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Artikel „Reichard, Johann Jacob“ von Martin Möbius in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 267–268, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Reichard,_Johann_Jacob&oldid=- (Version vom 28. Dezember 2024, 01:37 Uhr UTC)
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Reichard: Johann Jacob R., Botaniker, wurde als der Aeltere eines Zwillingspaares am 7. August 1743 in Frankfurt a. M. geboren. Sein Vater Joh. Valentin war daselbst Bürgercapitän und ein berühmter Schönfärber; seine Mutter war die Tochter eines Kaufmanns Schweiß. Nachdem er die Schule in seiner Vaterstadt mit gutem Erfolge absolvirt hatte, bezog er 1764 die Universität Göttingen, wo er zuerst Philosophie und Naturwissenschaften, dann Medicin studirte. Hier wurde er besonders durch den Professor der Medicin J. A. Murray zum Studium der Botanik angeregt, und ihn begleitete er auf einigen geologischen und botanischen Excursionen in den Harz. [268] Am 16. April 1768 wurde er mit der Dissertation: „De Corticis peruviani in plurium generum febribus exhibendi opportunitate“ zum Doctor promovirt. Darauf kehrte er nach Frankfurt zurück und wurde noch in demselben Jahre in die Zahl der ordentlichen Praktikanten seiner Vaterstadt aufgenommen. Die Praxis ließ ihm anfangs Zeit genug zur Erforschung der einheimischen Pflanzenwelt und zur Ausarbeitung seines bedeutendsten Werkes, der „Flora Moeno-Francofurtana“, deren erster Theil 1772, und deren zweiter 1778 erschien und die er Joh. Christ. Senckenberg widmete. Es war die erste Flora, die das Gebiet im Speciellen behandelt, und sie zeichnet sich dadurch aus, daß sie außer den Phanerogamen auch die Kryptogamen bis zu den Pilzen berücksichtigt. Im J. 1773 wurde R. zum Stiftsarzt der Dr. Senckenbergischen Stiftung gewählt und erhielt damit zugleich die Aufsicht über den botanischen Garten und die Bibliothek. 1779 erfolgte erst die eigentliche Eröffnung des Bürgerhospitals, an dem er nun seine ärztliche Thätigkeit ausübte. Als Docent der Botanik hielt er für die Mediciner und Chirurgen wöchentlich zweimal Vorlesungen über die Materia medica und einmal über die Anfangsgründe der Botanik, womit er alle Wochen eine Excursion verband. Die Ergebnisse seiner botanischen Studien veröffentlichte er in verschiedenen Zeitschriften und Gesellschaftsschriften; auch wurde er Mitglied mehrerer gelehrten Gesellschaften. R. soll ein Mann von vortrefflichem Charakter gewesen sein, und sein beharrlicher Fleiß ist um so mehr anzuerkennen, als er durch sein Leiden, das offenbar in Lungenschwindsucht bestand, sehr behindert war und in den letzten Jahren nur mit größter Mühe sein Amt versehen konnte. Seine letzte Arbeit war ein Pflanzenverzeichniß des Senckenbergischen botanischen Gartens; das erste, was von diesem Garten erschien, um den er sich besonders durch Beschaffung neuer Pflanzen viel Mühe gegeben hatte. Die vom 15. Januar 1782 datirte Vorrede schließt mit den Worten: „Lebet wohl und bleibt dem Schauspieler, der von der Bühne abgeht, gewogen.“ Wirklich starb R. wenige Tage darauf, am 27. Januar 1782, also noch nicht 40 Jahre alt. Doch auch nach seinem Tode wirkte er Gutes; denn in seinem Testament vermachte er der Senckenbergischen Stiftung 4000 Gulden mit der jetzt noch eingehaltenen Bestimmung, daß von den Zinsen botanische Werke angeschafft werden sollen. Sein Porträt ist von d’Abel in Hamburg gezeichnet und von Wicker gestochen.

Vgl. J. H. Faber, Kurze Lebensgeschichte des sel. H. Dr. Reichard in Schriften der Gesellsch. naturf. Freunde, IV. Bd. 1783, S. 440–447; hier sind auch alle Schriften Reichard’s aufgeführt; ferner J. Blum, Die Botanik in Frankfurt a. M. u. s. w. im Bericht d. Senckenberg. naturf. Gesellsch. in Frankfurt a. M. 1901, Abh. S. 9, und M. Möbius, Geschichte u. Beschreibung d. botan. Gartens zu Frankfurt a. M., l. c. 1903, Abh. S. 124.
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