verschiedene: Die Gartenlaube (1887) | |
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ausrotten läßt sich dasselbe freilich nicht, wenn es auch mildere Formen angenommen hat – und die Franzosen haben auch in diesem Jahrhundert in Deutschland kaum weniger barbarisch gehaust, wie jene Rotten des Dreißigjährigen Krieges, bei denen ihre Sprache zu Pathen gestanden. †
Aus dem Briefwechsel Napoleon’s I. und Josephinens. Die Briefe Napoleon’s I. an seine erste Gemahlin Josephine de Beauharnais geborene Rose Tascher de la Pagerie wurden zum ersten Male gedruckt im Jahre 1833 (Firmin Didot Frères, Paris); die Sammlung umfaßt kaum alle Billetts, auf denen der Eroberer der schönen Kreolin die Grüße seiner Liebe sandte, und die Zahl der mitgetheilten Briefe Josephinens ist nicht minder unvollständig; aber jedenfalls spiegelt sich in dieser auf rosarothes Briefpapier gedruckten Korrespondenz eines der berühmtesten Liebesverhältnisse der Geschichte, und der Einblick in das innerste und innigste Empfindungsleben des Welteroberers ist nicht nur historisch, sondern auch psychologisch interessant. Nicht einer dieser Briefe ist länger als eine Seite. Meist sind es nur ein paar Worte, mit denen der erschöpfte Feldherr am Abend einer heißen Schlacht der geliebten Frau von seinem Siege meldet. Er hätte sich kaum kürzer in Depeschen fassen können. „Ich habe den Feind geschlagen. Man wird Dir den Schlachtbericht zusenden. Ich bin todt vor Müdigkeit. Ich gebe Dir tausend Küsse. Ich bin zu Bett. Napoleon.“ So knapp und wortkarg lauten sie sämmtlich. Das ist der Stil der Napoleon’schen Liebesbriefe. „Adieu, mon amie. Tout à toi“ („Ganz der Deine“) ist ihr stereotyper Abschiedsgruß, bis dies tout à toi mit der zweiten Hochzeit des Kaisers zu Ende geht, ohne daß der Briefwechsel selbst damit gleichfalls am Schlusse wäre. Aber der Inhalt hat sich dann freilich wesentlich geändert. Die geschiedene Kaiserin kommt mit ihrer Jahresrevenue von 3 000 000 Francs nicht aus, und der Kaiser ist von dieser Thatsache nicht eben erbaut. „Urtheile selbst,“ schreibt er am 25. August 1811 von Trianon an Josephinen, „eine wie ungünstige Meinung ich mir von Dir bilden müßte, wenn ich erführe, daß Du bei 3 000 000 Francs Revenuen noch Schulden machst.“ Er verlangt, sie solle 1 500 000 Francs jährlich sparen. Aber auch dann schließt er mit der alten Herzlichkeit: „Adieu, mon amie, porte-toi bien.“ („Möge es Dir gut gehen!“) Das ist der Inhalt des vorletzten Briefes des Kaisers an seine erste Gemahlin. Das letzte Billett, das sie von seiner Hand empfing, ist mit der gleichen Theilnahme geschrieben, aber – Galanterie gehörte überhaupt nicht zu seinen Tugenden – es führt den unter so romantischen Umständen und mit wahrer Leidenschaft begonnenen Briefwechsel in der leider nicht eben poetischen Fassung zum Schlusse: „Lebe wohl, meine Freundin; schreib’ mir, daß es Dir wohl geht. Man sagt, Du würdest fett, wie eine dicke normännische Pächtersfrau.“
Aufrichtigkeiten. Unter diesem Titel hat Oskar Blumenthal eine kleine Sammlung von Epigrammen herausgegeben (Berlin, Freund und Jeckel), unter denen sich einige Treffer finden, z. B.:
Der Gerngroß.
Wem Dunst und Dünkel das Hirn verdrehte,
Wie wirkt er drollig in seinem Nichts!
Er hält zuletzt seine Kindertrompete
Für die Posaune des Weltgerichts.
Einer Dichterin.
Du fragst mich, stolz auf Deine Dichterleier:
„Sprich, haben meine Verse nicht viel Feuer?“
Ach wieviel besser wär’ es doch, Dorette,
Wenn’s Feuer lieber Deine Verse hätte!
Gelehrte Romane.
Es ist von je Gebrauch gewesen,
Romane zu seiner Erholung zu lesen;
Doch bei den gelehrten fragt mancher verstohlen:
Wo soll man sich von den Romanen erholen? †
Ein verbesserter Regenschirm. Findige Köpfe suchen Alles zu verbessern; auch der Regenschirm, das altbewährte Ausrüstungsstück gegen die Unbilden der Witterung, konnte diesem Verbesserungseifer nicht entrinnen, und die Menschheit hat dabei nichts verloren. Wir besitzen jetzt dauerhaftere und zugleich leichtere und elegantere Regenschirme als unsere Vorfahren. Bis auf die jüngste Zeit haftete jedoch dem Regenschirm ein Mangel an, der von den Meisten nicht beachtet wurde. Um den Schirm zu öffnen und zu schließen, mußten die beiden Hände gebraucht werden. Wer mit Packeten, z. B. mit Novellenmanuskripten, schwer beladen in strömendem Regen nach Hause eilte, der weiß wohl, daß das Oeffnen des Schirmes unter Umständen eine recht unangenehme Aufgabe bildet; sie wird erst recht lästig, wenn zu dem Regenwetter noch ein starker Wind hinzutritt. Jetzt ist diese Kalamität dank der Erfindung eines Leipziger Schirmhändlers, Max Kremer, aus der Welt geschafft. Er konstruirt Regenschirme, welche mit einer Hand geöffnet und geschlossen werden können.
Am Griff und im Stock des Schirmes befindet sich ein Mechanismus, welcher das Oeffnen und Schließen durch Druck und Zug mit dem Daumen ermöglicht. Der Daumen giebt jedoch dabei nur die regulirende Kraft; eigentlich öffnet und schließt sich der Regenschirm durch die eigene Schwere des Stoffes. „Er ist ein aëronautisches Kunstwerk,“ sagte mir der Erfinder, als ich anfangs Zweifel gegen die Brauchbarkeit der Neuheit erhob. Und in der That, man lernt in kürzester Zeit mit diesem Regenschirm in Wind und Wetter laviren; eine rasche Senkung, und der Schirm ist aufgespannt; ein Druck auf den Knopf am Griff, und der Schirm schließt sich von selbst. Billiger als die gewöhnlichen Regenschirme ist dieses „aëronautische Kunstwerk“ allerdings nicht; für die Entlastung der linken Hand muß der Besitzer des „Selbstöffners“ etwa 2 Mark mehr bezahlen, als für einen gleich gut gearbeiteten Schirm alter Konstruktion. Er verträgt auch keine schlechtere Behandlung als andere Schirme; aber in einer ihn sorgsam hütenden Hand bewährt er sich ganz gut. *
Obwohl nach den ersten 4 Stichen:
1. | V. | M. | H. | 3. | V. | M. | H. | |
(car. K.) | (p. B.) | (car. As) | (car. D.) | (tr. B.) | (tr. 8.) | |||
2. | M. | H. | V. | 4. | M. | H. | V. | |
(p. 9.) | (p. As) | (tr. Z.) | (p. K.) | (p. Z.) | (tr. K.) |
der Spieler alle übrigen Stiche bekommt, so hat er doch das Spiel verloren. Welcher von den Dreien war der Spieler? Was spielte er und wie saßen die Karten?
Die Mittelhand hatte auf folgende Karte:
Grand angesagt und war schwarz geworden (6 × 16 = 96) bei folgender Kartenvertheilung: Skat: gO, rO (+6):
- Vorhand: gW, sW, eZ, eK, eO, e9, e8, e7, sO, s9,
- Hinterhand: eW, gK, g9, g8, g7, rK, r9, r8, r7, s8.
Nach den beiden ersten Stichen in der Aufgabe folgt:
- 3. gW, rW, rK,
- 4. eZ, s7, g9,
- 5. eK, sK, g8,
- 6. eO, sZ, g7,
- 7. e8, rZ, r9,
- 8. e7, sD?? r8.
Der Spieler hätte aber im 8. Stich, weil die Hinterhand, welche am Ausspielen ist, bereits im 2. Stiche (siehe die Aufgabe) g mit sW gestochen hatte, das gD anstatt des sD werfen sollen; er hätte dann die beiden letzten Stiche mit 25 Angen herein- und mit dem Skat 31 Augen bekommen, also nur 3 × 16 = 48 zu zahlen gehabt.
H. K. in Karlsruhe. Sie schreiben uns, daß Sie öfter in Verlegenbeit sind, wenn es sich um deklamatorische Verträge in Gesellschaften oder bei festlichen Gelegenheiten handelt. Wir empfehlen Ihnen für diesen Zweck eine sehr reichhaltige Sammlung: „Deklamatorium. Eine Mustersammlung ernster und heiterer Vortragsdichtungen aus der Weltlitteratur.“ Herausgegeben von Maximilian Bern. (Leipzig, Philipp Reclam.) Die Auswahl ist geschmackvoll, die Uebersetzungen sind gut gewählt: neben Vortragsdichtungen, die sehr dankbar sind für gute Sprecher, finden sich auch kleine Zugaben für intimere Kreise.
H. R. in Dresden. Den jahrelangen Kampf um die Aufstellung des Leipziger Siegesdenkmals haben Sie, wie Sie uns mittheilen, mit vielem Interesse verfolgt. Die beiden städtischen Behörden waren mit Bezug hierauf stets entgegengesetzter Meinung. Jetzt ist es nach dem Schiedsspruche von Sachverständigen entschieden worden, daß das Siegesdenkmal auf dem Markte, im Innern der Stadt, aufgerichtet werden wird. An Vorschlägen aller Art hat es in der langen Epoche des Kampfes nicht gefehlt. Darunter waren einige wunderlicher Art. So ist allen Ernstes vorgeschlagen worden, das Siegesdenkmal auf dem flachen Dache des städtischen Museums zu errichten. Scherzhaft gemeint war dagegen der Vorschlag, das Siegesdenkmal auf Räder zu setzen und jeden Sonnabend Nachmittag vom Markt nach dem Augustusplatze und umgekehrt zu fahren, damit die beiden streitenden Parteien zu ihrem Rechte kämen.
B. in P. Die Pflanze, welche Sie meinen, heißt der Mottenkönig (Plectranthus fruticosus); es wird ihr nachgerühmt, daß ihr Geruch die so schädliche Pelzmotte von gepolsterten Möbeln, Kleidern, Pelzwerk etc. fernhält. Die Kultur des Mottenkönigs ist sehr einfach; er gedeiht im Zimmer, in jeder guten Gartenerde und bleibt das ganze Jahr hindurch in lebhafter Vegetation. Alle Theile der Pflanze besitzen einen angenehm aromatischen Geruch.
P. K. in Karlsruhe. So alt, wie man allgemein annimmt, werden die Eichen nicht. Die sogenannten „tausendjährigen“ zählen sicher keine tausend Jahre; das höchste Eichenalter, welches Professor Göppert bei der Eiche von Pleischwitz in Schlesien nachgewiesen hat, beträgt 700 bis 800 Jahre; durchschnittlich wird das höchste Alter der Eiche etwa 600 Jahre betragen. Den stärksten Durchmesser unter den historisch bekannten Bäumen dürfte die Eiche zu Damony in England gehabt haben; er betrug 68 Fuß. Im Innern des Stammes befand sich zu Cromwell’s Zeit eine Schenke.
K. S. in Gotha. Sie fragen, in welchem Blatte Sie Ihre Gedichte am besten zum Abdruck bringen könnten? Wir verweisen Sie auf Paul Heinze’s „Deutsches Dichterheim“ (Dresden-Striesen), ein Blatt, welches sich zur Aufgabe gestellt hat, jüngeren Talenten den Weg in die Öffentlichkeit zu bahnen, ohne daß indeß, wie ein Blick in die trefflich redigirte Zeitschrift beweist, Dichter von Ruf in derselben fehlten.
G. M. in W. Der Name „Nazarener“ für Overbeck und seine Schule stammt schon aus dem Anfang des Jahrhunderts und galt ursprünglich nicht der Kunstrichtung, sondern der Lebensweise der jungen Freundesschar, Overbeck, Pforr, Hottinger u. A., die alle ziemlich mittellos, aber voll glühender Kunstbegeisterung in Rom anlangten und sich gemeinsam in dem verlassenen Kloster St. Isidoro Werkstätten und Haushalt einrichteten. Ihr armseliges und doch durch Kunst und religiöse Begeisterung so hoch beglücktes Dasein erregte die Spottlust der derber organisirten Maler Koch und Reinhard, und diese verliehen ihnen den Spitznamen, der später auf ihre Kunstrichtung übertragen wurde und heute allgemein zur Bezeichnung derselben gebraucht wird.
P. P. in A. Der Ausdruck „das Couvert auflegen“ bezieht sich nicht auf den durch die Serviette bedeckten Teller, sondern entstammt einer viel älteren Tischordnung am französischen Hofe. Es war das Vorrecht der Könige und Prinzen, aus bedeckten Schüsseln und Krügen zu essen und zu trinken, im Gegensatz zu dem übrigen Hofstaat. „Mettre le couvert“ hieß also, die für den König bestimmten Gerichte auftragen und dadurch das Zeichen zum Beginn der Mahlzeit geben. Die kostbaren Deckelgefäße bildeten einen Haupttheil der unter den Souveränen früherer Zeit gewechselten Geschenke; es ist bekannt, was die mittelalterliche Goldschmiedekunst darin zu leisten verstand. Der Ausdruck „mettre le couvert“ erhielt sich dann, als jene Sitte verschwunden war, als Bezeichnung des Tischdeckens überhaupt.
Inhalt: Lisa’s Tagebuch. Erzählung von Klara Biller (Schluß). S. 709. – Abschied. Gedicht von Anton Ohorn. S. 714. Mit Illustration S. 713. – Der Raub in der Thierwelt. Charakterdarstellungen von Adolf und Karl Müller. II. (Schluß.) S. 714. – Der Unfried. Eine Hochlandsgeschichte von Ludwig Ganghofer (Fortsetzung). S. 716. – Tirolerin. Illustration. S. 717. – Ueber Bergsteigen und Bergsport. Von Dr. Karl A. v. Zittel. S. 719. – Das Schlaraffenland. Eine lustige Entdeckung. Von H. Boesch. S. 722. – Blätter und Blüthen: Johann Karl August Musäus. S. 723. Mit Portrait S. 709. – Schönheitskonkurrenzen. S. 723. – Die Elfenbeinfächer. S. 723. – Marodeure. S. 723. Mit Illustration S. 721. – Aus dem Briefwechsel Napoleon’s I. und Josephinens. S. 724. – Aufrichtigkeiten. S. 724. – Ein verbesserter Regenschirm. S. 724. – Skat-Aufgabe Nr. 15. Von H. Grimm. S. 724. – Auflösung der Skat-Aufgabe Nr. 14 auf S. 688. S. 724. – Kleiner Briefkasten. S. 724.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage unleserlich, zu erschließen aus dem 6. Stich.
verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1887, Seite 724. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_724.jpg&oldid=- (Version vom 21.11.2023)