verschiedene: Die Gartenlaube (1892) | |
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Frau bei, dem Sohne eine gute deutsche Bildung zu verschaffen.
Ein Semester in Berlin, wo er viel in Mariens Hause verkehrte, hat der junge Francis bereits hinter sich, er spricht auch ziemlich gut deutsch, – Du siehst also, das Wagniß ist nicht so arg.“
„Hm – wir haben ja aber gar keinen Platz, wo wolltest Du ihn denn unterbringen?“
„Dafür ließe sich schon Rath schaffen. Im oberen Stock ist ein großes Mansardenzimmer zu haben. Dorthin kämen die Jungen, ihr jetziges Zimmer gäbe Deine Studierstube und die bisherige, die hübsch und elegant ist, stünde dann für den jungen Weston zur Verfügung.“
„Und immerfort diesen Menschen in unserem vertrauten Kreise, an unserem Tisch haben, kein ungestörtes Wort mehr mit den Kindern!“
„Den Kindern könnte es vielleicht recht gesund sein, sich bei Tisch und sonst aus Rücksicht auf den Fremden manierlich zu benehmen.“ versetzte Emmy, die sich infolge von Hugos Widerspruch zusehends für den Plan erwärmte. „Uebrigens soll der junge Mann ein guter umgänglicher Mensch sein. Marie hat ihn sehr gern und hält viel von seinem Charakter.“
„Einen Pensionär nehmen?“ wiederholte Hugo, hartnäckig seinen ersten Gedanken festhaltend. „Das heißt öffentlich eingestehen, daß man nicht mehr genug zu leben hat.“
Emmy fühlte mit dem Ahnungsvermögen der Frauen, daß hier endlich der Hauptgrund aus der Tiefe heraufstieg, sie erwiderte deshalb mit großer Lebhaftigkeit: „Aber Hugo, gerade in diesem Falle kann doch niemand an dergleichen denken. Wir betonen bei allen, daß es eigentlich ein Freundschaftsdienst ist, den wir Marien und den Eltern erweisen, daß wir gern die Gelegenheit benutzen, unsere Kinder Englisch lernen zu lassen …“
„Gut, gut –“ unterbrach sie ihr Gemahl, „daß es Dir an Gründen nicht fehlen wird, glaube ich. Wir wollen jetzt die Sache ruhen lassen und zu Tisch gehen. Morgen ist auch noch ein Tag.“
Am andern Abend schrieb Emmy an Marie: „Ich habe es bei Hugo durchgesetzt! Der junge Weston kann kommen, sobald er will, und schreibe seiner Mutter, daß ich über ihn wachen will, als ob er zu den Meinigen gehörte.“
Venetianisches Ständchen.
Neige Dich, Du Holde, Schöne!
Neige huldvoll Dich hernieder
Dort von des Balkones Rande –
Meiner Mandoline Töne
Bring’ ich Dir und Liebeslieder,
Die zum Gruß der Frühling sandte.
Sieh! am dunklen Himmelsraume
Schimmern golden rings die Sterne,
Und der Mond glänzt silberhelle,
Alles liegt im tiefen Traume,
Alles schläft – Verrath ist ferne,
Und verschwiegen ist die Welle! – –
Martinus Meyer.
verschiedene: Die Gartenlaube (1892). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1892, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1892)_025.jpg&oldid=- (Version vom 7.10.2024)