-Preis ausgezeichnet. Abgerufen am 2. August 2020.
  8. Jana Simon: Ich habe vor nichts Angst. In: Die Zeit. Nr. 35. 26. August 2021. S. 49
  9. Hannes Hintermeier: Jüdische Literatur: Beruf und Berufung. In: www.faz.net. 12. Dezember 2022, abgerufen am 13. Dezember 2022.
  10. Stiftung Bayerische Gedenkstätten beglückwünscht Rachel Salamander zur Auszeichnung mit dem Heine-Preis. Abgerufen am 13. Juli 2022.
  11. Bericht von der Schillerpreis-Verleihung für Rachel Salamander, FAZ vom 11. November 2013, abgerufen am 2. Dezember 2013
  12. muenchen.de: Das sind die neuen Münchner Ehrenbürger. Abgerufen am 26. Januar 2019.
  13. Publizistin Rachel Salamander erhält Heine-Preis (Memento des Originals vom 14. Juli 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.deutschlandfunkkultur.de, deutschlandfunkkultur.de, erschienen und abgerufen am 13. Juli 2020.
  14. Blume: „Eine Instanz im literarischen sowie im jüdisch-geistigen Leben“ Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, Pressemitteilung 083/2022 vom 11. Mai 2022
  15. Moses-Mendelssohn-Medaille 2024 für Rachel Salamander, wdr.de, veröffentlicht und abgerufen am 26. Januar 2024.
  NODES
INTERN 1