Homologietheorie

mathematische Theorie

Eine Homologie (altgriechisch ὁμός homos, „ähnlich, gleich“, und λόγος logos, hier: „Verhältnis, Analogie, Proportion“[1]) ist ein mathematisches Objekt. Sie ist eine Folge von mathematischen Objekten, den Homologiegruppen. Zu den wichtigsten Ausprägungen einer Homologie zählt die singuläre Homologie. Homologien wurden im Bereich der algebraischen Topologie entwickelt. Später wurden sie auch als rein algebraische Objekte betrachtet, woraus sich das Teilgebiet der homologischen Algebra entwickelte. Die ursprüngliche Motivation dafür, Homologiegruppen zu definieren, war die Beobachtung, dass sich Formen durch ihre Löcher unterscheiden lassen (beispielsweise in der Klassifikation der Flächen). Da Löcher aber „nicht da“ sind, ist es nicht offensichtlich, wie man Löcher mathematisch definieren kann. Die Homologie ist ein mathematischer Ansatz, die Existenz von Löchern zu formalisieren. Gewisse „sehr feine“ Löcher sind für die Homologie unsichtbar; hier kann u. U. auf die schwerer zu bestimmenden Homotopiegruppen zurückgegriffen werden.

Im Bereich der algebraischen Topologie sind die Homologien beziehungsweise die Homologiegruppen Invarianten eines topologischen Raums, sie helfen also dabei, topologische Räume zu unterscheiden.

Konstruktion von Homologiegruppen

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Man geht im Allgemeinen wie folgt vor: Einem mathematischen Objekt   wird zunächst ein Kettenkomplex zugeordnet, der Information über   enthält. Ein Kettenkomplex ist eine Folge von Moduln   über einem festen Ring, verbunden durch Homomorphismen  , so dass die Hintereinanderausführung je zweier dieser Abbildungen die Nullabbildung ist:   für jedes  . Dies bedeutet, dass das Bild der  -ten Abbildung stets im Kern der  -ten Abbildung enthalten ist. Man definiert nun die  -te Homologiegruppe von   als den Quotientenmodul

 

Ein Kettenkomplex heißt exakt, wenn das Bild der  -ten Abbildung stets der Kern der  -ten Abbildung ist; die Homologiegruppen von   messen also, „wie unexakt“ der   zugeordnete Kettenkomplex ist.

Beispiele

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Das erste Beispiel stammt aus der algebraischen Topologie: die simpliziale Homologie eines simplizialen Komplexes  . Hier ist   der freie Modul über den  -dimensionalen orientierten Simplizes von  . Die Abbildungen   heißen Randabbildungen und bilden das Simplex mit den Ecken

 

auf die alternierende Summe der „Randflächen“

 

ab.

Für Moduln über einem Körper (d. h. Vektorräume) beschreibt die Dimension der  -ten Homologiegruppe von   die Anzahl der  -dimensionalen Löcher von  .

Mit diesem Beispiel kann man eine simpliziale Homologie für jeden topologischen Raum definieren. Der Kettenkomplex für   wird so definiert, dass   der freie Modul über allen stetigen Abbildungen vom  -dimensionalen Einheitssimplex nach   ist. Die Homomorphismen   ergeben sich aus den simplizialen Randabbildungen.

In der homologischen Algebra benutzt man Homologie, um abgeleitete Funktoren zu definieren. Man betrachtet dort einen additiven Funktor   und einen Modul  . Der Kettenkomplex für   wird wie folgt konstruiert:   sei ein freier Modul und   ein Epimorphismus,   sei ein freier Modul, der die Eigenschaft besitzen soll, dass ein Epimorphismus   existiert,   Man erhält also eine Sequenz freier Moduln   und Homomorphismen   und durch Anwendung von   einen Kettenkomplex. Die  -te Homologie   dieses Komplexes hängt, wie man zeigen kann, nur von   und   ab. Man schreibt   und nennt   den  -ten abgeleiteten Funktor von  .

Homologiefunktoren

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Die Kettenkomplexe bilden eine Kategorie: Ein Morphismus – man sagt: eine Kettenabbildung – vom Kettenkomplex   in den Kettenkomplex   ist eine Folge von Modulhomomorphismen  , so dass   für jedes  . Die  -te Homologiegruppe   kann man als Funktor von der Kategorie der Kettenkomplexe in die Kategorie der Moduln über dem zugrunde liegenden Ring   auffassen.

Wenn der Kettenkomplex von   funktoriell abhängt (d. h. jeder Morphismus   induziert eine Kettenabbildung vom Kettenkomplex von   in den von  ), dann sind die   Funktoren von der Kategorie, zu der   gehört, in die Kategorie der Moduln.

Ein Unterschied zwischen Homologie und Kohomologie liegt darin, dass die Kettenkomplexe in der Kohomologie kontravariant von   abhängen und daher die Homologiegruppen (die dann Kohomologiegruppen genannt werden und in diesem Kontext mit   bezeichnet werden) kontravariante Funktoren sind. Des Weiteren hat man meist auf der graduierten Kohomologiegruppe eine kanonische Ringstruktur, etwas Vergleichbares gibt es auf dem Niveau der Homologie nicht.

Eigenschaften

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Ist   ein Kettenkomplex, so dass alle   endlich erzeugte freie Moduln sind, von denen höchstens endlich viele nicht null sind, dann kann man die Euler-Charakteristik

 

definieren. Man kann zeigen, dass die Euler-Charakteristik auch bezüglich der Homologie ausgedrückt werden kann:

 

In der algebraischen Topologie liefert das zwei Wege, die Invariante   für das Objekt  , aus dem der Kettenkomplex erzeugt wurde, auszurechnen.

Jede kurze exakte Sequenz

 

von Kettenkomplexen liefert eine lange exakte Sequenz der Homologiegruppen

 

Alle Abbildungen dieser exakten Sequenz sind durch die Abbildungen zwischen den Kettenkomplexen induziert, außer den Abbildungen  , die verbindende Homomorphismen genannt werden und deren Existenz mit dem Schlangenlemma bewiesen wird.

Siehe auch

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Einzelnachweise

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  1. Wilhelm Pape: Handwörterbuch der griechischen Sprache. Braunschweig 31914, Band 2, S. 58–61. Stichwort λόγος, Bedeutung C.5 (Online-Version)
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