Singular Plural
Nominativ der Ketzer die Ketzer
Genitiv des Ketzers der Ketzer
Dativ dem Ketzer den Ketzern
Akkusativ den Ketzer die Ketzer
 
[1] Menschen, die als Ketzer verbrannt werden

Alternative Schreibweisen:

veraltet: Kätzer

Worttrennung:

Ket·zer, Plural: Ket·zer

Aussprache:

IPA: [ˈkɛt͡sɐ]
Hörbeispiele:   Ketzer (Info),   Ketzer (Info)
Reime: -ɛt͡sɐ

Bedeutungen:

[1] katholische Kirche, abwertend: jemand, der kirchliche Dogmen und Glaubenslehren ablehnt und/oder öffentlich kritisiert
[2] übertragen, abwertend: jemand, der öffentlich eine Ansicht zu einem bestimmten Thema vertritt, die der überwiegenden Meinung widerspricht
[3] veraltet: Fälscher
[4] veraltet, grobes Schimpfwort mit und ohne sexuellen Bezug: frevelhafter, sittenloser, lüsterner Mensch

Herkunft:

[1] Ketzer geht auf das mittelhochdeutsche ketzer und kether zurück. Diese wurden aus dem mittellateinischen Cathari → la ‚die Reinen‘ entlehnt, was seinerseits vom mittelgriechischen Καθαροί (Katharoi→ grc abstammt. Katharó̄í ist eine Substantivbildung zu καθαρός (katharos→ grcrein‘ und der Name einer mittelalterlichen Glaubensbewegung, die seit dem 11. Jahrhundert aus Richtung Osten, insbesondere der Balkanhalbinsel, nach Westen vordrang. Ab dem 13. Jahrhundert wurden ihre Mitglieder massenhaft verfolgt und der Name Cathari entwickelte sich zu einer Bezeichnung für alle Arten von Häretikern. Dass das mittelhochdeutsche ketzer im Neuhochdeutschen weiterexistiert, ist vermutlich dem Einfluss des Italienischen geschuldet: Das altitalienische gazaro, gaçaro oder gassaro ‚Ketzer‘ könnten hierin enthalten sein.[1]
Diese Wortherkunft ist allerdings schon in früher Zeit in Vergessenheit geraten und so wurde Ketzer mit Katze durch Volksetymologie verbunden, da diese genauso falsch seien wie eine Katze. Auch die früher anzutreffende Schreibweise Kätzer mag auf diesem Umstand beruhen.[2]
[3] Diese Bedeutung entstand wahrscheinlich deshalb, weil die Ketzer den Glauben verfälschen wie die Alchemisten die Metalle.[2]

Synonyme:

[1] neutral: Häretiker; religiös gefärbt: Abtrünniger, Freidenker, Frevler, Irrgläubiger
[2] Abweichler, Andersdenkender, Dissident, Häretiker
[3] Fälscher
[4] Katzenritter, Knabenschänder, Papist, Simonist, Sodomit

Gegenwörter:

[1] religiös gefärbt: Frommer, Rechtgläubiger

Weibliche Wortformen:

[1–4] Ketzerin

Unterbegriffe:

[1] Albigenser, Arianer, Bogomile, Katharer, Manichäer, Waldenser
[1] abwertend: Erzketzer

Beispiele:

[1] „Aber bis ans Ende der Zeiten wird die Kirche auch auf der von ihr bewahrten und bewachten Reich-Gottes-Botschaft Jesu wie auf einem Pulverfaß sitzen, ständig in der Gefahr, sich selbst in die Luft zu sprengen. Und zu denen, die in der Kirche die Lunte an dieses Pulverfaß legen, gehören die Ketzer.[3]
[1] „Zu Wien, zu Madrid, ja zu Rom wurde der kühne und kluge Ketzer in Ehren gehalten, als das Haupt der großen Verbindung gegen das Haus Bourbon, und selbst zu Versailles war der Haß, den er einflößte, reichlich mit Bewunderung gemischt.“[4]
[1] „Vergeblich ließ Papst Martin V. 1425 einen neuen Kreuzzug gegen die Hussiten predigen. Niemand zeigte Muth und Eifer, gegen die siegreichen Ketzer anzukämpfen.“[5]
[1] „Schließlich wirft er die Frage auf, warum doch die Kirche so viele Jahrhunderte bestanden habe, ohne daß Ketzer verbrannt worden wären?“[6]
[1] „In seinen Schriften sind Sätze, welche verdienen, daß deshalb 100.000 Ketzer verbrannt würden, und wenn man übrigens Luthers Sitten rühmt, so darf man nicht vergessen: daß der Teufel am liebsten durch Täuschungen solcher Art verführt.“[7]
[1] „Darum sind’s wirklich grobe Eselsköpfe, dass sie den einen Ketzer schelten, der wider der Kirche Gebräuche handelt.“[8]
[1] „In Deutschland findet Johannes Kepler gute wissenschaftliche Gründe für die Gültigkeit des heliozentrischen Systems, welches das alte geozentrische (ptolemäische) Bild ablösen sollte. Gleichzeitig ergreift in Italien – zu dicht am Zentrum der Kirche – Galileo Galilei Partei für die revolutionären Gedanken und wird dafür als Ketzer gebrandmarkt.“[9]
[1] „Abendland am Beginn des 21. Jahrhunderts heißt eben auch Aufklärung, heißt nicht nur Thomas von Aquin, sondern auch Immanuel Kant, meint nicht nur die Heerschar der Heiligen, sondern genauso die Heerschar der Ketzer, die verbrannt wurden, weil sie die herrschende Meinung und die Meinung der Herrschenden nicht teilten.“[10]
[1] „Erretten willst du die polnischen Herrn?
Sie knechten die Euren nah und fern;
Rechtgläubigen bieten sie Schimpf und Hohn.
O schütze nicht stolze Ketzer, mein Sohn!“[11]
[1] Giordano Bruno wurde am 17. Februar 1600 als Ketzer verbrannt.
[2] „Im Gegenzug werden die Ketzer einer Klimakatastrophe beschuldigt, von Energiekonzernen und reaktionären Gruppen finanziert und manipuliert zu werden.“[12]
[2] „Ein Ketzer ist Georg K. Glaser.“[13]
[3] „Wenn der Ketzer nach der Aufdeckung des Irrtums nicht unmittelbar umkehren und der Ketzerei abschwören will, muss er umgehend verbrannt werden, wenn er ein Laie ist. Die Fälscher des Geldes nämlich werden sofort dem Tod übergeben, um wieviel mehr die Fälscher des Glaubens!“[14]
[4] „Jedoch sagt er von keinem, daß er ein schwangere Hur, ein Kindbetterin, ein Teuffels-Verbünder, ein nach dem Contraët vom Teuffel gehohlter, ein überwiesener und von ganzen Conciliis verdammter Ketzer, Sodomit, Zauberer, Dieb, gewesen, das seynd nichts anders als erzgrobe Lästerungen eines unverschämten praedicantischen SchmähMauls.“ (1742)[15]

Charakteristische Wortkombinationen:

[1] als Ketzer verbrannt werden

Wortbildungen:

Ketzerei, Ketzerbart, Ketzerbuch, Ketzerbekämpfung, Ketzerchronik, Ketzereifer, Ketzerfeind, Ketzerfeuer, Ketzerflamme, Ketzerfreund, ketzerisch, Ketzergericht, Ketzergift, Ketzerglaube, Ketzergrube, Ketzerjagd, Ketzerjammer, ketzern, Ketzerpredigt, Ketzerprozess, Ketzertaufe, Ketzertaufstreit, Ketzerverbrennung, Ketzerverfolgung

Übersetzungen

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[1] Wikipedia-Artikel „Ketzer
[1] Uni Leipzig: Wortschatz-PortalKetzer
[1, 2] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Ketzer
[1–4] Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „Ketzer
[4] Wolfgang Pfeifer et al.: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 8. Auflage. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2005, ISBN 3-423-32511-9, „Ketzer“, Seite 650

Quellen:

  1. Wolfgang Pfeifer et al.: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 8. Auflage. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2005, ISBN 3-423-32511-9, „Ketzer“, Seite 650
  2. 2,0 2,1 Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 „Ketzer
  3. Heinz Zahrnt: „Dem wahren Ketzer gebührt Ehre“, Die Zeit, 27.05.1977
  4. Thomas Babington Macaulay: Die Geschichte Englands seit dem Regierungsantritte Jakobs II., Dritter Band, 1856, S. 48
  5. Johann Baptist Schels: Geschichte der Länder des östreichischen Kaiserstaates, Sechster Band, 1824, S. 379
  6. Heinrich August Erhard: Geschichte des Wiederaufblühens wissenschaftlicher Bildung, vornehmlich in Teutschland bis zum Anfange der Reformation, Zweiter Band, 1830, S. 441
  7. Friedrich von Raumer: Geschichte Europas seit den Ende des funfzehnten Jahrhunderts, Erster Band, 1832, S. 254
  8. Martin Luther: Artikel wider die ganze Satans-Schule und alle Pforten der Hölle, XXVIII.
  9. Gerhard Klare: „Ein Ketzer in China“, Sterne und Weltraum 7/2008
  10. Wolfgang Prosinger: „Ketzer fürs Abendland“, Der Tagesspiegel, 8.12.2008
  11. Rudolph Gottschall: Neue Gedichte, 1858, Seite 300
  12. science ORF.at: „Klima-"Ketzer": Nicht alle fürchten eine "Katastrophe"
  13. Jürgen Serke: Die verbrannten Dichter. Lebensgeschichten und Dokumente. 2. Auflage. Wallstein, Göttingen 2023, ISBN 978-3-8353-5388-6, Seite 283.
  14. 1521: Martin Luthers rhetorischer Moment oder Die Einführung des Protests, Joachim Knape. Abgerufen am 30. November 2017.
  15. Beschreibung des unglücklichen Anlauffs der Herren Praedicanten, Band 1, Joseph Biner. Abgerufen am 30. November 2017.

Ähnliche Wörter (Deutsch):

ähnlich geschrieben und/oder ausgesprochen: Karzer, Katze
Anagramme: ketzre
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