Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Taurellus, Nicolaus“ von Karl Groos in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 467–471, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Taurellus,_Nicolaus&oldid=- (Version vom 28. Dezember 2024, 01:53 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Taurinus, Jacobus
Band 37 (1894), S. 467–471 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Nicolaus Taurellus in der Wikipedia
Nicolaus Taurellus in Wikidata
GND-Nummer 118801430
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|37|467|471|Taurellus, Nicolaus|Karl Groos|ADB:Taurellus, Nicolaus}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118801430}}    

Taurellus: Nicolaus T., ein als Mediciner angesehener, als Philosoph hervorragender Gelehrter, ist am 26. November 1547 in der damals württembergischen Stadt Mömpelgard geboren, wo sein Vater Stadtschreiber war. Sein Name ist wahrscheinlich eine Latinisirung von Oechslein (Feuerlein weist auf einen „Jacobus Oechslein sive Taurellus“ hin, der im gleichen Jahrhundert in dem nicht weit entfernten Schlettstadt lebte). Die Familie war protestantisch. Da der Vater in bescheidenen Verhältnissen lebte, hätte Nicolaus schwerlich einen gelehrten Beruf wählen können, wenn ihm nicht eine von dem Grafen Georg von Mömpelgard zu solchen Zwecken gestiftete Summe zu Gute gekommen wäre. So war es ihm möglich, 6 Jahre in Tübingen zu studiren, wo ihm auch vom Herzog Christoph von Württemberg häufig Unterstützungen zugingen. Er wandte sich zuerst der Theologie und Philosophie zu. Der damals berühmte Jacob Schegk (s. A. D. B. V, 21) weihte ihn in die Lehre des Aristoteles ein; bei Samuel Heilandus hörte er Ethik. 1565 wurde er Magister der Philosophie. Doch entschloß er sich einige Zeit darauf, „certis de causis“ zur Medicin überzugehen. Die Aussicht, sich künftig den festgesetzten Lehren einer bestimmten Confession fügen zu müssen, mochte ihm, der sein ganzes Leben hindurch das Allgemein-Christliche betonte, wenig behagen. Einen andern dieser „gewissen Gründe“ läßt der Widmungsbrief seines „Philosophiae triumphus“ errathen: sein klarer Kopf und sein gerader Charakter empörte sich gegen die damals herrschende Lehre von der „zweifachen Wahrheit“. Diese eigenthümliche Theorie war bereits im 13. Jahrhundert verbreitet, wurde schon damals von der Kirche verurtheilt, erhielt sich aber mit zäher Lebenskraft und fand im Anfang des 16. Jahrhunderts ihren Hauptvertreter in dem Alexandristen Pomponazzo. Auch als sie vom Lateranconcil 1512 abermals verdammt wurde, entbrannte der Streit um die „duplex veritas“ nur noch heftiger. Man kann die Lehre als ein Gegenstück jener „doppelten Buchführung“ betrachten, die in unserem Jahrhundert von R. Wagner vertreten wurde. Wie Wagner im Interesse des Glaubens der geoffenbarten Wahrheit eine selbständige Stellung neben der ihr widerstreitenden wissenschaftlichen Wahrheit sichern wollte, so unterschied man damals (freilich wohl mehr im Interesse der Philosophie) zwischen einer philosophischen Wahrheit und einer unter Umständen dieser direct widersprechenden theologischen. Diese Theorie war in Tübingen verbreitet, als T. dort studirte, und er betont es, daß ihm da Eins mißfallen habe, nämlich der Gebrauch, in den üblichen gelehrten Disputationen auszurufen: „Das ist philosophice gemeint, nicht theologice“. Damals, fügt er hinzu, habe er zum ersten Male eingesehen, daß es keine zweifache Wahrheit geben könne, sondern nur eine. Zugleich wurde ihm auch klar, wodurch dieser unwürdige Zustand allein beseitigt werden konnte: durch die Befreiung von der Autorität des Aristoteles. Mit so revolutionären Ansichten konnte er sich aber in der bisher geplanten Laufbahn wenig Hoffnung [468] auf eine Anstellung machen. Auch ist in diesem Zusammenhange zu erwähnen, daß T. 1567 oder 1568 eine Reihe philosophischer Thesen veröffentlicht hat, in denen schon die Grundgedanken seiner späteren Werke enthalten waren. Der ungünstige Erfolg dieser Veröffentlichung (man warf ihm wahrscheinlich schon damals vor, „er glaube an Nichts und sei schlimmer als ein Türke“) kann seinen Entschluß, Mediciner zu werden, endgiltig befestigt haben.

1570 wurde T. zu Basel Doctor der Medicin. Ein Jahr später begannen Verhandlungen, die seine Anstellung als Leibarzt bei dem Prinzen Friedrich von Württemberg zum Ziele hatten, sich aber infolge der Einsprache schwäbischer Theologen zum großen und dauernden Kummer des T. zerschlugen (wohl auch eine Wirkung jener Thesen). Nachdem dieser Plan gescheitert war, ließ er sich – wahrscheinlich 1572 – in Basel als Docent der Medicin nieder. Er heirathete hier vor 1578 Katharina, die Tochter des Stadtschreibers Israel Aeschenberger und der Anna, geb. Keller, die sich als Verfasserin eines Kochbuchs für Kranke bekannt machte und später als Wittwe bis zu ihrem Tode (1596) bei der Tochter lebte. Der Ehe entsprangen 13 Kinder, von denen aber schon 1591 8 (nicht 7, wie es bei Schmid-Schwarzenberg heißt) gestorben waren. Von dem Schicksal der andern, zweier Söhne und dreier Töchter, ist nur wenig bekannt. Während seines Aufenthaltes in Basel hatte T. unter materiellen Sorgen viel zu leiden. Auf ein öffentliches Amt hatte er wenig Aussicht, und der Versuch, eine 1579 frei gewordene Lehrstelle in Straßburg zu erhalten, mißlang. Dazu kamen die vielfachen Anfeindungen, die er seit der Veröffentlichung seines ersten größeren philosophischen Werkes, des „Philosophiae Triumphus“ (1573) zu bestehen hatte. Diese Anfeindungen lassen sich leicht begreifen. Zwar hatte Luther zuerst die ganze scholastische Philosophie und den Aristoteles verworfen; aber schon Melanchthon, der eine ungelehrte Theologie als eine wahre „ilias malorum“ bezeichnete, hatte ausgesprochen, man könne den Aristoteles einfach nicht entbehren, so daß sehr bald die Verehrung des „Augapfels“ Aristoteles und damit auch die Theorie von der zweifachen Wahrheit unter den protestantischen Theologen vorherrschte. Und nun kam T., nicht geschreckt durch das Schicksal des nur ein Jahr vorher ermordeten Ramus, mit einem kühnen Angriff gegen die duplex veritas und gegen den blinden Autoritätsglauben, den er als ein Brandmal der Philosophie bezeichnete. Er selbst sah voraus, daß dieses Buch, in dem er es z. B. aussprach, daß die aristotelische Lehre von der Ewigkeit der Welt trotz der Autorität des Aristoteles nicht weniger falsch sei, als wenn sie Thersites oder irgend ein anderer Erzlügner aufgestellt hätte, den Meisten als der Ausdruck einer knabenhaften Keckheit erscheinen werde. Und in der That fiel man von allen Seiten über ihn her. Die Theologen waren ebenso unzufrieden wie die Philosophen. Man verspottete den Titel und den schlechten Stil; man bestritt Stellen, die man gar nicht verstanden hatte und überhäufte den Verfasser mit Schmähungen und Verleumdungen. T. zog es nach solchen Erfahrungen vor, sich längere Zeit auf sein Lehrfach, die Medicin, zu beschränken. - In seinen äußeren Verhältnissen trat noch in Basel dadurch eine kleine Besserung ein, daß er dort etwa 1576 als Nachfolger Theodor Zwinger’s Professor der Ethik wurde. Aber innere Befriedigung wurde ihm erst zu theil, als er 1580 zum Professor der Medicin in Altdorf ernannt wurde, wo er bald eine geachtete Stellung einnahm und seines Lehramtes mit großem Erfolg waltete. 1581 gab er ein größeres medicinisches Werk heraus, „Medicae Praedictionis Methodus“; in dem Vorwort macht er seinem Groll über die ungerechten Angriffe Luft und nennt die Anhänger der duplex veritas vom Satan verführte Thoren, die Christus und Belial in Einem Geiste verknüpfen. 1585 erschien sein „Commentarius in quosdam libros Arnoldi de Villanova“, 1586 [469] die erste philosophische Schrift nach dem „Philosophiae Triumphus“, „De Vita et Morte Libellus“, aus deren Aufnahme er sehen wollte, was er von weiteren philosophischen Veröffentlichungen zu erwarten habe. 1592 und 1595 gab er zwei Bändchen Gedichte heraus, die „Emblemata Physico-Ethica“ und die „Carmina funebria“. Endlich 1596, 23 Jahre nach der ersten Hauptschrift, trat er wieder mit einem wichtigen philosophischen Werk vor die Welt, der „Synopsis Aristotelis Metaphysices ad normam christianae religionis emendatae et completae“. Wie es schon der Titel verräth, hält T. hier an seinem alten Standpunkte fest, wonach auch Aristoteles, dessen Größe er übrigens vollständig anerkennt, der Kritik unterliegt und in wesentlichen Punkten verbesserungsfähig ist. In kaum einer anderen Schrift haben die eigenen Ansichten des T. einen so klaren und wirksamen Ausdruck gefunden wie hier. Sätze wie: „praestantius est esse quam contemplari“ oder „Deus conservat, quando non corrumpit“ erinnern in ihrer prägnanten Kürze an Spinoza. – Nachdem so T. sein eigentliches Lebenswerk mit jugendlichem Feuer wieder ergriffen hatte, drängte es ihn zu weiterem Schaffen. Schon 1597 erschien seine große Streitschrift gegen Caesalpin’s „Quaestiones Peripateticae“, die „Alpes Caesae“ (Wortspiel). Gegenüber dem Pantheismus Caesalpin’s, der in Deutschland Einfluß gewonnen hatte und auch in Altdorf selbst durch Scherbius vertreten war, ruft T. aus, der echte Aristoteles sei ihm immer noch tausendmal lieber, als solche fälschlich als aristotelisch ausgegebenen Irrlehren. Für Caesalpin ist Gott nicht die causa efficiens, sondern die causa constituens der Welt; Gott ist die allgemeine Weltseele, und der Mensch erkennt nur dadurch, daß Gott in ihm sich selbst erkennt (Spinoza!). Aber, erwidert T., wenn so alles Geistige in der Einen Weltseele besteht, wie kommt es, daß Johannes nicht weiß, was Paulus denkt? Und wo ist, fragt er ähnlich wie E. Du Bois Reymond Fechner gegenüber, das Herz und das Gehirn, in dem diese Weltseele wohnt? – 1598 starb die erste Frau des T., „ein vollkommenes Muster aller weiblichen Tugenden“, wie sie der damalige Rector der Universität genannt hat. Im Jahre darauf vermählte er sich mit Ursula Haller von Hallerstein, der Tochter eines Nürnberger Senators. Man weiß nicht, ob dieser Ehe Kinder entsprangen. 1603 veröffentlichte er die „Kosmologia“ (De Mundo), in der er sich mit Piccolomini auseinandersetzte. Er vergleicht hier die „Maschine dieser Welt“, die einen so wunderbaren „mutuus consensus“ ihrer Theile zeigt, mit einem zweckmäßig eingerichteten Uhrwerk, so daß man vielleicht hier ebenso wie bei Descartes von einem ersten Keim des (Geulincx-) Leibniz’schen Uhrengleichnisses sprechen kann (Leibniz war mit den Werken des T. sehr vertraut und rühmte ihn als einen deutschen Scaliger). Im gleichen Jahre erschien die „Uranologia“, der 1604 das letzte Hauptwerk „De rerum aeternitate“ folgte, in dem er mit berechtigtem Stolz bekennt, Schegk habe die Kühnheit seines ersten Werkes mit dem jugendlichen Feuer entschuldigt, aber er sei durch das Alter weder kühler noch furchtsamer geworden. Und in der That: wie er als Jüngling den Plan gefaßt hatte, das Wissen mit dem Glauben zu versöhnen, so ruft er am Schluß seines letzten Hauptwerkes aus: „Wenn Millionen von Gründen zur Gewinnung des Heils gewonnen werden könnten, so gäbe es doch keinen, der mit der wahren Philosophie mehr übereinstimmen könnte, als die christliche Religion“. – 1606 wüthete in Altdorf die Pest. Eine der Mägde des T. erkrankte; er floh zuerst, kehrte dann zurück, wurde von der furchtbaren Krankheit ergriffen und starb am 28. Sept. 1606. Wegen der Ansteckungsgefahr wurde er am gleichen Tage begraben.

Außer den angeführten Schriften hat T. noch eine Reihe von Abhandlungen geschrieben, die aber zum Theil nicht veröffentlicht wurden. Außerdem rührt von ihm eine größere Anzahl von Dissertationen her, darunter die „Theses de [470] procreatione hominis“, die von der Facultät als „etwas schambar“ zurückgewiesen und durch die „Theses de partibus corporis humani“ (1583) ersetzt wurden. – T. war klein von Gestalt, was einen Basler Dichter zu dem durch Caspar Schoppe überlieferten, sehr zweideutigen Verse begeisterte: „Oechslein zwar von Gestalt, bist Du ein Ochse an Geist“. Unter den wenigen Freunden des T. ist der Marburger Semiramist Goclenius (s. A. D. B. IX, 308) zu erwähnen.

Die Hauptpunkte seiner Lehre sind folgende. Die Theorie von der zweifachen Wahrheit und damit der Widerspruch zwischen Philosophie und Theologie ist völlig zu verwerfen. An ihre Stelle muß die Versöhnung von Wissen und Glauben treten; ja die Philosophie muß das Fundament werden, das die Theologie trägt. Der Unterschied zwischen beiden beruht darauf, daß die Philosophie Alles erschließt, was für das natürliche Licht des Erkennens erreichbar ist, also Alles, was Adam vor dem Fall hätte wissen können (si peccatum non esset, sola viguisset philosophia), während die Theologie von den geoffenbarten Thatsachen handelt, die infolge des Sündenfalles dem göttlichen Willen entsprungen sind. Mit dieser Unterscheidung ist die Grundlage zur Versöhnung gewonnen. Doch ist sie nur dann möglich, wenn man sich von der Autorität des Aristoteles befreit, dessen Lehre in wichtigen Punkten der christlichen Religion zuwiderläuft. Hier bedarf es einer selbständigen Philosophie. Das zeigt sich gleich bei dem höchsten Princip, dem Begriff Gottes. Gott ist nicht bloßer Nutz, denn durch das Denken allein kann nichts bestehen. Praetantius est esse quam contemplari. Gott ist – nicht indem er denkt, sondern indem er von Ewigkeit zu Ewigkeit sich selbst setzt. Actione Deus subsistit; ab aeterno se ipsum fecisse dicendus est (vgl. Fichte’s Thathandlung). Gott ist agens, effectus et actio (auch neccesitas, potentia und voluntas); darauf beruht die Trinität. Gottes Seligkeit ist in diesem Sichselbstsetzen enthalten. Er bedarf daher der Welt weder um eine Thätigkeit zu haben, noch um glücklich zu sein (entschiedenster Dualismus). Damit ist schon erkannt, daß die Welt nicht von Ewigkeit her zu existiren braucht. In der That ist die Welt in einem bestimmten Zeitpunkt geschaffen, und zwar aus Nichts (die „erste Materie“ der Philosophen ist das Nichts der Theologen; sie ist Negation, Gott Affirmation). Die Welt muß einen Anfang haben, denn sie ist frei geschaffen, während Gottes ewiges Schaffen (sein Sichselbstsetzen) nothwendig ist. Auch ist sie nur um der Menschen willen da, und die Menschen existiren nicht seit Ewigkeit. Endlich müßte auf der Erde, wenn sie ohne Anfang wäre, Berg und Thal schon ausgeglichen sein (vgl. den modernen Beweis für den Weltanfang aus der Entropie des Weltalls). Ebenso muß die Welt, da die Menschen nicht den Zweck haben, immer auf Erden zu sein, einmal ein Ende haben. – Sie ist eine Vielheit, deren Einheit von Gott gesetzt, also nur formal ist, wie die einer Uhr. Ihre Entwickelung verläuft zweckmäßig, ohne daß Gott, der sie ja in sechs Tagen geschaffen hat und dann ruhte, beständig verbessernd und erhaltend eingreifen müßte. Ein so schlechter Baumeister ist Gott nicht; das künstliche Uhrwerk läuft – paucis exceptis miraculis – von selbst weiter; Deus conservat, quando non corrumpit (Deismus). Jede Personificirung der Naturkräfte ist zu verwerfen. – Gott hat die Menschen geschaffen als specula potentiae suae, damit sie die Seligkeit, die er actione hat, durch Contemplation liebend genössen – also als „sel’ge Spiegel seiner Seligkeit“. Diese Erkenntnißkraft des Menschen ist etwas Actives; die aristotelische Unterscheidung von thätigem und leidendem Verstand ist hinfällig; der Geist ist keine bloß passive tabula rasa, sondern actio, wie denn überhaupt nihil penitus actionis expers ist (man hat hier an Maine de Biran’s Lehre vom effort erinnert). Der Sitz der Seele ist im Gehirn und im Herzen. – Der Mensch hat seine Seligkeit durch den Willen eingebüßt. Er sollte intelligendo selig sein – [471] etwa wie wenn ein reicher Herr einen schönen Baum pflanzt, dessen Anblick und Duft genossen werden darf, während die Früchte nur für den Herrn selbst sind (der Baum der Erkenntniß). Die ersten Menschen begehrten aber auch die Frucht; da hat Gott sie verstoßen und die Erde verflucht, so daß alle Uebel (auch der Tod) von des Menschen Willen stammen (Theodicee). – Nach dem Tode wird die Seele des Lebens beraubt – das Leben (Bewußtsein) gehört also nicht wesentlich zur Seele – und bleibt so bis zum jüngsten Tag. Dann ersteht sie wieder, mit einem neuen Leib bekleidet, in einer neuen Welt. Das Leben in dieser neuen Welt muß sich die Philosophie, die nur mit Gottes Gerechtigkeit zu rechnen hat, als bitterste Qual, als endlose Strafe vorstellen – und das ist das Ende der Philosophie. Das Ende der Philosophie ist die Verzweiflung; nostrae fructus contemplationis est desperatio. – Eben darum aber erhebt sich nun auf diesem Fundamente die christliche Religion, die Offenbarung des göttlichen Liebeswillens in ihrer ganzen Herrlichkeit. Gerade weil uns die Philosophie lehrt, daß unser natürliches Denken zur Verzweiflung führt, ist ihre schönste Ergänzung die Offenbarung der göttlichen Gnade – die Versöhnung von Wissen und Glauben ist erreicht.

Jo. Jac. Baieri Biographiae professorum medicinae qui in Academia Altorfina unquam vixerunt. Nürnberg und Altdorf 1728. – Jac. Wilh. Feuerlein, Taurellus defensus. Nürnberg 1734. – F. X. Schmid aus Schwarzenberg, Nicolaus Taurellus, der erste deutsche Philosoph. Neue Ausg. Erlangen 1864.
  NODES