Hans Hartung

deutsch-französischer Maler und Grafiker

Hans Heinrich Ernst Hartung (* 21. September 1904 in Leipzig; † 8. Dezember 1989 in Antibes, Frankreich) war ein deutsch-französischer Maler und Grafiker. Er gilt als einer der Wegbereiter der Kunstrichtung des Informel.

Hans Hartung, 1960. Foto von Paolo Monti (Fondo Paolo Monti, BEIC).
 
Hans Hartung, 1955. Foto von Paolo Monti (Fondo Paolo Monti, BEIC).

Hartung besuchte ab 1915 das humanistische Gymnasium in Dresden und erlangte dort das Abitur. Schon während seiner Schulzeit wandte er sich der gegenstandslosen Darstellung zu und fertigte abstrakte Bilder aus Strichzeichnungen und Klecksen. Nach eigener Darstellung verarbeitete er hierbei Eindrücke von Blitzen, die er als Kind bei Gewittern gemacht hatte. 1924 begann er ein Studium der Philosophie und Kunstgeschichte an der Universität Leipzig. Durch eine prägende Begegnung mit den Werken von Wassily Kandinsky wechselte er 1925 dann für ein Studium der Malerei an die Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig und die Hochschule für Bildende Künste Dresden. 1928 setzte er seine Studien bei dem Maler Max Doerner in München fort.

Im Jahr 1929 heiratete Hartung die norwegische Malerin Anna-Eva Bergman (1909–1987). Nachdem Bergmann sich 1937 von Hartung getrennt hatte,[1] wurde die Ehe in Hartungs Abwesenheit 1939 geschieden. Hartung war damals Staatenloser ohne Pass und konnte Frankreich nicht verlassen, um sich mit Anna-Eva auszusprechen.

Von 1932 bis 1934 lebte Hartung auf der Insel Menorca und ab 1935 in Paris. 1939 trat er in die Fremdenlegion ein. Im selben Jahr heiratete er die Malerin Roberta González (1908–1976), die Tochter des Bildhauers Julio González (1876–1942), in dessen Atelier er gearbeitet hatte. 1944 wurde er bei einem Einsatz als Sanitäter schwer verwundet und verlor ein Bein. 1946 erhielt er die französische Staatsbürgerschaft und wurde in die Ehrenlegion aufgenommen.

1952 trafen sich Hartung und Anna-Eva Bergman bei einer Retrospektive seines Schwiegervaters González wieder. 1957 ließ sich Hartung von Roberta scheiden und heiratete ein zweites Mal Anna-Eva.[2] Sie blieben diesmal bis zu ihrem Tod zusammen.

Nach dem Krieg und nach einer mehrjährigen Malpause wurde er zu einem der wichtigsten Vertreter des Informel. Hans Hartung war Mitglied der in München gegründeten Künstlergruppe ZEN 49[3] sowie Teilnehmer der documenta 1 (1955), der documenta II (1959) und der documenta III (1964) in Kassel. 1957 erhielt er den Rubenspreis der Stadt Siegen, 1960 wurde er mit dem Preis der Biennale von Venedig ausgezeichnet. Ab 1977 war Hartung als Nachfolger von Lucien Fontanarosa Mitglied der Académie des Beaux-Arts. 1982 wurde der Hartung-Saal in der Staatsgalerie Moderne Kunst München eingeweiht. 1984 wurde der Hartung-Raum im Hessischen Landesmuseum Darmstadt eingerichtet.

Hartung gelangte zu einem ungegenständlichen Stil mit grafisch empfundenen schwarzen Linienspielen vor hellen Gründen, oft an chinesische Tuschmalerei erinnernd.

 
Gedenktafel für Hans Hartung am Haus Mozartstr. 1, Leipzig

Zeitlebens hat Hartung fotografiert, um mit der Kleinbild-Kamera (Minox und Leica) seinen Blick als Maler zu schulen. In seinem Nachlass in der 1994 gegründeten Fondation Hans Hartung et Anna-Eva Bergmann befinden sich 35.000 Negative, die der Fotograf Jacques Damez erstmals gesichtet hat.[4] In Deutschland wurden Hartungs Fotografien 2016 in der Ausstellung „Hans Hartung und die Fotografie“ im Museum für Gegenwartskunst Siegen ausgestellt.[5]

Ehrungen

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Ausstellungen

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  • 1931: Dresden Galerie Kunstausstellung Kühl
  • 1932: Berlin Galerie Flechtheim (Gruppenausstellung)
  • 1935–38: Paris, Salon des Surindépendants.
  • 1956: Œvres récentes de Hans Hartung. Galerie de France, Paris[7]
  • 1957: Kestnergesellschaft, Hannover und Württembergische Staatsgalerie Stuttgart, Haus am Waldsee Berlin, Kunsthalle Hamburg, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Kölnischer Kunstverein. Katalog 61 der Kestnergesellschaft: Werner Schmalenbach, Hans Hartung.
  • 1974: Retrospective zum 70. Geburtstag. Wallraf-Richartz-Museum, Köln
  • 1975: Retrospektive, The Metropolitan Museum of Art, New York
  • 1984: Hans Hartung zum 80. Geburtstag. Galerie Roswitha Haftmann Modern Art, Zürich[8]
  • 1989: Hans Hartung zum 85. Geburtstag. Galerie Roswitha Haftmann Modern Art, Zürich[9]
  • 2004: Hans Hartung. Early drawings, Museum Ludwig, Köln
  • 2007–2008: Museum der bildenden Künste, Leipzig
  • 2008: Kunsthalle zu Kiel
  • 2010: Vom Esprit der Gesten – Hans Hartung, das Informel und die Folgen, Kupferstichkabinett Berlin
  • 2013: Painting – Gesture – Liberation, SETAREH, Düsseldorf
  • 2014: Istituto Nazionale per la Grafica (ING), Rom[10]
  • 2017: In An Alternate Reality. SETAREH, Düsseldorf
  • 2017: Hans Hartung N° 2, SETAREH, Düsseldorf
  • 2017: Hans Hartung und die Fotografie, Museum für Gegenwartskunst, Siegen
  • 2018: Hans Hartung. Malerei als Experiment – Werke von 1962–1989, Kunstmuseum Bonn
  • 2018: Hans Hartung. Centre Pompidou, Paris
  • 2019: La fabrique du geste. Musée d’art Moderne, Paris
  • 2019: From Gesture to Form: Postwar European and American Art from the Schulhof Collection. Peggy Guggenheim Collection, Venedig
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Literatur

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  • Jürgen Claus: Gespräch mit Hans Hartung (1962). In: Jürgen Claus: Theorien zeitgenössischer Malerei. Rowohlts deutsche Enzyklopädie, Bd. 182, S. 84 ff. Neuauflage: Jürgen Claus: Malerei als Aktion. Ullstein Materialien, Bd. 35, 247, Frankfurt am Main 1982, S. 84 ff.
  • Jürgen Claus: Hans Hartung. In: Liebe die Kunst. Eine Autobiografie in einundzwanzig Begegnungen. Kerber/ZKM 2013, S. 44–49, ISBN 978-3-86678-788-9.
  • Madeleine Rousseau, James Johnson Sweeney, Ottomar Domnick: Hans Hartung. Domnick-Verlag Stuttgart, 1949.
  • Jörn Merkert: Gesten Flecken Lineaturen oder „Ach Augenblick, verweile doch…“ Ausstellung im Kunstforum in der GKB Berlin, FAB Verlag, ISBN 3-927551-60-0.
  • Pierre Daix: Hans Hartung, Paris 1985. Katalog der Pariser Galerie Daniel Gervis mit 77 Werken von Hans Hartung. ISBN 978-2-90536001-4.
  • Hans Hartung et l’abstraction. « Réalité autre, mais réalité quand même ». Hrsg. von Thomas Kirchner, Antje Kramer-Mallordy und Martin Schieder, Dijon 2020.
  • Hans Hartung – Malen so schnell wie der Blitz, Regie: Romain Goupil, Arte, Frankreich 2019

Einzelnachweise

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  1. Biografie Anna-Eva Bergmann auf der Website der Fondation Hartung Bergmann. Abgerufen am 16. Dezember 2023.,
  2. Hans Hartung, 1904-1989. Abgerufen am 16. Dezember 2023.
  3. Jochen Poetter (Hrsg.): ZEN 49 – die ersten zehn Jahre – Orientierungen. Staatliche Kunsthalle Baden-Baden, Baden-Baden 1986, S. 363.
  4. Jacques Damez: Hans Hartung photographe. La légende d’une oeuvre. La lettre volée, Bruxelles 2003, ISBN 2-87317-221-5, S. 88 f.
  5. Ines Rüttinger: Hans Hartung und die Fotografie. Hrsg.: Museum für Gegenwartskunst Siegen. Hirmer, München 2016, ISBN 978-3-7774-2649-5.
  6. Aschendorf: Druckgrafik von Hans Hartung auf Gut Altenkamp. In: Neue Osnabrücker Zeitung. 20. Mai 2011, abgerufen am 14. Oktober 2015.
  7. René de Solier, Quadrum 2, 1956.
  8. Ludmila Vachtova. Roswitha Haftmann. S. 103.
  9. Ludmila Vachtova. Roswitha Haftmann. S. 105.
  10. Hans Hartung | Istituto Centrale per la Grafica. Abgerufen am 20. November 2019.
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