Die Kreismessung

Werk von Archimedes zur Berechnung der Kreiszahl

Die Kreismessung (griech. Κύκλου μέτρησις, Kuklou metrēsis)[1] ist eine wissenschaftliche Arbeit, die aus drei Propositionen besteht und wahrscheinlich von Archimedes um 250 v. Chr. verfasst wurde.[2][3] Die überlieferte Abhandlung ist nur ein Bruchteil eines größeren Werks.[4] Sie gehört zu den relativ frühen Werken von Archimedes und wird zeitlich zwischen Buch I und Buch II von Über Kugel und Zylinder eingeordnet.[5]

Seite aus Archimedis circuli dimensio (Ausgabe 1588, Venedig)

Propositionen

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Erste Proposition

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Kreis und rechtwinkliges Dreieck sind flächengleich.

Die erste Proposition besagt:

Der Flächeninhalt eines beliebigen Kreises ist gleich einem rechtwinkligen Dreieck, bei dem eine der Seiten um den rechten Winkel gleich dem Radius und die andere gleich dem Umfang des Kreises ist. Jeder Kreis mit einem Umfang   und einem Radius   ist gleich dem Flächeninhalt eines rechtwinkligen Dreiecks, bei dem   und   die beiden Katheten sind.

Diese erste Proposition wird durch die Exhaustionsmethode bewiesen.[6]:lxxvii

Zweite Proposition

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Proposition zwei besagt:

Die Fläche eines Kreises verhält sich zum Quadrat seines Durchmessers nahezu wie 11 zu 14.[A 1]

Dritte Proposition

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Annäherung durch regelmäßige Sechsecke
 
Ähnliche Dreiecke im Sechseck

Die dritte Proposition besagt:

Das Verhältnis des Umfangs eines beliebigen Kreises zu seinem Durchmesser ist größer als  , aber kleiner als  .

Dies entspricht mit einer Abweichung von weniger als ±0,3 Promille dem, was wir heute als mathematische Konstante   für die Kreiszahl bezeichnen.[A 2] Archimedes fand diese Grenzen, indem er zwei regelmäßige Polygone von 96 Seiten innerhalb und außerhalb des Kreises „einschrieb“ und „umschrieb“, um eine untere und obere Schranke für den Umfang und damit   zu berechnen.[7] In Alexandria ersetzte der Wert   den bis dahin verwendeten ungenaueren Wert  .[8] Bei Analysen zur genaueren Berechnung der Kreiszahl wurde festgestellt, dass das Näherungsverfahren mit Hilfe von regelmäßigen Polygonen nur langsam konvergiert.[A 3]

Herleitung der Näherungswerte

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Das Teildreieck   des umgeschriebenen Sechsecks ist ähnlich zum Teildreieck   des einbeschriebenen Sechsecks. Unter Verwendung des Satzes des Pythagoras gilt:

 

Das einbeschriebene Sechseck für den Kreis mit Radius   hat einen Umfang von 6 und das umgeschriebene Sechseck daher einen Umfang von  .[9] Die Quadratwurzel aus 3 bleibt bei jeder Halbierung der Winkel bzw. Verdoppelung der Eckenanzahl erhalten. Für seine dritte Proposition verwandte Archimedes eine obere und untere Schranke  , ohne dass seine bekannten Schriften eine Erklärung liefern, wie er diese sehr guten Näherungswerte[A 4] gefunden hat.[6]

Diese Näherungen für   sind auch aus der Pellschen Gleichung und der Konvergenz eines zugehörigen Kettenbruchs bekannt, was zu Spekulationen darüber führte, ob Archimedes diese Zahlentheorie zugänglich gewesen sein könnte. Diese Vermutung geht auf den französischen Mathematiker Thomas Fantet de Lagny (1660–1734) im Jahr 1723 zurück und wurde von Hieronymus Georg Zeuthen weiter untersucht. In den 1880er Jahren stellten Friedrich Hultsch (1833–1906) und Karl Hunrath (geb. 1847) fest, wie die Schranken durch einfache binomische Schranken für Quadratwurzeln in der Nähe eines perfekten Quadrats nach dem Vorbild der Elemente II.4, 7 schnell gefunden werden können; diese Vermutung wird vom Mathematikhistoriker Thomas Heath favorisiert. Obwohl nur ein Weg zu den Schranken erwähnt wird, gibt es in Wirklichkeit zwei weitere, sodass die Schranken fast unausweichlich sind, egal welche Methode angewendet wird. Die Schranken können aber auch durch eine iterative geometrische Konstruktion erreicht werden, die von Archimedes’ Stomachion im Rahmen des regelmäßigen Zwölfecks vorgeschlagen wurde. In diesem Fall besteht die Aufgabe darin, rationale Näherungen für den Tangens von π/12 zu finden.

Literatur

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Siehe auch

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Anmerkungen

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  1. Dies entspricht der u. a. Näherung von 22/7 (als einer oberen Schranke) für die Kreiszahl.
  2. Die gefundenen Werte entsprechen 3,14084… und 3,142857… bzw. einem Faktor von 0,99976… und 1,000402… des tatsächlichen Werts von π.
  3. Im dritten Jahrhundert bestimmte Liu Hui aus dem 3072-Eck den Näherungswert 3,1416.
  4. Die gefundenen Werte entsprechen (quadriert) 3,0000016… bzw. 2,9999145…

Einzelnachweise

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  1. Wilbur Richard Knorr: Archimedes and the Measurement of the Circle: A New Interpretation. In: Archive for History of Exact Sciences. Band 15. Springer, Juni 1976, ISSN 0003-9519, S. 115–140 (englisch, uoa.gr [PDF; abgerufen am 24. Oktober 2024]).
  2. Eric van Lit: Naṣīr al-Dīn al-Ṭūsī’s Version of The Measurement of the Circle of Archimedes from his Revision of the Middle Books. In: Tarikh-e Elm. 13. November 2012 (englisch, academia.edu): “Die Kreismessung wurde 250 v. Chr. von Archimedes verfasst.”
  3. Wilbur Richard Knorr: The Ancient Tradition of Geometric Problems. Courier Corporation, 1986, ISBN 978-0-486-67532-9, S. 153 (englisch, google.com): “Die meisten Darstellungen von Archimedes’ Werken ordnen diese Schrift einer relativ späten Zeit seiner Karriere zu. Doch diese Ansicht ist die Folge eines schlichten Missverständnisses.”
  4. Thomas Heath: A History of Greek Mathematics. Adamant Media Corporation, Boston 1921, ISBN 978-0-543-96877-7 (google.com [abgerufen am 30. Juni 2008]).
  5. Ivo Schneider: Archimedes. Ingenieur, Naturwissenschaftler und Mathematiker. In: Erträge der Forschung. Nr. 102. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1979, ISBN 3-534-06844-0 (209 S.).
  6. a b Thomas Heath: The Works of Archimedes (1897). Hrsg.: Cambridge University Press. 1897 (englisch, archive.org).
  7. Thomas Heath: A Manual of Greek Mathematics. Dover Publications, Mineola, N.Y., ISBN 978-0-486-43231-1, S. 146 (google.com).
  8. Eugen Beutel: Die Quadratur des Kreises. 2. Auflage. Teubner, Leipzig, S. 13–15 (umich.edu [PDF]).
  9. Reimund Albers: Methode nach Archimedes. In: math.uni-bremen.de. Universität Bremen, abgerufen am 1. November 2024.
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