Schia

Strömung innerhalb des Islams
(Weitergeleitet von Shia)

Die Schia (arabisch الشيعة asch-schīʿa, DMG aš-šīʿa ‚Anhängerschaft, Partei, Gruppe von Gefolgsleuten‘), manchmal auch Schiismus, ist nach dem Sunnitentum die zweitgrößte religiöse Strömung innerhalb des Islams. Diejenigen Muslime, die dieser Strömung angehören, werden als Schiiten bezeichnet. Heute wird der Begriff häufig in verallgemeinernder Weise für die Zwölfer-Schiiten verwendet, die die zahlenmäßig größte Gruppe innerhalb der Schia darstellt. Allerdings umfasst die Schia noch mehrere andere Gruppierungen wie die Ismailiten, die Zaiditen, die Aleviten und die Alawiten.

Designation von ʿAlī ibn Abī Tālib durch den Propheten Mohammed am Ghadīr Chumm. Darstellung in einer ilchanidischen Handschrift.

Der Begriff Schia steht verkürzt für den arabischen Ausdruck Schīʿat ʿAlī (šīʿat ʿAlī, „Partei ʿAlīs“), womit die Anhängerschaft des vierten Kalifen ʿAlī ibn Abī Tālib (reg. 656–661) und seiner Nachkommen gemeint ist. Dieser Begriff kam während des ersten innermuslimischen Krieges auf, der zeitgleich mit ʿAlīs Kalifat stattfand, und unterschied ʿAlīs Anhänger von der Schīʿat ʿUthmān, den Anhängern des ermordeten dritten Kalifen ʿUthmān ibn ʿAffān, die sich gegen ʿAlī stellten.[1] Schiiten betrachten ʿAlī ibn Abī Tālib, der auch Schwiegersohn und Vetter des Propheten Mohammed war, als dessen rechtmäßigen Nachfolger und verehren ihn als ihren ersten Imam. Nach dem schiitischen Glauben kann das Imamat auch nur von einem Aliden, also einem Nachfahren ʿAlīs, übernommen werden, da allein diese göttlich legitimiert sind. In den Jahrhunderten nach dem Tod des Propheten Mohammed haben sich innerhalb der Schia verschiedene Strömungen herausgebildet, die sich vor allem hinsichtlich ihrer Imamatslehre unterscheiden. Außerdem haben sich verschiedene schiitische Rechtsschulen entstanden. Eine der wichtigsten Grundlagen für ʿAlīs Vorzugsstellung bei den Schiiten ist die Überlieferung, wonach ihn der Prophet kurz vor seinem Tod am Ghadīr Chumm zu seinem Nachfolger designiert hat. Auf diese Überlieferung nimmt auch das Ghadīr-Fest Bezug, das heute von vielen Schiiten am 18. Dhū l-Hiddscha begangen wird.

Verbreitung

Bearbeiten
 
Staaten mit einem islamischen Bevölkerungsanteil von mehr als 5 %
Grün: sunnitische Gebiete; Rot: schiitische Gebiete; Blau: Ibaditen (Oman)

Nach einer neueren Schätzung stellen die Schiiten ca. 13,8 Prozent der Muslime weltweit. 80 Prozent davon sind Zwölfer-Schiiten, die restlichen 20 Prozent verteilen sich auf die anderen schiitischen Denominationen.[2] Die Staaten, in denen die Schiiten die Mehrheit stellen oder eine einflussreiche Minderheit sind, werden manchmal unter dem Begriff schiitischer Halbmond zusammengefasst.

Heutige Strömungen der Schia

Bearbeiten

Zwölfer-Schiiten

Bearbeiten

Die größte Gruppe unter den Schiiten bilden die Zwölfer-Schiiten, die einer Reihe von zwölf Imamen folgen. Sie leben hauptsächlich in Iran, Aserbaidschan, im Irak, in Bahrain, im Libanon, in Kuwait, Pakistan, Afghanistan, Syrien, Indien sowie in der östlichen Provinz Saudi-Arabiens. Wenn man die absolute Zahl betrachtet, leben in Iran und im Irak die meisten Zwölferschiiten. Dort stellen sie auch einen Großteil der politischen Führungsschicht. In den anderen großen Ländern spielen Schiiten eine eher untergeordnete Rolle im politischen Leben, da sie in der Minderheit sind (so in Pakistan, Indien, Saudi-Arabien, Afghanistan). In Saudi-Arabien ist die Religionsausübung der Zwölferschiiten teilweise eingeschränkt, doch besteht seit 1993 ein Abkommen zwischen der saudischen Führung und der schiitischen Gemeinschaft, und Schiiten sind auch im Konsultativrat vertreten.[3] Im Libanon stellen die Zwölferschiiten etwa 30 % der Bevölkerung. Die Zwölferschiiten werden auch als Imamiten bezeichnet, allerdings ist dieser Begriff unpräzise, weil er nach der klassischen islamischen Doxographie noch andere historische schiitische Gruppierungen umfasst.

Ismailiten

Bearbeiten

Die zweite Gruppe sind die Ismailiten, die einer anderen Imamreihe folgen, die über Ismāʿīl ibn Dschaʿfar führt. Sie leben heute vor allem in Pakistan, Indien, Syrien, Afghanistan und im Pamir-Hochland in Tadschikistan. Die heutigen Ismailiten sind in mehrere Gruppen aufgespalten, von denen die Nizariten und die Mustaʿlī-Taiyibiten die wichtigsten sind. Während die meisten Nizariten den Agha Chan als ihren Imam betrachten, werden die Mustaʿlī-Taiyibiten von einem Ober-Dāʿī angeführt. Die ismailitische Lehre ist sehr stark vom gnostischen und neuplatonischen Denken beeinflusst. In der Vergangenheit sind mehrere revolutionär-ismailitische Gruppen aufgetreten, wie zum Beispiel die Assassinen in der Levante oder die Fatimiden, wobei Letztere mehr als 200 Jahre in Ägypten herrschten. Die Drusen, deren Hauptsiedlungsgebiete in Syrien, Libanon und Israel liegen, gingen aus der ismailitischen Schia hervor.

Zaiditen

Bearbeiten

Die dritte (und kleinste) schiitische Gruppe sind die Zaiditen, bei denen die Anzahl der Imame nicht begrenzt ist. Sie leben heute überwiegend im nördlichen Jemen. Die Zaiditen sind aufgrund ihrer religiös-politischen Ausrichtung auf ʿAlī ibn Abī Tālib der Schia zuzuordnen, unterscheiden sich jedoch in ihrer Imamatslehre von den Zwölferschiiten und haben eine eigene Rechtsschule. Da sie das Kalifat der ersten drei Kalifen Abū Bakr, ʿUmar ibn al-Chattāb und ʿUthmān ibn ʿAffān anerkennen, stehen sie den Sunniten näher als die anderen Schiiten.

Aleviten

Bearbeiten
 
Zulfikar, das Schwert des ʿAlī ibn Abī Tālib, gilt als Identifikationssymbol vieler Schiiten

Aleviten werden ihrem Ursprung nach den Schiiten zugeordnet, da auch bei ihnen die Verehrung der 12 Imame und insbesondere von ʿAlī (Aleviten < arab. ʿalawī) im religiösen Leben bekannt ist. Die Kerngebiete der Aleviten liegen in der Türkei und in den ehemals osmanisch beherrschten Balkangebieten. Der Anteil der Aleviten unter den Muslimen in der Türkei beträgt etwa 15 bis 20 Prozent. Da dort bei Volkszählungen innerhalb der Religionszugehörigkeit „Islam“ jedoch keine konfessionelle Differenzierung stattfindet, handelt es sich dabei lediglich um unsichere Schätzungen.[4] Heute sind Aleviten durch Emigration von Türken auch in Europa und Nordamerika verbreitet. In Deutschland liegt ihr Anteil unter den türkischstämmigen Muslimen bei rund 17 %. Gemessen an der Gesamtzahl der in Deutschland lebenden Muslime sind dies etwa 13 %.[5] Aleviten verehren den islamischen Heiligen Hadschi Bektasch Wali, von dem eine Anthologie und zahlreiche Anekdoten überliefert sind. Um ihn herum gründete sich der Derwisch-Orden der Bektaschi-Tariqa.

Alawiten oder Nusairier

Bearbeiten

Die Alawiten, die auch Nusairier genannt werden, sind nicht zu verwechseln mit der größeren Gruppe der Aleviten. Die Alawiten leben vor allem in Syrien, daneben auch im Libanon, in Jordanien, in Israel sowie in Adana, Mersin, Tarsus und der Provinz Hatay in der Türkei. Die Gruppierung entstand im späten 9. Jahrhundert im Irak und geht auf den extremen Schiiten Muhammad ibn Nusair zurück, der sich im Umfeld der Imame ʿAlī al-Hādī und Hasan al-ʿAskarī aufhielt und deren Göttlichkeit verkündete. Während der Herrschaft von Salah Dschadid (1966–1970) und der al-Asad-Familie (1971–2024) bildeten die Alawiten die politische und militärische Führungsschicht in Syrien.

Ursprünge und frühe Entwicklung

Bearbeiten

Die Gemeinde der Muslime nach dem Tode des Propheten

Bearbeiten

Nach der Auffassung schiitischer Autoritäten wie al-Qummī, der vor 905 ein wichtiges doxographisches Werk verfasste, begann die Geschichte der Schia schon zu Lebzeiten des Propheten. In dieser Zeit soll sich unter seinen Gefährten eine „Partei“ (šīʿa) herausgebildet haben, die ʿAlī zuneigte und ihm treu ergeben war. Zu dieser „Partei ʿAlīs“ (šīʿat ʿAlī) gehörten nach al-Qummī die Prophetengefährten Miqdād ibn al-Aswad al-Kindī, Salmān al-Fārisī, Abū Dharr al-Ghifārī und ʿAmmār ibn Yāsir.[6] Als der Prophet am 8. Juni 632 starb und es unter seinen Gefährten zu Auseinandersetzungen über seine Nachfolge kam, ist diese Gruppe noch nicht hervorgetreten.

Die Gemeinschaft der Muslime drohte zu diesem Zeitpunkt auseinanderzubrechen, weil die medinischen Ansār die Forderung erhoben, dass sich Ansār und Quraisch trennen sollten und eine jede Gruppe für sich einen Befehlshaber (amīr) wählen sollte. ʿUmar ibn al-Chattāb trat in dieser Situation strikt gegen jede Teilung der Gemeinschaft, leiste in einer Überraschungsaktion Abū Bakr den Treueid und forderte die Anwesenden auf, es ihm gleichzutun. Viele Ansār weigerten sich zunächst, Abū Bakr zu huldigen. Die Banū Hāschim, der Clan des Propheten, protestierten dagegen, dass sie bei der Regelung der Nachfolge übergangen worden waren. Einige Ansār brachten in dieser Situation ʿAlī ibn Abī Tālib, der der nächste Verwandte des Propheten war, als Alternative für Abū Bakr ins Spiel. ʿAlī hatte offensichtlich auch die Unterstützung der Nachkommen von ʿAbd Schams ibn ʿAbd Manāf. Sie pochten in dieser Situation auf die politischen Vorrechte der Nachkommen von ʿAbd Manāf ibn Qusaiy, zu denen sowohl die ʿAbd Schams als auch die Banū Hāschim gehörten, und kritisierten, dass Abū Bakr nicht diesem Stammesadel angehörte.[7]

Dass sich Abū Bakr gegen ʿAlī und die Banū Hāschim durchsetzte, hängt möglicherweise auch damit zusammen, dass man unter den Muhādschirūn aufgrund der Ehe ʿAlīs mit der Prophetentochter Fātima die Entstehung einer Dynastie befürchtete und deshalb lieber auf Abū Bakr setzte, bei dem diese Gefahr nicht bestand. Zu einer Konfrontation zwischen Abū Bakr, ʿUmar und der Prophetenfamilie führte wenig später der Streit um das von Juden bewirtschaftete Landgut des Propheten in Fadak im nördlichen Hedschas. Als dessen Tochter Fātima, Alīs Frau, Ansprüche auf dieses Landgut erhob, hielten die beiden ihr entgegen, dass der Prophet sein gesamtes Eigentum als Sadaqa der Gemeinschaft der Muslime vermacht habe. Da Fātima keinen ausreichenden Beweis dafür vorbringen konnte, dass der Prophet ihr das Landgut schon zu Lebzeiten geschenkt hatte, zog Abū Bakr es ein. Fātima brach daraufhin den Kontakt zu Abū Bakr vollständig ab. Sechs Monate später starb sie. ʿAlī leistet erst nach ihrem Tode Abū Bakr den Treueeid. Damit war die Nachfolgefrage vorläufig geklärt.[8]

Politische Polarisierung unter ʿUthmān ibn ʿAffān

Bearbeiten

Während des Kalifats des Umaiyaden ʿUthmān ibn ʿAffān (644–656) kam es innerhalb des islamischen Reiches zu einer gesellschaftlichen Polarisierung. Gründe hierfür waren Nepotismus und die Selbstbereicherung der umayyadischen Verwandtschaft des Kalifen. Gegen die neu eingetretenen Umstände, Haltungen und Denkweisen in den aristokratischen Führungskreisen des Reiches bildete sich eine religiös-politische Oppositionsbewegung, die von verschiedenen Kreisen getragen wurde. Eine wichtige Rolle in dieser Oppositionsbewegung spielte Abū Dharr al-Ghifārī, der bei seiner Auseinandersetzung mit ʿUthmān von ʿAlī unterstützt wurde. Außerdem entstand in Kufa eine Volksbewegung zugunsten ʿAlīs. Ihre Sprecher forderten die Absetzung ʿUthmāns und riefen zur Loyalität gegenüber ʿAlī auf. Einer von ihnen, Mālik al-Aschtar, führte einen Aufstand an, der zum Sturz von ʿUthmāns Statthalter Saʿīd b al-ʿĀs und der Einsetzung von Abū Mūsā al-Aschʿarī an seiner Stelle führte.[9]

 
Die Orte, von denen aus 656 die Unzufriedenen nach Medina zogen.

Verschiedene Quellen berichten davon, dass in dieser Zeit ʿAbdallāh ibn Saba' zum Sturz des Kalifen aufrief, mit dem Argument, dass allein ʿAlī die Führung der islamischen Gemeinschaft zustehe.[10] Nach dem Bericht des Saif ibn ʿUmar geschah es auch auf Initiative von ʿAbdallāh ibn Saba', dass arabische Beschwerdeführer nach Medina zogen und ʿUthmāns Absetzung forderten. Nach einer Erzählung, die von Hischām ibn al-Hakam auf eine Reihe von Gelehrten unter ʿAlīs Gefährten zurückgeführt wird, war ʿAbdallāh ibn Saba' ein zum Islam konvertierter Jude. Er sei der erste gewesen, der den Glauben an die religiöse Notwendigkeit der Anerkennung des Imamats von ʿAlī verbreitete, seine Feinde öffentlich anprangerte, seine Gegner bloßstellte und sie zu Ungläubigen erklärte. Er soll dabei ʿAlī mit Josua, dem Sohn Nuns verglichen haben. Das war nach Hischām ibn al-Hakam der Grund dafür, dass die Gegner der Schiiten behaupteten, dass der Ursprung des Schiitentums im Judentum liege.[11] Tatsächlich gibt es von dem kufischen Gelehrten asch-Schaʿbī (gestorben 721–29) einen sehr bekannten Ausspruch, in dem dieser auf ʿAbdallāh ibn Saba' Bezug nimmt und anschließend die Schiiten als „Juden dieser Umma“ verflucht.[12]

Zeitgleich mit den ägyptischen Beschwerdeführern zogen auch Gruppen aus Basra und Kufa nach Medina. Die kufische Gruppe wurde dabei von Mālik al-Aschtar angeführt, allerdings beteiligten sie sich nicht an der Belagerung des Kalifenhauses.[13]

Das Kalifat ʿAlīs und seine „Partei“

Bearbeiten
 
Die Herrschaftsgebiete von ʿAlī (grün) und Muʿāwiya (rot) während der ersten Fitna (657–660)

Nach der Ermordung ʿUthmāns 656 wurde ʿAlī in der Moschee von Medina zum vierten Kalifen proklamiert, doch wurde sein Kalifat nicht allgemein anerkannt. Weder die Witwe des Propheten ʿĀ'ischa bint Abī Bakr noch der umaiyadische Statthalter Syriens Muʿāwiya ibn Abī Sufyān waren bereit, sich seiner Herrschaft zu unterwerfen. Diejenigen, die ʿAlī bei den Kämpfen mit diesen Gegnern unterstützten, werden in den arabischen Quellen als „die Schia“ bezeichnet.[14] Sowohl bei der Machtsicherung ʿAlīs gegen den rivalisierenden Herrschaftsanspruch von Talha ibn ʿUbaidallāh als auch später bei der Mobilisierung der Unterstützung ʿAlis gegen ʿĀʾischa, Talha und az-Zubair ibn al-ʿAuwām in der Kamelschlacht spielte Mālik al-Aschtar eine führende Rolle.[13]

Nach der Schlacht von Siffin erwuchsen ʿAlī mit den Charidschiten neue Feinde. In der Auseinandersetzung mit ihnen berief sich ʿAlī zum ersten Mal darauf, dass ihn Mohammed vor seinem Tod auf der Rückkehr von seiner letzten Wallfahrt in der Oase Ghadīr Chumm als Nachfolger designiert habe. Die Worte, die Mohammed zu ihm gesprochen haben soll, lauten: „Jeder, dessen Herr ich bin, der hat auch ʿAlī zum Herrn“ (man kuntu maulā-hu fa-ʿAlī maulā-hu).[15] ʿAlī lud diejenigen Gefährten, die diese Aussage des Propheten in Ghadīr Chumm gehört hatten, ein, dies auf dem Platz vor der Moschee von Kufa zu bezeugen. Bis heute wird diese Aussage von den Schiiten als implizite Ernennung ʿAlīs zum Nachfolger bei der Führung der Gemeinschaft der Muslime verstanden. Die Anhänger und Beamten ʿAlīs feierten ihn während seines Kalifats als den herausragendste Muslim nach dem Propheten und priesen ihn in Gedichten und Lobreden als den Vermächtnisnehmer (waṣī) Mohammeds.[13] Allerdings doch konnte dies nicht verhindern, dass Muʿāwiya sich im Mai 658 in Jerusalem von seinen Truppen als Kalif huldigen ließ und zwei Monate später Ägypten einnehmen konnte.

Der Übergang von einer politischen zu einer religiösen Bewegung

Bearbeiten

Als ʿAlī im Frühjahr 661 von einem Charidschiten ermordet wurde, behauptete ʿAbdallāh ibn Saba', der zu dieser Zeit in al-Madā'in lebte, dass sei nicht wirklich gestorben, sondern zum Himmel aufgefahren sei wie Jesus.[16] Auf ihn wird auch eine eigene extrem-schiitische Sekte zurückgeführt, die Saba'īya genannt wird. In einer murdschi'itischen Quelle aus dem frühen 8. Jahrhundert wird berichtet, dass die Anhänger dieser Sekte behaupteten, der Prophet habe ihnen ein verborgenes Wissen mitgeteilt, das er den übrigen Muslimen vorenthalten habe. Neun Zehntel der Offenbarung seien davon betroffen.[17]

ʿAlī hinterließ zwei Söhne aus der Ehe mit Mohammeds Tochter Fātima, al-Hasan und al-Husain. Al-Hasan, der ältere von den beiden, der die Familie anführte, wurde von den Anhängern seines Vaters zum Kalifen gewählt, dankte jedoch ab, als die Truppen Muʿāwiyas aus Syrien heranrückten und er seine Lage für aussichtslos hielt. Der Verzicht wurde ihm durch größere Summen Geldes, die Überlassung der Tributeinkünfte einer persischen Provinz und die Anerkennung seines Rechtes auf die Thronnachfolge erleichtert. Die beiden Söhne ʿAlīs verließen nun den Irak und ließen sich in Medina nieder. Damit endete die erste Fitna, und die Führung des arabisch-islamischen Reiches ging auf Muʿāwiya über, der wie der dritte Kalif ʿUthmān der Familie der Umaiyaden angehörte. Al-Hasan starb im Jahr 669 oder 671. Wie allgemein vermutet wurde, wurde er auf Betreiben Muʿāwiyas von einer seiner Frauen vergiftet.[18]

 
Der Grabschrein von Hudschr ibn ʿAdī in dem Ort ʿAdrā bei Damaskus

Kufa blieb aber über die gesamte Herrschaftszeit von Muʿāwiya eine Hochburg der „Partei ʿAlīs“ (šīʿat ʿAlī). Die Schiiten protestierten gegen die von Muʿāwiya eingeführte öffentliche Verfluchung ʿAlīs beim Freitagsgebet in den Moscheen, beschimpften den Kalifen, behaupteten, dass der Oberbefehl über die Muslime in gültiger Weise nur in den Händen der Familie von Abū Tālib sein könnte, und übten Lossagung von allen Feinden ʿAlīs und denjenigen, die ihn bekämpft hatten.[19] Dabei wurden sie zum Teil auch gewalttätig. Anführer der kufischen Schiiten war Hudschr ibn ʿAdī, ein früherer Kommandeur ʿAlīs. Ziyād ibn Abīhi ließ ihn nach einem Aufstand verhaften und lieferte ihn mit seinen engsten Gefährten an Muʿāwiya in Syrien aus. Da sie nicht bereit waren, sich von ʿAlī loszusagen und ihn zu verfluchen, wurden sie von Muʿāwiya hingerichtet. Mit Hudschrs Märtyrertod vollzieht sich der Übergang der „Partei ʿAlīs“ von einer politischen zu einer religiösen Bewegung. Hudschrs Interesse an der Frage, wer Kalif sein solle, hatte nichts mit politischen oder ökonomischen Erwägungen zu tun. Vielmehr glaubte er an besondere von Gott der Familie des Propheten übertragene Qualitäten und war auch bereit, dafür zu sterben.[20]

Die Schlacht bei Kerbela

Bearbeiten

Als Muʿāwiya im fortgeschrittenen Alter seinen Sohn Yazīd als Thronerben einsetzte und die Prophetengefährten dazu aufrufen ließ, ihm den Treueid zu leisten, stieß das in ihrem Kreis auf große Ablehnung. Viele von den Prophetengefährten zogen sich in den Hedschas zurück, um Yazīd nicht den Treueid leisten zu müssen. Unter denjenigen, die Yazīd den Treueid verweigerten, war auch Alīs Sohn al-Husain. Nach dem Ableben seines Vaters im April 680 und seiner Erhebung zum neuen Kalifen setzte Yazīd alles daran, den Treueid der prominentesten Verweigerer zu erzwingen. Al-Husain floh daraufhin in den heiligen Bezirk von Mekka, um sich dem Zwang zum Treueid zu entziehen.[21]

 
Die Schlacht von Kerbela auf einem iranischen Gemälde, 19. Jh.

Die Schiiten Kufas und viele der dortigen Stammesführer schrieben in dieser Zeit Briefe an al-Husain, in denen sie ihn einluden und ihm ihre Unterstützung anboten. Er schickte seinen Cousin Muslim b. ʿAqīl voraus, um das Terrain in Kufa zu sondieren. Als al-Husain einen positiven Bericht von Muslim erhielt, machte er sich mit etwa 50 Personen auf den Weg nach Kufa. Das entschlossene Vorgehen von Yazīds Statthalter ʿUbaidallāh ibn Ziyād brachte jedoch die kufischen Stammesführer dazu, ihre Unterstützung al-Husains aufzugeben. Muslim ibn ʿAqīl wurde getötet, und al-Husain sah sich bald einer Armee ʿUbaidallāhs gegenüber, die ihm den Weg nach Kufa versperrte und ihm auch die Rückkehr nach Medina verwehrte. Er und über zwanzig Mitglieder seiner Familie, Brüder, Söhne von Neffen sowie Nachkommen von ʿAlīs Brüdern ʿAqīl und Dschaʿfar, wurden am 10. Muharram 61 (= 10. Oktober 680) in Kerbela massakriert.[21]

Als unmittelbare Reaktion auf dieses Ereignis entstand unter den Schiiten Kufas eine Bewegung von Büßern (tauwābūn), die ihre Mitschuld am Untergang al-Husains durch tätige Reue mit dem Schwert in der Hand sühnen wollten. Sie wurden von Sulaimān ibn Surad al-Chuzāʿī angeführt.[22] Der Verrat an Husain durch die kufischen Schiiten bei der Schlacht von Kerbela gilt den Schiiten bis heute als kollektive, historische Schuld. Yazīd als Symbol für das Böse und der Märtyrertod des Prophetenenkels al-Husain wurden zu einem wichtigen Teil des schiitischen kollektiven Gedächtnisses. Die Zwölfer-Schiiten gedenken der Schlacht von Kerbela bis heute am Aschura-Tag.

Der schiitische Aufstand des Muchtār und die Kaisānīya

Bearbeiten

Nach dem Tod des Kalifen Yazīd im Jahre 683, als Kufa nominell unter die Herrschaft des mekkanischen Kalifen ʿAbdallāh ibn az-Zubair kam, gewann die Bewegung der Tauwābūn an Stärke. Im Jahr 65/684–685 verließen etwa 4.000 Freiwillige Kufa, besuchten Kerbela, um am Grab von al-Husain zu weinen und Gelübde abzulegen, und zogen gegen eine umaiyadische Armee in der Nähe von ʿAin al-Warda. Sie wurden besiegt und die Mehrheit, darunter Sulaimān ibn Surad, wurde getötet.[23]

 
Karte des Vorderen Orients während während der Zweiten Fitna (ca. 686). Das Gebiet, das unter der Herrschaft von al-Muchtār stand, ist grün gekennzeichnet.

Nun übernahm al-Muchtār ibn Abī ʿUbaid, ein Neffe von ʿAlīs Gouverneur von al-Madā'in, die Führung der Schiiten von Kufa. Er behauptete, im Auftrag von ʿAlīs dritten Sohn Muhammad ibn al-Hanafīya zu handeln, den er zum Imam und Mahdi ausrief, der die Gerechtigkeit auf Erden wiederherstellen würde. Diese Wahl war nach dem Tod von al-Hasan und al-Husain naheliegend, da Muhammad ibn al-Hanafīya der einzige überlebende Sohn von ʿAlī war, der während seiner Herrschaft eng mit ihm verbunden war. Seine Mutter war allerdings nicht die Prophetentochter Fātima, sondern eine andere Frau ʿAlīs aus dem arabischen Stamm der Banū Hanīfa. Muhammad ibn al-Hanafīya, der in Medina lebte, bestärkte al-Muchtār bei seinem Vorhaben, Rache für al-Husain zu nehmen, lehnte es jedoch ab, die persönliche Führung der Bewegung zu übernehmen und nach Kufa zu kommen.[23]

Im Oktober 685 erhob sich al-Muchtār gegen den von Ibn az-Zubair entsandten Statthalter Kufas. Obwohl er die Stadt in seine Gewalt bringen konnte, weigerte sich Muhammad ibn al-Hanafīya weiter, nach Kufa zu kommen und das Erbe seines Vaters ʿAlī anzutreten. In Kufa selbst kam es bald zu Konflikten, als al-Muchtār eine beträchtliche Zahl von Mawālī in die Reihen seiner Bewegung aufnahm. Die arabischen Stammeshäuptlinge zettelten daraufhin einen Aufstand gegen ihn an, wurden jedoch besiegt. Die radikalen Schiiten, die nun die volle Kontrolle über die Stadt hatten, übten Rache für al-Husain, indem sie die Hauptschuldigen an seinem Tod suchten und töteten. Viele der Stammeshäuptlinge und ihre Anhänger suchten daraufhin in Basra Zuflucht, das von Musʿab ibn az-Zubair regiert wurde, und mobilisierten zu Maßnahmen gegen al-Muchtār. Letzterer wurde getötet, als im April 687 Musʿab ibn az-Zubair mit seinen Truppen Kufa einnahmen. Er erlaubte den Adligen von Kufa, ihre Gegner zu massakrieren, und 6.000 bis 8.000 von al-Muchtārs Anhängern sollen bei dieser Gelegenheit getötet worden sein.[23]

Die von al-Muchtār gegründete Bewegung überlebte jedoch und verbreitete sich auch außerhalb von Kufa vor allem bei den Mawālī. Sie wurde allgemein Kaisānīya genannt, wahrscheinlich nach dem Oberhaupt von al-Muchtārs Leibwache Abū ʿAmra Kaisān, der einen ausgeprägt messianischen Schiismus vertrat. Muhammad ibn al-Hanafīya wurde in diese Bewegung bis zu seinem Tod im Jahre 700 weiterhin als Imam und Mahdi verehrt.[24] Die Kaisānīya vertrat auch eine radikale Auslegung von ʿAlīs Haltung gegenüber den Kalifen vor ihm und lehnte deren Legitimität entschieden ab.[24] Nach dem Tod von Muhammad ibn al-Hanafīya verbreiteten einige Kaisāniten, dass er nicht gestorben sei, sondern sich versteckt in den Schluchten des Radwā-Berges aufhalte, dort von Tigern und Löwen bewacht werde und in naher Zukunft aus seinem Versteck hervortreten werde, um in Herrlichkeit zu regieren.[25] Der aktivistischere Teil der Bewegung, die al-Muchtār unterstützt hatte, übertrug jedoch nach dem Tod von Muhammad ibn al-Hanafīya das Imamat auf seinen Sohn Abū Hāschim. Er brachte der Bewegung mehr Sympathie entgegen als sein Vater und unterstützte sie bei ihren Untergrundaktivitäten.[26]

Muhammad al-Bāqir und die Entwicklung einer schiitischen Normenlehre

Bearbeiten

Die Nachkommen von Fātimas Söhnen al-Hasan und al-Husain wurden nach dem Massaker von Kerbela eine Generation lang von der Führung der Schia ausgeschlossen. Al-Husains einziger überlebender Sohn ʿAlī Zain al-ʿĀbidīn, hielt sich von den Aktivitäten der Schiiten fern und konnte keine nennenswerte Anhängerschaft gewinnen. Auch al-Hasans ältester Sohn al-Hasan übernahm keine bedeutendere Rolle in der Schia. Erst nach dem Tote von ʿAlī Zain al-ʿĀbidīn im Jahr 713/14 begann sich dessen Sohn Muhammad ibn ʿAlī, bekannt als Muhammad al-Bāqir (gestorben 735), aktiv in die schiitische Bewegung einzubringen. Allerdings ließ er sich nicht in revolutionäre Aktivitäten hineinziehen, sondern wurde zum Begründer einer schiitischen Ritual- und Rechtslehre.[27]

Auf Muhammad al-Bāqir werden einige spezifisch schiitische Prinzipien zurückgeführt wie die Taqīya, die vorsorgliche Verschleierung der eigenen religiösen Überzeugungen und Praktiken in einer feindlichen Umgebung, die Haiʿala, also die Formel ḥaiya ʿalā ḫair al-ʿamal („Auf zum besten Tun!“) im Gebetsruf, das Verbot des al-Mash ʿalā l-chuffain bei der rituellen Reinigung und die Erlaubnis der zeitlich begrenzten Mutʿa-Ehe. Muhammad al-Bāqir entwickelte auch eine neue Imamatslehre, indem er den Imam als Muhaddath definierte, also als Menschen, der durch Engel „angesprochen“ wird und dem die Engel göttliches Wissen übermitteln. Dies bedeutete nicht, dass der Imam der Botschaft und dem Gesetz, das der Prophet offenbart hatte, in irgendeiner Weise etwas hinzufügen sollte, sondern nur, dass ihm die Aufgabe übertragen war, Botschaft und Gesetz durch seine von Gott verliehene Autorität in ihrer Integrität zu bewahren. Die Welt brauchte nach seiner Lehre einen solchen Imam ständig und könnte in Abwesenheit eines Propheten keinen Augenblick ohne ihn existieren. Muhammad al-Bāqir enthielt sich jeglicher politischer Betätigung, so dass er bei den Behörden wenig Misstrauen erregte.[27]

Die extremen Schiiten von Kufa

Bearbeiten

Unter den kufischen Anhängern Muhammad al-Bāqirs gab es einige Persönlichkeiten, die das Imamat mystisch überhöhten und gnostische Vorstellungen vertraten. Zu ihnen gehörten insbesondere al-Mughīra ibn Saʿīd und Abū Mansūr al-ʿIdschlī, die beide für sich das Prophetentum beanspruchten. Al-Mughīra entwickelte eine extrem anthropomorphistische Gotteslehre und lehrte, dass Gott die Welt durch Aussprechen des „größten Gottesnamen“ (ism Allāh al-aʿẓam) erschaffen habe. Dies leitete er aus dem Koranwort von Sure 87:1-2 ab, das er folgendermaßen las: „Preise den höchsten Namen deines Herrn, der erschuf und ebenmäßig formte“. Er selbst behauptete, den „größten Gottesnamen“ zu kennen und damit Tote zum Leben erwecken zu können. Mughīras extremes Schiitentum zeigte sich darin, dass er ʿAlī göttliche Eigenschaften zuerkannte und die beiden Kalifen Abū Bakr und ʿUmar zu Ungläubigen erklärte, weil sie ihn nach dem Tode des Propheten davon abgehalten hatten, sein Kalifat anzutreten.[28]

Abū Mansūr al-ʿIdschlī führte das Prinzip der allegorischen Koranauslegung (taʾwīl) in den Islam ein. Er meinte, dass koranische Begriffe wie Dschanna („Garten“) und Nār („Feuer“) nur Personen bezeichneten, die es zu verehren bzw. zu bekämpfen galt. Auch die koranischen Gesetze und Verbote deutete er in dieser Weise, woraus sich eine antinomistische Grundhaltung ergab. Selbst Morde an Gegnern hielt er für zulässig. Die Imame betrachtete er als Propheten. Das Prophetentum ʿAlīs erklärte er damit, dass sich der Engel Gabriel geirrt habe, und die für ʿAlī bestimmte göttliche Botschaft fälschlicherweise Muhammad überbracht habe.[29] Beide, al-Mughīra und Abū Mansūr, die als Ghulāt, also extreme Schiiten gelten, wurden noch während des Kalifats von Hischām ibn ʿAbd al-Malik (reg. 724–743) hingerichtet. Welche politischen und religiösen Vorstellungen die kufischen Schiiten damals hegten, ist durch das sogenannte Kitāb Sulaim ibn Qais dokumentiert, das als das älteste Buch der Schia gilt. Hier wird der Anspruch der Familie Muhammads auf die Herrschaft über die Muslime bekräftigt und ihre Verdrängung von der Macht als ein Komplott verschiedener Prophetengefährten interpretiert, das schon vor Muhammads Tod geschmiedet wurde.

Der Aufstand des Zaid ibn ʿAlī und die Aufspaltung der Schia in Zaiditen und Imamiten

Bearbeiten

Einige Jahre nach Muhammad al-Bāqirs Tod besuchte sein Bruder Zaid ibn ʿAlī Kufa wegen eines Schuldenstreits. Er wurde von den dortigen Schiiten überredet, einen Aufstand gegen Umaiyaden anzuführen. Anfangs genoss er breite Unterstützung, doch fielen die meisten Schiiten wieder von ihm ab, als sie sahen, dass er nicht bereit war, die beiden ersten Kalifen Abū Bakr und ʿUmar als Apostaten einzuordnen und zu schmähen. Sie erkannten nun allgemein Muhammad al-Bāqirs Sohn Dschaʿfar ibn Muhammad als den legitimen Imam an. Zaids Aufstand schlug fehl, und er wurde im Jahr 740 getötet. Zaid vertrat hinsichtlich der islamischen Frühgeschichte sehr gemäßigte Ansichten: Seinen Vorfahren ʿAlī hielt er zwar nach dem Propheten für den besten (al-afḍal) aller Muslime, doch erkannte er das Kalifat Abū Bakrs und ʿUmars als rechtmäßig an, da ʿAlī ihnen gehuldigt hatte.[30]

Zaids Aufstand gab Anstoß zur Aufspaltung der Schia in einen militanten Flügel, der sich an Zaid und seinen Ansichten orientierte und deshalb als zaiditisch bezeichnet wird, und einen politisch passiven Flügel, der als imamitisch bezeichnet wird.[31] Der Name Imāmīya rührt daher, dass diese Gruppe der Auffassung war, dass die Welt keinen Augenblick lang ohne einen Imam sein könne, der „entweder bekannt, oder verborgen“ (immā mašhūr wa-immā mastūr) ist.[32] Eine andere eher pejorative Bezeichnung für diese Gruppe ist Rāfiditen. Dschaʿfar ibn Muhammad, der in der spätumaiyadischen Zeit die Führung der Imāmīya übernahm und später den Beinamen as-Sādiq („der Aufrichtige“) erhielt, entwickelte die Lehren seines Vaters Muhammad al-Bāqir weiter und stärkte die Autorität der Imame durch die Lehre von ihrer Immunität gegen Irrtum und Sünde (ʿiṣma). Das Imamat basierte nach seiner Lehre auf einer von Gott garantierten ausdrücklichen Designation (naṣṣ) und wurde nach al-Hasan und al-Husain vom Vater an den Sohn unter den Nachkommen des letzteren weitergegeben. Die Kenntnis des rechtmäßigen Imams und der Gehorsam ihm gegenüber waren ihm zufolge Pflichten jedes muslimischen Gläubigen. Die Masse der Muslime war jedoch durch die Missachtung der ausdrücklichen Designation ʿAlīs durch den Propheten Mohammed und die Unterstützung des Kalifats von Abū Bakr und ʿUmar vom Glauben abgefallen. Dschaʿfar as-Sādiq übernahm zwar von der Kaisānīya ihre messianische Erwartung des Mahdi gestärkt, dämpfte sie jedoch dadurch, dass er seinen Anhängern revolutionäre Aktivitäten strikt verbot und darauf beharrte, dass der Mahdi erst in ferner Zukunft auftreten würde. Er verband somit radikale religiöse Dogmen der Schia mit politischem Quietismus.[30]

Die aus den Anhängern von Zaids Aufstand hervorgehende schiitische Strömung, die später als Zaidīya bekannt wurde, definierte das Imamat dagegen als eine politische Institution, die auch kämpferischen Einsatz erforderte. Zwar meinten die Zaiditen, dass sowohl al-Hasans als auch al-Husains Nachkommen für das Imamat qualifiziert seien, doch konnte das Imamat ihrer Auffassung nach nur von jemandem beansprucht werden, der neben den dafür erforderlichen charakterlichen Eigenschaften und Kenntnissen auch den Mut besaß, sich mit dem Schwert zu erheben und aktiv nach der Führung zu streben.[32] Als ersten Imam nach al-Husain betrachteten sie deswegen auch nicht ʿAlī Zain al-ʿĀbidīn oder Muhammad al-Bāqir, sondern Zaid ibn ʿAlī. Anders als die Imamiten meinten die Zaiditen, dass nicht zu allen Zeiten ein Imam erforderlich sei, und sie betrachteten den Imam auch nicht als immun gegen Irrtum und Sünde, doch hielten sie ebenfalls die Anerkennung und Unterstützung eines legitimen Prätendenten für eine religiöse Verpflichtung. Bezüglich der islamischen Frühgeschichte vertraten sie wie Zaid selbst gemäßigte Lehren, die nur wenig von den Ansichten der Sunniten abwichen: Da die Ernennung ʿAlīs als Nachfolger Mohammeds ihrer Ansicht nach unklar gewesen war, war die Gemeinde der Muslime, als sie Abū Bakr und ʿUmar als Kalifen anerkannte, nicht in einen Zustand der Apostasie gefallen, sondern höchstens in einen Zustand der Sünde. Einige Zaiditen meinten auch, dass das Kalifat Abū Bakrs und ʿUmars legitim gewesen sei, da ʿAlī es anerkannt hatte. Messianische Tendenzen waren bei den Zaiditen nur schwach ausgeprägt.[33]

Das Treffen von Abwā' und die abbasidische Machtergreifung

Bearbeiten
 
Der Clan der Banū Hāschim mit den Aliden (grün) und den Abbasiden (rötlich)

Als nach dem Tod von al-Walid II. im Jahr 744 der Zerfall des umaiyadischen Kalifats immer deutlicher wurde, trafen sich führende Vertreter der Banū Hāschim zu einer geheimen Versammlung in dem Ort al-Abwā' im Hedschas, um die Wahl eines gemeinsamen Kandidaten für die Herrschaft zu besprechen. Anwesend waren vor allem Hasaniden und Abbasiden, daneben andere Personen, die mit ihnen sympathisierten. Der ranghöchste Hasanide, ʿAbdallāh ibn al-Hasan, förderte die Kandidatur seines Sohnes Muhammad ibn ʿAbdallāh, den er für die Rolle des erwarteten Mahdi vorbereitet hatte. Er gewann dabei die Unterstützung des Abbasiden Abū Dschaʿfar, des späteren Kalifen al-Mansūr, und ließ schließlich die ganze Gruppe seinem Sohn Muhammad, den er den Namen an-Nafs az-Zakīya („Die lautere Seele“) gab, als zukünftigem Herrscher huldigen.[34] Der Husainide Dschaʿfar as-Sādiq, der später eintraf, weigerte sich jedoch, Muhammad an-Nafs az-Zakīya als Mahdi anzuerkennen, und beharrte darauf, dass er ihm in Anwesenheit seines Vaters ʿAbdallāh ibn al-Hasan, des ältesten Aliden, nicht den Treueid leisten könne. Diese Weigerung Dschaʿfars, der innerhalb der Schia große Autorität besaß, konterkarierte die Bemühungen der Hasaniden, die Familie des Propheten hinter einem gemeinsamen Führer aus ihren Reihen vereinen, und ermutigte die Abbasiden, das Kalifat für einen Kandidaten aus ihrer eigenen Familie anzustreben.[35]

Als 749 das Rebellenheer von Abū Muslim den Irak eroberte und das Umaiyadenreich vor dem Zusammenbruch stand, trug der örtliche Führer der dortigen revolutionären Bewegung, Abū Salama al-Challāl, in Übereinstimmung mit der allgemeinen Stimmung in Kufa das Amt des Imams und Kalifen zunächst dem Aliden Dschaʿfar as-Sādiq an, doch lehnte dieser ab, da er keinerlei politische Ambitionen hegte.[36] Schließlich wurde Abū Salama von Abū Muslims Armeekommandanten gezwungen, dem Abbasiden Abū l-ʿAbbās as-Saffāh den Treueid zu leisten. Die Antrittsrede dieses as-Saffāh, die teilweise von seinem Onkel gehalten wurde, betonte denn auch das Recht der Abbasiden, als Mitglieder der Familie des Propheten zu herrschen, und verurteilte jene Schiiten, die den Vorrang der Aliden behaupteten.[35]

Muhammad an-Nafs az-Zakīya, der in al-Abwā' eigentlich zum neuen Kalifen ausersehen worden war, tauchte nach der Errichtung des abbasidischen Kalifats unter, und seine Anhänger verbreiteten Propaganda für ihn als Mahdī. Der zweite Kalif der Abbasiden, der besagte al-Mansūr (reg. 754–775), unternahm jahrelang vergebliche Anstrengungen, ihn zu finden, und ließ dafür auch seine Verwandten einsperren und foltern. Als schließlich Muhammad und sein Bruder Ibrāhīm ibn ʿAbdallāh 762 zeitlich versetzt in Medina und Basra revoltierten, wurde dieser Aufstand nicht nur von den zaiditischen Schiiten, sondern auch von der breiten Bevölkerung unterstützt. Trotzdem gelang es al-Mansūr, den Aufstand innerhalb von kurzer Zeit niederzuschlagen. Um die messianischen Gefühle in der Bevölkerung für das Haus der Abbasiden zu gewinnen, verlieh er nun seinem eigenen Sohn und Thronfolger Muhammad den Titel al-Mahdī („der Rechtgeleitete“). Die pro-alidischen Sympathien der Schiiten konnte er damit aber nicht auslöschen. Bis zum frühen 9. Jahrhundert kam es wieder zu hasanidischen Aufständen, die von den zaiditischen Schiiten unterstützt wurden. Der Versuch des abbasidischen Kalifen al-Ma'mūn (reg. 813–833), durch die Ernennung von Dschaʿfar as-Sādiqs Enkel ʿAlī ar-Riḍā ein neues hāschimidisches Kalifat zu begründen, das Aliden und Abbasiden einschließen sollt, und damit die Unterstützung der Schiiten zurückzugewinnen, scheiterte.[37]

Weitere Geschichte

Bearbeiten

Die Anfänge der Nusairīya und der Zwölfer-Schia

Bearbeiten

Während al-Ma'mūn und seine beiden Nachfolger al-Muʿtasim (reg. 833–842) und al-Wāthiq (reg. 842–847) eine schiitenfreundliche Politik verfolgten, ergriff al-Mutawakkil (reg. 847–861) einige restriktive Maßnahmen gegenüber den Schiiten. Im Jahre 850 ließ er das Grabmal al-Husains in Kerbela zerstören, um die schiitischen Wallfahrten zu unterbinden. Außerdem ließ er den Enkel ʿAlī ar-Ridās, der von den Imamiten als Imam verehrt wurde, aus Medina in seine Residenzstadt Sāmarrā verbringen ließ. Auf diese Weise hoffte er, ihn besser kontrollieren zu können. Dieser Enkel ʿAlī ar-Ridās hieß ebenfalls ʿAlī und erhielt den Beinamen al-Hādī („der Rechtleitende“).[38]

In dem Kreis von ʿAlī al-Hādī hielten sich viele Ghulāt auf, also Schiiten, die den Imamen göttliche Eigenschaften zuschrieben. Einer von ihnen war Muhammad ibn Nusair an-Numairī. Er verkündete die Göttlichkeit von ʿAlī al-Hādī und später von seinem Sohn al-Hasan al-ʿAskarī. Als letzterer im Winter 873/874 im Alter von 28 Jahren in Samarra kinderlos gestorben war, trat Ibn Nusair mit der Behauptung auf, er sei das „Tor“ (bāb) zum verstorbenen Imam und im Besitz geheimer Offenbarungen von ihm. Ähnlich wie die extremen Schiiten des 8. Jahrhunderts vertrat er antinomistische Positionen. Von Ahmad ibn Chābit übernahm er außerdem die Idee der „Transmigration der Geister“ (tanāsuḫ al-arwāḥ). Mit diesen Lehren wurde Muhammad ibn Nusair, der auch in Kreisen des Bagdader Kalifenhofes Rückhalt hatte, zum Begründer einer eigenen schiitischen Richtung, der sogenannten Nusairīya.[39]

Die zwölf Imame der Zwölfer-Schia
1. ʿAlī ibn Abī Tālib (gestorben 661)
2. al-Hasan ibn ʿAlī (gestorben 670)
3. al-Husain ibn ʿAlī (gestorben 680)
4. ʿAlī ibn Husain Zain al-ʿĀbidīn (gestorben 713)
5. Muhammad al-Bāqir (gestorben 732 od. 736)
6. Dschaʿfar as-Sādiq (gestorben 765)
7. Mūsā al-Kāzim (gestorben 799)
8. ʿAlī ibn Mūsā ar-Ridā (gestorben 818)
9. Muhammad al-Dschawād (gestorben 835)
10. ʿAlī al-Hādī (gestorben 868)
11. Hasan al-ʿAskarī (gestorben 874)
12. Muhammad al-Mahdī (entrückt)

Anfang des 10. Jahrhunderts, während der Herrschaft des Kalifen al-Muktafī (reg. 902–908), stieg der Einfluss der Schiiten am abbasidischen Hof. Die schiitischen Banū l-Furāt, die stark der nusairischen Lehre zuneigten, setzten durch, dass ein unerfahrener Abbasidenprinz zum Kalifen gewählt wurde, al-Muqtadir (reg. 908–932). Er blieb lange Zeit unter dem Einfluss der Banū l-Furāt. Auch der Gouverneur von Mosul, Abū l-Haidschaʿ aus der arabischen Familie der sogenannten Hamdaniden, neigte der Schia zu. Er baute in dieser Zeit das wiederaufgefundene Grab ʿAlīs in Nadschaf in der Nähe von Kufa zu einem Mausoleum aus und schuf damit ein neues schiitisches Heiligtum. Seit dieser Zeit wurde es unter vornehmen Schiiten üblich, sich in Nadschaf bestatten zu lassen.[40]

Die Banū al-Furāt wurden am Abbasidenhof bald von einer anderen persisch-schiitischen Familie, den Naubachtīs, verdrängt, die den extrem-schiitischen Lehren skeptisch gegenüberstand. In ihren Kreisen entwickelte sich Anfang des 10. Jahrhunderts eine neue schiitische Lehre. Sie geht davon aus, dass der elfte Imam al-Hasan al-ʿAskarī doch einen Sohn hinterlassen habe, nämlich ein fünfjähriges Kind namens Muhammad, das der Vater jedoch aus Vorsicht (Taqīya) vor dem Zugriff des Kalifen verborgen habe, so dass es außer einigen Vertrauten niemand zu Gesicht bekommen habe. Seit dem Tode seines Vaters soll dieser zwölfte Imam „abwesend“ sein und sich irgendwo verborgen halten. Ein Angehöriger der Naubachtī-Familie, Ibn Rauh al-Qummī, trat in dieser Zeit mit dem Anspruch hervor, der „Botschafter“ (safīr) des Imams zu sein und als dieser die Verbindung zwischen ihm und der Gemeinde seiner Anhänger herstellen zu können. Damit trat er in ein direktes Konkurrenzverhältnis zu den nusairischen Bābs, die ja ebenfalls mit dem Anspruch auftraten, als Kuriere mit dem elften Imam al-Hasan al-ʿAskarī in Verbindung zu stehen.[41]

Um die Mitte des 10. Jahrhunderts gingen die Imamiten, die an die Verborgenenheit des zwölften Imams glaubten, zu einer neuen Lehre über. Die Konzeption des Botschafteramtes (sifāra) wurde aufgegeben und die Lehre von der „großen Verborgenheit“ (al-ġaiba al-kubrā) entwickelt. Demnach hat sich der Imam im Jahre 941 endgültig aus der Welt zurückgezogen. Erst am Ende der Zeiten soll er wiederkommen und den Schiiten zum Sieg über alle Widersacher verhelfen.[42]

Allgemein wurde für die Gruppierung, die diese religiösen Überzeugungen pflegte, die Bezeichnung Zwölfer-Schia (aš-Šīʿa al-Iṯnā-ʿašarīya) gebräuchlich. Diese Zwölfer-Schia verdrängte im Laufe des 10. Jahrhunderts alle anderen imamitischen Gruppierungen und wurde zum eigentlichen „Gesicht“ der Imāmīya, wie es asch-Schaich al-Mufīd (gestorben 1022), ein zeitgenössischer schiitischer Gelehrter, ausdrückte.[43] Imamitische Schia und Zwölfer-Schia fielen also seit Ende des 10. Jahrhunderts gewissermaßen zusammen.

Die ismailitische Daʿwa, das Kalifat der Fatimiden und die Qarmaten

Bearbeiten

Die Nachfolgekrise, in die die Imamiten nach dem kinderlosen Tod ihres elften Imams al-Hasan al-ʿAskarī im Jahre 874 geraten waren, brachte noch eine dritte schiitische Gruppierung hervor. Sie geht auf einen Mann zurück, der in den Quellen ʿAbdallāh, der Ältere genannt wird. Er trat in Chusistan auf und sandte, ganz ähnlich wie das früher bei der hāschimidischen Daʿwa der Fall gewesen war, Dāʿīs aus, die Anhänger für den zu erwartenden Mahdi werben sollten. In den Dörfern östlich von Kufa wurde eine erste Gemeinde von Anhängern gegründet, die als „Stätte der Auswanderung“ (dār al-hiǧra) bezeichnet wurde, weil sie wie Medina nach der Hidschra des Propheten die Keimzelle eines neuen religiös fundierten Staates werden sollte.[44]

Die sieben Imame der frühen Ismāʿīlīya
1. al-Hasan ibn ʿAlī (gestorben 670)
2. al-Husain ibn ʿAlī (gestorben 680)
3. ʿAlī ibn Husain Zain al-ʿĀbidīn (gestorben 713)
4. Muhammad al-Bāqir (gestorben 732 od. 736)
5. Dschaʿfar as-Sādiq (gestorben 765)
6. Ismāʿīl ibn Dschaʿfar (gestorben um 760)
7. Muhammad ibn Ismāʿīl (entrückt)

Die Anhänger der neuen Daʿwa wurden in ihrer Umgebung als Qarmaten bezeichnet, nach einem ihrer frühesten Bekehrten, dem Rinderzüchter und Fuhrmann Hamdān Qarmat, der sich 875 der Daʿwa angeschlossen hatte. Der Name, der sich jedoch später für diese Bewegung allgemein durchgesetzt hat, ist Ismāʿīlīya. Dieser Name bezieht sich auf Ismāʿīl, den Sohn des Imams Dschaʿfar as-Sādiq. Im Gegensatz zu den anderen Anhängern der husainidischen Imam-Linie, die diese Linie über seinen Bruder Mūsā al-Kāzim führten, erkannten sie Ismāʿīl als den rechtmäßigen Nachfolger Dschaʿfars an. Die frühen Ismailiten bzw. Qarmaten lehrten, dass das Imamat zuletzt auf Ismāʿīls Sohn Muhammad übergegangen sei und dieser nicht gestorben sei, sondern sich verborgen habe. Dieser Muhammad ibn Ismāʿīl, so glaubten sie, werde in Zukunft als Mahdi wiederkehren und alle früheren Gesetzesreligionen aufheben, um die ursprüngliche Religion Adams, die nur im Lobpreis des Herrn besteht, wiederherzustellen.[45]

ʿAbdallāh al-Akbar ließ sich nach mehreren Ortswechseln in dem syrischen Landstädtchen Salamya, heute Salamīya genannt, an der Grenze zur syrischen Wüste nieder, das nun zum Zentrum der ismailitischen Daʿwa wurde.[46] In nur 25 Jahren, zwischen 875 bis 900, konnte die von ihm begründete Daʿwa ein Netz von Zellen und Gemeinden knüpfen, das die ganze islamische Welt von Nordafrika bis Südasien, vom Kaspischen Meer bis zum Jemen überspannte.[47] Im Jahre 899 kam es allerdings innerhalb dieser Daʿwa-Bewegung zu Spannungen, die zu einem dauerhaften Schisma führten. Grund dafür war, dass der vierte Großmeister der Daʿwa, ein gewisser Saʿīd, den Anspruch erhob, nicht mehr nur Verkünder und Wegbereiter des erwarteten Mahdi, sondern der Mahdi selbst zu sein. Bisher galt der Großmeister der Sekte in Salamya lediglich als Stellvertreter des zu erwartenden Mahdi. Die Änderung der Doktrin stieß jedoch nicht auf ungeteilte Zustimmung: Zwei wichtige Dāʿīs in Ostarabien und im Jemen fielen mit ihren Gemeinden von dem „Betrüger“ in Salamya ab. Zwei andere Dāʿīs, darunter Abū ʿAbdallāh asch-Schīʿī, der in der Kabylei auf dem Gebiet des heutigen Algerien eine „Stätte der Auswanderung“ gegründet hatte, schwenkten jedoch auf die neue Linie ein. Die Daʿwa spaltete sich somit auf; fortan standen den „Imamen“ in Salamya und ihrem Anhang die Abtrünnigen gegenüber, die weiterhin auf das Kommen des Mahdi warteten.[48]

Nachdem der vierte Großmeister von Salamya im Jahre 899 die Parole ausgegeben hatte, dass er selbst der erwartete Imam sei, wuchs unter den ismailitischen Gemeinden, die ihn anerkannten, die Hoffnung auf einen baldigen politischen Umsturz und eine Erneuerung des Islams.[49] Gestützt auf den Berberstamm der Kutāma, begann Abū ʿAbdallāh asch-Schīʿī im Jahre 902 eine Reihe von sehr erfolgreichen militärischen Expeditionen. In nur wenigen Jahren konnte er fast das gesamte Gebiet des heutigen Nordostalgerien und Tunesien erobern.[50] Im Frühjahr 909 hielt er seinen Einzug in Kairouan und begann Münzen mit dem Titel des noch anonymen Mahdi zu prägen; dessen baldiges Hervortreten wurde in Aussicht gestellt. Die schiitische Ausrichtung des neuen Staates wurde den Untertanen durch die Einführung der schiitischen Formel in den Gebetsruf angezeigt. Nach seiner Eroberung Kairouans nahm Abū ʿAbdallāh asch-Schīʿī Kontakt zu dem Mahdi Saʿīd auf, der zu dieser Zeit in Sidschilmasa weilte, und holte ihn nach Kairouan. Als al-Mahdī bi-Llāh „der von Gott Rechtgeleitete“ hielt er dort im Januar 910 Einzug und nahm den Kalifentitel an. Damit gab es nun neben dem Abbasiden-Kalifat ein eigenes schiitisches Kalifat. Die von al-Mahdī bi-Llāh begründete Dynastie wurde unter dem Namen „Fatimiden“ bekannt, sicherlich wegen ihrer behaupteten Abkunft von Fātima und ʿAlī, doch ist nicht klar, ob sie diesen Namen jemals selbst geführt haben; in ihren eigenen Dokumenten bezeichnen sich die Fatimiden meist als Daulat al-Ḥaqq („Staat der Wahrheit“).[51]

Diejenigen Ismailiten, die den Anspruch des Großmeisters von Salamya, selbst der Mahdī zu sein, nicht anerkannten und an der alten Lehre festhielten, konnten aber ebenfalls ihre Macht festigen. Die Anhänger dieser altgläubigen Fraken werden in den meisten Quellen als Qarmaten bezeichnet, entsprechend der älteren Bezeichnung für die Ismailiten im Irak und an den Küsten des Persischen Golfes. Einer der wichtigsten qarmatischen Missionare war Abū Saʿīd al-Dschannābī im ostarabischen Gebiet von Bahrain, das ungefähr dem heutigen Gebiet von al-Ahsā' entspricht. Seine Dār al-Hidschra entwickelte sich im frühen 10. Jahrhundert zu einem lokalen Fürstentum, dessen Macht sich auf die Beduinenstämme der nördlichen Arabischen Halbinsel stützte. Unter Abū Saʿīds Sohn Abū Tāhir al-Dschannābī, der 923 die Herrschaft übernahm, unternahmen die Qarmaten von Bahrain mehrfach Kriegszüge in den südlichen Irak und überfielen regelmäßig die vom Irak nach Mekka und Medina ziehenden Pilgerkarawanen. Bis 930 eroberten sie die gesamte ostarabische Küste hinunter bis Oman, und während der Wallfahrtszeremonien des gleichen Jahres fielen sie in Mekka ein, richteten ein Massaker unter den Pilgern an, brachen den Schwarzen Stein aus der Kaaba und entführten ihn nach al-Ahsā'. Bis 925 hielten die Bahrain-Qarmaten an der Mahdī-Figur des Muhammad ibn Ismāʿīl fest. Die als apokalyptisches Vorzeichen gedeutete Konjunktion von Saturn und Jupiter im Jahre 928 löste dann aber bei ihnen einen Schub chiliastischer Euphorie aus. Im Herbst 931 präsentierte der Abū Tāhir al-Dschannābī seiner Gemeinde einen eigenen Mahdī, nämlich einen jungen kriegsgefangenen Perser aus Isfahan, dem er zeitweilig sogar die Herrschaft übergab. Gleichzeitig erklärte er alle bisherigen Religionen für nichtig, mit der Begründung, dass die wahre Religion, „die Religion unseres Vaters Adam“, die „ursprüngliche Religion Adams“ – d. h. die paradiesische gesetzlose Urreligion – nunmehr offenbar geworden sei.[52]

Das schiitische Jahrhundert

Bearbeiten
 
Vorderasien um 970 mit den schiitisch ausgerichteten Staaten der Buyiden, Hamdaniden, Fatimiden und Bahrain-Qarmaten

Die Zeit zwischen 950 und 1050 wird auch „schiitisches Jahrhundert“ genannt, weil in dieser Zeit der größte Teil der islamischen Welt unter der Herrschaft islamischer Dynastien stand.[53] Die Zaiditen hatten schon in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts zwei zaiditische Imamate errichtet, eines im nordiranischen Tabaristan und das andere in der jemenitischen Stadt Saʿda. In den 930er Jahren eroberten außerdem die Buyiden, eine aus Dailam im Süden des Kaspischen Meeres stammende zaiditische Militärfamilie, große Gebiete Westirans. 946 besetzten sie Bagdad und übernahmen die militärische und administrative Gewalt im Abbasidenreich. Die Macht der Familie erreichte im letzten Drittel des 10. Jahrhunderts ihren Höhepunkt, als der in Persien herrschende Buyide ʿAdud ad-Daula die Macht im Irak an sich riss und den altpersischen Titel eines „Königs der Könige“ (šāhān-šāh) annahm. Zwar nahmen die Buyiden Zaiditen, doch nahmen sie auch die imamitischen Schiiten unter ihren besonderen Schutz. Antischiitische Rädelsführer wurden in dieser Zeit in die Verbannung geschickt. Außerdem wurde den imamitischen Schiiten in den 960er Jahren zum ersten Mal erlaubt, die eigenen Feste – das Aschura-Fest und das Ghadīr-Fest – öffentlich zu begehen. Desgleichen bemühten sich die Buyiden um den Schutz und die Ausstattung der Gräber der schiitischen Imame im Irak.[54]

Staaten mit eindeutig qarmatischer Ausrichtung bildeten sich in Aserbaidschan und in Sindh, wo sich noch vor 958 ein qarmatischer Dāʿī der Stadt Multan bemächtigte. Die Bahrain-Qarmaten konnten um die Mitte des 10. Jahrhunderts ihr Herrschaftsgebiet über große Teile der arabischen Halbinsel ausweiten und Ende der 960er Jahre sogar Syrien und Palästina tributpflichtig machen. Noch größere Bedeutung erlangte das ismailitische Fatimidenkalifat, dessen Herrschaftsgebiet sich Anfang der 930er Jahre bereits über große Gebiete Nordafrikas und Sizilien erstreckte. Unter dem Kalifen al-Muʿizz (reg. 953–975) konnten die Fatimiden aber ihre Herrschaft über ganz Nordafrika ausdehnen. Dschauhar as-Siqillī, der General des Kalifen, drang 958 bis zum Atlantik vor und rückte 969 in Ägypten ein. An Prestige gewannen die Fatimiden zusätzlich dadurch, dass 976 auch die hasanidischen Herrscher von Mekka, die erst kurze Zeit vorher die Macht in der heiligen Stadt an sich gerissen hatten, die Oberherrschaft der fatimidischen Kalifen anerkannten. Diese hasanidischen Herrscher, die später als Scherifen von Mekka bekannt wurden, folgten selbst der zaiditischen Lehre.[55]

Zur Festigung ihrer Herrschaft über Ägypten gründeten die Fatimiden nördlich von al-Fustāt die neue Stadt al-Qāhira („die Siegreiche“), das heutige Kairo, mit der al-Azhar-Moschee, benannt nach Fātima az-Zahrā' („Fātima, der Glanzvollen“), der Namenspatronin ihrer Dynastie. Als neue Dār al-hidschra wurde Kairo nun zum Zentrum dieser fatimidischen Version der ismailitischen Daʿwa. Die Fatimiden zwangen ihren muslimischen Untertanen das ismailitische Bekenntnis nicht auf, doch kam es in Folge der intensiven Werbung zu zahlreichen Konversionen. An der Spitze der inneren wie der äußeren Mission stand nun ein Ober-Dāʿī, der häufig zugleich als Ober-Qādī amtierte. Er hielt im Palast von Kairo allwöchentlich donnerstags öffentliche Lehrsitzungen ab, die sogenannten (maǧālis al-ḥikma („Sitzungen der Weisheit“)), in denen die Adepten nach Ablegung eines Gelübdes in die ismailitische Geheimlehre eingewiesen wurden. Außerhalb der Grenzen des Fatimidenreiches wurde die Daʿwa, die nach wie vor auf den Sturz des Bagdader Kalifen abzielte, konspirativ betrieben. Dafür unterhielt die Daʿwa-Zentrale in Kairo ein Netz von Missionszellen (ǧazāʾir von sing. ǧazīra „Insel“), in das sie Dāʿīs entsandte. Ihren größten Erfolg errang die fatimidische Daʿwas im Jemen, wo 1047 der Dāʿī ʿAlī as-Sulaihī die neue den Fatimiden gegenüber loyale ismailitische Dynastie der Sulaihiden begründete und Sanaa sowie Aden in seine Gewalt brachte.[56]

Eine weitere Dynastie, die sich in dieser Zeit durch die Förderung der Schia hervortat, waren die arabischen Hamdaniden, deren Herrschaftsgebiet über Nordmesopotamien und Nordsyrien erstreckte. Berühmt wurde vor allem der Hamdānide Saif ad-Daula, der zwischen 942 und 967 über Nordsyrien herrschte. Er zog nicht nur berühmte Literaten und Philosophen an seinen Hof in Aleppo, sondern auch bekannte Vertreter der extremen Schia wie den nusairischen Gelehrten al-Chasībī (gestorben 957), der ihm eines seiner wichtigsten Bücher widmete. Bis ins 12. Jahrhundert blieb Aleppo eine Hochburg der Schiiten.[57]

Die Aufspaltung der Ismāʿīlīya

Bearbeiten

Während der Zeit des fatimidischen Kalifat (909–1171) spaltete sich die Ismāʿīlīya in verschiedene Gruppen auf. Die erste Abspaltung entstand schon Anfang des 11. Jahrhunderts mit dem Drusentum, das die nach der Etablierung der Fatimiden-Dynastie bei den Ismailiten immer noch bestehenden apokalyptischen Erwartungen aufgriff. Der Name dieser Bewegung leitet sich von einem jungen Türken aus Buchara her, der den Beinamen ad-Darzī (pers. „Schneider“) hatte und in der Regierungszeit des fatimidischen Kalifen al-Hākim bi-amr Allāh (reg. 996–1021) in Kairo als Missionar dieser Bewegung tätig war. Eigentlicher Begründer der drusischen Lehre war allerdings nicht ad-Darzī selbst, sondern Hamza ibn ʿAlī, ein persischer Dāʿī aus Ostiran. Er behauptete im Jahre 1017, die Ära des eschatologischen Herrschers al-Qā'im sei angebrochen und der regierende fatimidische Kalif al-Hākim sei Gott. Auch lehrte er die Abrogation der koranischen Offenbarung und ihrer ismailitischen Deutung; an die Stelle beider sollte das bloße Bekenntnis von Gottes Einzigkeit (Tauhīd) treten, das alle kultischen Handlungen überflüssig macht. Ismailitische Theologen wie Hamīd ad-Dīn al-Kirmānī wiesen die drusische Lehre zurück und bekräftigten, dass mit al-Hākim keinesweges das Ende des Islams und der Scharia gekommen sei, sondern nach ihm noch viele weitere Imame kommen würden. Während der Kalif al-Hākim das Treiben der drusischen Dāʿīs zumindest geduldet zu haben scheint, verbot sein Nachfolger az-Zāhir (reg. 1021–1036) die drusische Lehre und verfolgte ihre Anhänger. Aufgrund dieser Verfolgung hat sich das Drusentum in Ägypten nicht erhalten; überlebt hat es jedoch im zentralen Libanon, im südsyrischen Hauran und auf dem Gebiet von Israel.[58]

Eine weitere Spaltung der ismailitischen Gemeinden trat ein, als im Jahre 1094 der Fatimidenkalif al-Mustansir starb. Der Kalif hatte seinen Sohn Nizār ibn al-Mustansir als künftigen Imam designiert, doch sein Wesir und Armeechef al-Afdal al-Dschamālī, der eigentliche Machthaber in Ägypten, hob einen anderen Prinzen, seinen Schwiegersohn Al-Mustaʿlī bi-Llāh, auf den Thron. Nizār floh nach Alexandria und stellte sich an die Spitze eines Aufstands; die Rebellion scheiterte jedoch, er selbst wurde gefangen genommen und beseitigt. Der persische Dāʿī Hasan-i Sabbāh verweigerte daraufhin dem in Ägypten als Nachfolger auf den Thron gehobenen fatimidischen Prinzen al-Mustaʿlī die Anerkennung als Imam und machte sich von Kairo unabhängig. Die persische Daʿwa hielt an dem Imamat von Nizār fest, den al-Mustansir als Imam designiert hatte. Sie wird deswegen auch als nizāritisch bezeichnet, im Gegensatz zu den Ismailiten in Ägypten, Syrien, Jemen und Indien, die den Fatimidenkalifen al-Mustaʿlī und seinen Sohn und Nachfolger al-Āmir als Imame anerkannten und Mustaʿlīten genannt werden. Die Nizāriten sandten zwischen dem späten 11. und dem 13. Jahrhundert Selbstmordattentäter, sogenannte fidāʾīyūn („Opferbereite“) gegen ihre politischen Gegner aus, darunter auch gegen verschiedene Kreuzfahrerfürsten. Deshalb wurde diese Gruppe auch schon im Mittelalter im christlichen Europa bekannt, allerdings nicht unter dem Namen Nizāriten oder Fidā'īyūn, sondern unter dem polemischen Begriff Assassinen.[59]

 
Dschibla, die Hauptstadt der sulaihidischen Königin ʿArwa im Jemen

Als 1130 al-Āmir einem Mordanschlag durch nizāritische Fidā'īs zum Opfer fiel und Thronwirren ausbrachen, kam es zu einem weiteren Schisma innerhalb der ismailitischen Daʿwa. Im Jemen nutzte die sulaihidische Königin ʿArwa (reg. 1086–1138) die Gelegenheit, die fatimidische Oberhoheit abzuschütteln. Sie erkannte den zum Nachfolger erhobenen Vetter des Ermordeten nicht an und unterstützte einen Dāʿī, der die Lehre vertrat, dass al-Āmirs Sohn Abū l-Qāsim at-Taiyib, dessen Rechte in den Thronwirren übergangen worden waren, der wahre Imam sei. Er sei allerdings noch als Kind entrückt worden. Während der Verborgenheit des Imams sollte der absolute Dāʿī (dāʿī muṭlaq) als sein Stellvertreter die Leitung der Gemeinde übernehmen. Die Ismailiten, die dieser Lehre folgten, werden als Taiyibiten bezeichnet.[60]

Auch die Nizāriten griffen in ihrer Lehre zunächst wieder auf das Modell der Ghaiba zurück und warben für einen verborgenen, anonymen Imam. Anders als die Taiyibiten wandten sie sich aber später von diesem Modell wieder ab und kehrten zum Konzept eines „anwesenden“ Imams zurück, denn Ende des 12. Jahrhunderts trat ein Vertreter der persischen Dāʿī-Dynastie, Muhammad II. (1166–1210), mit der Behauptung hervor, sein Vater und er selbst seien leibliche Nachkommen des Fatimiden Nizār und hätten somit auch Anspruch auf den Imam-Titel. Damit begründete er eine neue ismailitische Imam-Dynastie, die bis heute weiter existiert.[61]

 
Der 53. Dāʿī Mutlaq der Dawudi-Bohras, Mufaddal Saifuddin

Die von 1130 an regierenden fatimidischen Kalifen wurden außerhalb des Reiches fast nirgendwo mehr anerkannt. Das einst so gewaltige Fatimidenreich schrumpfte in den folgenden Jahrzehnten endgültig auf Ägypten zusammen. Sein Ende kam, als der noch junge Saladin, der im Rahmen einer militärischen Expedition nach Ägypten gekommen war, zum Wesir des fatimidischen Kalifen al-ʿĀdid berufen wurde. Er entmachtete seinen Herrn und führte 1171 Ägypten in die staatsrechtliche Sphäre des abbasidischen Kalifats zurück. Zwar hat die Ismāʿīlīya als religiöse Gruppierung den Untergang des Fatimidenreichs überlebt, doch ist die vorher eingetretene Spaltung nie überwunden worden. Beide Richtungen, die Nizārīya und die Taiyibīya, bestehen indessen bis heute fort und haben eine zahlenstarke Anhängerschaft. Die Nizārīya blieb die vorherrschende Form der Ismāʿīlīya in Iran, Syrien sowie im Hindukusch (Nordpakistan, Afghanistan und Tadschikistan), während die Taiyibīya die vorherrschende Form der Ismāʿīlīya im Jemen blieb. Beide Gruppierungen missionierten ab dem 14. Jahrhundert in Nordwestindien, wo sie verschiedene hinduistische Händlerkasten, die Khojas bzw. Bohras, für ihre Form des Islams gewinnen konnten. Die Imame der nizāritischen Ismāʿīlīya tragen seit Mitte des 19. Jahrhunderts den Titel Aga Khan. Die Bohras spalteten sich allerdings Ende des 16. Jahrhunderts noch einmal in verschiedene Gruppen auf, von denen die Dawudi Bohras heute mit ca. 5 Millionen Anhängern vor allem in Indien und Pakistan die zahlenmäßig bedeutendste bilden.[62]

Die Schiitisierung Irans

Bearbeiten

Bis zum frühen 14. Jahrhundert war das Gebiet Irans überwiegend sunnitisch.[63] Zwar gab es bereits vorher einzelne Städte, in denen die Schia stärker vertreten war. Insbesondere Ghom, das schon Anfang des 8. Jahrhunderts von schiitischen Flüchtlingen aus Kufa besiedelt worden war, war schiitisch geprägt.[64] Auch Raiy war ein wichtiges Zentrum der Schia. In der Zeit der Seldschuken setzte sich die Schia der Stadt hierbei aus Zwölfer-Schiiten, Zaiditen und Ismailiten zusammen.[65] Die Schiitisierung der Bevölkerung Irans ist jedoch ein Prozess, der erst im 14. Jahrhundert begann und sich über mehrere Jahrhunderte hinzog.

Befördert wurde dieser Prozess zum einen dadurch, dass Herrscher die Schia unterstützten. So konvertierte der ilchanidische Herrscher Öldscheitü (1304–1316) selbst zwischen 1307 und 1310 vom sunnitischen zum zwölfer-schiitischen Islam und forderte anschließlich auch seine Emire auf, diesen Schrit zu tun. Dieser Aufforderung kamen fast alle Emire nach; nur seine beiden Haupt-Emire Saʿīd Tschubān und Aisan Qutlugh blieben sunnitisch.[66] Im 14. Jahrhundert wurde die Zwölfer-Schia außerdem durch die Lokaldynastie der Sarbadāren gefördert, die ihr Zentrum in Sabzawār im westlichen Chorasān hat. Die Sarbadāren prägten die Namen der zwölf Imame auf ihre Münzen und zogen auch imamitische Gelehrte an ihren Hof.[67] Die Herrscher der Aq Qoyunlu und den Qara Qoyunlu, die Ende des 14. Jahrhunderts weite Teile Westirans unter ihre Herrschaft bringen konnten, schwankten ebenfalls zwischen Sunna und Schia.[68]

 
Nachbildung eines Kizilbasch-Kämpfers in der Saadabad-Palastanlage in Teheran

Zur Verbreitung der Schia in Iran trugen zum anderen verschiedene Mahdi-Bewegungen bei, die sich in der unsicheren Situation während und nach den Eroberungszügen Timurs entwickelten. In mehreren von ihnen wurden Vorstellungen propagiert, wie sie von den Ghulāt, den extremen Schiiten, her bekannt sind. Zu diesen Bewegungen gehörten die Hurūfīya, die Nūrbachschīya und die Muschaʿschaʿ-Sekte.[69] Zur erfolgreichsten dieser Bewegungen wurde diejenige der Kizilbasch, die aus dem Safawiyya-Orden hervorging. Er geht auf Scheich Safi ad-Din Ardabili, einen Derwisch wahrscheinlich kurdischer Abstammung, der in seiner Heimatstadt Ardabīl 1301 an die Spitze eines lokalen sufischen Ordens trat und für diesen in Persien, Syrien und Kleinasien mit Daʿwa-Aktivitäten begann, die dem Orden zahlreiche Anhänger zuführten. Scheich Dschunaid, ein Nachkomme Safī ad-Dīns, gab Mitte des 15. Jahrhunderts dem Orden eine eindeutig schiitische Ausrichtung und führte ihn erfolgreich in den Kampf gegen die Christen von Georgien und Trapezunt. Sein Sohn Haidar, der dem Orden von 1460 bis 1488 vorstand, verordnete seinen Anhängern in Westiran und Anatolien eine besondere rote Kopfbedeckung, nach der sie fortan Kizilbasch (türk. qızılbāş = Rotkopf) genannt wurden.[70]

 
Die Erklärung der Zwölfer-Schia zur offiziellen Lehre in Iran durch Schah Ismāʿīl im Jahre 1501, Illustration in einem anonymen persischen Werk von 1680 in der British Library.

Der Hofhistoriker der Aq Qoyunlu berichtet, dass die Kizilbasch Scheich Dschunaid ganz offen als Gott und seinen Sohn als Sohn Gottes bezeichnet hätten.[71] Noch eindeutiger sind die extrem-schiitischen Züge bei Haidars Sohn Ismāʿīl belegbar, der im Jahr 1499 mit zwölf Jahren an die Spitze der Kizilbasch-Anhänger trat, die Aq Qoyunlu besiegen und bis zum Jahre 1510 mit den Kizilbasch-Kämpfern fast den gesamten Iran einnehmen konnte. Die Gedichte des Dīwāns, den Schah Ismāʿīl unter seinem nom de plume Chatā'ī verfasste, zeugen von dem großen Sendungsbewusstsein des jungen Herrschers. Unmissverständlich machen sie deutlich, dass er sich nicht nur für den erwarteten Mahdī, sondern auch für eine Reinkarnation ʿAlīs und der zwölf Imame, ja sogar eine Inkarnation Gottes betrachtete.[72] Europäische Reisende bestätigen, dass diese Vorstellungen auch von Ismāʿīls Anhängern geteilt wurden. Ein anonymer Venezianer berichtet, dass Ismāʿīl „von seinem Volk wie ein Gott geliebt und verehrt“ wurde, „besonders von seinen Soldaten, von denen viele ohne Rüstung in die Schlacht ziehen und erwarten, dass ihr Meister Ismael sie im Kampf behütet.“[73]

Als Ismāʿīl 1501 in Täbris zum Schah ausgerufen wurde, ließ er die Freitagspredigt auf die zwölf Imame lesen und die schiitische Formel „Ich bezeuge, dass ʿAlī der Freund Gottes ist“ sowie den Satz „Auf zum besten Tun“ an den Gebetsruf anschließen. Die ersten drei Kalifen Abū Bakr, ʿUmar und ʿUthmān wurden verflucht. Dieses Ritual wurde seitdem regelmäßig wiederholt. Damit erhielt der safawidische Staat von Anfang an eine zwölferschiitische Ausrichtung. Im Laufe der Zeit kehrte sich auch der Herrscher von den extrem-schiitischen Glaubensvorstellungen der Kizilbasch ab und wandte sich der theologisch-juristischen Tradition der Zwölfer-Schia zu.[74] Zwar wurde auch Ismāʿīls Sohn und Nachfolger Schah Tahmasp I. (reg. 1524–1576) von den Kizilbasch noch als Inkarnation Gottes verehrt, doch ist er selbst dagegen eingeschritten und hat die Wortführer dieser Lehre als Häretiker hinrichten lassen.[75] Die Durchsetzung theologisch-juristischen Tradition der Zwölfer-Schia war allerdings zunächst schwierig, weil in Iran nicht genügend Gelehrte mit der richtigen Ausrichtung dafür zur Verfügung standen. Ismāʿīl und Tahmasp riefen deswegen schiitische Gelehrte aus dem Ausland ins Land, insbesondere solche von der arabischen Golfküste und aus dem Dschabal ʿĀmil. Allein während der Herrschaftszeiten von Ismāʿīl und Tahmasp zogen 22 schiitische Gelehrte aus Syrien in das Safawidenreich.[76] Infolge der Förderung durch die Safawiden formierte sich in Iran ein Stand von zwölfer-schiitischen ʿUlamā', und unter ihrem Einflus begann sich auch der Charakter der safawidischen Herrschaft unter zu wandeln: die extremen Vorstellungen der Kizilbasch wurden gebändigt,[77] und der „Übergang von der Volksschiʿa zur Hochschiʿa“ zeichnete sich ab.[78]

Grafische Darstellung der Herausbildung der verschiedenen schiitischen Gruppen

Bearbeiten
7. Jh.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Schia
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
8. Jh.
 
Butrīya
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Anhänger der
Husainiden
 
 
 
 
 
 
 
 
Kaisānīya
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
9. Jh.
 
Zaiditen
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Ismailiten
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Imamiten /
Rāfiditen
 
 
 
 
 
Nusairīya
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
10. Jh.
 
 
 
 
 
 
Qarmaten
 
 
 
 
 
 
 
 
 
fatimidische
Ismailiten
 
 
 
 
 
Zwölfer-
Schia
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
11. Jh.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Drusen
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
12. Jh.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Nizāriten
 
Taiyibiten
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
15. Jh.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Kizilbasch
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
17. Jh.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Usūlīya
 
Achbārīya
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Heute
 
Zaiditen
 
 
 
 
 
Drusen
 
Nizāriten
 
Bohras
 
Usūlīya
 
 
 
 
 
Aleviten
 
Alawiten

Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Lehre

Bearbeiten

Imamatslehre

Bearbeiten

Der Glaube an das Imamat ist allen Schiiten gemeinsam. Unterscheidungsmerkmale der drei bzw. vier Gruppen sind in erster Linie die Anzahl der „anerkannten“ Imame und die Position, die diese im Heilsdenken einnehmen. So werden bei den Ghulāt und den Alawiten die Imame als göttliche Inkarnationen betrachtet. Alle anderen Schiiten betrachten die Imame als menschliche Wesen. Für die Imamiten sind die Imame allerdings unfehlbar, womit sie in dieser Hinsicht den Propheten gleichgestellt sind. Die Hüterschaft des Imamats verspricht dem Gläubigen das Heil, denn ohne einen Imam, der das göttliche Licht vermittelt, könne die Schöpfung nicht existieren. Nur ein solcher Vermittler, der durch prophetisches Wort oder das Wort seines Vorgängers göttlich designiert sei, kann nach den Imamiten die Nachfolge des Propheten und der Imame vor ihm und die Führerschaft der Muslime übernehmen. Dagegen ist nach der zaiditischen Lehre jeder Nachkomme von ʿAlī ibn Abī Tālib und Fātima bint Muhammad für das Imamat qualifiziert, allerdings muss er seinen Herrschaftsanspruch mit der Waffe in der Hand durchsetzen. Während die Zwölfer-Schiiten lehren, dass sich der zwölfte Imam in der Verborgenheit befindet, verehren die nizaritischen Ismailiten einen „anwesenden Imam“ (imām ḥāḍir), der unter ihnen weilt.

Die Familie des Propheten

Bearbeiten

Die Reinheit der Familie des Propheten, der Ahl al-bait (Koran 33:33), gibt dem Gläubigen emotionale Vorbilder, zu denen er aufschauen kann. Nur sie seien wirklich rein. Als Archetyp dieses emotionalen Begriffes kann man Fātima sehen, die das familiäre Element am konkretesten repräsentiert/verkörpert. Eine wichtige Grundlage für die schiitische Verehrung der Prophetenfamilie ist der „Hadith von den beiden Lasten“ (ḥadīṯ aṯ-ṯaqalain). Demnach hat der Prophet vor seinem Tod gesagt: „Ich hinterlasse euch etwas, durch das ihr nie in die Irre gehen werdet, wenn ihr euch daran haltet: das Buch Gottes und meine nächsten Nachkommen, die Angehörigen meines Hauses (ahl baitī).“[79]

Die Israeliten als Präfiguration der Schia

Bearbeiten

Eine sehr wichtige Rolle spielen in der schiitischen Tradition auch die koranischen Erzählungen über die Israeliten (Banū Isrāʾīl, wörtlich „Kinder Israels“), da sie als Präfiguration der Schia verstanden werden. Die Schiiten setzten zum Beispiel in Sure 40:25 Pharao, der die Söhne der Israeliten tötete, mit den Umaiyaden gleich, die al-Husain und seine Anhänger bei Kerbela massakrierten. Schiitische Koranexegeten erklären, dass die im Koran (z. B. Sure 2:47) als auserwähltes Volk beschriebenen Israeliten eigentlich für die Schiiten stehen. Dies basiert auf der Vorstellung, dass Isrā'īl einer von Mohammeds Namen ist, und somit die die „Kinder Israels“ Mohammeds Nachkommen, d. h. die Imame, sind. Die Zwölfer-Schiiten gingen sogar noch weiter, indem sie die Zwölf Stämme Israels mit ihren Obmännern (siehe Sure 5:12) als Präfigurationen der zwölf Imame interpretierten.[80]

Auch ʿAlī ibn Abī Tālib wird zum Gegenstand dieser Art von typologischer Koranauslegung. So soll schon ʿAbdallāh ibn Saba' die Lehre vertreten haben, dass er sich so zu Mohammed verhält wie Josua, der Sohn Nuns, zu Mose.[81] Später diente den Schiiten jedoch Aaron und nicht Josua als Präfiguration von ʿAlī in seinem Verhältnis zu Mohammed.[82] Andere schiitische Traditionen verbanden ʿAlī mit dem biblischen Propheten Elija und maßen ihm deswegen eine apokalyptische Rolle zu.[83]

Normenlehre

Bearbeiten

Ein auf die Imamiten einschließlich der Zwölfer-Schiiten beschränktes Rechtsinstitut ist die Mutʿa-Ehe. Ebenfalls allein auf die Imamiten beschränkt ist das Prinzip der Taqīya, die Verheimlichung des eigenen Glaubens bei Gefahr. Die Zaiditen lehnen dieses Prinzip dagegen ab. Allen Schiiten gemeinsam ist jedoch der Zusatz zum Gebetsruf: „Auf zum besten Tun!“ (ḥaiya ʿalā ḫair al-ʿamal). Die Schiiten werfen dem zweiten Kalifen Umar ibn al-Chattab vor, diese ursprüngliche Formel willkürlich abgeschafft zu haben.[84]

Schiitische Dynastien und Staaten in der Geschichte

Bearbeiten

Schiiten in Deutschland

Bearbeiten

Von den rund vier Millionen in Deutschland lebenden Muslimen gehören etwa 7[85] bis 9 % der Schia an.[86] Die meisten Schiiten stammen aus Iran, dem Libanon und dem Irak und sind daher aus Gründen der Flucht oder des Studiums nach Deutschland eingewandert. Unter den Muslimen in Deutschland haben die Schiiten mit Abstand das höchste Bildungsniveau (56 % mit hoher Bildung, 36,7 % der Sunniten mit hoher Bildung).[87] Der offizielle schiitische Dachverband ist die Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands (IGS), die sich als Vertreter von ca. 150 schiitischen Moscheen, Gemeinden und Gruppen versteht. Das wohl bekannteste Mitglied der IGS war das im Juli 2024 verbotene Islamische Zentrum Hamburg, das zu den ältesten islamischen Institutionen in Europa gehörte. Bei der jährlichen Veranstaltung zum höchsten schiitischen Fest Ghadīr Chumm, bei der die Schiiten die Ernennung Alis durch den Propheten Mohammed zu seinem Nachfolger feiern, empfing die IGS über 1000 deutsche Schiiten.[88] Dieses bereits zum zweiten Mal in Mainz veranstaltete Fest gehört zu den größten schiitischen Veranstaltungen in Deutschland.[89][90]

Siehe auch

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
  • Mohammad-Ali Amir-Moezzi, Christian Jambet: What is Shiʻi islam? An Introduction. Routledge, London 2018.
  • Sean W. Anthony: The Caliph and the Heretic: Ibn Sabaʾ and the Origins of Shīʿism. Brill, Leiden [u. a.] 2012.
  • Rainer Brunner: Die Schia und die Koranfälschung. Würzburg 2001.
  • Wilfried Buchta: Schiiten. Kreuzlingen/München 2004.
  • Wilfried Buchta: Die iranische Schia und die islamische Einheit 1979–1996. Deutsches Orient Institut, 1997, ISBN 3-89173-046-2.
  • Farhad Daftary: A history of Shiʿi Islam. Tauris, London 2013.
  • Farhad Daftary: “Shiʿi Communities in History” in Farhad Daftary, Amyn B. Sajoo and Shainool Jiwa (Hrsg.): The Shiʿi world: pathways in tradition and modernity. I.B. Tauris, London 2015. S. 169–209.
  • Farhad Daftary: “The Shiʿi Milieu of Post-Mongol Persia”. In F. Daftary & Janis Esots (Hrsg.): The Renaissance of Shiʿi Islam: Facets of Thought and Practice. I.B. Tauris, London 2022. S. 1–14.
  • Maria Massi Dakake: The Charismatic Community: Shi'ite Identity in Early Islam. State University of New York Press, Albany 2007.
  • Najam Iftikhar Haider: The origins of the Shīʿa: identity, ritual, and sacred space in eighth-century Kūfa. Cambridge 2011.
  • Najam Iftikhar Haider: Shī'ī Islam : an introduction. Cambridge University Press, New York 2014.
  • Heinz Halm: Die islamische Gnosis. Die extreme Schia und die Alawiten. Zürich/München 1982.
  • Heinz Halm: Die Schia. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1988, ISBN 3-534-03136-9.
  • Heinz Halm: Der schiitische Islam. München 1994.
  • Heinz Halm: Die Schiiten. München 2005.
  • Sonja Haug, Stephanie Müssig, Anja Stichs: Muslimisches Leben in Deutschland. Im Auftrag der Deutschen Islam Konferenz. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Nürnberg 2009. Link zum PDF
  • S. Husain M. Jafri: Origins and early development of Shiʿa Islam. Longman, London, 1979.
  • Etan Kohlberg, “Some Shīʿī Views of the Antediluvian World,” in Studia Islamica 52 (1980) 41–66.
  • Wilferd Madelung: “Shīʿa” in The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Brill, Leiden 1996. Bd. IX, S. 420–424.
  • Wilferd Madelung: The succession to Muḥammad. A study of the early caliphate. Cambridge University Press, Cambridge, 1997.
  • Michel M. Mazzaoui: The origins of the Ṣafawids: Šīʿism, Ṣūfism, and the Ġulāt. Steiner, Wiesbaden 1972 (Digitalisat).
  • Moojan Momen: Shi'i Islam. A Beginner’s Guide. Oneworld, London 2016.
  • Ahmad Naderi: Shia geopolitics and political Islam in the Middle East. WeltTrends, Potsdam 2015.
  • Seyyed Vali Reza Nasr: The Shia Revival. How Conflicts Within Islam Will Shape the Future. Norton & Company, 2006.
  • Stephan Rosiny: The Tragedy of Fāṭima Al-Zahrā in the debate of two shiite theologians in Lebanon. In: The Twelver Shia in modern times. Leiden 2001, S. 207–219.
  • Uri Rubin: “Prophets and Progenitors in the Early Shīʿa Tradition,” in Jerusalem Studies in Arabic an Islam 1 (1979) 41–65.
  • Abdulaziz Sachedina: Al-Khums: The Fifth in the Imāmī Shīʿī legal system. In: Journal of Near Eastern Studies 39, 1980, 4, S. 275–289
  • Muhammad Husain Tabataba'i: Die Schia im Islam. Übersetzt von Farsin Banki. Islamisches Zentrum Hamburg (IZH), 1996.
  • Steven Wasserstrom: “‘The Šīʿīs are the Jews of our Community’: An Interreligious Comparison within Sunnī Thought,” in Israel Oriental Studies 14 (1994) 297–324.
  • Julius Wellhausen: Die religiös-politischen Oppositionsparteien im alten Islam. Berlin 1901. S. 55–99.
Bearbeiten
Commons: Schia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Schia – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Madelung: “Shīʿa” 1996, S. 420a.
  2. Momen: Shi'i Islam. A Beginner’s Guide. 2016, S. 219.
  3. Vgl. Mamoun Fandy: Saudi Arabia and the Politics of Dissent. Palgrave, New York, 1999. S. 198.
  4. Cemal Karakas: Türkei: Islam und Laizismus zwischen Staats-, Politik- und Gesellschaftsinteressen. Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-937829-45-6 (Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (Hrsg.): HSFK-Report 1/2007) S. 5.
  5. Haug / Müssig / Stichs 2009, S. 98.
  6. Vgl. Saʿd ibn ʿAbdallāh al-Ašʿarī al-Qummī: Kitāb al-Maqālāt wa-l-firaq. Hrsg. von Muḥammad Ǧawād Maškūr. Maṭbaʿat-i Ḥaidarī, Teheran 1963. S. 15.
  7. Madelung: The succession to Muḥammad. 1997, S. 43.
  8. Vgl. Madelung: The succession to Muḥammad. 1997, S. 50–52.
  9. Madelung: “Shīʿa” 1996, S. 420.
  10. Vgl. dazu Anthony: The Caliph and the Heretic. 2012.
  11. Anthony: The Caliph and the Heretic. 2012, S. 152.
  12. Anthony: The Caliph and the Heretic. 2012, S. 171.
  13. a b c Madelung: “Shīʿa” 1996, S. 420b.
  14. Abū Saʿīd Našwān al-Ḥimyarī: al-Ḥūr al-ʿīn ʿan kutub al-ʿilm aš-šarāʾif dūna n-nisāʾ al-ʿafāʾif. Dār Āzāl, Beirut, 1985. S. 234.
  15. Madelung: The succession to Muḥammad. 1997, S. 253.
  16. Vgl. Halm: Die islamische Gnosis. Die extreme Schia und die Alawiten. 1982, S. 33–37.
  17. Der Text ist wiedergegeben bei Josef van Ess: Theologie und Gesellschaft im 2. und 3. Jahrhundert der Hidschra. Eine Geschichte des religiösen Denkens im frühen Islam. 6 Bände, De Gruyter, Berlin 1991–97, Bd. V, S. 10.
  18. Madelung: “Shīʿa” 1996, S. 420b–421a.
  19. Abū Ǧaʿfar Muḥammad b. Ǧarīr aṭ-Ṭabarī (gestorben 923): Taʾrīḫ ar-rusul wa-l-mulūk. Hrsg. von M. J. de Goeje. Leiden 1879–1901. Bd. II, S. 131. – Englische Übersetzung in The history of al-Ṭabarī Vol. 18: Between civil wars: the Caliphate of Muʿāwiyah; [A.D. 661–680, A.H. 40–60] transl. and annot. by Michael G. Morony. S. 140f.
  20. Jafri: Origins and early development of Shiʿa Islam. 1979, S. 165.
  21. a b Madelung: “Shīʿa” 1996, S. 421.
  22. Halm: Die Schia. 1988, S. 21.
  23. a b c Madelung: “Shīʿa” 1996, S. 421b.
  24. a b Madelung: “Shīʿa” 1996, S. 422a.
  25. Vgl. dazu Halm: Die islamische Gnosis. Die extreme Schia und die Alawiten. 1982. S. 43–84.
  26. Madelung: “Shīʿa” 1996, S. 422b–423a.
  27. a b Madelung: “Shīʿa” 1996, S. 422b.
  28. Tucker: Mahdis and millenarians. Shi’ite extremists in early Muslim Iraq. 2011, S. 52–71.
  29. Halm: Die islamische Gnosis. 1982, S. 86–89.
  30. a b Madelung: “Shīʿa” 1996, S. 423a.
  31. Haider: The origins of the Shīʿa: identity, ritual, and sacred space in eighth-century Kūfa. 2011, S. 13.
  32. a b Abū Saʿīd Našwān al-Ḥimyarī: al-Ḥūr al-ʿīn ʿan kutub al-ʿilm aš-šarāʾif dūna n-nisāʾ al-ʿafāʾif. Dār Āzāl, Beirut, 1985. S. 235.
  33. Madelung: “Shīʿa” 1996, S. 423.
  34. Franz-Christoph Muth: Der Kalif al-Manṣūr im Anfang seines Kalifats (136/754 bis 145/762): aus d. arab. Chronik von aṭ-Tabarī übers. u. mit histor. u. prosograph. Anm. versehen. Frankfurt/Main 1988. S. 63.
  35. a b Madelung: “Shīʿa” 1996, S. 423b.
  36. Halm: Die Schia. 1988, S. 32, 34.
  37. Madelung: “Shīʿa” 1996, S. 423b–424a.
  38. Halm: Die Schia. 1988, S. 40.
  39. Yaron Friedman: The Nuṣayrī-ʿAlawīs. An Introduction to the Religion, History and Identity of the Leading Minority in Syria. Brill, Leiden, 2010. S. 6–16.
  40. Halm: Die Schia. 1988, S. 59f.
  41. Halm: Die Schia. 1988, S. 43f.
  42. Halm: Die Schia. 1988, S. 45.
  43. Zitiert in aš-Šarīf al-Murtaḍā: al-Fuṣūl al-muḫtāra min al-ʿUyūn wa-l-maḥāsin. Al-Muʾtamar al-ʿālamī li-alfīyat aš-Šaiḫ al-Mufīd, 1413h. S. 321.
  44. Halm: Die Schia. 1988, S. 43f.
  45. Halm: Die Schia. 1988, S. 193, 202.
  46. Halm: Die Schia. 1988, S. 198.
  47. Halm: Die Schia. 1988, S. 202.
  48. Halm: Die Schia. 1988, S. 205f.
  49. Halm: Die Schia. 1988, S. 208.
  50. Halm: Die Schia. 1988, S. 201.
  51. Halm: Die Schia. 1988, S. 208.
  52. Halm: Die Schia. 1988, S. 205–207.
  53. Momen: Shi'i Islam. A Beginner’s Guide. 2016, S. 67.
  54. Halm: Die Schia. 1988, S. 56–58.
  55. Richard T. Mortel: Zaydi Shiʿism and Ḥasanid Sharifs of Mecca in International Journal of Middle East Studies 19 (1987) 455–472.
  56. Halm: Die Schia. 1988, S. 211–213.
  57. Yaron Friedman: The Nuṣayrī-ʿAlawīs. An Introduction to the Religion, History and Identity of the Leading Minority in Syria. Leiden 2010. S. 17–34.
  58. Halm: Die Schia. 1988, S. 219–224.
  59. Halm: Die Schia. 1988, S. 224f.
  60. Halm: Die Schia. 1988, S. 234.
  61. Halm: Die Schia. 1988, S. 227.
  62. Halm: Die Schia. 1988, S. 229–231, 238–241.
  63. Halm: Die Schia. 1988, S. 82.
  64. Andreas Drechsler: Geschichte der Stadt Qom im Mittelalter (650–1350). Klaus Schwarz. Berlin 1999, S. 27–30.
  65. Mohammad Heidari-Abkenar: Die ideologische und politische Konfrontation Schia-Sunna am Beispiel der Stadt Rey des 10.-12. Jh. n. Chr. Inaugural-Dissertation, Universität Köln, 1992. S. 63.
  66. Judith Pfeiffer: Twelver Shīʻism in Mongol Iran. Orient-Institut der DMG, Abt. Istanbul, Istanbul 1999. S. 14f.
  67. Halm: Die Schia. 1988, S. 96.
  68. Halm: Die Schia. 1988, S. 91.
  69. Halm: Die Schia. 1988, S. 98–101.
  70. Halm: Die Schia. 1988, S. 102.
  71. Halm: Die Schia. 1988, S. 103.
  72. Halm: Die Schia. 1988, S. 104f.
  73. Charles Grey: A narrative of Italian travels in Persia, in the fifteenth and sixteen centuries Hakluyt Society, London 1873. S. 206. Digitalisat
  74. Halm: Die Schia. 1988, S. 107f.
  75. Halm: Die Schia. 1988, S. 107f.
  76. Miriam Younes: Diskussionen schiitischer Gelehrter über juristische Grundlagen von Legalität in der frühen Safawidenzeit: das Beispiel der Abhandlungen über das Freitagsgebet. Ergon, Würzburg, 2010. S. 34.
  77. Halm: Die Schia. 1988, S. 109.
  78. Erika Glassen: Die frühen Safawiden: nach Qāżī Aḥmad Qumī. Dissertation Freiburg i.B. 1968. S. 96. Digitalisat
  79. Zit. nach Josef van Ess: Theologie und Gesellschaft im 2. und 3. Jahrhundert der Hidschra. Eine Geschichte des religiösen Denkens im frühen Islam. 6 Bände, De Gruyter, Berlin 1991–97. Bd. V, S. 55. Vgl. dort die Erklärungen auf S. 56.
  80. Uri Rubin: “Children of Israel” in Jane Dammen McAuliffe (Hrsg.): Encyclopaedia of the Qurʾān. Brill, Leiden 2001. S. 303–307. Hier S. 306f.
  81. Rubin: “Prophets and Progenitors in the Early Shīʿa Tradition”. 1979, S. 51f.
  82. Anthony: The Caliph and the Heretic. 2012, S. 83.
  83. Anthony: The Caliph and the Heretic. 2012, S. 221.
  84. Vgl. Halm 1988, 175.
  85. Sonja Haug, Stephanie Müssig, Anja Stichs: Muslimisches Leben in Deutschland. Im Auftrag der Deutschen Islam Konferenz. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Nürnberg 2009, ISBN 978-3-9812115-1-1. S. 97.
  86. Wolfgang Frindte, Klaus Boehnke Jacobs, Henry Kreikenbom, Wolfgang Wagner: Lebenswelten junger Muslime in Deutschland. Bundesministerium des Innern. Berlin 2011, ISBN 978-3-00-037434-0, S. 125.
  87. Haug/Müssig/Stichs 2009, S. 211.
  88. Ghadeer Khumm 2013/2014. IGS Deutschland. Archivierte Kopie (Memento vom 10. Juli 2015 im Internet Archive)
  89. Allgemeine Zeitung. Rhein Main Presse: Gläubige aus ganz Deutschland. JAHRESFEST Schiitische Gemeinde gedenkt des Propheten Mohammed und seines Nachfolgers. http://www.allgemeine-zeitung.de/lokales/mainz/stadtteile-mainz/weisenau/glaeubige-aus-ganz-deutschland_13571129.htm
  90. ZDF Forum am Freitag (2014): Das Aschura-Fest der Schiiten. http://www.zdf.de/ZDF/zdfportal/programdata/e29d79f8-e709-3109-b84c-461f034fb2ef/20369401?generateCanonicalUrl=true
  NODES
admin 1
chat 5
COMMUNITY 2
INTERN 2
USERS 1