ADB:Klein, Carl Christian von

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Artikel „Klein, Karl Christian“ von Ernst Gurlt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 98–100, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Klein,_Carl_Christian_von&oldid=- (Version vom 28. Dezember 2024, 06:31 Uhr UTC)
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Klein: Karl Christian von K., königlich württembergischer Obermedicinalrath zu Stuttgart, war am 28. Januar 1772 ebendaselbst geboren, wo sein Vater als württembergischer Leibchirurgus sich eines wohlverdienten Rufes erfreute. Den ersten Unterricht genoß K. im väterlichen Hause, besuchte von 1780 an acht Jahre lang das Gymnasium und wurde dann in die Karlsschule zu Stuttgart, und zwar sogleich in die zweite medicinische Abtheilung aufgenommen, nachdem er sich hierzu unter Anleitung seines Vaters durch Privatstudien sowie durch Hülfeleistungen bei Sectionen und Operationen vorbereitet hatte. Er erwarb sich auf der Karlsschule mehrere Preismedaillen, 1791 auch den akademischen Verdienstorden und erhielt von den Chirurgis juratis in Stuttgart den chirurgischen Lehrbrief. Am 3. Mai 1793 wurde ihm nach überstandenem Examen mit der „Diss. sistens monstrorum quorundam descriptionem“ das Doctordiplom zu Theil und ging er im Juni 1793 zu seiner weiteren Ausbildung nach Würzburg, wo er namentlich den Vorträgen und praktischen Uebungen von Siebold Vater und Sohn beiwohnte. – Im Mai 1794 begab sich K. nach Frankfurt und fand bis zum Herbst dieses Jahres, in Folge einer Empfehlung Siebold’s, Gelegenheit, in den unter dem Generalstabschirurgus Görcke stehenden dortigen preußischen Spitälern, bei denen er sich als Volontär anstellen ließ, seine Kenntnisse zu erweitern. Nach Würzburg zurückgekehrt, blieb er noch den Winter daselbst, ging im März 1795 über Jena und Halle nach Göttingen, wo er über ein Jahr sich aufhielt. Daselbst erhielt er im Mai 1796 das Decret seiner Anstellung als herzogl. württemb. Leibchirurgus und kehrte darauf mit Beginn des Sommers, über Marburg, Gießen, Frankfurt, mit Kenntnissen und Erfahrungen wohl ausgerüstet, zum Beginn seiner praktischen Laufbahn nach Stuttgart zurück, wo er noch im Sommer 1796 als Stadt- und Amts-Chirurgus angestellt wurde und zugleich die Aufsicht über das allgemeine Kranken- und Geburtshaus übernahm; auch wurde ihm der Titel eines herzogl. Hofmedicus verliehen. Es eröffnete sich K. bald eine sehr glänzende Laufbahn. Der Name seines als Arzt und Wundarzt äußerst beliebten Vaters, Klein’s eigenes Wissen, seine Geschicklichkeit, verbunden mit einem einnehmenden Wesen am Krankenbette führte ihm eine große Menge von Kranken zu. Sein Ruf als Arzt und Operateur verbreitete sich bald nicht nur in Stuttgart und Umgegegend allein, sondern in ganz Württemberg, auch im Badischen, in Straßburg war sein Name wohl bekannt. – Im April 1797 verheirathete sich K., verlor seine Gattin aber schon 1803, nachdem sie ihm eine Tochter geboren. 1804 schloß er eine zweite Ehe, die mit 3 Töchtern und 3 Söhnen, von denen einer sich der Medicin widmete, gesegnet war. – 1801 erschien Klein’s erste Schrift („Chirurgische Bemerkungen“), eine Anzahl verschiedener Beobachtungen, namentlich von Steinoperationen, Kopfverletzungen etc. enthaltend. In diese Zeit fallen auch ästhetische Studien, wie der Text zu den Haselmaier’schen, in Wachs gearbeiteten Figuren: „Gallerie griechischer weiblicher Schönheiten in ihren reizendsten Attituden, im antiken Geschmack einfarbig und erhaben (en haut relief) gearbeitet“ etc. und [99] „Probe von der Charakteristik menschlicher Leidenschaften in erhaben gearbeiteten Figuren dargestellt“ etc. Andere seinem Fache angehörige Arbeiten, z. B. über Kaiserschnitt, Blasenverletzungen, Stein-, Luftröhrenschnitt, Durchschneidung der Nerven bei Gesichtsschmerz, Heilung des Kropfes, Castration, Trepanation, Beobachtungen am Kopfe und Rumpfe eines Enthaupteten etc. erschienen in Zeitschriften u. dgl. – Im April 1806 erhielt K. die Stelle eines königlichen Medicinalrathes mit Sitz und Stimme im Collegium. In den Jahren 1814 und 15 wurde ihm die Oberaufsicht über die russischen Spitäler in der Umgegend von Stuttgart, auf dem königlichen Jagdschloß Solitude, in Waldenbuch und in Gundelsheim am Neckar übertragen. Er führte in ihnen mehrere hundert Operationen aus und rettete viele von seinen Patienten, die ihn als Wohlthäter verehrten, vom Tode. Im April 1816 wurde ihm für seine Verdienste der russische Wladimirorden verliehen. – Ein besonderes Interesse bis in seine letzten Lebensjahre widmete K. der gerichtlichen Medicin, namentlich in Betreff solcher chirurgischer Fälle, die mit derselben in näherer Beziehung stehen. So beschäftigte ihn namentlich der alte Streit über das Angezeigt- oder Nichtangezeigtsein der Trepanation bei Kopfverletzungen; ferner suchte er in einer Abhandlung („Bemerkungen über die bisher angenommenen Folgen des Sturzes der Kinder auf den Boden bei schnellen Geburten“, 1817) durch Beweise aus den Acten des Medicinal-Collegiums und durch Notizen, die von sämmtlichen Geburtshelfern des Landes über diesen Gegenstand eingegangen waren, festzustellen, was von den angeblich bei übereilter Geburt entstandenen Verletzungen neugeborener Kinder zu halten sei. – Ebenso interessirte sich K. für magnetische Kuren, die er schon 1790 in Stuttgart kennen zu lernen Gelegenheit gehabt hatte. Er machte damit Versuche, schrieb wiederholt darüber in medicinischen Journalen und knüpfte daran die Hoffnung neuer Entdeckungen, die indessen nicht in Erfüllung gingen, so daß er in späterer Zeit von seiner Schwärmerei dafür etwas zurückkam. – Dagegen veröffentlichte er in zwei Abtheilungen (1816. 1819) „Resultate meiner verrichteten Blasenschnitte“, von denen die zweite Abtheilung auch den Titel führt „Darstellung meiner unglücklich sich geendigten Blasenschnitte“; er hatte also den Muth, frei, offen und ausführlich die 10 Fälle zu publiciren, die unter seinen bis dahin ausgeführten 84 Steinschnitten unglücklich verlaufen waren. Im J. 1819 gab K. auch eine „Kurze Beschreibung einiger seltenen Wasserköpfe“ heraus und 1825, im Jahr seines Todes, nachdem er inzwischen Ober-Medicinalrath geworden und den persönlichen Adel erhalten hatte, folgten seine „Beiträge zu der gerichtlichen Arzneiwissenschaft“. Nachdem Klein’s Gesundheit schon 10 Jahre lang eine schwankende gewesen, verstarb er am 9. Februar 1825, in Folge eines unheilbaren Leberleidens, erst 53 Jahre alt.

K. hatte bei einem muskulösen Körperbau sehr viel Einnehmendes, die Gesundheit strahlte von seinen Zügen, sein Gang verkündete Kraft und Gewandtheit, die er in allen körperlichen Uebungen in hohem Grade besaß. Auch der Musik und heiterer Geselligkeit war er sehr ergeben. Bei einem vortrefflichem Gedächtniß hatte er einen scharfen Ueberblick und war namentlich in jüngeren Jahren von unnachlassendem Fleiße. In seinem Verhalten gegen Andere war er äußerst liebenswürdig und human, für Leidende und seine Freunde jeder Aufopferung fähig. Er erfreute sich daher bei seinen Patienten eines grenzenlosen Zutrauens, den Unbemittelten unter ihnen war er auch noch ein großmüthiger Wohlthäter. – Klein’s wissenschaftliche Bedeutung ist mehr auf dem Gebiete der gerichtlichen Medicin als der Chirurgie zu suchen; aber gerade durch sein Vertrautsein mit der letzteren und deren Ausübung war er für die Lösung mancher forensischen Fragen, von denen wir im Obigen einige kennen gelernt haben, vorzugsweise befähigt und hat er in dieser Beziehung sich unzweifelhafte Verdienste erworben.

[100] Vgl. H–s im Neuen Nekrolog der Deutschen, Jahrg. 3, 1825. S. 1326. – Seine Schriften s. daselbst nach: J. G. Meusel, Das gelehrte Teutschland, Bd. 6. 1821. S. 352; Bd. 11. 1834. S. 155.
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