Dibutylphthalat
Dibutylphthalat (Abk. DBP) ist eine chemische Verbindung von aromatischem Geruch und eine farblose, ölige Flüssigkeit. Es ist ein Ester aus 1-Butanol und Phthalsäure und gehört damit neben Diethylhexylphthalat, Di-iso-nonylphthalat, Dimethylphthalat und Diethylphthalat zur Gruppe der Phthalate. Industriell wird es als Weichmacher verwendet.
Strukturformel | |||||||||||||||||||
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Allgemeines | |||||||||||||||||||
Name | Dibutylphthalat | ||||||||||||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | C16H22O4 | ||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
farblose bis gelbliche ölige Flüssigkeit mit schwach aromatischem Geruch[1] | ||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | |||||||||||||||||||
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Arzneistoffangaben | |||||||||||||||||||
ATC-Code | |||||||||||||||||||
Eigenschaften | |||||||||||||||||||
Molare Masse | 278,34 g·mol−1 | ||||||||||||||||||
Aggregatzustand |
flüssig | ||||||||||||||||||
Dichte |
1,05 g·ml−1 [1] | ||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | |||||||||||||||||||
Siedepunkt |
340 °C[1] | ||||||||||||||||||
Dampfdruck | |||||||||||||||||||
Löslichkeit |
praktisch unlöslich in Wasser (10 mg·l−1 bei 20 °C[1]) | ||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | |||||||||||||||||||
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Zulassungsverfahren unter REACH |
besonders besorgniserregend: fortpflanzungsgefährdend (CMR), ernsthafte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit gelten als wahrscheinlich[3]; zulassungspflichtig[4] | ||||||||||||||||||
MAK |
Schweiz: 0,05 ml·m−3 bzw. 0,58 mg·m−3[5] | ||||||||||||||||||
Toxikologische Daten | |||||||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Darstellung und Gewinnung
BearbeitenDie technische Gewinnung von Dibutylphthalat erfolgt in einer zweistufigen Synthese aus Phthalsäureanhydrid und n-Butanol.[6] Im ersten Schritt erfolgt eine schnelle Alkoholyse zum Phthalsäurehalbester. Der zweite Veresterungsschritt verläuft als Gleichgewichtsreaktion langsamer und erfordert die Verwendung saurer Katalysatoren und zur Umsatzvervollständigung die destillative Abtrennung des entstehenden Wassers.[6]
Eigenschaften
BearbeitenPhysikalische Eigenschaften
BearbeitenDibutylphthalat ist eine farblose Flüssigkeit mit einem Schmelzpunkt bei −35 °C.[7] Der Siedepunkt unter Normaldruck liegt bei 340 °C.[7] Die Verdampfungsenthalpie beträgt hier 91,7 kJ·mol−1.[8] Die Dampfdruckkurve ergibt sich nach Antoine im Temperaturbereich von 398,8 K bis 475,2 K als log10(p) = A−(B/(T+C)) (p in bar, T in K) mit A = 4,30568, B = 2083,175 und C = −131,7.[9] Die Wärmekapazität beträgt bei 25 °C 476 J·mol−1·K−1 bzw. 1,71 J·g−1·K−1.[10] Die Verbindung ist mit 11 mg·l−1 nur gering wasserlöslich.[1]
Sicherheitstechnische Kenngrößen
BearbeitenDibutylphthalat bildet erst bei höheren Temperaturen entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Die Verbindung hat einen Flammpunkt bei 157 °C.[11] Der Explosionsbereich liegt zwischen 0,1 Vol.‑% als untere Explosionsgrenze (UEG) und 1,97 Vol.‑% als obere Explosionsgrenze (OEG).[1] Es erfolgt eine Zuordnung in die Explosionsgruppe IIA.[1] Die Zündtemperatur beträgt 400 °C.[11] Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T2. Die elektrische Leitfähigkeit ist mit 1,8·10−7 S·m−1 (30 °C) eher gering.[12] Beim Verbrennen bilden sich reizende, korrosive und toxische Dämpfe.[1]
Verwendung
BearbeitenDBP wird hauptsächlich als Weichmacher für PVC[13][14] und als Absorbens (Waschflüssigkeit)[15] zur Reinigung von Gasgemischen und organischen Verbindungen eingesetzt. Ferner findet es Verwendung als Zusatzstoff in Medikamentenhüllen, damit sich die Inhaltsstoffe nicht schon im Magen, sondern erst im Darm auflösen. Dabei handelt es sich unter anderem um Medikamente gegen Erkältungen, Bronchitis, Asthma, Schlafstörungen, erhöhte Cholesterinwerte und Eisenmangel.
Toxikologie
BearbeitenEin Einatmen oder Verschlucken kann zu Gesundheitsschäden führen und es treten vorübergehende Beschwerden wie Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen etc. auf. Eine Einnahme kann die Atemwege, Verdauungswege und Augen reizen: z. B. Brennen, Kratzen. Dibutylphthalat wirkt im Tierversuch entwicklungs-, reproduktions- und embryotoxisch. Die Europäische Union stuft Dibutylphthalat als „fortpflanzungsgefährdend“ ein und hat für die tägliche Aufnahme einen TDI-Wert („tolerable daily intake“) von 10 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht festgesetzt (seit Juli 2005, vorher 100 Mikrogramm). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft DBP als „frucht- und entwicklungsschädigend“ ein. Es ist sehr giftig für Wasserorganismen und kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkungen haben – es ist wassergefährdend (WGK 2) und ein Meeresschadstoff.
In einer dänischen Kohortenstudie[16] wurde 2019 eine Erhöhung des Risikos für östrogenrezeptorpositiven (ER+) Brustkrebs beobachtet, das bei höchster Exposition verdoppelt war. Es wurde eine direkte Korrelation zwischen Höhe der Exposition und der Risikoerhöhung beobachtet. Die Exposition erfolgte über die Einnahme von phthalathaltigen Medikamenten (Mesalazin, Budesonid, Lithium und Bisacodyl, Phthalate: Dibutylphthalat, Celluloseacetatphthalat, Hypromellosephtalat und Polyvinylacetatphtalat). Die Expositionsdaten stammten aus dem dänischen Arzneimittelregister, die Erkrankungsdaten aus dem dänischen Krebsregister. Beobachtungszeit war von 2005 bis 2018. Es wurden 1,12 Mio. Frauen beobachtet, 14 % der Frauen waren über die Pharmazeutika exponiert, 27.111 Fälle von Brustkrebs traten in der Beobachtungszeit auf.
Sicherheitshinweise und gesetzliche Regelungen
BearbeitenDibutylphthalat wurde im Oktober 2008 aufgrund seiner Einstufung als reproduktionstoxisch (Reprod. 1B) und als Endokriner Disruptor in die Kandidatenliste der besonders besorgniserregenden Stoffe (Substance of very high concern, SVHC) aufgenommen.[3] Danach wurde Diisobutylphthalat im Februar 2011 in das Verzeichnis der zulassungspflichtigen Stoffe mit dem Ablauftermin für die Verwendung in der EU zum 21. Januar 2015 aufgenommen.[4][17] Zusätzlich unterliegt Diisobutylphthalat den Beschränkungen im Anhang XVII, Nummer 51 der REACH-Verordnung (in Deutschland umgesetzt durch die Chemikalien-Verbotsverordnung)[18] und wurde am 31. März 2015 mit der Richtlinie (EU) 2015/863 in die RoHS-Stoffliste aufgenommen.[19] Damit dürfen in der EU ab dem 22. Juli 2019 keine Elektro- und Elektronikgeräte mehr verkauft werden, die Teile mit mehr als 0,1 Gewichts-% DBP im homogenen Werkstoff enthalten. In Babyartikeln, Kosmetika und Spielzeug ist DBP gemäß deutscher Kosmetik-Verordnung und Bedarfsgegenständeverordnung verboten.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o Eintrag zu Dibutylphthalat in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 2. Januar 2024. (JavaScript erforderlich)
- ↑ Eintrag zu Dibutyl phthalate im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
- ↑ a b Eintrag in der SVHC-Liste der Europäischen Chemikalienagentur, abgerufen am 7. Juli 2017.
- ↑ a b Eintrag im Verzeichnis der zulassungspflichtigen Stoffe der Europäischen Chemikalienagentur, abgerufen am 7. Juli 2017.
- ↑ Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 84-74-2 bzw. Dibutylphthalat), abgerufen am 2. November 2015.
- ↑ a b P.M. Lorz, F.K. Towae, W. Enke, R. Jäckh, N. Bhargava, W. Hillesheim: Phthalic Acid and Derivatives in Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry, 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim, doi:10.1002/14356007.a20_181.pub2.
- ↑ a b Buckingham, J.; Donaghy, S.M., Dictionary of Organic Compounds: Fifth Edition, Chapman and Hall, New York, 1982, 1.
- ↑ Birks, J.; Bradley, R.S.: The rate of evaporation of droplets. II. The influence of changes of temperature and of the surrounding gas on the rate of evaporation of drops of di-n-butyl phthalate in Proc. Roy. Soc. London A 198 (1949) 226-239.
- ↑ Hammer, E.; Lydersen, A.L.: The Vapour Pressure of di-n-Butylphthalate, di-n-Butylsebacate, Lauric Acid and Myristic Acid in Chem. Eng. Sci. 7 (1957) 66-72.
- ↑ Rabinovich, I.B.; Novoselova, N.V.; Moseeva, E.M.; Babinkov, A.G.; Tsvetkova, L.Ya.: Low temperature specific heat and thermodynamic functions of dibutyl and dioctyl phthalate in Zhur. Fiz. Khim. 59 (1985) 2127-2130.
- ↑ a b E. Brandes, W. Möller: Sicherheitstechnische Kenngrößen – Band 1: Brennbare Flüssigkeiten und Gase, Wirtschaftsverlag NW – Verlag für neue Wissenschaft GmbH, Bremerhaven 2003.
- ↑ Technische Regel für Betriebssicherheit - TRBS 2153, BG RCI Merkblatt T033 Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen, Stand April 2009, Jedermann-Verlag Heidelberg.
- ↑ Allum: Weichmacher auf Phthalatbasis Stand: März 2012.
- ↑ Arbeitsgemeinschaft PVC und Umwelt e. V.: Marktdaten Weichmacher ( vom 3. Dezember 2013 im Internet Archive) (PDF; 35 kB).
- ↑ Deutsch-Französisches Institut für Umweltforschung (DFIU): Bericht über Beste Verfügbare Techniken (BVT) im Bereich der Lack- und Klebstoffverarbeitung in Deutschland (August 2002; PDF; 3,6 MB), Anhang V.
- ↑ Thomas P. Ahern, Anne Broe, Timothy L. Lash, Deirdre P. Cronin-Fenton, Sinna Pilgaard Ulrichsen: Phthalate Exposure and Breast Cancer Incidence: A Danish Nationwide Cohort Study. In: Journal of Clinical Oncology. 17. April 2019, S. JCO.18.02202, doi:10.1200/JCO.18.02202.
- ↑ Verordnung (EU) Nr. 143/2011
- ↑ ECHA: Liste der beschränkten Stoffe – Anhang XVII der REACH-Verordnung, abgerufen am 5. September 2020.
- ↑ EUR-Lex - 32015L0863 - EN - EUR-Lex. Abgerufen am 2. Juli 2019 (englisch).