Pharmakologie und Toxikologie: Vitamine


Vitamine

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Vitamine sind lebenswichtige organische Verbindungen, die der Organismus nicht oder nicht in ausreichender Menge bilden kann. Der tägliche Bedarf ist gering.

Funktionen:

  • Katalytische Funktionen als Coenzyme im Stoffwechsel (Folat, Vitamin K, Vitamin B1, B6, B12 u. a.)
  • Steuernde Funktionen (Vitamin A und D)
  • Radikalfänger (Vitamin C und E)

Fettlösliche Vitamine

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Vitamin A (Retinol)

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β-Carotin
 
Retinol

Pharmakokinetik: Die in Pflanzen vorkommende Provitamine des Vitamin A sind α-, β- und γ-Carotin. Daraus hervorgehende und im Körper wichtige Retinoide sind die Isomere 11-cis-Retinol und all-trans-Retinol (Vitamin A), 11-cis-Retinal (in Rhodopsin, Sehvorgang) und all-trans-Retinal, all-trans-Retinsäure (Tretinoin) und 11-cis-Retinsäure (Isotretinoin). Retinol wird im Dünndarm passiv oder carriervermittelt aufgenommen. Als Ester an CRBP (cellular retinol binding protein) gebunden erfolgt der Transport in Chylomikronen über die Darmlymphe in den Kreislauf. In der Leber wird CRBP abgespalten und Retinol als Retinylester gespeichert. Retinsäure wird nach Glucuronidierung hepatobiliär ausgeschieden.

Tagesbedarf: Erwachsene: 0,8 mg (Carotin: 2 mg)

Lebensmittel mit hohem Gehalt des Vitamins: Milchprodukte, Eigelb, Fisch, Leber. Die Provitamine (Carotinoide) findet man v. a. in Früchten und Gemüse mit gelb-rot-orangener Farbe, aber auch in grünem Gemüse.

Biochemische Funktionen und physiologische Bedeutung:

  • Retina: Als Schiff-Base an Opsin gebunden bildet 11-cis-Retinal das Rhodopsin, das Sehpigment. Durch Lichteinwirkung wird 11-cis-Retinal zu all-trans-Retinal isomerisiert und vom Opsin getrennt und dadurch die Signalkaskade in der Rezeptozelle eingeleitet.
  • Zellproliferation und -differenzierung: Retinsäure ist ein Abbauprodukt des Retinolstoffwechsels und fungiert als Wachstumsfaktor, in dem es an verschiedene Subtypen von intrazellulären heteromeren Retinsäurerezeptoren (Retinoic acid receptor (RAR) und RXR) bindet, die als Transkriptionsfaktoren wirken. Betroffen sind v. a. regenerationsfreudige Organe wie Schleimhäute, Haut und Blutbildung.
  • Geschlechtsorgane: Produktion von Testosteron, Einfluss auf Reproduktion und fetale Entwicklung

Mangelerkrankungen: Am Auge: Sehstörungen (Nachtblindheit, erhöhte Blendempfindlichkeit), Keratomalazie, Xerophthalmie; Hyperkeratose der Talgdrüsen, Atrophie von Schleimhäuten und Speicheldrüsen.

Hypervitaminosen: Gastrointestinale (Übelkeit, Erbrechen) und neurologische Symptome (Schwindel, Kopfschmerzen), bei sehr hoher parenteraler Dosierung: Alopezie, Hepatosplenomegalie. Teratogen! (Bei höherer Dosierung müssen Retinoid-Präparate 2 Jahre vor der Empfängnis abgesetzt werden!) Erhöhung des Lungenkrebsrisikos bei Rauchern.

Anwendung: Akne (hochdosierte Retinoidcremes, in schweren Fällen p. o.)

Vitamin D (Calciferol)

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Ringsprengung von 7-Dehydrocholesterol und…
 
…spontane Isomerisierung zu Cholecalciferol.
 
Zweifache Hydroxylierung von Cholecalciferol zu Calcitriol.

Biochemie: Vitamin-D-Hormon ist eigentlich kein echtes Vitamin, da es im Körper selbst aus Cholesterin gebildet wird. Das Ringsystem von 7-Dehydrocholesterol wird in der Haut durch UV-Licht-Einstrahlung gesprengt, so dass Cholecalciferol (Vitamin D3) entsteht. Vitamin D3 wird auch aus der Nahrung aufgenommen. Dieses wird nun in der Leber zu 25-Hydroxycholecalciferol und bei Bedarf unter Einfluss von PTH in der Niere (EC 1.14.13.13) zum aktiven 1,25-Dihydroxycholecalciferol (D-Hormon, Calcitriol) hydroxyliert.

Pharmakokinetik: ?

Tagesbedarf: Säuglinge und alte Menschen: 0,010 mg, Erwachsene: 0,005 mg

Lebensmittel mit hohem Gehalt des Vitamins: Der größte Teil des Vitamins wird bei ausreichender Lichtexposition im Körper selbst gebildet. In Nahrungsmitteln kommt es in nennenswerten Mengen nur in tierischen Produkten vor (Fisch, Eigelb, Milchprodukte, Rinderleber). Pflanzliche Lebensmittel enthalten meist nur das Provitamin Ergosterol.

Biochemische Funktionen und physiologische Bedeutung: Calcitriol fördert die Calciumresorption im Darm und die Calciumrückresorption in der Niere und ist somit an der Konstanthaltung des Serum-Calciumspiegels und der Knochenmineralisierung beteiligt. Es spielt auch eine Rolle bei der Differenzierung und Reifung der Immunzellen.

Mangelerkrankungen: Rachitis bei Kindern, Osteomalazie bei Erwachsenen

Hypervitaminosen: selten

Anwendung: Rachitis-Prophylaxe und Förderung des Zahnmineralisierung bei Säuglingen und Kleinkindern, Osteoporose-Prophylaxe (in Kombination mit Calcium) bei alten Menschen.

Vitamin E (Tocopherol)

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α-Tocopherol

Pharmakokinetik: Hydrolyse von Tocopherolestern und Resorption (ca. 30 %) im Dünndarm, danach Bindung an VLDL und Transport via Blutkreislauf zur Leber, sowie Weitergabe an LDL und HDL.

Tagesbedarf: Erwachsene: 12–14 mg

Lebensmittel mit hohem Gehalt des Vitamins: Pflanzen, v. a. Getreidekeime, Pflanzenöle, Nüsse, Gemüse u. a. m. sowie Butter.

Biochemische Funktionen und physiologische Bedeutung: In der Natur kommen acht Tocopherolstoffgemische vor, α-Tocopherol ist für den Menschen am wichtigsten. Vitamin E wirkt als lipophiles Antioxidans und schützt Membranlipide vor Sauerstoffradikalen (in Kooperation mit Ascorbinsäure).

Mangelerkrankungen: Infertilität, unspezifische Symptome wie Konzentrationsschwäche, Infektneigung u. a. m. Neurologische Symptome bei hereditärem Defekt des Vitamin E-Transportproteins (FIVE). Ursachen einer Unterversorgung: Leber- und Gallenerkrankungen, Mukoviszidose, Früh- und Neugeborene, FIVE.

Hypervitaminosen: Erhöhung des Herzinsuffizienzrisikos

Vitamin K (Phyllochinon)

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Vitamin K1
 
Vitamin K2, n=5-6
 
Vitamin K3

Zur Vitamin-K-Gruppe gehören die beiden natürlich vorkommenden Stoffe Phyllochinon (Vitamin K1) und Difarnesylnaphthochinon bzw. Menachinon (Vitamin K2). Ersteres wird von grünen Pflanzen gebildet, letzteres von Darmbakterien. Daneben gibt es auch synthetische K-Vitamine, z. B. das Menadion (Vitamin K3).

Pharmakokinetik: Als fettlösliches Vitamin erfolgt auch hier die Aufnahme bevorzugt zusammen mit Fett- und Gallensäuren über Micellen.

Tagesbedarf: Erwachsene: 0,070 mg

Lebensmittel mit hohem Gehalt des Vitamins: Grünes Blattgemüse, Kohlarten

Biochemische Funktionen und physiologische Bedeutung: Vitamin K ist ein Coenzym bei der γ-Carboxylierung von Glutamylseitenketten verschiedener Proteine, die dadurch erst biologisch aktiv werden. Dazu gehören u. a. die Gerinnungsfaktoren II (Prothrombin), VII, IX und X (Merkehilfe: 1972), die eine große Rolle im extrinsischen plasmatischen Gerinnungssystem spielen, die antikoagulatorischen Proteine C und S und Osteocalcin, das am Knochenstoffwechsel beteiligt ist.

An der Reaktion beteiligt sind eine Chinon-Reduktase, eine Carboxylase und die Vitamin-K-Epoxidreduktase (EC 1.1.4.1).

Mangelerkrankungen: Gerinnungsstörungen (extrinsisches System). Ursachen: Vitamin-K-Mangelernährung in Kombination mit Antibiotika-Dauertherapie, Neugeborene, Cumarinderivate (therapeutische Antikoagulation mit Phenprocoumon oder Warfarin, Vergiftungen mit Rattengift auf Cumarinbasis).

WW.: Wirkungsabschwächung von Cumarinen mit einer Latenz von 12 bis 36 Stunden.

Anwendung: Antagonisierung von Cumarinen, Prophylaxe von Hirnblutungen beim Neugeborenen, Vitamin-K-Mangel (Magen-Darm-Erkrankungen, Lebererkrankungen u. a.).

Wasserlösliche Vitamine

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Vitamin B1 (Thiamin)

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Vitamin B1

Pharmakokinetik: Die Resorption des Thiaminpyrophosphats erfolgt in niedrigen Dosen nach Abspaltung des Pyrophosphatrests nahezu vollständig über Diffusion und aktiven Transport. In der Leber wird die biologische Aktivität durch die Thymidinkinase wiederhergestellt, die den Pyrophosphatrest noch einmal anfügt.

Die biologische HWZ beträgt 10 bis 20 Stunden. Die Ausscheidung erfolgt renal, unverändert oder in Form von etwa 20 möglichen Metaboliten.

Tagesbedarf: Erwachsene: 1,0–1,3 mg

Lebensmittel mit hohem Gehalt des Vitamins: Ungemahlenes Getreide, Innereien, Schweinefleisch

Biochemische Funktionen und physiologische Bedeutung:

Wegen seiner Bedeutung im Glucose- und Energiestoffwechsel ist Thiamin vor allem für Hochleistungsgewebe wie Nervengewebe, Herzmuskel und Magen-Darm-Trakt essentiell.

Mangelerkrankungen: Muskelatrophie, Herzinsuffizienz, Übelkeit, Erbrechen, Leistungsschwäche, Nerven- und Hirnleistungsstörungen. Klassisch als Beri-Beri (Ursache: überwiegende Ernährung über polierten Reis in Asien), bei Alkoholikern überwiegend neurologisch als Wernicke-Korsakow-Enzephalopathie. U. U. auch in der Schwangerschaft.

Anwendung: Bei Beri-Beri, Alkoholismus, in der Schwangerschaft

Vitamin B2 (Riboflavin, Laktoflavin)

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Riboflavin
 
Flavinmononucleotid

Wichtige Eigenschaften: Riboflavin ist hitzestabil, aber lichtempfindlich

Pharmakokinetik: Flavin wird von Mikroorganismen und Pflanzen gebildet. Die Resorption erfolgt nach Phosphorylierung in der Darmmucosa. Die Ausscheidung erfolgt unverändert über die Niere.

Tagesbedarf: Erwachsene: 1,5 mg

Lebensmittel mit hohem Gehalt des Vitamins: Milchprodukte, Leber, Fleisch und Fisch. Das Flavin der Pflanzen ist schlechter resorbierbar, es ist hier v. a. in Getreideprodukten und Gemüse wie Grünkohl, Erbsen, Brokkoli und gelbem Paprika enthalten.

Biochemische Funktionen und physiologische Bedeutung: Riboflavin ist das Coenzym der wasserstoffübertragenden Flavoproteine (Flavinenzyme). Das biologisch aktive Vitamin B2 ist das Flavinmononucleotid (FMN, Riboflavinphosphat) und das Flavinadenindinucleotid (FAD), das aus Flavin, zwei Phosphatgruppen, Ribose und Adenin besteht. Die Phosphorylierung zur biologisch aktiven Form erfolgt in der Darmmucosa.

Flavinmononucleotid (FMN) ist ein Bestandteil vom Komplex I der Atmungskette.

Flavinadenindinucleotid (FAD) ist Cofaktor von Flavoproteinen, die z. B. folgende Reaktionen katalysieren:

Bei diesen Reaktionen übernimmt eins der vier Stickstoffatome des Flavins ein Hydridanion, ein anderes ein Proton.

Aus den genannten Reaktionen ist ersichtlich, dass Flavin besonders für die zelluläre Energiegewinnung große Bedeutung hat.

Mangelerkrankungen: Selten isoliert. Entzündungen der Haut (Mundwinkelrhagaden, seborrhoische Dermatitis, Landkartenzungen-Glossitis) und Hornhaut. Weiterhin sind Wachstumsstörungen, neurologische Störungen und Blutbildungsstörungen möglich.

Hypervitaminosen: keine bekannt

Anwendung: Vitaminmangel

Vitamin B3 (Nikotinsäure(amid) / Niacin(amid))

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Nicotinsäure
 
Nicotinamid
 
NAD+

Pharmakokinetik: Nikotinsäure wird zu zwei Dritteln aus dem Tryptophanstoffwechsel bezogen, daher kann es nur bei einem kombinierten Niacin-Tryptophan-Mangel zu Unterversorgungserscheinungen kommen, z. B. bei sehr einseitiger Ernährung auf der Basis von Mais.

Tagesbedarf: Erwachsene: 17 mg

Lebensmittel mit hohem Gehalt des Vitamins: Tierische Produkte (am besten verwertbar), Kaffee, Hefe, Vollkornprodukte, Gemüse u. a. m.

Biochemische Funktionen und physiologische Bedeutung:

  • Nikotinsäure ist Bestandteil von Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid (NAD+) und Nicotinamid-Adenin-Dinukleotidphosphat (NADP+), die für zahlreiche Oxidoreduktasereaktionen des Stoffwechsels benötigt werden.
  • Weiterhin spielt Niacin eine Rolle bei der ADP-Ribosylierung, indem es den ADP-Ribose-Rest liefert. Einige bakterielle Toxine sind ADP-Ribosyltransferasen, z. B. das Choleratoxin.
  • Weiterhin ist NAD+ der Lieferant von Cyclo-ADP-Ribose, einem Aktivator des muskulären Ryanodinrezeptors.

Mangelerkrankungen: Leichtere Formen sind unspezifisch: Reizbarkeit, Appetitlosigkeit, Konzentrations- und Schlafstörungen. Vollbild ist die Pellagra (pelle agra: rauhe Haut), sich durch die vier D auszeichnet: Diarrhoe, Dermatitis, Depression, Demenz. Ursachen: Einseitige Ernährung (Mais), Alkoholismus.

Hypervitaminosen: Auch in hohen Dosen selten. Vasodilatation mit Hitzegefühl, Hauterscheinungen (Pruritus, Exanthem), Magen-Darm-Probleme, Leberschädigung.

Anwendung: Vitaminmangel

Vitamin B5 (Pantothensäure)

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Pantothensäure

Eigenschaften: hitzelabil

Pharmakokinetik: Pantothensäure wird nach oraler Gabe rasch und gut resorbiert. Keine Speicherung im Körper. Ausscheidung unverändert oder als 4-Phosphopanthenat.

Tagesbedarf: Erwachsene: 6 mg

Lebensmittel mit hohem Gehalt des Vitamins: In fast allen Nahrungsmitteln (griech. pantothen: überall); Bierhefe, tierische Produkte, Vollkornprodukte u. a. m.

Biochemische Funktionen und physiologische Bedeutung:

  • Pantothensäure ist ein Bestandteil von Coenzym A (Struktur: ATP – Pantothensäure – Cysteamin). Dieses aktiviert verschiedene Metabolite wie
  • Pantothensäure bildet in Form von 4’-Phosphopanthein die prostetische Gruppe des Acyl-Carrier-Proteins (ACP), seine Sulfhydryl-Gruppe bildet die zentrale SH-Gruppe der Fettsäuresynthase (Biosynthese gesättigter Fettsäuren).
  • Pantothensäure ist auch an der Wundheilung (Granulationsgewebe) beteiligt.

Mangelerkrankungen: Selten. „Burning-foot“-Syndrom, unspezifische Symptome. Ursache: chronisch-entzündliche Magendarmerkrankungen, Alkoholismus

Hypervitaminosen: /

Anwendung: Vitaminmangel

Dexpanthenol
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Dexpanthenol ist ein Alkohol der Pantothensäure

Anw.: Postoperative Blasen-Magen-Darm-Atonie, Wundheilung

Vitamin B6 (Pyridoxin)

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Pyridoxin

Zu den sechs Vitaminen der Vitamin-B6-Gruppe gehören u. a. der Alkohol Pyridoxol, das Amin Pyridoxamin und das Aldehyd Pyridoxal. Die B6-Vitamine werden von Mikroorganismen und Pflanzen synthetisiert.

Pharmakokinetik: Die resorbierten B6-Vitamine werden im Gewebe von der Pyridoxalkinase (EC 2.7.1.35) unter ATP-Verbrauch zum biologisch aktiven Pyridoxalphosphat (PALP) phosphoryliert. Die Ausscheidung erfolgt nach Oxidation des Pyridoxals zur biologisch inaktiven 4-Pyridoxinsäure in der Leber durch die Aldehydoxidase (EC 1.2.3.1).

Tagesbedarf: Erwachsene: 1,2 bis 2,1 mg

Lebensmittel mit hohem Gehalt des Vitamins: zahlreiche Lebensmittel pflanzlicher und tierischer Herkunft

Biochemische Funktionen und physiologische Bedeutung: Pyridoxalphosphat (Vitamin B6) ist das zentrale Vitamin des Aminosäurenstoffwechsels. Je nach Proteinanteil (Apo-Enzym) werden folgende Reaktionen katalysiert:

Mangelerkrankungen: Selten, oft unspezifisch; Seborrhoische Dermatitis, Glossitis, neurologische Symptome (Krampfanfälle, Neuritis, Depressionen, Reizbarkeit), Wachstumsstörungen, Anämie

Hypervitaminosen: Nervenschäden bei längerfristiger Zufuhr großer Mengen (>1 g/d)

Anwendung: Vitaminmangel

Vitamin B7 (Biotin, Vitamin H)

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Biotin

Pharmakokinetik: Biotin wird in großen Mengen von Darmbakterien gebildet.

Tagesbedarf: Erwachsene: 0,03–0,06 mg

Lebensmittel mit hohem Gehalt des Vitamins: In vielen pflanzlichen und tierischen Produkten.

Biochemische Funktionen und physiologische Bedeutung: Biotin ist das Coenzym zahlreicher Carboxylierungsreaktionen. Biotin bindet CO2 und überträgt es auf das Empfängermolekül, z. B. in folgenden Reaktionen:

Mangelerkrankungen: Sehr selten. Hautentzündungen, Appetitlosigkeit, Parästhesien und Gliederschmerzen, psychiatrische Störungen. Ursachen: Reduktion der Darmflora durch Antibiotika plus biotinarme Ernährung, angeborener Biotinidase-Mangel

Hypervitaminosen: /

WW.: Das Glykoprotein Avidin im Eiklar bindet und inaktiviert Biotin.

Anwendung: Vitaminmangel, Biotinidase-Mangel

Vitamin B9 (Folsäure)

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Folsäure
 
Tetrahydrofolsäure

Pharmakokinetik: In der Nahrung ist Folsäure als Pteroylpolyglutamat enthalten. Nach Glutaminsäureabspaltung werden bis zu 15mg Folsäure pro Tag vor allem im proximalen Jejunum resorbiert und in der Dünndammucosa wieder als Polyglutamat gespeichert oder in Tetrahydrofolsäure (FH4) und Methyl-FH4 überführt. Im Körper wird Folsäure vorwiegend in der Leber gespeichert, das Depot von 12–15 mg reicht etwa drei bis vier Monate. Die Ausscheidung erfolgt wieder als Pteroylpolyglutamat in die Galle.

Tagesbedarf: Erwachsene: 0,4 mg

Lebensmittel mit hohem Gehalt des Vitamins: Vollkornprodukte, grünes Blattgemüse, Hefe, Leber, Niere

Biochemische Funktionen und physiologische Bedeutung: Die biologisch aktive Folsäure ist die Tetrahydrofolsäure (THF), die durch die Dihydrofolatreduktase aus Folsäure oder Dihydrofolsäure (DHF) gebildet wird.

Tetrahydrofolsäure ist als C1-Donator (Methyl-, Formyl-, Formiat-, Hydroxymethylreste) an zahlreichen Stoffwechselschritten beteiligt. Der Kohlenstoff stammt dabei meist aus der Aminosäure Serin und liefert N5,N10-Methylen-THF. Eine weitere C1-Quelle ist das Forminoglutamat aus dem Histidin-Abbau, das N5-Formimino-THF liefert, welches zu N5,N10-Methenyl-THF desaminiert wird. Weiterhin kann THF Formiat (Ameisensäure) binden in Form von N10-Formyl-THF.

Bedeutungen als C1-Donator:

  • N10-Formyl-THF und N5,N10-Methenyl-THF: Purinbiosynthese (C-Atom 2 und 8) von AMP und GMP, wichtig für die DNA- und RNA-Synthese.
  • N5,N10-Methylen-THF: Synthese des Pyrimidins Thymidylat (dTMP) aus dUMP, das für die DNA-Synthese benötigt wird.
  • N10-Formyl-THF: Das Startcodon der Proteinbiosynthese ist das Codon AUG, welches gleichzeitig für Methionin kodiert. Der Initiationskomplex am Startcodon bindet bei Bakterien und in Mitochondrien (!) jedoch keine Methionin-beladene tRNA (Met-tRNAMet), sondern eine N-Formyl-methionin-tRNAfMet. (Die tRNAfMet ist nicht mit der tRNAMet identisch, beide werden jedoch von der gleichen Aminoacyl-tRNA-Synthetase beladen.) Nach der Bindung von Methionin an die tRNAfMet wird dieses formyliert. Während der Translation erfolgt meist schon die Deformylierung des Methionins, Methionin und weitere Aminosäuren können auch posttranslational durch Aminopeptidasen entfernt werden.
  • N5-Methyl-THF: Unter Beteiligung von Vitamin B12 katalysiert die Methionin-Synthase die Remethylierung von Homocystein zu Methionin. Die Methylgruppe stammt dabei aus der N5-Methyl-THF. Methionin reagiert enzymkatalysiert mit ATP unter Abspaltung von drei Phosphat zu S-Adenosylmethionin, dem wichtigsten Methylgruppenüberträger im Intermediärstoffwechsel.

Mangelerkrankungen: Zellteilungsstörungen (Megaloblastäre Anämie), Diarrhoe, Gewichtsverlust, Spina bifida und Lippenspalte mit und ohne Gaumenspalte (Frühschwangerschaft). Ursachen: Mangelernährung (bes. Alkoholiker), erhöhter Bedarf (Schwangerschaft, Stillzeit, Hämolyse, Intrinsic-Factor-Mangel), Malabsorption, Medikamente: Antiepileptika (Phenytoin, Barbiturate, Primidon), Folsäureantagonisten (Methotrexat, Pyrimethamin, Trimethoprim), orale Kontrazeptiva (Resorptionshemmung).

WW.: In hohen Dosen Wirkungsabschwächung von Antiepileptika, Wirkungsabschwächung von Folatantagonisten.

Anwendung:

  • Prophylaxe der Spina bifida und Spaltbildungen des Gesichts (das relative Risiko sinkt durch Supplementierung um 39 %, bei folathaltiger Ernährung immerhin noch 25 %)[1]. Die Prophylaxe ist allerdings nur wirksam bei Einnahmebeginn schon einige Wochen vor der Empfängnis, was in den seltensten Fällen beachtet wird. In den USA und in Kanada wird deshalb seit einigen Jahren Mehl mit Folsäure angereichert. In Europa fehlt dazu der politische Wille.
  • Gabe bei Folsäuremangel, Folatgabe als sog. Leucovorin®-Rescue (bei mittel- und hochdosierter Methotrexat-Chemotherapie zur Minderung der toxischen MTX-Wirkung auf rasch proliferierendes Nicht-Tumorgewebe. Das Folat (Citrovorum) soll vom Tumor weniger aufgenommen werden, so dass dieser vom „Rescue“ ausgenommen sein soll.).

Appl.: p. o. oder parenteral (nur wenn p. o. keine Resorption)

Weblinks:

Vitamin B12 (Cobalamin)

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Vitamin B12

Pharmakokinetik: Die Aufnahme von Vitamin B12 erfolgt gebunden an den Intrinsic-Factor, der von den Parietalzellen der Magenschleimhaut gebildet wird, im terminalen Ileum. Das Leberdepot beträgt etwa 1–2 mg, daher treten erst 2–5 Jahre nach der Resorptionsstörung Mangelerscheinungen auf.

Tagesbedarf: Erwachsene: 0,001 mg

Herkunft: Vitamin B12 wird nur von Mikroorganismen gebildet, wobei das von der Darmflora im menschlichen Colon gebildete Vitamin B12 nicht genutzt werden kann. Vitamin-B12-haltig sind v. a. tierische Lebensmittel.

Biochemische Funktionen und physiologische Bedeutung:

  • 5’-Desoxyadenosylcobalamin ist Cofaktor der Methylmalonyl-CoA-Mutase, die für die Umlagerung von Alkylresten sorgt, z. B. die Isomerisierung von Methylmalonyl-CoA zu Succinyl-CoA beim Abbau von Propionyl-CoA.
  • Methylcobalamin ist Cofaktor der Methionin-Synthase, die die Remethylierung von Homocystein zu Methionin katalysiert (und damit auch die Regeneration des Methylgruppenüberträgers S-Adenosylmethionin), wobei die Methylgruppe von der N5-Methyl-Tetrahydrofolsäure stammt (Regeneration von Tetrahydrofolsäure (FH4)).

Pathobiochemie des Vitamin B12-Mangels:

  • Durch die Schnittstelle von Folsäure und Cobalamin im Stoffwechselschritt der Methionin-Synthese, soll es bei einem Mangel an Cobalamin auch zu einer mangelhaften Rückgewinnung von FH4 aus N5-Methyl-TH4 kommen. Da für die Purinnukleotidsynthese (AMP, GMP) N10-Formyl-FH4 und für die dTMP-Synthese aus dUMP (Pyrimidine) N5,N10-Methylen-FH4 benötigt wird, kommt es nachfolgend zu Störungen der DNA- und RNA-Synthese. Besonders betroffen sind regenerationsfreudige Organe mit hoher Zellteilungsrate wie Knochenmark und Schleimhäute.
  • Vitamin-B12-Mangel führt ebenfalls über die B12/Folat-Schnittstelle, hier durch Mangel an S-Adenosylmethionin, zur Verminderung der Cholin- und Phospholipid-Synthese (Nervenzellmembranen), was neben der DNA/RNA-Synthesestörung zu den neurologischen Störungen führen soll.
  • Das nicht isomerisierte Methylmalonyl-CoA wird verstärkt zu Methylmalonat hydrolysiert. Methylmalonsäure soll einen allgemeinen toxischen Effekt haben. Der Nachweis im Urin ist ein empfindlicher Indikator für Vitamin-B12-Mangel.

Mangelerkrankungen: Perniziöse Anämie (makrozytäre (megaloblastäre) Anämie), neurologische Symptome (20–30 %), Glossitis, Diarrhoen. Ursachen: Intrinsic-Faktor-Mangel bei: z. b. Gastrektomie, chronische Typ-A-Gastritis, Malabsorptionssyndrom (z. B. Sprue), Kurzdarmsyndrom, Fischbandwurmbefall. Hereditäre Störungen. Höchst selten bei einseitiger Ernährung.

Diagnostik: Anamnese und klinische Untersuchung, ggf. Autoantikörper, Schilling-Test, Gastroduodenoskopie (Biopsie, Anazidität), Methylmalonsäure im Urin, evtl. weitere Diagnostik je nach Verdacht (z. B. tiefe Dünndarmbiopsie bei v. a. Sprue).

Wirkstoffe: Hydroxycobalamin

Anwendung: Bei B12-Mangel

Appl.: bevorzugt parenteral

Vitamin C (L-Ascorbinsäure)

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Ascorbinsäure

Pharmakokinetik: Die Resorption von Ascorbinsäure erfolgt stereoselektiv im oberen Dünndarm durch aktiven ATP-abhängigen Transport: Mit steigender Dosis sinkt die Resorptionsrate. Ausgeschieden wird es als Oxalat und Ascorbat über die Niere.

Tagesbedarf: Erwachsene: 100 mg

Lebensmittel mit hohem Gehalt des Vitamins: Zitrusfrüchte, Kohlgemüse, Rotkraut, Weißkraut/Sauerkraut u. a. m.

Biochemische Funktionen und physiologische Bedeutung: Vitamin C kann schrittweise Elektronen aufnehmen und abgeben. Dadurch kann es als 1-Elektronendonator wirken. Redoxgleichgewicht:

                 –e,–H+                             –e,–H+    
                  --->                                --->  
L-Ascorbinsäure   <---   L-Semidehydroascorbinsäure   <---   L-Dehydroascorbinsäure
                 +e,+H+                             +e-,+H+

Vitamin C ist an folgenden Reaktionen beteiligt:

  • Antioxidans: Als Radikalfänger inaktiviert Ascorbinsäure radikale Sauerstoff- und Stickstoffspezies und schützt damit wichtige biologische Strukturen vor der Oxidation. Zwei Ascorbylradikale dismutieren dann zu Ascorbat und Dehydroascorbat. Als Co-Antioxidans kooperiert es mit und regeneriert Tocopherol (Vitamin E), ebenfalls ein Radikalfänger.
  • Dioxidase-Reaktionen:
    • Kollagensynthese: Die Prolyl- (EC 1.14.11.2, EC 1.14.11.7) und die Lysylhydroxylase (EC 114.11.4) hydroxylieren das Prolin und Lysin im Prokollagen. Vitamin C aktiviert die Hydroxylase durch Reduktion des Fe3+ zu Fe2+.
    • Carnitin-Biosynthese: Die γ-Butyrobetaindioxygenase (EC 1.14.11.1) und die Trimethyllysindioxygenase (EC 1.14.11.8) arbeiten mit Vitamin C (und Eisen).
    • Synthese peptidischer Neurotransmitter bzw. Hormone: Die Peptidylglycinmonooxygenase (Peptidylglycin-α-Amidierung-Monooxygenase) (EC 1.14.17.3) katalysiert Vitamin-C-abhängig die Amidierung am C-Ende von z. B. ADH, CRH, GRH, Bombesin, Calcitonin, Pankreozymin-Cholezystokinin, VIP, Gastrin u. a. m.
  • Mischfunktionelle Monooxygenasen:
    • Phase I-Transformation: Zusammen mit P450 ist Vitamin C an der Hydroxylierung von Steroiden, Xenobiotika und Gallensäuren beteiligt (?).
  • Komplexbildung: Vitamin C ist ein Ligand für Metallionen. Durch die Bildung von Fe2+-Chelaten im Darm erhöht Vitamin C z. B. die Eisen-Resorption.

Mangelerkrankungen: Skorbut: Kapillarfragilität mit Hautblutungen (v. a. subperiostale Ekchymosen), Zahnfleischblutungen, Zahnausfall, Störungen des Knochen- und Zahnstoffwechsels, allgemeine Schwäche; Müller-Barlow-Erkrankung (Kleinkinder).

Hypervitaminosen: / (evtl. Oxalat-Nierensteine bei Megadosen, prooxidative Wirkung hoher Dosen nicht ausgeschlossen)

Anwendung: Vitaminmangel, Eisenmangel, Methämoglobinämie, ohne eindeutigen Wirkungsnachweis bei Erkältungen, KHK, malignen Tumoren u. a. m.

  1. Wilcox AJ et al. “Folic acid supplements and risk of facial clefts: national population based case-control study”. BMJ, ?(?):?, Jan 26 2007. DOI:10.1136/bmj.39079.618287.0B. PDF
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