Versal
Versal ist in der Typografie ein Fachausdruck für einen Großbuchstaben (Majuskel).[1] Das Pendant zu den Versalien sind die Gemeinen, die Kleinbuchstaben (Minuskeln). Nahezu immer wird der Plural Versalien verwendet. Mit „in Versalien schreiben“ ist gemeint, dass ganze Wörter, mehrere Wörter, ganze Zeilen oder auch längere Texte in Großbuchstaben geschrieben werden. Bei dieser Art der Schriftauszeichnung spricht man auch von „durchgängiger Großschreibung“.
Der Singular der Versal wird in der Regel nur mit Bezug zu alten Handschriften oder Drucken verwendet. In diesem Fall ist ein Versal eine Initiale, also ein hervorgehobenener, besonders gestalteter Großbuchstabe, insbesondere am Anfang einer Verszeile.
Schriftauszeichnung mit Versalien
BearbeitenAls „Versalien“ werden Großbuchstaben bezeichnet, wenn ganze Wörter oder längere Textstücke mit Großbuchstaben geschrieben und damit optisch stark hervorgehoben werden. Manchmal werden auch ganze Texte in Versalien geschrieben. Die professionelle Verwendung von Versalien wird auch als Versalsatz bezeichnet.
Versalsatz dient über die optische Hervorhebung hinaus auch dazu, eine bestimmte ästhetische Wirkung zu erzielen und beispielsweise Repräsentation, Würde, Feierlichkeit oder Erhabenheit zum Ausdruck zu bringen. Versalsatz wird bei Buchgestaltung verwendet, etwa bei Buchtiteln und oft auch bei Kapitelüberschriften, ferner beim Akzidenzdruck etwa von Urkunden, Einladungen, Plakaten und Anzeigen. Schließlich spielt er in der Werbung eine große Rolle, insbesondere bei der Gestaltung von Schlagzeilen.
Ob der Raum zwischen den Versalien ausgeglichen werden muss, hängt davon ab, welche Wirkung erreicht werden soll.[2]
Die Schreibweise mit Versalien kommt bei Antiqua-Schriften in Frage, jedoch nicht bei gebrochenen Schriften. Deren Großbuchstaben sind wegen ihrer vielgliedrigen Formen dafür nicht geeignet. Mengentext in Versalien ist grundsätzlich nicht sinnvoll. Großbuchstaben sind wegen ihrer einheitlichen Größe weniger gut unterscheidbar als Kleinbuchstaben. Eine lange Aneinanderreihung von Großbuchstaben ist deshalb schlecht lesbar.[3][4][5]
Eine besondere Variante der Versalien bilden die Kapitälchen.
Versal als Initiale
BearbeitenEin Versal ist in der ursprünglichen Bedeutung ein besonders gestalteter, hervorgehobener Großbuchstabe.[6] Laut dem Typolexikon von Wolfgang Beinert ist ein Versal in der Paläografie und der Schriftlinguistik eine Bezeichnung für einen Großbuchstaben am Anfang einer Verszeile.[7] Das Wort wird nur selten mit dieser Bedeutung verwendet. In der Regel verwendet man den allgemeineren Ausdruck Initiale.[8]
Zunächst blieb die Funktion der Großbuchstaben auf das Auszeichnen beschränkt. Dabei nahmen die Versalien als Initialen eine gesonderte Entwicklung.
Vom 13. bis zum 16. Jahrhundert wurden neben reich geschmückten Zierinitialen zusätzlich Lombardische Versalien[9] für Hervorhebungen in den Texten der gotischen Minuskel verwendet. Bei diesen sogenannten Lombarden handelt es sich um relativ kleine, schmucklose oder nur wenig verzierte Unzialbuchstaben in roter oder blauer Farbe.
Nachdem im 15. Jahrhundert das Alphabet der Großbuchstaben (Capitalis) mit dem Alphabet der Kleinbuchstaben (humanistische Minuskel) im Rahmen der Satzschriftgestaltung zur Antiqua vereinigt wurde, kam es häufiger zum Einsatz von einfachen Großbuchstaben innerhalb der Texte. Ihre Anwendung war jedoch noch nicht im Sinne einer allgemeingültigen Rechtschreibung geregelt, deren Grundlagen erst ab dem 17. Jahrhundert entstanden.
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Albert Kapr: Schriftkunst. Geschichte, Anatomie und Schönheit der lateinischen Buchstaben. Verlag der Kunst, Dresden 1971, ISBN 3-364-00624-5.
- Albert Kapr, Walter Schiller Gestalt und Funktion der Typographie. VEB Fachbuchverlag, Leipzig 1983.
- Walter Bergner: Grundlagen der Typografie. Fachbuchverlag, Leipzig 1990.
- Friedrich Forssman, Ralf de Jong: Detailtypografie. Verlag Hermann Schmidt, Mainz 2002, ISBN 3-87439-568-5.
- Hans Peter Willberg mit Friedrich Forssman: Lesetypographie. Verlag Hermann Schmidt, Mainz 1997, ISBN 3-87439-375-5.
- Otl Aicher: typographie. Reprint der Originalausgabe. Verlag Hermann Schmidt, Mainz 2005, ISBN 978-3-87439-683-7.
- P. Neumann: Versalsatz. In: Severin Corsten (Hrsg.): Lexikon des gesamten Buchwesens. Band 8, Hiersemann, Stuttgart 2009, ISBN 3-7772-8527-7.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Versal bei duden.de.
- ↑ Hans Peter Willberg: Lesetypografie. Schmidt, Mainz 2006, S. 139 ff.
- ↑ Barbara Heeskens: Versalien als Stilmittel in Texten. In: conpublica. 2. Oktober 2018, abgerufen am 8. Dezember 2023.
- ↑ leserlich.info – Schreibweise. Abgerufen am 8. Dezember 2023.
- ↑ Designbote: Versalien GROSS in Mode? In: Designbote. 8. September 2015, abgerufen am 8. Dezember 2023.
- ↑ Historische Beispiele für Zierversalien in: Kunstrichtige Schreibart: allerhand Versalie[n] oder AnfangsBuchstabe[n] der teütschen, lateinischen und italianischen Schrifften aus unterschiedlichen Meistern der edlen Schreibkunst zusammen getragen(1655), online im Internet Archive.
- ↑ Versalien im Typolexikon von Wolfgang Beinert.
- ↑ Beispiel: Die Bildergalerie zu Initialen in der digitalen Bibliothek des Klosters Lorsch. In den Kommentaren zu den einzelnen Bildern ist durchgängig von Initialen die Rede. Im zugehörigen Glossar wird Initiale erläutert, während Versal nicht auftaucht.
- ↑ Frantisek Muzika: Die schöne Schrift in der Entwicklung des lateinischen Alphabets. Bd. I. Artia, Prag 1965, S. 339.