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Artikel „Speckter“ von l. u. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 85–88, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Speckter&oldid=- (Version vom 27. Dezember 2024, 10:38 Uhr UTC)
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Speckter: S., eine hamburgische Künstlerfamilie, aus welcher besonders die Brüder Erwin und Otto, sowie des letzteren Sohn Hans zu nennen sind. Doch darf auch der Vater der beiden ersteren, Johannes Michael, nicht unerwähnt bleiben.

Johannes Michael S. wurde am 5. Juli 1764 zu Uthlede im Herzogthum Bremen geboren. Er kam früh nach Hamburg, wo er von Sonnin (s. XXXIV, 637) Unterricht in der Mathematik erhielt. Er besuchte sodann die Handlungsakademie des Professor Johann Georg Büsch (s. A. D. B. III, 642) und im Sommer 1789 als Student der Mathematik das akademische Gymnasium in Hamburg. Darauf machte er mit einem jungen Gutsbesitzer aus Pommern eine Reise durch Deutschland und die Schweiz. Nach der Heimkehr von derselben beredeten ihn einige Freunde, mit ihnen ein Handelsgeschäft in Hamburg zu gründen, und so war er bis zum J. 1818 Kaufmann. Daneben aber beschäftigte er sich eingehend mit der Kunstgeschichte und legte sich eine werthvolle Sammlung von Kupferstichen, Holzschnitten und Radirungen an. An der Herausgabe der hamburgischen Künstlernachrichten von Georg Ludwig Eckhardt (s. A. D. B. V, 617) nahm er thätigen Antheil; sie erschienen Hamburg 1794 als ein Supplement zu Füßli’s Künstlerlexikon. S. gab im J. 1818 sein kaufmännisches Geschäft auf und errichtete mit seinem Freunde, dem Maler Heinrich Joachim Herterich (geb. 1772, † 1852), eine Steindruckerei, die erste in Hamburg und Norddeutschland, aus der bald allgemein anerkannte Arbeiten hervorgingen. Später trat sein Sohn Otto als Mitarbeiter ein. Er starb am 1. März 1845. Aus seiner Ehe mit Catharina Schott aus Hamburg war sein ältester Sohn

Erwin S., geboren am 18. Juli 1806 in Hamburg. Während der Belagerung Hamburgs durch die Franzosen im Winter 1813 auf 1814 hatte er mit seinen Eltern im Hause des kunstliebenden Banquiers J. S. Dehn in Altona Aufnahme gefunden; durch die Gemäldesammlung, die er hier sah, und im Arbeitszimmer des schon genannten Malers Herterich, der in demselben Hause wohnte, wurde zuerst sein Sinn für die Kunst geweckt, der durch die Sammlungen seines Vaters dann weiter genährt ward. Er besuchte die Privatschule des bekannten Leonhard Wächter (Veit Weber) in Hamburg. Im Zeichnen und Malen unterrichteten ihn Gerdt Hardorf, Siegfried Bendixen und Friedrich Karl Gröger (s. A. D. B. IX, 708); außer der Bibel, mit der er sich seinem ernsten, frommen Sinn gemäß immer beschäftigte, wurden die Romantiker, die wiedererweckte Volkspoesie und Theuerdank vor allem studirt. Im Sommer 1823 machte er auf Anrathen des Freiherrn Karl v. Rumohr (s. A. D. B. XXIX, 657), der ihn und seine Freunde in ihren künstlerischen Versuchen ermuthigte, mit seinem Bruder Otto und Julius Milde (s. A. D. B. XXI, 737) eine Reise durch Holstein und Schleswig, um die alten Kunstdenkmäler aufzusuchen; der Brügmann’sche Altarschrein in Schleswig und das Hemlingsche Dombild in Lübeck zogen sie besonders an; Erwin und Otto gaben später eine lithographische [86] Nachbildung des Dombildes heraus. Das Overbecksche Oelbild „Der Einzug Christi in Jerusalem“, das bald darauf in der lübecker Marienkirche aufgestellt wurde, machte dann besonders auf Erwin einen nachhaltigen Eindruck. Im Sommer 1825 ging er mit Milde nach München, wo ihn besonders der Bildhauer Eberhard (s. A. D. B. V, 571) anzog; aber auch Cornelius nahm ihn freundlich auf. „Als Mensch wie als Künstler, denn das ist ja so eng verbunden, ein recht tüchtiger, ordentlicher, christlicher Kerl zu werden“, war sein Streben. Er componirte in München einige große, gezeichnete Cartons nach biblischen Vorwürfen. Im Herbst 1827 kehrte er nach Hamburg zurück, wo er nun mehrere biblische Bilder („Christus und die Samariterin,“ „die Frauen am Grabe“) malte. Es zeigte sich aber bald, daß Cornelius und die Anschauung der Antiken in München nicht ohne Einfluß auf ihn geblieben waren. Das zeigte sich sogar in der Wahl des Stoffes, als er im J. 1830 die Wandverzierungen in einem Cabinet im Hause des Syndikus Karl Sieveking (s. A. D. B. XXXIV, 227) in Hamm bei Hamburg malte; hier sind an Stelle der christlichen Allegorien antike getreten. Im Herbste dieses Jahres ward es ihm möglich, nach Italien zu gehen. Er reiste zunächst mit seinem Freunde Louis Asher nach Berlin; von hier ging es über Dresden und Nürnberg nach München, wo er am 18. October eintraf und bis zum 10. November blieb. Nun ging es über Innsbruck und Verona nach Venedig und von hier über Florenz nach Rom. Ueber seinen Aufenthalt in Rom und Italien geben die Briefe, die sein Schwager, der Professor Christian Friedrich Wurm, aus seinem Nachlaß herausgegeben hat (s. unten), genauen Bericht. Unter den Bildern, die er in Italien malte, sind zwei Brustbilder in Oel „Frauen aus dem Albanergebirge“ (aus dem Jahre 1832) und dann sein letztes in Italien gemaltes Bild „Simson und Delila“ (1834) die bekanntesten. Im J. 1832 machte er einen Ausflug nach Neapel. Seine Rückkehr nach Hamburg ward durch die Aufforderung veranlaßt, die an ihn von seinem Freunde, dem Architekten Chateauneuf, erging, in dem neuerbauten palastartigen Hause des Dr. August Abendroth ein Zimmer al fresco zu malen. Erwin nahm diesen Vorschlag mit großer Freude an, traf im September 1834 wieder in seiner Vaterstadt ein und konnte alsbald mit den Vorbereitungen beginnen; die eigentliche Ausführung begann im Frühjahr 1835. Aber vielfache Anfälle von Asthma, das ihn schon seit Jahren plagte, aber nun besonders heftig auftrat, störten oft seine Thätigkeit; er starb am 23. November 1835 vor Vollendung des zweiten Bildes: nach seinen Cartons und Entwürfen wurde die Arbeit von Louis George Boppe beendigt. Sein jüngerer Bruder

Otto S., geboren am 9. November 1807, war in denselben Verhältnissen wie Erwin aufgewachsen und zeigte gleich diesem von früh an reiche künstlerische Begabung. Ihm konnte aber nicht auch akademische Ausbildung zu Theil werden; er widmete der Steindruckerei seines Vaters seine Thätigkeit, und es gelang ihm, das gesunkene Geschäft wieder zu heben. Namentlich verfertigte er wieder ausgezeichnete Porträts; aber auch in historischen Darstellungen und Ansichten that er sich bald hervor. Von ersteren ist zu erwähnen der „Einzug Christi in Jerusalem“ (1835) nach dem schon genannten Overbeckschen Bilde, und „Christus am Oelberge“ (1842) auch nach Overbeck; von letzteren die classischen „Ansichten von dem alten Johanneum“ in Hamburg und „Brandruinen“. Als diese Lithographien erschienen, war Otto S. schon ein bekannter Künstler; das war er nämlich geworden durch seine Illustrationen zu den Heyschen Fabeln für Kinder (vgl. A. D. B. XII, 345). Die ersten fünfzig erschienen im J. 1833 (die Nachschrift an die Eltern ist am 23. Mai 1833 geschrieben); noch in demselben Jahr ward eine neue Auflage nöthig; eine zweite Folge, „Noch fünfzig Fabeln für Kinder“, erschien im J. 1837; beide Theile kamen dann in immer [87] neuen Auflagen und auch in Uebersetzungen heraus. Man kann zweifeln, ob Hey durch seine Fabeln oder S. durch seine Bilder besser das Verständniß der Kinder getroffen; jedenfalls hat S., dessen Name auch allein genannt ward, den Büchlein zu ihrer ganz ungewöhnlichen Verbreitung geholfen. Von weitem Veröffentlichungen Speckter’s mögen hier nur erwähnt werden seine Radirungen zum gestiefelten Kater (1843), seine Illustrationen zu Andersen’s Märchen, zu Reuter’s Hanne Nüte, und vorzüglich diejenigen zu Groth’s Quickborn, in welchen sich das Verständniß und die Liebe zu seiner Heimath mit besonderer Innigkeit ausspricht. Für seine deutsche Gesinnung und seine Hoffnungen und Wünsche für das Vaterland ist ein Blatt sehr bezeichnend, das er im Mai 1848 zeichnete und im eignen Geschäfte erscheinen ließ; in einzelnen Bildern wird dem falschen französischen Freiheitsschwindel die echte deutsche Freiheit gegenüber gestellt, wie sie im Leben und in der Verfassung am geschichtlich Bewährten festhält; die Bilder gipfeln in einer Kaiserwahl, während unten ein Kriegszug gegen Frankreich offenbar als das Mittel zur Erreichung dieses Zieles dargestellt ist; diese sämmtlichen Darstellungen bilden die reiche Umfassung zu einem patriotischen Liede: „Wir stehn in einem guten Kampf, dem Vaterland zu dienen,“ dessen letzte Strophe also lautet:

„Das rechte deutsche Kaiserthum,
Das wolln wir wieder haben;
Des edlen deutschen Reiches Ruhm
Vom Belte bis nach Schwaben.
Wir halten fest am alten Recht;
Wir wollen frei sein und nicht Knecht,
Frei wie die Väter waren.“

Der Dichter dieses Liedes ist Hugo Hübbe (vgl. Lexikon der hamburgischen Schriftsteller III, 401); doch ist sein Name auf dem Blatte nicht angegeben. S. nannte dies Blatt selbst sein politisches Glaubensbekenntniß. – Sehr groß ist die Zahl der Gelegenheitsblätter, die S. bei festlichen Veranlassungen verfertigte, Städteansichten, Medaillen, Diplome u. dgl. m. Als er sich von den Fesseln des Geschäftes befreit hatte, hat er auch in Oel gemalt; mehrere Thierstücke, namentlich Füchse, fanden besondere Anerkennung. Er hatte eine unverwüstliche Heiterkeit und einen geistvollen Humor, und dabei einen tiefen religiösen Sinn, der ihn auch schwere Prüfungen mit Ergebung tragen ließ. Alle kirchlichen Bestrebungen unterstützte er gern mit Rath und That. Er starb nach langer, schmerzvoller Krankheit am 29. April 1871. Sein ältester Sohn war

Hans (eigentlich Johannes) S.; geboren am 27. Juli 1848 in Hamburg, besuchte er zunächst die Schule seines Onkels Schleiden, dann die Gelehrtenschule. Schon früh beschäftigte er sich mit Zeichnen und componirte eigne Ideen in kindlicher Weise, angeregt durch das Beispiel seines Vater. Im 17. Jahre reifte der Entschluß, Maler zu werden; er ging zu diesem Zwecke im J. 1865 aus der Secunda ab und erhielt Unterricht von den Malern Louis Asher und Martin Gensler, den Freunden seines Vaters. Ostern 1866 ging er auf die Kunstschule zu Weimar; im J. 1870 kehrte er nach Hamburg zurück mit seinem ersten Bilde, der „Kinderstube“, durch welches, er dem schon erkrankten Vater große Freude bereitete. Zunächst hatte er jetzt seinen kranken Vater fast ein volles Jahr zu pflegen. Vom October 1871 an genügte er als Einjähriger seiner Militärpflicht; darauf hielt er sich ein Jahr in München, dann wieder in Hamburg und in Weimar auf. In Hamburg illustrirte er die dritte Ausgabe von Theodor Storm’s Hausbuch (1875); in Weimar beschäftigten ihn die Illustrationen zur Uebersetzung von Scott’s Guy Mannering (erschienen 1876 bei Grote in Berlin). Vom November 1875 bis zum Herbst 1876 bereiste er Italien, er war in Florenz, Rom und Neapel und copirte viel; zu selbständigem Schaffen war der Aufenthalt zu kurz. Er nahm seinen bleibenden Aufenthalt in Hamburg. Sein Bestreben war nun, die Kunst, die ihn so warm erfüllte, in der Heimath vielen zugänglich [88] zu machen. Von seinen Arbeiten aus dieser Zeit sind die folgenden besonders zu nennen. Im J. 1881 erhielt sein Entwurf zum Vorhang im Stadttheater einstimmig den Preis und wurde auch ausgeführt. Dann wurde ihm der Auftrag, in der Aula des Rauhen Hauses nach gezeichneten Compositionen von Cornelius sieben Werke der Barmherzigkeit, die Figuren in halber Lebensgröße, farbig auszuführen. Die Arbeit bot besondere Schwierigkeiten und erforderte genaues Naturstudium. Nach Vollendung der einen Hälfte nahm ihn der Entwurf eines Glasfensters für die Räume des Vereins für Kunst und Wissenschaft in Hamburg in Anspruch; dem Entwurfe wurde 1883 auf der Münchner Ausstellung die goldne Medaille zuerkannt. Beim Entwurfe für ein zweites Fenster wurde er schon durch eine krankhaft nervöse Unruhe geplagt, so daß er beständig änderte. In hastiger Aufregung widmete er sich außerdem einem vaterstädtischen Unternehmen, der Gründung eines „Museums für hamburgische Geschichte“, in welchem ein Bild des Gewerbefleißes und des Lebens im alten Hamburg zur Anschauung gebracht werden sollte. S. schrieb für dasselbe und suchte mannigfach für die Verwirklichung des von ihm angeregten Planes zu wirken. Doch nahm seine nervöse Gereiztheit so zu, daß er in eine Heilanstalt gebracht werden mußte, in der er nach zweijährigem Aufenthalt am 29. October 1888 starb. In einer Ausstellung seiner Werke, die nach seinem Tode veranstaltet ward, fanden außer den erwähnten seine sehr sorgfältigen zahlreichen Studien, viele anmuthige und geistvolle Federzeichnungen, Gelegenheitsblätter und Entwürfe große Anerkennung. Hans S. war auch Mitarbeiter der A. D. B.; von ihm ist der Artikel Julius Lippelt (Bd. XVIII, S. 734).

Hamburgisches Künstlerlexikon I. Band, Hamburg 1854, S. 239–245. Ueber Erwin’s Leben geben die Einleitung und das Schlußwort zu den „Briefen eines deutschen Künstlers aus Italien. Aus den nachgelassenen Papieren von Erwin Speckter aus Hamburg“ (herausgegeben von C. F. Wurm), 2 Theile, Leipzig, Brockhaus 1846, erwünschte Auskunft. Für die Angaben über Otto und Hans S. sind hauptsächlich freundlich gewährte schriftliche Mittheilungen der Wittwe von Otto S. benutzt. Im „Hamburgischen Correspondenten“ von 1889, Nr. 27, 48, 58, 62 und 64 hat Justus Brinckmann in einer Besprechung der oben erwähnten Ausstellung von Werken Hans Speckter’s eine Autobiographie desselben mitgetheilt, in der er über sein Werden als Mensch und als Künstler selbst Bericht erstattet.
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