Textdaten
<<< >>>
Autor: Gustav Schwab
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Der Mönch und die Nonne
Untertitel:
aus: Gedichte. 1. Band, S. 216–218
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Stuttgart und Tübingen
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]
[216]

Der Mönch und die Nonne[1]

Einst auf der Wartburg Abends frisch,
Vor seinem braunen Eichentisch,
Dem theuren Erbstück von der Mutter
Saß bei der Arbeit Doktor Luther.

5
Am deutschen Bibelbuch, dem lieben,

Hatt’ er ein gutes Theil geschrieben:
Er legte hin die Feder sein,
Er schaute nach dem Gitterlein,
An Berg und Thal, den Gotteswerken,

10
Sich Auge, Herz und Hand zu stärken.

Was trübt ihm seinen frommen Muth?
Was treibt ihm nach der Stirn das Blut?
Ja klärlich auf dem Berge drüben
Sieht er sein Spiel den Argen üben.

15
Da steht von Felsen aufgebaut,

Er hat’s bis heut noch nicht geschaut,
Ganz hell ein Mönch und eine Nonne,
Die küssen sich bei’m Schein der Sonne.
O schamlos greuliches Gebild!

20
Ist’s nicht genug, daß frech und wild

In den verschloss’nen Klostermauern
Des Satans böse Lüste dauern,
Darf er sie offen aller Welt
Noch malen unter’s Himmelszelt?[WS 1]

[217]
25
Der Doktor schauet nach den Feldern,

Ob kein Entsetzen in den Wäldern,
Ob nicht die Luft in Zornesflammen
Ein schwarz Gewitter zieh zusammen?
Doch in dem hellsten Sonnenstrahl

30
Die Bäume rauschen allzumahl,

Und in den wunderlichen Stein
Schlingt Moos und Blume sich hinein.
Ist das von Gott, kommt das vom Uebel? –
Wie er noch sinnt, fällt auf die Bibel

35
Ein lichter Abendsonnenstreif,

Just auf ’nen Spruch, als goldner Reif.
„Wie konnt’ ich – spricht er – lange sinnen!
Antwort muß doch wohl seyn da drinnen.
O gieb mir, du wahrhaftigs Buch,

40
Aufschluß zu Segen oder Fluch!“

So lies’t er fort, wo er geblieben,
Da steht’s im Sonnengold geschrieben:
„Ein Bischof soll unsträflich rein,
Soll Mann von Einem Weibe seyn!“

45
Da geht ihm auf ein helles Licht:

Ach nein, das kommt vom Bösen nicht!
Spricht Gottes Wort auch von den Dächern,
Nicht blos in einsamen Gemächern,
So darf’s in Felsen und Gestein

50
Wohl auch klar ausgesprochen seyn.

So hat er d’rauf gekämpft, gestritten,
Und bald geführt in seine Hütten
Trotz Papst und Teufel, keck und laut
Aus einem Kloster sich die Braut.

55
Seit öffnen sich die ernsten Pforten

Der dunkeln Klöster aller Orten;

[218]
Viel Schleier sind zurückgewallt,

Manch eine liebliche Gestalt
Steht betend wohl noch am Altare,

60
Doch mit dem Brautschmuck in dem Haare;

Ja Nonn’ und Mönch mit Steineshaupte,
Weil Doktor Luther es erlaubte,
Sie küssen sich auf diesen Tag,
Geh’ schauen, wer es schauen mag;

65
Ich hab’s gesehn im Abendschein,

Die Berge blickten freundlich d’rein,
Die Sonne hatt’ ihr Wohlgefallen: –
Gott schenk’ so süßen Kuß uns Allen!


  1. Diesen Namen führt noch jetzt ein so gestaltetes Felsstück auf der alten Wartburg.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Himmelszeit
  NODES
os 6
text 4