Die Ukrainer in Deutschland stellten im Oktober 2023 mit rund 1,15 Millionen ukrainischen Staatsbürgern die zweitgrößte ausländische Bevölkerungsgruppe in Deutschland. 2022 hatte sich die Zahl der Ukrainer in Deutschland in Folge des russischen Angriffskriegs auf 1,02 Millionen Menschen mehr als versiebenfacht.[1][2] Sie haben seit Jahrzehnten zahlreiche Institutionen und Organisationen gebildet, wie die Zentralvereinigung von Ukrainern in Deutschland und die Vereinigung der Ukrainischen Diaspora in Deutschland.

Regionale Verteilung der ukrainischen Staatsbürger 2022
Schild der Ukrainischen Freien Universität München

Die meisten Ukrainer leben in Berlin, München, der Region Hannover, Nürnberg und Hamburg. Weitere bedeutende Gemeinden finden sich in Köln, Düsseldorf, Dortmund, Frankfurt am Main und Leipzig.[3] Die Ukrainer sind prozentual besonders in den Flächenländern Mecklenburg-Vorpommern und Bayern sowie in Großstädten mit bedeutenden Diaspora-Gemeinden vertreten.

Neben Deutsch beherrschen die meisten in Deutschland lebenden Ukrainer Ukrainisch und Russisch. Viele gehören der 2018 gegründeten ukrainisch-orthodoxen Landeskirche an, daneben gibt es russisch-orthodoxe und römisch-katholische ukrainische Christen sowie jüdische Ukrainer in Deutschland.

Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022 sind zahlreiche Ukrainer aus ihrem Heimatland geflohen. Mehr als 1,1 Millionen ukrainische Staatsbürger suchten in Deutschland Schutz und damit mehr als in jedem anderen Land.[4][5][6] Die Ukrainer in Deutschland wurden infolge des Krieges zur zweitgrößten ausländischen Bevölkerungsgruppe nach den Türken in Deutschland.[7] Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung lag im Oktober 2023 bei 1,4 %.[1] Unter allen in Deutschland lebenden Ausländern machten die Ukrainer zum Ende des Jahres 2023 einen Anteil von 8,9 % aus.[8]

Geschichte

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Gedenktafel an der Zeppelinstraße 67 in München für Jaroslaw und Jaroslawa Stezko. Hier befand sich auch das Verlagshaus der OUN.

Die erste nennenswerte Migrationswelle von Ukrainern nach Deutschland fand im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts statt und ist auf die sozialen und ökonomischen Missstände zurückzuführen. Während der beiden Weltkriege standen ebenfalls wirtschaftliche sowie politische Gründe im Vordergrund. Im Zweiten Weltkrieg, sowie in der Nachkriegszeit, waren die Migrationsmotive fast ausschließlich politisch motiviert.[9] Insbesondere Personen, welche vor Repressionen der Sowjetunion flohen, wurden in Deutschland aufgenommen. Dazu gehören ebenfalls Angehörige der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN).

Die ausländischen Einheiten der OUN (Zakordonni Chastyny OUN; Закордонні Частини ОУН) begannen ab 1945, ihr Zentrum in München aufzubauen. Zunächst zogen die Einheiten der OUN in das Gebäude Dachauer Straße 9, später in die Lindwurmstraße 205. 1954 wurde im Haus Zeppelinstraße 67 das neue Büro eröffnet, wo ein Verlagshaus im Untergeschoss gegründet wurde, in dem unter anderem die Zeitung Schljach Peramohi gedruckt wurde.[10] Im selben Haus wohnten die Exilpolitiker Jaroslaw und Jaroslawa Stezko. Im Jahr 2010 wurde auf Veranlassung des ukrainischen Präsidenten Wiktor Juschtschenko eine Gedenktafel am Haus angebracht.[11] Bis heute residiert in dem Gebäude das Ukrainische Institut für Bildungspolitik e.V.[12]

Weitere Zentren der ukrainischen Emigration in München sind die Ukrainische Freie Universität München, die Kathedrale Maria Schutz und St. Andreas oder die Orthodoxe St. Petrus und Pauluskirche. Zudem sind auf dem Waldfriedhof zahlreiche ukrainische historische Persönlichkeiten beigesetzt.

Seit Anfang der 1990er Jahre kam es zu einem Zustrom an Ukrainern, die in Europa oft unter prekären Verhältnissen arbeiteten, um ihre Familie in der Heimat zu versorgen. Anders als in Polen, Ungarn und Tschechien, wo sich die Lebensverhältnisse nach dem Ende des Kommunismus bald zu verbessern begannen, schrumpfte die Bevölkerung in der Ukraine deutlich und die Lebenserwartung nahm ab.[13] Auch im Gefolge der Einwanderung deutschstämmiger Aussiedler und Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion kamen Ukrainer nach Deutschland, da einige Spätaussiedler ihre russischen, kasachischen oder auch ukrainischen Ehepartner in die Bundesrepublik brachten.

Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 trafen die Bundesländer Vorkehrungen für die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine. Die Deutsche Bahn ermöglichte ab dem 27. Februar 2022 Menschen mit ukrainischem Pass die kostenlose Reise aus Polen nach Deutschland[14] und setzte Sonderzüge ein.[15]

Persönlichkeiten

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Grabstätte von Iwan Bahrjanyj in Neu-Ulm
 
Gedenktafel für Andrij Wojnarowskyj in Hamburg, Große Johannisstraße 13

Siehe auch

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Einzelnachweise

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  1. a b Nettozuwanderung von 121 000 Menschen aus der Ukraine im Jahr 2023. In: destatis.de. Statistisches Bundesamt, 22. Februar 2024, abgerufen am 24. Februar 2024.
  2. 1,1 Millionen Zuzüge von Menschen aus der Ukraine im Jahr 2022. Statistisches Bundesamt, 16. Februar 2023.
  3. REGIONALSTRUKTUR UKRAINISCHER COMMUNITIES IN DEUTSCHLAND - Tabelle A1: Anzahl der ukrainischen Staatsangehörigen, 2020 (S.7) [PDF] auf doku.iab.de, vom 4. März 2022, abgerufen am 6. März 2023
  4. Anzahl ukrainischer Flüchtlinge in EU-Staaten 2023. In: statista.com. Abgerufen am 8. Januar 2024.
  5. Bevölkerung: Starker Zuwachs an ukrainischen Staatsbürgern seit Ende Februar 2022. In: destatis.de. Statistisches Bundesamt, abgerufen am 8. Januar 2024.
  6. Mediendienst Integration: Ukrainische Flüchtlinge | Flucht & Asyl | Zahlen und Fakten | MDI. Abgerufen am 8. Januar 2024.
  7. Ausländische Bevölkerung nach Geschlecht und ausgewählten Staatsangehörigkeiten, Statistisches Bundesamt, abgerufen am 16. August 2023.
  8. Ausländische Bevölkerung nach Geschlecht und ausgewählten Staatsangehörigkeiten. In: destatis.de. Statistisches Bundesamt, 2. Mai 2024, abgerufen am 1. September 2024.
  9. Ukrainische Gemeinde, Botschaft der Ukraine in Deutschland
  10. Grzegorz Rossoliński-Liebe: Stepan Bandera. The Life and Afterlife of a Ukrainian Nationalist. Fascism, Genocide, and Cult. ibidem-Verlag, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-8382-0604-2. S. 317/318
  11. Gedenktafel für Nazi-Kollaborateur und Antisemiten – wer ist verantwortlich?
  12. Ukrainisches Institut für Bildungspolitik e.V. auf dach-ukraine.de
  13. Gerhard Gnauck: Ukrainer suchen ihr Glück im Ausland oft vergeblich. In: Die Welt, 6. Dezember 2011, abgerufen am 30. November 2021.
  14. Deutsche Bahn lässt ukrainische Flüchtlinge kostenlos fahren. In: t-online.de. 27. Februar 2022, abgerufen am 27. Februar 2022.
  15. Artikel: Bahn erleichtert Geflüchteten aus der Ukraine Weiterreise nach Deutschland – Sonderzüge in Planung. In: deutschebahn.com. 27. Februar 2022, abgerufen am 28. Februar 2022.
  16. Ukrinfo: Deutsch-Ukrainisches Informations- und Kulturzentrum e. V. - Deutsch. Abgerufen am 12. Januar 2023.
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