Die Königin-Marienhütte bei Zwickau

Textdaten
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Autor: Friedrich Hofmann
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Titel: Die Königin-Marienhütte bei Zwickau
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aus: Die Gartenlaube, Heft 18, S. 283–287
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1868
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Deutschlands große Industriewerkstätten.
5. Die Königin-Marienhütte bei Zwickau.

Engländer, nicht Deutsche, sprechen es offen aus, daß in England mit der Metallindustrie, dem ehernen Fundamente der englischen Industriemacht, letztere selbst sammt dem britischen Handel durch immer siegreichere Concurrenz gefährdet sei, und sie sehen neben der noch in der Wiege liegenden russischen und der riesig aufwachsenden nordamerikanischen vor Allem in der deutschen Metallindustrie ihren gefährlichsten Rivalen. Dieser große Triumph deutschen Geistes und Fleißes durch unsere Hütten- und Eisenwerke hat uns veranlaßt, ihnen bei der Darstellung unserer wichtigsten großen Industriewerkstätten die erste Stelle einzuräumen, und eben darum führen wir heute unsere Leser zu der Königin-Marienhütte, die zu diesem Triumph redlich beigetragen hat und

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Maschinenbauwerkstatt.  Bessemerhütte.     Die Königin-Marienhütte bei Zwickau. Nach der Natur aufgenommen von Adolf Eltzner in Leipzig. 
Feineisenwalzwerk. 
 Schienen- und Grobwalzwerk.   Gießerei.       Ziegelei.   Kokerei.   Erzwäsche.  Laboratorium.
Gasanstalt.   Hohöfen.   Erzgerüst. 

[286] unter den sächsischen Unternehmungen dieser Art einen obersten Ehrenplatz behauptet. Unmittelbar an der Zwickau-Schwarzenberger Bahn und von der Zwickauer Mulde bespült, breitet in Kainsdorser Flur das Areal sich aus, über welchem seit nun sechsundzwanzig Jahren die rauchenden Thürme als Tempelschmuck dieser Werkstätte des Vulcan sich erheben.

Vor wenigen Wochen führte ein heiterer Tag mich in das essenstrotzende Thal von Zwickau und von da zur Marienhütte. Von alter treuer Freundeshand bewillkommnet, trat ich unter sachverständiger Führung durch das Hüttenwerk eine Wanderung an, von welcher ich den Lesern wenigstens das zur Erklärung unserer trefflichen Illustration Nöthigste im Allgemeinen mittheile, um den diesem Artikel vergönnten Raum hauptsächlich einer Glanzpartie des Werkes zu widmen.

Mit seinem ersten Roheisenabstich wurde das Werk am 30. Juni 1842 eingeweiht. Das Etablissement begann in bescheidenem Umfange, erweiterte sich aber rasch, namentlich seitdem es in den Alleinbesitz der Familie von Arnim übergegangen war, und gegenwärtig sehen wir auf dem gegen eintausend Quadratruthen fassenden und von einer hohen Mauer rings umschlossenen Hüttenplatze: drei Hohöfen mit dazu gehörigen Erzplätzen, eine Kokerei mit mechanischer Kohlenwäsche, eine Gießerei mit Schlosserei, Tischlerei und Emailhütte, eine Bessemerstachlfabrik, ein Schienenwalzwerk mit Appretur, ein Feineisenwalzwerk, eine Maschinenbauwerkstatt und ein chemisches Laboratorium; ferner eine Ziegelei, welche, um dies gleich hier zu erwähnen, jährlich etwa vierthalb Millionen Pfund Thon zu feuerfesten Ziegeln für Hüttenwerksbauten verarbeitet, und endlich eine Gasanstalt, zugleich für das nahe Steinkohlenbauern-Palastdorf Bockwa. – Die Zahl der Beamten, Vorarbeiter und Arbeiter übersteigt anderthalbtausend; die Knappschaftscasse derselben besaß am Schlusse von 1867 ein Vermögen von vierundsechszigtausend Thalern. Die zum Betriebe des ganzen Werkes thätigen einundvierzig Dampfmaschinen mit ihren einundfünfzig Dampfkesseln entwickeln eine Leistung von nahezu einhundert Pferdekraft. Auf dem Hüttenhofe liegen über eintausend Fuß Schienengeleise zum Betrieb für Eisenbahnwaggons und es gehören dazu dreiundzwanzig Weichen; außerdem liegen mehrere tausend Fuß Schienengeleise als Nebenbahnen für den Transport von Coak, Roheisen etc.

Unser erster Gang führte uns zu dem äußerlich imponirendsten Bau, den beiden Hohöfen, die, je 16,5 Meter (etwa sechsundfünfzig Fuß) hoch emporragen, und von welchen der eine jährlich fünfzehn Millionen Pfund weißes Roheisen zum Verpuddeln, der andere zehn Millionen Pfund graues Eisen zur Bessemerstahlfabrication erzeugt. Beide sind mit Apparaten zum Abfangen der Gase versehen und oben durch eine eiserne Brücke verbunden. Zu dieser stiegen wir auf der schiefen Ebene hinauf, auf welcher mittels Wasser täglich sechs- bis achthundert eiserne Wagen aufgezogen werden, in denen Coak und Eisensteine zur Füllung der Oefen einhaken sind. Wie von einer eisernen Hochwarte aus überschaut man hier das ganze Hüttenwerk mit dem wohlgeordneten Ineinandergreifen seiner vielverzweigten Thätigkeit. Noch weite, unbenutzte Räume für bedeutende Ausdehnung der Werke umschließt der Mauerkranz, und jenseits desselben erfreut überall den Blick die Anmuth eines Hügellandes, aus dessen lachendem Grün, in den Thälern wie auf den Höhen, der Fleiß für das Glück und das Glück für den Fleiß dampfende Werkstätten und friedliche Wohnungen gebaut hat. Besonders nach Zwickau hin bezeichnet, wie einst die Pappelalleen die Nähe von Residenzen, eine ganze Reihe von Essen den Weg zu einer Industrieresidenz.

Im Dienste der drei Hohöfen stehen drei Gebläsemaschinen mit zusammen dreihundertundvierzig Pferdekraft und mit vierzehn Dampfkesseln. Diese und noch neun Winderhitzungsapparate werden sämmtlich durch die Hohofengase geheizt. Von hier wanderten wir die schöne, auf schlanken Pfeilern ruhende Brücke entlang, auf welcher das meiste Coak von der Kokerei zugeführt wird. An dieser vorüber gelangten wir zu der mechanischen Kohlenwäsche, in welcher täglich dreitausend Centner Kohlen gewaschen werden, um sie zur Verkokung in den dreiundfünfzig bis jetzt vorhandenen Koköfen vorzubereiten; und wandten uns nun der Gießerei zu.

Diese liefert bei einer Jahresproduktion von über sechs Millionen Pfund mit einer Mannschaft von zweihundert und fünfzig Mann aus drei Cupolöfen und einem Flammofen: Maschinenteile (bis zu fünfunddreißigtausend Pfund), Walzen, Oefen, namentlich aber, und nur stehend gegossen, Gas- und Wasserleitungsrohre, deren Absatz auch im fernen Auslande zu suchen ist.

Von der Gießerei aus besuchten wir die mit ihr verbundene Schlosserei, die Modelltischlerei und die Emaillirhütte, in welcher Pfannen, Töpfe, Tiegel, Rohre mit einem weißen, bleifreien, daher gesundheitsunschädlichen Email versehen werden, welches sich z. B. zur Leitung von Mineralwasser in Bad Elster als gut erwiesen hat.

Alles bisher Gesehene ist, wie großartig an sich, doch, Gott Lob, in Deutschland keine Seltenheit mehr. Unser nächster Schritt führt uns dagegen zur erwähnten Glanzpartie in der deutschen Metallindustrie, die in Sachsen dermalen sogar hier einzig dasteht: die Stahlbereitung in der sogen. Bessemerhütte. Es ist dies die neueste und für die Zukunft wohl die wichtigste Anlage des ganzen Werkes. Die Bessemerhütte wurde erbaut, um durch den von Bessemer erfundenen Proceß graues Roheisen in flüssigem Zustande mittels Durchblasens eines bis auf dreihundert Grad erhitzten Windstromes von dem Kohlenstoff zu befreien und es dadurch in eine Stahlmasse zu verwandeln, welche ganz besonders ein festes, dauerhaftes Material für die Schienenfabrikation liefert. Ehe man hier zur Ausführung schritt, hatte man sich zuvor auf einer ähnlichen, in Kärnthen im Gange befindlichen Hütte vergewissert, daß das hier aus den besten Spath- und Rotheisensteinen erblasene Roheisen zu dieser Art von Stahlfabrikation sich vollkommen eigne. Mit derselben Vorsicht ging man bei der Einübung der Arbeiter zu Wege. Da bei diesem Verfahren die äußerste Pünktlichkeit jeder einzelnen Thätigkeit nöthig ist, die nur aus einem klaren Verständniß des Proeesses hervorgeht und durch ruhige Uebung gewonnen werden kann, so wurden die Arbeiter, wie die Soldaten, erst auf’s Genaueste in allen ihren Verrichtungen ohne Feuer exercirt und konnten dann um so sicherer in’s Feuer geführt werden.

An Feuer fehlt es ohnedies bei diesem Proceß nicht. Als ich die große Halle der Hütte betrat, strahlten mir deren drei entgegen. In einer höher gelegenen Seitenhalle wurde in einem Cupolofen eine Masse von siebentausend Pfund graues Roheisen zur Flüssigkeit gebracht, um seiner Veredelung zu Stahl fähig zu werden. In einer halbrunden Vertiefung in der Mitte der Halle, in welcher im Halbkreise die zur späteren Aufnahme des fertigen Stahls bestimmten sogenannten Coquillen, etwa vier bis fünf Fuß hohe, starke Eisenkästen, bereitstanden, befand sich im Winkel zur Linken ein großes Eisengefäß (Pfanne nannten’s die Fachleute) in einer Feuersgluth, die bestimmt war, dasselbe in einen der Flüssigerhaltung des Stahlstroms entsprechenden Hitzegrad zu erheben, und zur Linken über demselben prangte in einer Ofennische die Hauptfigur des Tages, der sogenannte „Converter“, eine ebenso wie die Pfanne mit feuerfestem Thonbeschlag ausgefütterte eiserne Riesenbirne, deren Hals in der Nähe des fehlenden Stiels ein wenig umgebogen war. „Converter“ heißt diese erst seit 1857 in England einheimische Retorte, weil sie mittels zweier in der Richtung ihrer Queraxe liegender Zapfen im Gleichgewicht hängt und durch ein Räderwerk um diese Zapfen gedreht werden kann. Letztens geschieht mit einer Ruhe und Würde, die unsere Bewunderung erregt. Der Couverter befand sich eben in der angenehmen Lage, mit einem Hitzgrad erfüllt und durchdrungen zu werden, der seiner hohen Bestimmung entsprechen sollte.

Die Feuer hatten ihre Schuldigkeit gethan. Das Eisen war zum Sprung in den Läuterungsschlund bereit, der Converter wurde von der Gluthmasse des Coakes gereinigt, das, von einem feuerfesten Mann mit langstieliger Harke herausgeholt, wie silbern glühende Riesenschneeflocken heraussprang, und die „Pfanne“ war zum Empfange des Stahlquells bereit. Nun wurde der Converter mit dem vieldurchlöcherten Boden für den Durchgang und der starken Decke für die Einsperrung des Luftstromes versehen, und das Werk der Umwandlung begann.

Auf einen Wink des Ingenieurs dieser Hütte neigte sich der Converter, um seinen offenen Rachen für die perlende Eisenquelle in die rechte Lage zu bringen. Zu gleicher Zeit stieß der Mann am Cupolofen oben den Zapfen aus, und mit tropfenaufjauchzendem Lauf schoß, einem Gebirgsbach gleich, die fluchende Eisenmasse in luftigem Sprung im Bette der Rinne hinab plätschernd in den glühenden Rachen des Converters.

Geduldig und wohlbehäbig nahm das wie auf dem Bauch liegende Ungeheuer den Labequell auf, bis die dunkler geröthete Gluth das Ende der Mahlzeit verkündete. Dann erhob es sich, wie von Geisterhänden aufwärts bewegt, und reckte den Hals in [287] die Esse hinein. Ein Wink, und das Fegefeuer hub an. Mit wildem Brausen stürmte der heiße Luftstrom (mit einer Pressung von achtzehn bis fünfundzwanzig Pfund pro Quadratzoll) in die Eisenmasse und brach sich Bahn durch die siebentausend kochenden Pfunde der Masse und trieb sie zum Brodeln auf, in langer Flamme des Kohlenstoffs Eisentropfen wie einen Regen von Feuerfunken in hohen Bogen hinaushetzend und wild hauchend und pfauchend, pochend und donnernd, wie ein Junges des Aetna in den üppigsten Flegeljahren.

Der Anblick war großartig schön und doppelt entzückend durch das Gewaltige seiner Erscheinung gegenüber der Ruhe und Sicherheit der Männer, welche der furchtbaren Kraft der gehetzten Elemente so kalt und still, so winkbereit und jedes Augenblickes Herr mit der Macht der vom Menschengeist ersonnenen Fesseln geboten.

Die Flamme, anfangs noch röthlich, läuterte sich zu immer stechenderem Weiß. Sie zwang uns, das Auge durch blaue Gläser zu schützen. Auch der Rauch, den sie erzeugte, verdiente seine besondere Beachtung. Wir eilten vor die Hütte, ihn aus der Esse aufsteigen zu sehen. Das war kein dunkles Qualmen, sondern ein durcheinanderspielendes Farbengemisch von hellem Grau mit rothen, gelben und violetten Streifen und Wölkchen durchzogen.

Ein Brausen und dumpfes Stoßen, mächtiger als vorher, zog uns in die Halle zurück. Es war das Anzeichen vom Ende des Processes. Der furchtbare Windstrom warf von der bereits geläuterten Masse ganze Sprühregen in blüthenweißen Funken, Tropfen und Güssen empor, und dazwischen zischte der heiße Luftstrom pfeifend aus jeder Ritze, die er sich auf seinem Sturmlauf irgendwo gebrochen halte.

Da, mit einem Wink, schweigt der Sturm, eine drehende Hand hat den Luftstrom abgesperrt, und der Converter neigt sich, er legt sich gehorsam auf den Bauch, um seinen kochenden Inhalt prüfen zu lassen. Mit langen Eisenstangen fährt man in den geduldig ausgesperrten Rachen, und die an ihnen hängenbleibenden Tropfen der sprudelnden Massen genügen, um die Reife des Ganzen zu erkunden.

Die prüfenden Männer hocken um eine Eisenplatte und hämmern auf den gewonnenen Stahlstückchen. Nur wenn der Rand der glattgehämmerten Plättchen vollkommen rißfrei ist, sind sie zufrieden, wenn nicht, so muß der Converter noch einmal sich erheben und den glühenden Luftstrom aufnehmen; aber mit der Minutenuhr stehen dann die Ingenieure auf dem Posten, denn jedes Zuviel wirkt hier ebenso bedeutend auf die Masse, wie das Zuwenig.

Hat der nun fertige Stahl die Prüfung bestanden, so beginnt die Arbeit der Entleerung in die Pfanne und der Füllung der Coquillen. Der Converter legt sich, nach überstandenem Fegefeuer, wieder auf den Bauch, und zwar tief genug, um seinen Inhalt aus demselben Rachen als Stahl ausfließen zu lassen, in welchen er ihn als graues Roheisen zu sich genommen hat. Der Stahlborn fließt in die früher in die nöthige „angenehme Temperatur“ gebrachte Pfanne, welche am Boden eine Oeffnung hat, die durch einen bis nach oben reichenden und beliebig zu öffnenden Thonstöpsel geschlossen wird. Die ganze Last dieser Pfanne und ihres Inhalts steht auf einem hydraulischen Krahn, der auf den Wink gehoben, gesenkt und gedreht wird. Wie spielend mit der Last und ihrem Inhalt dreht der Krahn das inhaltreiche Gefäß von Coquille zu Coquille, je eine überspringend, um, der Arbeiter und der Gefahr wegen, nicht zuviel Gluth neben Gluth zu setzen, der Stempel öffnet sich, wie strömendes Wasser sprudelnd und perlend ergießt der flüssige Stahl sich in die Abkühlungsgefäße und das Werk ist vollbracht, aus Eisen ist Stahl geworden vor unseren Augen, die sich noch lange freuen, ein solches Wunder mit angesehen zu haben.

Auf diese Weise werden abwechselnd in zwei Apparaten hier jährlich etwa zehn Millionen Pfund Stahl erzeugt. Beschäftigt sind in der Hütte zwischen siebenzig und achtzig Arbeiter. Daß zu all’ diesen Arbeiten große Vorrichtungen nothwendig sind, um sie mit Leichtigkeit auszuführen, liegt auf der Hand. Der Fachmann kennt sie, dem Laien aber hilft die Aufführung einer langen Reihe von Apparaten, deren Beschreibung uns hier doch unmöglich ist, zu nichts, und deshalb unterlassen wir sie.

Um das fernere Schicksal des Bessemermetalls kennen zu lernen, begeben wir uns nun in das Grobeisen-Walzwerk. Es gehören dazu eine Walzhütte, eine Puddlings- und Schweißhütte, eine Schienenappretur, Zünderwäsche und verschiedene andere Räume. Die Walzenstrecke arbeitet mit einer hundertundzwanzigpferdigen, der Schienentrain mit einer hundertpferdigen Dampfmaschine; im Ganzen hat das Walzwerk, mit einer Mannschaft von fünfhundertundfünfzig Mann, fünfzehn Dampfkessel im Betrieb, welche durch die abgehende Flamme der zwanzig Puddel- und ebenso viel Schweißöfen geheizt werden, drei Dampfhammer von je siebentausend Pfund und einen vierten von dreitausend Pfund Gewicht und verwendet zu einer jährlichen Production von fünfunddreißig Millionen Pfund Schienen, Handels- und Façoneisen über vierzig Millionen Pfund Roheisen und alte Schienen und dazu über hunderttausend Karren Kohlen.

Unser letzter Gang führte uns zu dem getrennt von dem Grobeisenwalzwerk stehenden Feineisenwalzwerk, in welchem jährlich vier Millionen Pfund kleineres Handelseisen, als Niet-, Quadrat-, Flach-, Band- und Winkeleisen, Grubenschienen etc. gewalzt werden, und schließlich zu der erst vor drei Jahren neu gebauten Maschinenbau-Werkstatt, welche bei einer Mannschaft von hundertundfünfzehn Mann, ausgerüstet mit allen möglichen Werkzeugsmaschinen neuester Construction, ebenfalls im Stande ist, allen Aufträgen zu genügen.

Wir sind am Ende. Wir würden aber eine erst neulich von M. M. von Weber in der Gartenlaube[1] ausgesprochene Rüge selbst verdienen, wollten wir nicht auch hier nach dem Mann und Meister uns umsehen, dem der Haupttheil der technischen Ehre dieser großen Leistungen gebührt. Herr Alexander Rühle von Lilienstern, aus Bedheim bei Hildburghausen, ein Zögling der Freiberger Akademie, ist der technische Director dieses Hüttenwerkes, dem er fast seit der Begründung angehört. Nach einem Urtheil der „Deutschen Industriezeitung“ (1867, Nr. 8) verdankt die Königin-Marienhütte es hauptsächlich seinen Kenntnissen, seiner rastlosen Thätigkeit und Energie, daß sie dermalen als das bedeutendste und lebensfähigste Eisenhüttenwerk im Königreich Sachsen dasteht. „Er war,“ sagt sie, „der Erste in Sachsen, welcher Roheisen mit Anwendung von Coak darstellte, die Gichtgase zu metallurgischen Zwecken mit Vortheil verwendete und in neuester Zeit der Bessemerstahlfabrikation Eingang verschaffte. Endlich richtete er auf der Königin-Marienhütte auch die Schienenfabrikation ein, von deren Ausdehnung und gutem Resultat das Gesammtnetz der sächsischen Eisenbahnen seit vielen Jahren glänzendes Zeugniß ablegt.“

Zum Schluß überzeugte uns ein Stündchen geselligen Zusammenlebens mit Director und Beamten der Hütte, wie trefflich ein Mann, der nicht nur den Kopf, sondern auch das Herz auf dem rechten Fleck hat, die ernste Pflicht als Lebensfreude zuhöchst zu stellen, aber auch die Freude als eine Lebenspflicht für sich und seine Untergebenen zu ehren und mit jener in würdigste Verbindung zu bringen vermag.

Fr. Hfm.
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