Gemeiner Vampir

Art der Gattung Desmodus
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 4. November 2005 um 00:57 Uhr durch AF666 (Diskussion | Beiträge) (Weblinks). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der Gemeine Vampir (Desmodus rotundus) ist eine in Amerika lebende Fledermausart. Das Attribut „gemein“ ist im Sinn von „gewöhnlich/allgemein“ zu verstehen und deutet an, dass diese Spezies die bekannteste – und auch am besten erforschte – der drei Arten der Vampirfledermäuse (Desmodontinae) ist, der einzigen Säugetiergruppe, die sich ausschließlich vom Blut anderer Tiere ernährt. Gemeine Vampire sind als Überträger von Krankheiten wie der Tollwut auf Nutztiere und Menschen gefürchtet, gleichzeitig liefert ein gerinnungshemmendes Enzym in ihrem Speichel wichtige Impulse für die medizinische Forschung.

Gemeiner Vampir
Vorlage:Taxonomy
Vorlage:Ordo: Fledertiere (Chiroptera)
Vorlage:Subordo: Fledermäuse (Microchiroptera)
Vorlage:Superfamilia: Hasenmaulartige (Noctilionoidea)
Vorlage:Familia: Blattnasen (Phyllostomidae)
Vorlage:Subfamilia: Vampirfledermäuse (Desmodontinae)
Vorlage:Genus: Desmodus
Vorlage:Species: Gemeiner Vampir
Wissenschaftlicher Name
Desmodus rotundus
(E. Geoffroy 1810)

Beschreibung

Körperbau und Abmessungen

Im Körperbau stimmt der Gemeine Vampir weitgehend mit den anderen Fledermäuse überein: die Flugmembran besteht aus zwei Hautschichten und erstreckt sich von den Handgelenken bis zu den Fußgelenken, gespannt wird sie von den stark verlängerten Fingern der Vordergliedmaßen. Weitere Flughäute erstrecken sich von den Schultern zum Handgelenk und zwischen den Beinen. Letztere wird Uropatagium genannt und dient bei vielen Fledermausarten zum Insektenfang. Da diese Funktion beim Gemeinen Vampir wegfällt, ist sie bei dieser Art klein und unbehaart. Ein Schwanz ist nicht vorhanden. Die Hinterbeine sind – im Gegensatz zu vielen anderen Fledermausarten – stark und muskulös. Sie ermöglichen ihnen ein schnelles Vorwärtskrabbeln auf dem Boden und auf senkrechten Flächen, Vampirfledermäuse können darüberhinaus sogar hüpfen. Das Fell dieser Tiere ist an der Oberseite graubraun gefärbt, die Unterseite ist etwas heller.

Im Körperbau unterscheidet sich der Gemeine Vampir von den anderen Vampirfledermäusen im verlängerten Daumen, in der fehlenden Behaarung des Uropatagiums, in den spitzeren Ohren sowie in der Anzahl der Zähne.

Gemeine Vampire sind mittelgroße Fledermäuse, sie erreichen eine Kopfrumpflänge von 70 bis 90 Millimetern und ein Gewicht von 15 bis 50 Gramm. Die Unterarmlänge, eine wichtige Größenangabe bei Fledertieren, beträgt zwischen 50 und 63 Millimetern und die Flügelspannweite zwischen 35 und 40 Zentimeter.

Gesicht und Zähne

 
Gemeiner Vampir, Darstellung aus Brehms Tierleben

Die Schnauze des Gemeinen Vampirs ist kurz und kegelförmig. Sie haben im Gegensatz zu vielen anderen Blattnasen kein echtes Nasenblatt, sondern einen hufeisenförmigen Ballen über den Nasenlöchern. Die Ohren sind spitz und eher klein und beinhalten einen kleinen lanzettförmigen Tragus (Ohrdeckel). Die Augen hingegen sind für Fledermausverhältnisse relativ groß.

Der Gemeine Vampir hat mit 20 die wenigsten Zähne der Vampirfledermäuse, seine Zahnformel lautet 1/2-1/1-2/3-0/0 x2. Am größten sind die Schneide- und Eckzähne, sie sind sichelförmig und an das Aufschneiden der Haut ihrer Opfer angepasst. Die Backenzähne sind rückgebildet und haben keinerlei zum Kauen geeignete Oberfläche mehr. An der Unterseite der Zunge finden sich zwei Rillen, die sich während der Mahlzeit zusammenziehen und ausdehnen. Weitere Anpassungen an die spezielle Ernährung sind die kurze Speiseröhre und der schlauchförmige Magen.

Verbreitung und Lebensraum

 
Das Verbreitungsgebiet des Gemeinen Vampirs

Gemeine Vampire leben auf dem amerikanischen Kontinent, ihr Verbreitungsgebiet reicht vom nördlichen Mexiko bis ins südliche Südamerika (Zentralchile, Argentinien und Uruguay). Sie finden sich auch auf einigen Südamerika vorgelagerten Inseln (wie Margarita und Trinidad), fehlen aber auf den anderen Westindischen Inseln. Sie bewohnen sowohl feuchte als auch trockene Gebiete der Tropen und Subtropen, darunter Wälder, offene Grasländer und Gebirgsregionen bis in 2400 Metern Höhe.

Lebensweise

Aktivitätszeiten und Gruppenleben

Gemeine Vampire sind ausschließlich nachtaktiv, als Schlafquartiere nutzen sie in erster Linie Höhlen, daneben findet man sie auch in hohlen Bäumen, Minen und Schächten sowie in verlassenen Gebäuden. Ruheplätze der Vampirfledermäuse riechen wegen des heraufgewürgten Blutes oft streng nach Ammoniak.

Diese Tiere leben in Gruppen von 20 bis 100 Tieren, gelegentlich bilden sie auch Kolonien von bis zu 2000 Tieren. Diese Gruppen zerfallen in Haremsgruppen, die aus 8 bis 20 Weibchen samt ihrem Nachwuchs sowie einem Männchen, das sich in deren Nähe aufhält, bestehen. Andere Männchen bilden Junggesellengruppen. Immer wieder versuchen männliche Tiere, dem Haremsführer seinen Rang streitig zu machen, in diesem Fall kann es zu wilden Kämpfen kommen. Die Kämpfe können auch durch aggressive Laute begleitet werden.

Sozialverhalten

Gemeine Vampire haben ein hoch entwickeltes Sozialverhalten. Dazu gehört die gegenseitige Fellpflege, ein unter Fledermäusen eher unübliches Verhalten, außerdem teilen sie sich mit ihren hungrigen Artgenossen häufig ihre Nahrung, indem sie sie hochwürgen und die anderen damit füttern.

Ein Gemeiner Vampir stirbt, wenn er in zwei oder drei aufeinanderfolgenden Nächten keine Nahrung zu sich nimmt. Zwischen 7 und 30 % der Tiere einer Gruppe scheitern jedoch in einer Nacht bei ihrer Nahrungssuche, sei es wegen Krankheit, Verletzung, Geburt oder simpler Erfolglosigkeit. Aufgrund des dringenden Blutbedarfes und der Schwierigkeiten, Opfer zu finden, spielt das Heraufwürgen und Teilen der Nahrung eine wichtige Rolle im Leben der Gemeinen Vampire. Ohne Teilen der Nahrung läge die jährliche Todesrate der Tiere hochgerechnet bei 82%, tatsächlich liegt sie bei geschätzt 24%.

Wenn ein Tier eine nach menschlichen Maßstäben „selbstlose“ Handlung setzt, tut es dies entwender für seine Verwandten, insbesonders für die Kinder, oder damit ihm selbst einmal geholfen wird. Dies bezeichnet man als Reziproken Altruismus. Das Blutteilen der Gemeinen Vampire ist ein Beispiel dafür. Schätzungen zufolge gewinnt ein hungriges Tier durch eine Nahrungsspende 18 Stunden bis zum Hungertod, während der Spender nur rund 6 Stunden verliert. In Summe profitiert also jedes Tier von diesem Verhalten.

Abgesehen von der Versorgung des eigenen Nachwuchses, was im Tierreich absolut üblich ist, hängt die Frage, ob ein Vampir zum Teilen bereit ist, auch von der Wahrscheinlichkeit ab, diese Leistung auch einmal wieder zurückzubekommen beziehungsweise von der Tatsache, ob das bittende Tier früher schon einmal mit dem jetzt Angebettelten geteilt hat. Voraussetzung dafür ist, dass die Tiere einander individuell erkennen. Die gegenseitige Fellpflege dürfte eine wichtige Rolle beim Identifizieren der einzelnen Artgenossen spielen. Wenn ein hungriges Tier einem anderen das Fell pflegt, so kann das angebettelte Exemplar dieses identifizieren und erkennen, ob es selbst schon einmal geteilt hat. Die Fellpflege kann auch der Versuch sein, den anderen zu verwöhnen und ihn so gnädig zu stimmen. Das Heraufwürgen des Blutes ist eine freiwillige Entscheidung, wenn ein Tier einem anderen das Teilen der Mahlzeit früher einmal verweigert hat, so ist die Chance groß, dass das andere Tier im umgekehrten Fall dem einen ebenfalls nichts von seiner Beute abgibt.

Ernährung

Beutetiere

 
Rinder zählen zu den bevorzugten Opfern des Gemeinen Vampirs

Im Prinzip kann jedes Tier Opfer eines Vampirbisses werden. Der Gemeine Vampir nutzt als Wirte aber hauptsächlich Säugetiere, vornehmlich Rinder, Pferde und Esel sowie eine Reihe größerer Wildtiere wie etwa Tapire. Weniger häufig gehören auch Menschen zu ihren Blutquellen. Darüberhinaus werden auch größere Vögel wie Hühner und Truthühner gebissen. Interessanterweise zählen Hunde kaum jemals zu den Opfern, vermutlich weil sie die Ultraschalllaute, die die Tiere zur Orientierung aussenden, hören können.

Experimente mit gefangenen Tieren haben gezeigt, dass sie auch Schlangen, Echsen, Kröten, Krokodile und Schildkröten beißen, ob diese Tiere auch in der Natur zu ihren Opfern zählen, ist nicht bekannt.

Annäherung an das Opfer

Um ein geeignetes Opfer ausfindig zu machen, verwenden sie den Gesichtssinn, der bei ihnen besser entwickelt ist als bei vielen anderen Fledermäusen, und die Echoortung. Dabei stoßen sie Ultraschallwellen aus, die von Objekten zurückgeworfen werden, der hufeisenförmige Ballen an der Nase dient dabei als Verstärker. Auch das Gehör und der Geruchssinn helfen ihnen, Beutetiere zu lokalisieren.

Die Tiere landen nicht direkt auf ihren Opfern, sondern in der Nähe und krabbeln oder hüpfen dann in seine Richtung. Die kräftigen Hinterbeine und der lange Daumen stellen Anpassungen an diese Fortbewegungsweise dar.

Zunächst sucht sich die Fledermaus eine geeignete Stelle an ihrem Opfer. Ihre Bewegungen sind scheu und vorsichtig, die unter Fledermäusen seltene Fähigkeit zu Hüpfen dient dem schnellen Ausweichen für den Fall, dass sie entdeckt und vom Opfer mit Tritten oder Schwanzschlägen verscheucht werden. Vampire kämpfen nicht mit ihren Beutetieren, ihr Biss erfolgt in der Regel unbemerkt und oft wacht das schlafende Tier nicht einmal auf. Als Bissstelle bevorzugen sie nicht von Haaren oder Federn bedeckte Körperteile wie die Anal- und die Vaginalregion oder die Ohren von Säugetieren beziehungsweise die Beine oder Kämme der Vögel.

Der Fressvorgang

Zunächst wird die Körperstelle mit der Zunge abgeschleckt. Der Speichel der Tiere enthält ein Betäubungsmittel, mit dem die Bissstelle lokal unempfindlich wird. Anschließend werden eventuell vorhandene Haare oder Federn mit den Zähnen abrasiert. Mit den scharfen Schneidflächen der Eck- und Schneidezähne beißen sie ein Stück der Haut heraus. Die so entstehende Wunde ist rund drei bis zehn Millimeter breit und einen bis fünf Millimeter tief. Mit der Zunge schlecken sie das ausfließende Blut auf und pumpen es durch die Rillen an der Unterseite der Zunge in den Mund. Ein Gerinnungshemmer sorgt dafür, dass das austretende Blut beim Trinkvorgang nicht gerinnt und somit für das Tier unbrauchbar wird. Das hierfür verantwortliche Enzym heißt Desmoteplase, auch Draculin oder Desmodus rotundus Salivary Plasminogen Activator (kurz DSPA) genannt, es ist ein Glykoprotein und bewirkt, dass sich das Fibrin (der feste Gerüststoff von gerinnendem Blut) auflöst. Nach einem Vampirbiss kann das Blut bis zu acht Stunden aus der Wunde fließen.

Der gesamte Vorgang kann bis zu zwei Stunden dauern, die eigentliche Nahrungsaufnahme bis zu 30 Minuten. Dabei nehmen die Tiere rund 20 bis 30 Milliliter Blut auf, eine Menge, die das Gewicht der Tiere nahezu verdoppelt. Dadurch fällt es ihnen häufig recht schwer, sich wieder in die Luft zu erheben. Nach einer Mahlzeit begeben sie sich an ihren Schlafplatz, um zu verdauen.

Gefahren des Bisses

Der Blutverlust des Opfers stellt ein geringes Problem dar. Viel größer sind die Gefahren durch Infektionskrankheiten, die von den Tieren übertragen werden, insbesondere die Tollwut und durch Trypanosomen verursachte Viehseuchen. Darüberhinaus kann es an der offenen Wunde zu Infektionen und zum Befall durch Larven der Schraubenwurmfliege (Chrysoma bezziana) kommen. Tausende Tiere sterben so jährlich an den Folgen von Vampirbissen und auch Menschen kommen immer wieder zu Schaden.

Fortpflanzung

Um die Paarung einzuleiten, klettert das Männchen auf den Rücken der Weibchen, umschließt ihre Flügel mit seinen Flugmembranen und beißt in ihren Nacken. Prinzipiell können sich Gemeine Vampire das ganze Jahr über fortpflanzen, die meisten Geburten fallen allerdings in die Monate April bis Mai und Oktober bis November. Nach einer siebenmonatigen Tragzeit kommt meistens ein einzelnes Jungtier zur Welt, gelegentlich auch Zwillinge. Neugeborene sind gut entwickelt und wiegen zwischen fünf und sieben Gramm. Im ersten Lebensmonat werden sie ausschließlich gesäugt, ab dem zweiten Lebensmonat füttert sie das Weibchen zusätzlich mit hochgewürgtem Blut. Ab dem vierten Monat beginnt das Jungtier, seine Mutter auf Beuteflügen zu begleiten, endgültig entwöhnt wird es aber erst mit neun oder zehn Monaten. Ungefähr im gleichen Alter tritt auch die Geschlechtsreife ein.

Die Lebenserwartung in freier Natur wird auf neun bis zwölf Jahre geschätzt, das höchste bekannte Alter eines Tieres in menschlicher Obhut betrug knapp 20 Jahre.

Natürliche Feinde

Zu den wenigen natürlichen Feinden der Gemeinen Vampire zählen Eulen, Greifvögel und Schlangen. Gegenüber letzteren nutzen sie ihre besonderen lokomotorischen Fähigkeiten, durch schnelle Sprünge können sie sich in Sicherheit bringen.

Gemeine Vampire und Menschen

Die Sagengestalt Vampir

Datei:Orlock.jpg
Graf Orlock, eine Vampirgestalt aus dem Film Nosferatu (1922)

Legenden und Mythen von Vampiren, Sagengestalten, die sich von Blut ernähren und manchmal in Fledermaus- oder Eulengestalt auftreten, finden sich in vielen Kulturen rund um den Globus. Vielfach sind diese Sagen älter und können auch aufgrund der geographischen Distanz nicht von den Vampirfledermäusen beeinflusst sein, die nur aus Amerika belegt sind. Die Tiere haben ihren Namen von der Sagengestalt und nicht umgekehrt, wie auch die frühere Verwendung des Wortes „Vampir“ für die Gestalt als für die Tiere zeigt. Näheres dazu siehe unter dem Lemma Vampirfledermäuse.

Unabhängig davon gab es in der Mythologie der Maya ein Camazotz genanntes Ungeheuer in Fledermausgestalt, das Menschen und Tiere anfiel und ihr Blut trank. Inwieweit diese Vorstellungen vom Gemeinen Vampir oder von Desmodus draculae, einer ausgestorbenen, noch größeren Art der Vampirfledermäuse (siehe unter Systematik), beeinflusst sind, ist unklar.

Schäden durch Vampirbisse

Die Schäden, die durch den Gemeinen Vampir verursacht werden, sind enorm. Jährlich werden zahllose Nutz- und Haustiere das Opfer von Krankheiten, die durch Vampirbisse übertragen werden. Insbesondere Hausrinder sind gefährdet, da sie in großer Zahl vorhanden und auf den Weiden leicht zugänglich sind. Schätzungen zufolge sind diese Fledermäuse jedes Jahr für bis zu 100.000 Todesfälle bei Rindern durch Tollwut und durch Trypanosomen verursachte Krankheiten verantwortlich. Eine Studie aus dem Jahr 1988 bezifferte den jährlichen wirtschaftlichen Schaden, der daraus entsteht, auf 40 Millionen US-Dollar.

Obwohl Menschen nicht zu den bevorzugten Opfern des Gemeinen Vampirs zählen, kommt es auch bei ihnen immer wieder zu Todesfällen durch Krankheiten, die durch die Bisse dieser Tiere hervorgerufen werden. So starben im Mai 2004 in Brasilien bis zu 22 Menschen an der Tollwut, die durch diese Tiere übertragen wurde.

Bedrohung durch den Menschen

Mit der großflächigen Einführung von Rinderfarmen und Viehweiden in Mittel- und Südamerika haben sich die Bestandszahlen des Gemeinen Vampirs vergrößert. Aufgrund der Gefahren durch Krankheitsübertragungen wird jedoch vielerorts versucht, die Tiere auszurotten. Höhlen wurden gesprengt oder ausgeräuchert. Da Gemeine Vampire optisch schlecht von anderen Fledermausarten zu unterscheiden sind, waren auch viele harmlose – frucht- oder insektenfressende – Tiere betroffen, oft im stärkeren Ausmaß als Gemeine Vampire selbst. Andere Methoden, die gegen diese Fledermäuse eingesetzt werden, sind langsame wirkende Gifte, die auf das Fell gefangener Tiere gestrichen werden und die durch die gegenseitige Fellpflege auch die anderen Bewohner des Quartieres tötet, schwache Gifte, die in die Rinder injiziert werden, Fangnetze vor Ställen und andere. Trotz alledem ist die Art häufig und zählt nicht zu den bedrohten Arten.

Bedeutung für die Forschung

Gemeine Vampire haben aber auch positive Auswirkungen auf den Menschen: Es war schon länger bekannt, dass ein Bestandteil des Speichels dieser Tiere die Blutgerinnung hemmt. Seit den 1980er-Jahren gab es Bestrebungen, dieses Enzym zu isolieren, was einem deutsch-mexikanischen Forscherteam gelang. Seit Anfang der 1990er-Jahre kann dieses Enzym (Desmodus rotundus Salivary Plasminogen Activator (DSPA) genannt) biotechnologisch hergestellt werden. Es soll vor allem als Medikament vorbeugend gegen Schlaganfälle eingesetzt werden, da es auch bereits bestehende Blutverklumpungen im Gefäßsystem auflösen kann. Zwischen 1990 und 1999 wurde schon eine Studie mit Herzinfarktpatienten erfolgreich abgeschlossen. Synthetisierte Präparate, die das Enzym enthalten, unterdrücken die Blutgerinnung bis zu 20 mal länger als herkömmliche Mittel und sie sollen nach ersten Studien auch eine bis zu 150 mal stärkere Wirkung aufweisen. Mit dieser Wirkungsweise verlängert sich die Zeitspanne nach dem Krankheitsereignis, in der das Medikament erfolgreich zur Behandlung eingesetzt werden kann. Das Medikament befindet sich derzeit in der Erprobungsphase, die Markteinführung ist für 2007 vorgesehen.

Systematik

Stellung innerhalb der Fledermaussystematik

Der Gemeine Vampir bildet zusammen mit dem Kammzahnvampir (Diphylla ecaudata) und dem Weißflügelvampir (Diaemus youngi) die Gruppe der Vampirfledermäuse (Desmodontinae), wobei der Weißflügelvampir der nächste Verwandte des Gemeinen Vampirs ist. Vampirfledermäuse werden als Unterfamilie der Blattnasen (Phyllostomidae) eingeordnet, einer formenreichen, auf den amerikanischen Kontinent beschränkten Fledermausgruppe. phylogenetisch bilden sie das Schwestertaxon aller übrigen Blattnasenarten.

Von der Gattung Desmodus sind außerdem zwei ausgestorbene Arten bekannt:

  • Desmodus stocki war etwas schwerer als der Gemeine Vampir und lebte in den südlichen USA und in Mexiko. Die Art ist erst vor rund 3000 Jahren ausgestorben.
  • Desmodus draculae, auch „Riesenvampir“ genannt, war größer als der Gemeine Vampir, seine Flügelspannweite wird auf 60 bis 75 Zentimeter geschätzt. Fossile Überreste dieser Art aus dem Pleistozän wurden in Mexiko, Venezuela und Brasilien gefunden. Wegen des (zumindest behaupteten) jungen Alters der Funde und Legenden der Maya über Camazotz, einem Wesen in Gestalt eines Riesenvampirs, mutmaßen Kryptozoologen, dass die Art sogar noch leben könnte oder erst in jüngster Zeit ausgestorben ist, Beweise dafür gibt es allerdings keine.

Stammesgeschichte

Abgesehen von den zwei oben erwähnten Arten sind keine fossilen Vorfahren der Vampirfledermäuse bekannt. Die Frage, wie es zur Entwicklung dieser spezialisierten Ernährungsweise kam, kann derzeit nur auf spekulativem Weg beantwortet werden. Zwei Theorien wurden hierfür vorgeschlagen:

  • Nach einer Theorie haben sich Vampirfledermäuse aus fruchtfressenden Vorfahren entwickelt, die besonders geformten Schneide- und Eckzähne seien zunächst eine Anpassung an das Aufbeißen hartschaliger Früchte gewesen.
  • Nach einer anderen Theorie haben sich Vampirfledermäuse aus insektenfressenden Vorfahren entwickelt, die auf ektoparasitische (auf der Haut lebende) Tiere spezialisiert waren. Möglicherweise lockten die Wunden, die die Insekten ihren Wirten zufügten, diese Vorfahren an.

Innerhalb der Blattnasen gibt es sowohl frucht- als auch insektenfressende Arten, sodass beide Wege denkbar sind.

Literatur

  • Klaus Richarz: Fledermäuse. Kosmos, 2004 ISBN 3440096912
  • Ronald M. Nowak: Walker's Mammals of the World. Johns Hopkins University Press, 1999 ISBN 0801857899
  • Dennis Turner: The Vampire Bat, A Field Study in Behavior and Ecology. Johns Hopkins University Press, 1975 ISBN 0801816807
  • Gerald S. Wilkinson: Reciprocal food sharing in the vampire bat. Nature 308, S. 181-184
  NODES
Idea 1
idea 1