Topographia Franconiae: Schweinfurt

Topographia Germaniae
Schweinfurt
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1648, S. 95–97.
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Schweinfurt.

Deß H. Reichs Stadt Schweinfurt am Mayn / ist nach Munsteri Zeugnuß fast mitten im Franckenland und wegen Weinwachs / guten Ackerbaues / Wiesen / Waldungen und Gehöltz / an einem fruchtbaren Boden gelegen. Hat den Namen von der Schwaben Durchzug / und heisset so viel als Schwabenfurt / Trajectus Suevorum, denn Cornelius Tacitus bezeuget / wie zu Zeiten Käysers Tiberii, die Schwaben auß Sachsen und von der Elb in Rhaetiam, das ist / ins Rieß gezogen. Dannenhero zugleich das Alter dieser Stadt vermercket werden mag: Sintemal wo sie so alt ist / als jetzt bedeuter ihr Name / und nemblich / wie wol gläublich / sie zu bauen schon angefangen worden ist / als an dem Ort der Furth von den Schwaben genommen / so ergibt sichs / daß diese Stadt über die 1600. Jahr alt seyn müsse. Wiewol Anrdeas Goltmeyer beweisen wil / daß sie noch umb 257. Jahr älter / und nemblich 217. Jahr vor Christi Geburt von denen durch die Schweden auß Pommern in das Stifft Münster und fürters an Mayn getriebene Schwaben zuerbauen angefangen worden seye.

Daß aber diese Stadt heutiges Tages nicht mehr an dem Ort stehe / dahin sie jetzt berührter massen erstmals / nemlich von Kiliansberg am Mayn-strohm besser hinauffwerts zum Bach unter dem Petersberg / die Peter Stirn genannt / erbauet gewesen: Sondern einen Büchsenschuß davon dem Mäyn herab auff einer andern und neuen Hoffstatt stehe / ist gewiß / wie auch dieses kundbar / daß man den vorigen zum theil gepflasterten Ort noch heutiges Tages die alte Stadt heisse / wiewol ausser unterschiedlicher allda noch befindlicher Vestigien sonsten keine Häuser oder andere Gebäu mehr daselbst vorhanden / sondern alles voll Weinberg gepflantzet ist.

Beydes die Zeit und Ursach dieser Veränderungen mag man von dem alten Hennebergischen Chronisten und Cantzlern M. Sebastian Glassern vernehmen. Der Stadt Schweinfurth (schreibet derselbe) gieng es im Jahr 1253. (andere und fast die mehrere setzen / 1254.) elend gar genug / darumb sie auch nach selbiger Zeit Schweinfurth im Elend genennet worden / denn sie durch Krieg zwischen Henneberg und Würtzburg erobert und zu Grund verderbet wurde. Zu und nach Käysers Caroli Magni Zeiten / da Teutschland mehrers angefangen gebauet und bewohnt zu werden / und solchem nach Fürstenthumb / Land / Leuthe und Städte von Römischen Käysern / den Fürsten und Herren zu Lehen oder sonsten gegeben worden / ist sie den Grafen von Henneberg gewesen / biß auff Graf Henrich den fünfften diß Namens / nach welches und seiner Frau Mutter Heilae Absterben Anno 1017. (derer zum Leibgeding von ihrem Gemahl Graff Bertholden die Stadt vorhero gemachet worden / ) hat sie Käyser Heinrich II. einem Herrn / Namens Otten / den man darnach gleichfals Marggrafen von Schweinfurth genannt / darumb übergeben / weil wider ihn letzlich Graf Henrich Krieg geführet / auß Fürgeben / daß seine treue Dienste nicht wären erkannt worden. Käys. Hinrich der III. hat hernach bemeldten Marggrafen Otto von Schweinfurth / auch zum Hertzogen zu Schwaben gemacht / bey dessen Erben die Stadt geblieben biß auffs Jahr 1112. allda / nach Absterben Eberhart / deß 20. Bischoffs zu Aychstatt / der noch ein Marggraf zu Schweinfurth gewesen / sie dem Reich heim gefallen / und wurde gleichwol dem succedirenden Bischoff darfür Grettingen in der Obern-Pfaltz eingethan und zugeeignet / von welcher Zeit hero biß auf heutigen Tag Schweinfurth niemand als unmittelbar dem Reich allein zugethan verblieben / auch sonsten neben der Reichs-Immedietät mit andern ansehnlichen Immunitäten / Regalien und Freyheiten begabet und wol versehen ist / dann ob sie woln / als auß warhaftem Bericht D. Synapii Munsterus vermeldet / eine lange und grosse Beschwerung von Käysern und Königen umb das Jahr Christi 1305. und nachgehends in deme gehabt / daß sie hoch versetzet worden / und Pfandweiß in frembder Hand eben lang geschwebet / ist sie doch allweg bey dem Reich blieben / und durch ihre treue selbst Wiederlösung Anno 1386. nicht allein auß den Versatzungen wieder loß kommen / sondern hat daher zu andern / so alten als neuen vielen Freyheiten / wie obgemeldt / auch dieses sonderbare Käyserliche und Königliche Privilegium erlanget / daß die Stadt von dem Heil. Reich in Ewigkeit nicht mehr

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[96] versetzet / übergeben / verwechselt / auch von eines Römischen Käysers / Königes und deß Reichs wegen umb Schulden oder andern Sachen willen nicht Pfandbar noch von jemand angegriffen werden / wie auch darbeneben insonderheit diese Freyheit und Macht haben solle / so offt es deroselben vonnöthen zu seyn bedüncken thut / einen Vogt oder gefreyten Richter / auß ihrem Rath oder Burgerschafft zu erwehlen / solchen auch ihrer Nothdurfft und Gelegenheit nach wieder zu urlauben und zu entsetzen.

Wegen frembder Kriege hat beydes die alte und neue Stadt jezuweilen mehr unschuldig erlitten / weder hier in kürtze mag gedacht / noch der Schaden so bald wieder ersetzet werden. Abelinus und Lungvvitzius in ihren durch den Druck außgelassenen Historischen Wercken / berichten in dem zu viel / daß die Stadt den 2. Octobris Anno 1631. da sie von Gustavo Adolpho dem König in Schweden eingenommen worden / demselben auch solle haben huldigen müssen.

Durchs Jahr lang werden allda 6. Niederlag und so viel Jahrmärckt wechselweiß gehalten / darunter sonderlich der auff S. Elisabethae Tag / als eine Meß / vermög Käysers Sigismundi de dato Constantz an S. Valentini Tag Anno Christi 1415. ertheilten Privilegii, auff 17. Tage lang zu halten gefreyet ist / welche zu Friedenszeiten wegen Bequemlichkeit deß Wassers und Landes / auß Hessen / Thüringen / Sachsen / Voitlang und Henneberg / wie auch unterschiedlichen und fast den mehrern Benachbarten / auch andern vornehmen Fränckischen und Schwäbischen Städten / vor diesem starck besuchet / und so woln dahero / als durch der Innwohner Handlung / Wein und Ackerbau / davon sie sich denn meinst nehren / die Stadt zimlich wieder erbauet worden / ungeachtet sie erst Anno 1554. den 13. Junij im Krieg zwischen Marggraff Albrecht / dem Jüngern von Brandenburg / und den Fränckischen Bund-Städten / bevorab den Bischoffen zu Bamberg / Würtzburg und der Stadt Nürnberg / wiewoln vermög deren auff deme in nechst darauff gefolgten 1555. Jahr zu Augspurg gehaltenen grossen Reichstag von damaliger Römischer Käyserlichen Majest. Carolo V. wie auch andern zuvorhero bey währender Belagerung allergnädigst ertheilten in offenem Druck stehender Zeugnussen / gantz unschuldiger weiß zu Grund verbrannt gewesen: Insonderheit ist neben der Brücken über den Mäyn / die Schul / das Zeughauß / wie auch Anno 1570. das Rahthauß zierlich / dann die Mühle mit 15. Gängen dergestalt wol erbauet / daß dergleichen an Mäynstrom nicht viel zu sehen. Und wenn einen Ort billich mehrers die Leuthe / als die Gebäu zieren / so mögen Conradus Celtes, der erste Teutsche Poet / Johannes Cuspinianus dreyer Käyser Historicus und Bibliothecarius, Henricus Sallmuth Professor und Superintendens zu Leipzig / dann Andreas Grundlerus und Johannes Synapius beyde der Artzney Doctores, Chur- und Fürstliche Professores und Archiatri, dieser Stadt wol zum Lob dienen / sintemal anderer zugeschweigen / diese vortreffliche Männer / als Schweinfurther Stadtkinder / und zwar Grundlerus deß in und ausser Teutschland in ihrer Kunst und erudition halb sehr berümbtesten Weibs / Olympiae Fulviae Moratae Ehemann gewesen / mit deren er auch so lang zu Schweinfurt gewohnet / biß im obgemeldten Marggräffischen Krieg und leidigem Branndverderben sie beyde von dannen gen Heydelberg vertrieben worden / allda Sie in Griegisch- und Lateinischer Sprach / so woln als Er publicè und privatim profitiret, und zwar hat man eben auß dieser Olympiae Schrifften / Epistolen und Carminibus anders mehrers von der Stadt Schweinfurth zu vernehmen / unnöthig auch unnützlich / alles anhero zu bringen; Allein stehet noch zu deroselben sonderbahren und höhern Lob zu gedencken / daß zu Schweinfurth eigentlich der allererste Religion-Frieden zwischen dem Käyser und den Protestirenden Ständen / welche dazumal 7. Fürsten und 24. Städte waren /mittelst Albrechten Ertz-Bischoffen und Chur-Fürsten zu Mäyntz / und Ludwig Pfaltzgrafens am Rhein Chur-Fürsten / auff den Anno 1532. im Aprili daselbst gehaltenen Convent getroffen / verglichen / und so balden darauff den 25. Augusti vom Käyser durch öffentliche Mandat zu Nürnberg bestättiget worden / wie beym Schleidano, Hortled. und Tom. 5. Isleb. Luth. zu sehen / etc.

Dieser Bericht ist uns von vertrauter Hand communicirt worden.

Siehe von deme / so gesagt / ausser obangezogenen Scribenten, Cyriacum Spangenberg / lib. 2. cap. 34. der Hennebergischen / und cap. 390. der Mansfeldischen Chronic; die Braunschweigische Chronic Buntingi, und Meibomii fol. 331. seqq. Crusium, lib. 11. part. 3. Annal. Suev. cap. 28. Thrasybulum Leptam, im Leben Herrn Graf Ludwigen

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[97] von Seinsheim lib. 2. fol. 134. Dresserum in seinem Städtbuch / Abraham Sauern in Theatro parvo Urbium (der deß in Anno 1296. allhie gehaltenen Thurnirs / so der 16. in der Ordnung solle gewest seyn / auch gedencket) pag. 197. seqq. und den Autorem von den Reich-Vogteyen / so viel obgedachte gefreyte Richter anbelangt / am 138. Blat. Limnaeum de Jure publ. lib. 7. cap. 47. num. 3. 4. 5. et Wehnerum in Observat. pract. Christoph. Brouuerus lib. 4. Antiqu. Fuldens. p. 361. schreibet / daß deß besagten Marggraf Albrechts Schatz / in obvermeltem Einfall / mit aufgangen / und auch die Kirchen-Güter außgetragen / und von den Soldaten schändlich geplündert worden seyen. Anno 1631. den 1. Octobris, bekam diese Stadt der König auß Schweden in seinen Gewalt. Und hat sie hernach noch viel in diesem Teutschen Krieg außgestanden. Und ist folgends die meiste Zeit / eine Käyserliche Besatzung / weilen der Ort zimlich fest / und verwahrt / allhie gelegen: den 13. Aprilis 1647. als der Käyserliche General-Wachtmeister Herr Graff von Ladron das Commando darinnen gehabt / ist solche Stadt von den Schwedischen innerhalb wenig Tagen erobert worden. Theatri Europaei 5. Theil am 1336. Blat.

Was aber am Ende / wegen Marggraff Albrechts Schatz stehet / das widerspricht ein unlängsten auß Schweinfurth überkommener Bericht / und sagt: daß nicht deß gedachten Marggraff Albrechts Schatz / sondern der Fuldische / an 90. Kelchen / kostbarlich eingefasten Reliquien, schönen Kirchen-Zierat und Kleidern / so nach Schweinfurth geflehnet worden / durch den Raub und Plünderung / auch mit fortgangen. Sonsten wird vermeldet / daß die künstliche Brück allhie / so zwar nicht steinern / sondern Höltzern / insonderheit zu sehen sey; und daß diese Stadt mitten im Franckenland gelegen / daselbst der älteste im Rath allezeit der Reichs-Vogt / und weil er Praesident im Stadtgerichte / so sey er gleichsam befreyet / den Rath zu besuchen / oder in denselben zu gehen. Vor ihme seyn Burgermeister und Rath allhie in der ersten Instantz zu verklagen / welcher etliche Rathsherren und Schöffen von Nürnberg und Rotenburg an der Tauber zu sich nimbt; die Bürger aber müssen vor dem Stadt-Gericht zu Schweinfurth gesuchet werden. Sie giebt der Zeit Monatlich zum Reich einfach 4. zu Roß / und 25. zu Fuß / oder an Geld 148. fl. und zu Unterhaltung deß Cammer-Gerichts zu Speyer / Jährlich / wie ich gelesen / nach dem erhöchten Anschlag / 83. fl. 21. Kr. 4. Heller. Was der Schwedische Historienschreiber von der Eroberung dieser Stadt / den 5. Octobris, Anno 1634. durch die Käyserischen beschehen / berichtet / das mag man bei ihme im 2. Theil vom Schwedischen Krieg / f. 581. a. selber gelesen. Als folgends im Jahr 1647. den 14. Aprilis / Alten Calenders / der Käyserliche General Wachtmeister und gewesener Commendant allhie / ein Graff von Ladron den Schweden diese Stadt wieder auffgeben / so ist sie hernach besser verwahret und bevestiget worden.


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