Die Havel [ˈhaːfl̩] ist ein Fließgewässer im Nordosten Deutschlands und mit 334 Kilometern Länge der längste rechte Nebenfluss der Elbe. Die direkte Entfernung zwischen Quelle und Mündung beträgt aber nur 94 Kilometer. Die Havel entspringt bei Ankershagen in Mecklenburg-Vorpommern, durchchfließt in einem großen Dreiviertel-Bogen im Uhrzeigersinn Brandenburg (hier über 285 Flusskilometer am längsten), Berlin und Sachsen-Anhalt und mündet bei Gnevsdorf in die Elbe. Sie fließt fast über die gesamte Länge durch zahlreiche kleinere und größere Seen. Dabei beträgt der Höhenunterschied lediglich 40,6 Meter.

Mit durchschnittlich 103 Kubikmetern pro Sekunde hat die Havel nach Moldau (150 m³/s) und Saale (117 m³/s) die drittgrößte Wassermenge unter den Nebenflüssen der Elbe. Der größte Teil des Flusslaufs ist schiffbar. Fast im gesamten Verlauf regulieren Wehre und Schleusen die Tiefe und Führung des Wassers. Trotz des Ausbaus zur Wasserstraße hat die Havel dank der zahlreichen natürlichen Seen, durch die sie fließt, ein beachtliches Speichervermögen und hält den Wasserstand auch bei längeren Trockenperioden. Gefährlich hohe Wasserstände sind selten und werden meist im Havelunterlauf vom Elbhochwasser ausgelöst. Etliche Seitenkanäle verkürzen den Wasserweg für die Binnenschifffahrt.

Die Havel weist in ihrem Verlauf auch mehrere Binnendeltas auf. So bildet sie durch Verzweigung in mehrere Seiten- und Nebenarme Binnendeltas im Stadtgebiet Brandenburgs an der Havel, Rathenows und zwischen Havel und Gülper Havel.

Größter Nebenfluss der Havel ist die Spree, die an ihrer Mündung mehr als doppelt so viel Wasser wie die Havel führt (38 m³/s gegenüber 15 m³/s) und diese mit 380 km zudem auch in der Länge übertrifft (Havellänge an der Spreemündung ca. 180 km).

2004 wurde die Havel von den Naturfreunden Deutschlands und dem Deutschen Anglerverband zur Flusslandschaft des Jahres gekürt. Der Fluss wird seit 2009 durch den Havelradweg begleitet.

Flusslauf

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Der Charakter des Havel-Flusslaufes ist auf seiner ganzen Länge sehr ähnlich. Sein Gefälle ist durchweg klein, und er fließt immer - mit Ausnahme am Ende - durch eng aufeinander folgende Seen. Die Unterteilung in Obere, Mittlere und Untere Havel mit den Teilpunkten bei Berlin und Brandenburg ist praktisch, aber nicht zwingend.

Obere Havel

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mimi
 
Quellgebiet der Havel, Blick nach NNW
 
Die Lorenbahn zwischen Granziner-/Schulzensee und Pagelsee; auf einer Lore haben vier Boote Platz
 
Quellgebiet der Havel südlich des Ankershagener Mühlensees
 
Quellfassung der Havel
 
(Schnelle) Havel, Malzer Kanal (zwei voneinander getrennte Teile) und Havel-Oder-Wasserstrasße (rot)

Der obere Abschnitt der Havel reicht von ihrer Quelle bis nach Berlin-Spandau. Ihr Zwischenabschnitt ab dem schiffbaren Woblitzsee bis südwestlich von Oranienburg ist sie eine Bundeswasserstraße, genauer die Obere Havel-Wasserstraße.

Die Havel entspringt in der Mecklenburgischen Seenplatte. Als Quellgebiet gilt heute das Diekenbruch bei Ankershagen im Nordosten des Müritz-Nationalparks. Bis ins 14. oder 15. Jahrhundert war der Bornsee, der über den Trinnensee aus Westen in den nördlich des Diekenbruch gelegenen Mühlensee entwässert, die natürliche Havelquelle. Zu dieser Zeit errichteten vermutlich Mönche einen Damm zwischen Mühlensee und Diekenbruch, damit aus dem Mühlensee genügend Wasser nach Osten in einen künstlich gegrabenen Bach (heute noch Mühlenbach genannt) zum Betrieb einer Mühle abfloss. Dieses Wasser fließt schließlich mit der Peene in die Ostsee, so dass der Damm gegen das Diekenbruch neue Wasserscheide zwischen Ostsee und Nordsee, in die das Havelwasser mit der Elbe fließt, wurde.

Der auf moorigem Untergrund aufgeschüttete Damm dichtet jedoch den Mühlensee nicht vollständig gegen das Diekenbruch ab, so dass die historische Havelquelle nach wie vor geringfügig in das Flusssystem der Elbe entwässert. 2007 wurde an der südlichen Dammseite für einen Teil des durchsickernden Wassers eine Quellfassung angelegt. Seitdem wird diese Stelle als Havelquelle bezeichnet.

Die ersten von der Havel nach dem Diekenbruch durchflossenen Seen sind der Dambecker- und der Röthsee. Hier ist die Havel noch ein grabenähnliches Fließ. Ab dem Käbelicksee bei Kratzeburg hat sie bereits eine Breite von drei bis vier Metern und ist ein beliebtes Paddelgewässer. Zwischen dem folgenden Granziner- und dem Pagelsee ist die Havel ein in eine schmale Rinne gezwängter Wildwasserbach, dessen Befahren in seinem größten Teil nicht gestattet ist. Für den Landtransport der Boote steht ab dem kleinen Schulzensee nahe dem Granziner See eine Lorenbahn zur Verfügung. Dem Pagelsee folgen der Zotzensee, der Jäthensee und der Useriner See. Zwischen diesen Seen ist die Havel bereits teilweise kanalartig ausgebaut. Ab dem Useriner See, 12 km nach der Quelle, ist die Havel bis zu 10 m breit und schiffbar. Bei der folgenden Einmündung in den Großen Labussee befindet sich als erste von vielen weiteren und immer größeren Schleusen, die SchleuseZwenzow. Danach darf die Havel mit motorgetriebenen Booten befahren werden.

Es folgt die Quassower Havel und der Woblitzsee bei Wesenberg. Über den in den Woblitzsee von Norden einmündenden Kammerkanal ist die Havel mit den Zierker See und dem daran liegenden Neustrelitz verbunden. Nach dem Woblitzsee berührt die Havel den Drewensee und den Wangnitzsee und fließt durch den Großen Priepertsee in den Ellbogensee. Im Ellbogensee ist die westlich davon liegende Müritz-Havel-Wasserstraße angeschlossen. Es folgen der Ziernsee, der Menowsee und der Röblinsee am Westrand von Fürstenberg.

 
Die Schnelle Havel, die nicht mehr schiffbare alte Havel, bei Schweizerhütte nördlich von Oranienburg-Friedrichsthal

Am Ostrand von Fürstenberg fließt die Havel durch den Baalensee, streift den Schwedtsee und erreicht nach einigen Kilometern den Stolpsee. In diesen münden die Lychener Gewässer als linker Nebenfluss der Havel. Bis zum Einfluss der Templiner Gewässer fließt die Havel über etwa 6 km in Luftlinie stark mäandernd. Danach wendet sie sich nach Südosten bis Burgwall und dort nach Süden. Bei Burgwall ist der Große Wentowsee über das Tornower Fließ und einen schiffbaren Kanal mit der Havel verbunden. Auf der Strecke bis Zehdenick wird die Havel auf beiden Seiten von gefluteten Gruben begleitet, aus denen früher Tonerde gefördert wurde. In allen ihren Namen ist das Wort stich enthalten (z. B.: Großer Burgwaller Stich oder Mögelinstich).

Zum Transport der aus Tonerde hergestellten Ziegel nach vorwiegend Berlin wurde im 19. Jahrhundert ab Zehdenick der alte, zur Havel parallele Voßgraben, der nur zur Speisung des Finowkanals diente, zum schiffbaren Voßkanal ausgebaut. Dieser nimmt das meiste Havelwasser auf, und die parallele Havel ist nicht mehr schiffbar. Bis Neu-Friedrichsthal ist sie naturbelassen, zeichnet sich gegenüber dem kanalartig ausgebauten Hauptgewässer durch eine Vielzahl von Mäandern aus und wird zur Unterscheidung von der Faulen Havel - ein nicht mehr vorhandener linker Arm der Havel unterhalb von Liebenwalde - immer noch als Schnelle Havel bezeichnet. An den Voßkanal schließt der Malzer Kanal (Malzer Kanal Ost) an. Die Schnelle Havel beginnt ab Liebenwalde einen größeren Bogen im Westen und kommt dem Malzer Kanal (in diesem Bereich heute ein ausgebauter Teil der Havel-Oder-Wasserstraße) erst in etwa an der Stelle, wo sie sich früher wieder mit der Faulen Havel vereinigte, wieder nahe. Dann fließt sie (heute ab da weiter als Schnelle Havel bezeichnet) parallel zur Havel-Oder-Wasserstraße nach Südwesten bis Neu-Friedrichsthal, wo sie mit dem Malzer Kanal zusammentrifft. Dieser Kanalteil (Malzer Kanal West) ist nur etwa zwei Kilometer lang und heute nicht mehr in Betrieb. Seine Aufstiegsschleuse Schleuse Malz zur Havel-Oder-Wasserstraße ist stillgelegt.

Von Neu-Friedrichsthal bis zum südlicheren Sachsenhausen war die Havel (örtlicher Name Friedrichsthaler Havel) die schiffbare Verbindung vom Oranienburger Kanal zum Malzer Kanal. Heute ist sie mit Schiffen nicht mehr erreichbar, auch nicht mehr aus dem Oranienburger Kanal, weil dessen Aufstiegsschleuse Schleuse Sachsenhausen zur Friedrichsthaler Havel zerstört und nicht wiederhergestellt wurde.

 

Die folgende Oranienburger Havel reicht bis Hohen Neuendorf, ist aber zunächst wegen zu großem Gefälle (die Friedrichsthaler Havel ist bis zur ehemaligen Schleuse Sachsenhausen, deren Oberwasser sie ist, gestaut) nicht, sondern erst etwa aus der Oranienburger Stadtmitte und nur südwärts schiffbar.

Zwischen Hohen Neuendorf und Spreemündung heißt der Fluss Spandauer Havel.

Kurz unterhalb der ehemaligen Schleuse Sachsenhausen kreuzt der Ruppiner Kanal den Oranienburger Kanal. Weil die Abstiegsschleuse zur (Oranienburger) Havel - die Schleuse Friedenthal - auch zerstört ist, kann der Ruppiner Kanal nur durch den Oranienburger Kanal und nur vom Süden her erreicht werden (s. nebenstehende Abbildung).

Unterhalb von Hennigsdorf, am Nieder Neuendorfer See, zweigt der Havelkanal nach Westen ab. Dieser wurde 1951/52 von der DDR zur Umschiffung West-Berlins angelegt und mündet bei Paretz wieder in die (Mittlere) Havel.

Mittlere Havel

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 Glockenturm BerlinSender ScholzplatzTeufelsbergGrunewaldturm
Die Havel zwischen Wannsee (vorn) und Spandau (rechts hinten)
 
Die Havel zwischen Berlin (Spandau), Potsdam und Havelkanal-Anschluss in NW
 
Die Potsdamer Havel in der Potsdamer Innenstadt

Die Mittlere Havel reicht von der Spreemündung bis Brandenburg (Plauer See). Wasserwegerechtlich wird nicht zwischen der Mittleren und der folgenden Unteren Havel unterschieden. Die Bundeswasserstraßen-Definition Untere Havel-Wasserstraße gilt für beide Teile.[An 1]

Im westlichen Berlin erscheint die Havel unterhalb von Spandau bis vor Potsdam bei der Glienicker Brücke als einziger und sehr langer See. Nur die Ausbuchtungen werden als See (Stößensee, Wannsee) oder Lanke (Scharfe Lanke, Jürgenlanke, Steinlanke, Sacrower Lanke) bezeichnet. Zum Wannsee führt aus dem schmalen Griebnitzsee und somit auch aus dem dort anstoßenden Teltowkanal der Griebnitzkanal. Dieser verkürzt den Wasserweg vom Teltowkanal zum westlichen Berlin. Oberhalb der Glienicker Brücke tangiert die Havel den Jungfernsee, durch den der den großen Potsdamer Havelbogen (Potsdamer Havel) abkürzende Sacrow-Paretzer Kanal bis zum Göttinsee nach Westen führt. Dort schließt auch der Havelkanal wieder an die Havel an.

Südlich von Potsdam und weiter bis Brandenburg erscheint die Havel ebenfalls als eine lange Kette teilweise recht großer Seen. Am Anfang dieser Kette befindet sich in der Havel die Inselstadt Werder.

Bei Potsdam sind die Seen an vielen Stellen von bewaldeten Moränenhügeln umgeben. Bei Brandenburg liegen sie überwiegend in einer flachen Niederung, in der es nur inselhaft Moränenhügel gibt.

 
Die Havel zwischen Ketzin und Brandenburg, begleitet von einem Radweg
 
Havel-Binnendelta in Brandenburg

Nach dem Göttinsee fließt die Havel in Mäandern westwärts. Dabei bildet sie Binnendeltas zwischen Ketzin und dem Trebelsee und in Brandenburg, dessen Dom auf einer von mehreren Inseln steht (siehe rechtsstehende Abbildung). Nach der Stadtmitte von Brandenburg fließt die wieder vereinte Havel nach Südosten weiter. Für die Schiffahrt steht seit 1910 der Brandenburg im Norden umgehende Silokanal zur Verfügung. Dieser durchquert den Beetzsee in dessem Südteil, und im Breitlingsee trifft er sich wieder mit der Havel.

Zwischen Brandenburg und seinem Ortsteil Plaue durchfließt die Havel den Plauer See, der zusammen mit dem Quenz-, dem Breitling- und dem Möserschen See einen einzigen großen buchten- und inselreichen See bildet. Aus diesem zweigt nach Westen der Elbe-Havel-Kanal ab, der nördlich von Magdeburg mit der Schleuse Hohenwarthe an den Mittellandkanal anschließt.

Untere Havel

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Die Untere Havel reicht von Brandenburg (Plauer See) bis zur Mündung in die Elbe.

Im Mittel ist ihr Verlauf nordwestlich. Sie fließt am Pritzerber See, am Hohennauener See und am Gülper See und an den Städten Premnitz, Rathenow und Havelberg vorbei. Bis zur Grenze Sachsen-Anhalts, die von der Havel eine anschließende Strecke gebildet wird, gehört sie zum Naturpark Westhavelland und zum Naturschutzgebiet Untere Havel Süd.

 
Havel zwischen Brandenburg undMündung in die Elbe (Untere Havel)
 
Havelberg: Stadtgraben (Havelarm) und Dom

Im Stadtgebiets Rathenows bildet die Havel durch Aufästelung ein weiteres Binnendelta. Nördlich von Rathenow liegt knapp östlich des Flusses der Hohennauener See mit Verbindung zur Havel über den Großen Havelländischen Hauptkanal (hier auch Hohennauener Kanal). Bei Molkenberg zweigt die Gülper Havel rechts ab. In diese mündet der Rhin, der kurz vorher den Gülper See verlassen hat, und kurz danach vereinigt sich die Gülper Havel wieder mit der Haupt-Havel. Zwischen beiden Havel-Armen besteht eine mehrere Kilometer lange Insel bzw. ein Binnendelta[1]. Der Verlauf der Landesgrenze deutet hier an, wie gewunden der Flusslauf einst war. Etwa vier Kilometer nach dem Zufluss des Rhins tritt die Havel ganz nach Sachsen-Anhalt über. Gleich danach mündet von rechts die Dosse ein, und nach etwa weiteren acht Kilometern erreicht die Havel die Stadt Havelberg, die am Rand der Elbaue liegt.

Da die Untere Havel ein geringeres Gefälle hat als die Elbe und deren Hochwasserstand meistens höher als der Wasserstand der Havel bei ihrer ursprünglichen Mündung in die Elbe ist, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts der Gnevsdorfer Vorfluter angelegt. Die Havel mündet seitdem etwa zehn Kilometer später in die Elbe. Bei besonders großen Elbehochwässern kann dort aber immer noch Wasser in die Havel zurückfließen, was durch Schließen des Wehrs bei Gnevsdorf verhindert wird. Das Havelwasser wird dann in den Poldern oberhalb von Havelberg aufgefangen. Extreme Elbehochwässer können auch gezielt in die insgesamt 8 Havelpolder abgeleitet werden. Dafür wird das Wehr bei Neuwerben gegen die Elbe am Anfang des Gnevsdorfer Vorfluters geöffnet.[2]

Für den Schiffsverkehr wurde gegenüber von Havelberg ein direkter Kanal mit der Schleuse Havelberg) zur Elbe erstellt. Die Schleuse ist erforderlich, da der mittlere Wasserspiegel der Havel bei Havelberg unter demjenigen der Elbe liegt.

Anmerkung

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  1. Diese Unterteilung in lediglich zwei Teile entspricht der wirtschaftlichen Bedeutung der Havel für Berlin, der größten an ihr liegenden Stadt: Die meisten Transportschiffe verkehren nach und von Berlin in zwei Richtungen, nach und von der Unteren und der Oberen Havel.

Einzelnachweise

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  1. Norbert Stein: Gülper Havel soll wieder fließen. In: maz-online.de. 28. November 2016, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 29. Januar 2021; abgerufen am 26. August 2020.
  2. Land Brandenburg: Animation zur Flutung der Havelpolder
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