Zaid Jabri

Syrisch-polnischer Komponist

Zaid Jabri (arabisch زيد جبري, DMG Zaid Ǧabrī; * 1975 in Damaskus, Syrien) ist ein syrisch-polnischer Komponist, Dirigent und Musikpädagoge. Jabri gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der sogenannten zweiten Generation syrischer Komponisten um die Wende des 20.–21. Jahrhunderts, zu denen auch Musiker und Komponisten wie Shafi Badreddin, Kareem Roustom, Raad Khalaf, Kinan Azmeh, Hassan Taha und Basilius Alawad gehören.[1][2]

Jabri lebt und arbeitet in Krakau, Polen, seit 2011 ist er Mitglied des Verbands Polnischer Komponisten.[3] Jabri erhielt sehr früh kreative Anerkennung und leistete in nur wenigen Jahren aktiver Arbeit als Komponist einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung der zeitgenössischen syrischen Musik. Die Werke von Jabri wurden in ganz Europa, Nordamerika und dem Nahen Osten aufgeführt. Seine Konzerte fanden in Armenien, Belgien, Kanada, Ägypten, England, Frankreich, Deutschland (Berliner Philharmoniker), Griechenland, Island, Italien, den Niederlanden, Polen, Russland, Syrien, Tunesien, der Ukraine, den Vereinigten Arabischen Emiraten und den USA (Carnegie Hall, New York) statt.[2][3]

Jabri arbeitet aktiv mit Musikgruppen und Solisten zusammen, hält Vorträge, hält Seminare und Workshops an renommierten Universitäten in Europa und den Vereinigten Staaten.

Musikalisches Schaffen

Bearbeiten

Jabri hat es sich ganz am Anfang seiner Karriere zur Aufgabe gemacht, europäische Polyphonie mit arabischem Maqam zu verbinden.[2] Jabri sagt: „Man braucht keine arabischen Instrumente, um arabische Musik zu spielen. Wir können Bach auf der Oud spielen. Ich verwende Mikrotöne und erschaffe Melodien, die im Nahen Osten klingen.“ Musik ist für den Komponisten „die abstrakteste Kunst“.[4] In dieser Richtung arbeitend nähert sich Jabri der Schaffung und Entwicklung einer solchen Richtung in der akademischen Musik des Nahen Ostens wie des syrischen Sonorismus. Dabei hatte sein Lehrer, der polnische Komponist Krzysztof Penderecki, großen Einfluss auf den jungen Komponisten.[2][5]

Jabri ist eine der führenden Persönlichkeiten der syrischen Avantgarde in der akademischen Musik.[6] In seinen Werken ist das organische Zusammenspiel von Moderne und klassischer nahöstlicher Musik verbunden. Die in diesen internationalen kreativen Netzwerken präsentierten Werke von Jabri tragen zur Popularisierung der modernen syrischen klassischen Musik bei. Durch den Einfluss seiner Ideen auf andere syrische Komponisten und Musiker wird ihre Musikproduktion auf Plattformen, die zeitgenössische Kunst in West- und Osteuropa sowie in Kairo, Dubai, Istanbul und Damaskus repräsentieren, erfolgreich verbreitet. Möglich wird dies durch bekannte Kulturforen wie das internationale Festival für zeitgenössische Musik „Warschauer Herbst“, die „Tage der polnischen Musik“ an der Istanbuler Bilgi-Universität und das Morgenland Festival in Osnabrück, sowie dank regelmäßiger Konzerte, die vor dem Bürgerkrieg in Syrien im Opernhaus in Damaskus stattfanden.[5]

2015 debütierte Jabri am Linbury Studio Theatre des Royal Opera House in London, wo Auszüge aus seiner Oper „Cities of Salt“ aufgeführt wurden. Die Handlung von „Cities of Salt“ (arab. Mudun al-milh; deutsch Salzstädte) basiert auf dem gleichnamigen Roman des jordanischen Schriftstellers Abd ar-Rahman Munif aus dem Jahr 1984. Die Auswirkungen globaler geopolitischer Konflikte und Umweltzerstörung auf das Schicksal der Menschen in einer bestimmten Region, die in Munifs Roman künstlerisch dargestellt werden, weckten das Interesse von Jabri und den Librettistinnen Yvette Christiansë und Rosalinda Morris.[7][8]

2018 während des Beethovenfestes in Bonn wurde „Variations on (R)evolution for mezzo sopran“ für Violine und Klavier mit einem Text von Yvette Christiansë uraufgeführt. Jabris „Hemispheres“ wurde 2021 in der Essener Philharmonie aufgeführt. Seine Kammeroper „Southern Crossings“, die auf einem Libretto eines fiktiven Treffens zwischen dem Astronomen John Herschel und Charles Darwin aus dem 19. Jahrhundert basiert und Hinweise auf den britischen Sklavenhandel enthält, wurde im Juni 2022 in New York City uraufgeführt.[9][10]

Werke von Jabri wurden auf internationalen Musikforen von Ensembles wie Gidon Kremers Kremerata Baltica, Neuen Vocalsolisten Stuttgart (NVS)[11], dem Deutschen Symphonieorchester Berlin, dem Teatro Comunale di Bologna, Philharmonischen Kammerorchester Berlin, dem Nationalen Symphonieorchester des Polnischen Rundfunks, dem National Philharmonic Orchestra of Armenia und dem Syrischen Nationalsymphonieorchester aufgeführt.[3]

Kompositionen (Auswahl)

Bearbeiten
Kompositionsjahr Name der Komposition
1997 Two Songs für Sopran und Streichorchester
1999 Triо Bayat
2003 Muzyka Kameralna für Streichorchester
2004 Concerto für Klarinette und großes Sinfonieorchester
2005 Song Without Words 1 für Klarinette und Streichorchester
Glyptos 1 für Flöte und Schlagzeug
2007 Song Without Words 2 für Klarinette und Streichorchester
2008 In Memoriam Solhi al-Wadi – Version für Tonband, Klarinette, Violine, Viola und Violoncello
In Memoriam Solhi al-Wadi – Version für Klarinette, Streichorchester und Tonband
2009 Song Without Words 3
Solo for cello
2010 Love and Mercy
2011 Glyptos 2 für Tonband, Flöte, Klarinette, Trompete, Klavier, Violine und Bass
2012 Beati Pacifici für Sopran und Klavier – In Memoriam Rachel Corrie
2013 Two Songs From Mihyar Of Damascus
Gerra and Qasioun für Oboe und elf Streichinstrumente
2015 Variation on (R)evolution für Mezzosopran, Violine und Klavier
2016 30 Articles für Bratsche und Elektronik
Altum für Violoncello und Akkordeon
2017 A Garden Among the Flames für zwei Solisten (Sopran, Bariton), Kinderchor, gemischter Chor und Symphonieorchester
2018 Solo für Harfe
2019 Three Scenes für Oboe, Klarinette, Fagott und Klavier (mit Kickdrum) – I Accentato, II Chorale, III Bagatelle – For Ghassan Jabri 1933–2019
Solo für Oboe
2020 Hemispheres für Orchester
2021 Prelude and Adagio für Streichquartett – In Memoriam Krzysztof Penderecki
Horror Vacui für Streichorchester
2022 Chamber opera Southern Crossings

Literatur

Bearbeiten
  • Belyaeva E. V.: Tvorchestvo kompozitorov Sirii: osnovnye puti razvitiya (vtoraya polovina XX – nachalo XXI veka) — Dissertaciya na soiskanie uchenoj stepeni kandidata iskusstvovedeniya. Na pravah rukopisi, Kazan 2018 (russisch, gnesin-academy.ru (Memento vom 25. Oktober 2021 im Internet Archive) [PDF]).
  • Silverstein, Shayna: The Production of contemporary syrian art music. The Arab Avant-Garde: Music, Politics, Modernity. Edited by Thomas Burkhalter, Kay Dickinson and Benjamin J. Harbert Auflage. Wesleyan University Press, Middletown 2013, ISBN 978-0-8195-7386-5 (englisch).

Einzelnachweise und Anmerkungen

Bearbeiten
  1. Hannibal Saad: Contemporary Classical Music in Syria [Internetquelle]. In: Virtual platform of the Syrian Heritage Initiatives of the Museum for Islamic Art/ Berlin State Museum. 2013, abgerufen am 18. Februar 2022 (englisch).
  2. a b c d Belyaeva E. V.: Tvorchestvo kompozitorov Sirii: osnovnye puti razvitiya (vtoraya polovina XX – nachalo XXI veka) — Dissertaciya na soiskanie uchenoj stepeni kandidata iskusstvovedeniya. Na pravah rukopisi, Kazan 2018 (russisch, gnesin-academy.ru (Memento vom 25. Oktober 2021 im Internet Archive) [PDF]).
  3. a b c Zaid Jabri: BIOGRAPHY [Internetquelle]. In: Zaid Jabri: Offizielle Seite im Internet. 6. September 2019, abgerufen am 9. März 2022 (englisch).
  4. Maya Jaggi: Syrian themes at London’s Royal Opera House. In: Financial Times. Abgerufen am 12. April 2022 (englisch).
  5. a b Silverstein, Shayna: The Production of contemporary syrian art music. The Arab Avant-Garde: Music, Politics, Modernity. Edited by Thomas Burkhalter, Kay Dickinson and Benjamin J. Harbert Auflage. Wesleyan University Press, Middletown 2013, ISBN 978-0-8195-7386-5, S. 37–73.
  6. Volker Michael: Morgenland Festival Osnabrück: Neue Kammermusik aus Syrien [Internetquelle]. In: Deutschlandfunk Kultur. 2. Juli 2019, abgerufen am 18. Februar 2022 (englisch).
  7. Royal Opera House, London Linbury Studio Theatre: Zaid Jabri. Composer. In: Royal Opera House London: Official website. 15. Juli 2015, abgerufen am 9. März 2022 (englisch).
  8. Rachel Beaumont: Morris – Opera Essentials: Cities of Salt. In: Columbia University: Official website. 15. Juli 2015, abgerufen am 12. März 2022 (englisch).
  9. Q & A: Composer Zaid Jabri on the Process of Composing 'Southern Crossings'. In: OperaWire. 15. Juni 2022, abgerufen am 28. November 2022 (amerikanisches Englisch).
  10. New Chamber Opera | Southern Crossings Opera | New York. In: SouthernCrossings. Abgerufen am 28. November 2022 (englisch).
  11. Zaid Jabri [Internetquelle]. In: Neue Vocalsolisten Stuttgart: Offizielle Seite im Internet. 9. Februar 2014, abgerufen am 9. März 2022 (englisch).
Bearbeiten
  NODES
INTERN 12