Als strukturelle Diskriminierung werden die Formen von Diskriminierung gesellschaftlicher Gruppen bezeichnet, die in der Beschaffenheit der Struktur der Gesamtgesellschaft immanent begründet liegen. Das Gegenstück zur strukturellen Diskriminierung stellt die individuelle (auch interaktionelle) Diskriminierung dar.[1][2]

Theoretischer Ansatz

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Ausgangspunkt sind Normen und (implizite) Regeln, die für alle Gesellschaftsteile gleichermaßen gelten. Sie ziehen strukturelle Diskriminierung nach sich, wenn durch ihre Anwendung in Form von Haltungen oder Handlungen gesellschaftliche Teilgruppen gravierender Ungleichbehandlung ausgesetzt sind.

Abgrenzung zu anderen Ebenen der Diskriminierung

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Die Psychologin Ute Osterkamp stellt für den Rassismus fest, „dass rassistische Denk- und Handlungsweisen nicht Sache der persönlichen Einstellungen von Individuen, sondern in der Organisation des gesellschaftlichen Miteinanders verortet sind, welche die Angehörigen der eigenen Gruppe systematisch gegenüber den Nicht-Dazugehörigen privilegieren“.[3]

Die Abgrenzung von struktureller und institutioneller Diskriminierung ist in der Literatur uneinheitlich. Einige Autoren fassen indirekte Formen der Diskriminierung als strukturell auf. Laut Gomolla bezeichnet strukturelle Diskriminierung (im Gegensatz zu institutioneller Diskriminierung) die „historische und sozialstrukturelle Verdichtung von Diskriminierungen, die nicht mehr klar auf bestimmte Institutionen zurückgeführt werden können.“[4] Strukturelle Diskriminierung findet häufig versteckt statt und ist – ebenso wie institutionelle Diskriminierung – den Beteiligten, auch den Betroffenen, häufig zunächst nicht bewusst, da die gesellschaftlichen Strukturen für selbstverständlich gehalten werden.[5]

Laut einer Studie des Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung ist die Folge struktureller Diskriminierung für die Betroffenen langfristig häufig deutlich gravierender als situative individuelle Diskriminierung, da sie systematisch und in mehreren Lebensbereichen zugleich stattfindet und die Betroffenen nicht die Möglichkeit hätten, die diskriminierenden Strukturen zu vermeiden.[6]

Beispiele und Diskurse

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Stokely Carmichael und Charles V. Hamilton führten 1967 die statistisch messbare höhere Sterblichkeit von Schwarzen Neugeborenen auf eine nicht individuelle und nicht institutionelle, sondern strukturelle Diskriminierung zurück. Sie benannten eine Verkettung aus struktureller Armut, Ernährungsmängeln, ungenügender medizinischer Versorgung und der Entstehung ‚schwarzer‘ Slums und Ghettos als ursächlich für diese strukturelle Benachteiligung von Schwarzen.[7]

Die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen (Gender-Wage-Gap) werden mitunter nicht als institutionelle Diskriminierung (auf Ebenen der Organisation), sondern auf struktureller Ebene gesehen.[8]

Der Paritätische Gesamtverband verweist darauf, dass die Abhängigkeit von Bildungserfolgen aufgrund sozialer Herkunft ein Anzeichen für strukturelle Benachteiligung ist. Die im Bildungswesen geltenden Vorschriften seien zwar formal neutral mit Blick auf zum Beispiel Herkunft, Geschlecht oder sexuelle Identität, aufgrund gesellschaftlicher Stereotypen und den daraus folgenden Handlungen und Konventionen erführen bestimmte Minderheiten jedoch oft unhinterfragt eine strukturelle Ausgrenzung.[9]

Literatur

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  • Helma Katrin Alter: Gleiche Chancen für alle. Transidentität, Transsexualität, Transgender, Trans* ??? (Transidentität in Deutschland 1998/1999. Ein Sachbuch für ... den interessierten Bürger, Ärzte und Psychologen, Transidenten, Partner und Angehörige). KatrinLive SV, Köln 1999, ISBN 3-89811-043-5.
  • Anita Kalpaka, Nora Räthzel: Rassismus als Form ideologischer Vergesellschaftung. In: Anita Kalpaka, Nora Räthzel: Die Schwierigkeit nicht rassistisch zu sein. 2., völlig überarbeitete Auflage. Mundo, Leer 1990, ISBN 3-89452-413-8, S. 18–44.
  • Christopher Knoll, Monika Bittner, Manfred Edinger, Günter Reisbeck, Rainer Schmitt, Heiner Keupp: Studie. „Lesben und Schwule in der Arbeitswelt“. Ergebnisse zur Diskriminierung von Lesben und Schwulen in der Arbeitssituation. Durchgeführt von der Schwul-lesbischen Forschungsgruppe München am Institut für Psychologie – Sozialpsychologie – der Ludwig-Maximilians-Universität München im Auftrag des Niedersächsischen Sozialministeriums. Institut für Psychologie – Sozialpsychologie – der Ludwig-Maximilians-Universität München, München 1995, (online).
  • Kurt Möller / Florian Neuscheler (Hrsg.): „Wer will die hier schon haben?“. Ablehnungshaltungen und Diskriminierung in Deutschland. Kohlhammer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-17-032799-3.
  • Birgit Rommelspacher: Dominanzkultur. Texte zu Fremdheit und Macht. Orlanda-Frauenverlag, Berlin 1995. ISBN 3-929823-29-2.
  • Ursula Wachendorfer: Weiß-Sein in Deutschland. Zur Unsichtbarkeit einer herrschenden Normalität. In: Susan Arndt (Hrsg.): AfrikaBilder. Studien zu Rassismus in Deutschland. Unrast, Münster 2001, ISBN 3-89771-407-8, S. 87–101.
  • Änneke Winckel: Stabilisierung der „Zigeuner“-Konstruktion durch staatliche Politik. In: Änneke Winckel: Antiziganismus. Rassismus gegen Roma und Sinti im vereinigten Deutschland. Unrast, Münster 2002, ISBN 3-89771-411-6, S. 18 f.
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Einzelnachweise

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  1. Thomas Lemke: Die Polizei der Gene. Formen und Felder genetischer Diskriminierung (= Frankfurter Beiträge zur Soziologie und Sozialphilosophie. 9). Campus, Frankfurt am Main u. a. 2006, ISBN 3-593-38023-4, S. 139–140.
  2. Ulrike Hormel, Albert Scherr: Bildung für die Einwanderungsgesellschaft. Perspektiven der Auseinandersetzung mit struktureller, institutioneller und interaktioneller Diskriminierung. VS – Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2004, ISBN 3-531-14399-9, S. 28.
  3. Ute Osterkamp: Rassismus als Selbstentmächtigung. Texte aus dem Arbeitszusammenhang des Projekts Rassismus/Diskriminierung (= Argument. Sonderbd. 244). Argument-Verlag, Hamburg 1996, ISBN 3-88619-244-X, S. 201.
  4. Mechthild Gomolla: Direkte und indirekte, institutionelle und strukturelle Diskriminierung. In: Albert Scherr, Aladin El-Mafaalani, Gökçen Yüksel (Hrsg.): Handbuch Diskriminierung. Springer VS, Wiesbaden 2017, S. 148 (springer.com).
  5. Mechthild Gomolla: Direkte und indirekte, institutionelle und strukturelle Diskriminierung. In: Albert Scherr, Aladin El-Mafaalani, Gökçen Yüksel (Hrsg.): Handbuch Diskriminierung. Springer VS, Wiesbaden 2017 (springer.com).
  6. Steffen Beigang, Karolina Fetz, Dorina Kalkum, Magdalena Otto: Diskriminierungserfahrungen in Deutschland. Hrsg.: Antidiskriminierungsstelle des Bundes. 2017, S. 63 (antidiskriminierungsstelle.de [PDF]).
  7. Mechtild Gomolla: Direkte und indirekte, institutionelle und strukturelle Diskriminierung. In: Albert Scherr; Aladin El-Mafaalani; Gökçen Yüksel (Hrsg.): Handbuch Diskriminierung. Springer, Wiesbaden 2017, S. 136–137.
  8. Universität Düsseldorf: Gender Pay Gap - Ein strukturelles Problem oder Diskriminierung? Abgerufen am 7. August 2020.
  9. Diskriminierung, strukturelle. Abgerufen am 7. August 2020.
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