Mandinka (Sprache)

Mandé-Sprache, die in Küsten-Westafrika vorkommt

Mandinka ist eine Sprache in Westafrika.

Mandinka
(لغة مندنكا)

Gesprochen in

Senegal, Gambia, Guinea-Bissau, Sierra Leone
Sprecher ca. 1,5 Mio.
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Sonstiger offizieller Status in Gambia Gambia
Anerkannte Minderheiten-/
Regionalsprache in
Senegal Senegal
Sprachcodes
ISO 639-3

mnk

Sie gehört mit etlichen anderen nahverwandten Sprachen (Bambara, Dioula, Maninka u. a.) zum Manding-Vai-Zweig der Mande-Sprachen, die einen Primärzweig der Niger-Kongo-Sprachen bilden.

Mandinka wird von etwa 1,5 Millionen Sprechern in Gambia, Mali, dem Senegal und Guinea-Bissau gesprochen. In Gambia ist sie die am weitesten verbreitete Sprache. In Sierra Leone gibt es, dort bekannt als Madingo, knapp 89.000 Muttersprachler (Stand 2015).[1]

Die Sprache wird sowohl mit lateinischen Buchstaben als auch in arabischer Schrift geschrieben, wobei die lateinische die offiziell benutzte ist, die arabische die ältere darstellt. Daneben wird Mandinka seltener in N’Ko geschrieben, einer in der Mitte des 20. Jahrhunderts speziell für Mande-Sprachen entwickelten Schrift.

Phonetik und Phonologie

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Konsonanten

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Tabelle 1 zeigt die Phoneme der Konsonanten im Mandinka. In Klammern stehen die IPA Symbole, ansonsten wurde die Standardorthografie der Sprachen in Senegal verwendet.[2]

Tabelle 1: Konsonanteninventar – Mandinka

labial dental palatal velar laryngal
stimmlose Plosive p t c [ʨ] k
stimmhafte Plosive b d j [ʥ]
Frikative f s h
Nasale m n ñ [ɲ] ŋ
laterale Approximanten l
Vibranten r
Gleitlaute (Halbvokal) w y [j]

Quelle: Creissels, 2015, S. 4

Tabelle 2 zeigt das Vokalinventar im Mandinka. Es gibt 5 distinktive Vokalqualitäten. Die Vokallänge ist ebenfalls distinktiv und wird durch Dopplung der Einzelvokale gekennzeichnet (ii, ee, aa, oo, uu).[2]

Bsp.: sàrá „Wassermelone“ vs. sàará „Erstgeborene/r“

Tabelle 2: Vokalinventar – Mandinka

vorne hinten
geschlossen i u
halb-offen e o
offen a

Quelle: Creissels, 2015, S. 4

Mandinka hat 2 kontrastive Töne: hoch und tief.

Bsp.: ŋ́ ‘ich’ vs. ŋ̀ ‘wir’ and í ‘du’ vs. ì ‘sie (pl.)’[2]

(Creissels, 2015, S.5)

Im Mandinka gibt es keine Klassifizierer, nominale Klassen oder grammatische Geschlechter. Dieses Phänomen des völligen Fehlens grammatikalisierter Nominalklassifizierungssystemeist auch in anderen Mande-Sprachen zu finden. Es gibt jedoch einen Pluralmarker ‘-‘. Dieser wird häufig weggelassen, wenn die Pluralität aus dem Kontext und einem assoziativen Pluralmarker ‘-ñòlú‘ hervorgeht.[2]

NP-Struktur

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(GEN) (DET1) N (ATTR) (NUM) (DET2)[2]

Nominale Flexion

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Streng genommen gibt es im Mandinka keine Flexionsmorphologie. Es gibt einen „default“ Determinierer ‘-ò‘ und einen Pluralmarker ‘-‘, die wie Suffixe aussehen. Diese sind aber Enklitika, welche die DET2 Position besetzen. Daraus folgt, dass das Nomen kein Stamm sein muss, an welchen Suffixe angefügt werden müssen.[2]

Pronominalsystem

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Fälle[2] schwache (nicht-emphatisch) starke (emphatisch)
1 sg. ŋ́ emph. ń-tè
2. sg. í emph. í-tè
3. sg. à emph. à-té
1. pl. ŋ̀ emph. ǹ-tè-lú ~ ǹ-tò-lú
2. pl. álí ~ álú emph. álí-tè-lú ~ álú-tò-lú
3. pl. ì emph. ì-tè-lú ~ ì-tò-lú

Quelle: Creissels, 2015, S. 15

Es gibt einen Prädikativmarker, dieser ist ein Portmanteau-Morphem und kodiert Aspekt- und Modalunterscheidungen und drückt Polarität aus. Ein einfaches verbales Lexem kann ohne den Prädikativmarker nur in positiver Imperativfunktion oder als eine Art Infinitiv auftreten.[2]

Prädikativmarker

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Kompletiv

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positiv: S O V (X) (transitiv) / S V - (X) (intransitiv)

negativ: S mâŋ (O) V (X)

Ŋ̀ (1SG) + (CPL ) und ŋ̀ (1PL) + (CPL) werden als ŋá and ŋà realisiert

(Creissels, 2015, S. 21)

Konjunktiv

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positiv: S (O) V (X)

negativ: S kánà (O) V (X)

(Creissels, 2015, S. 21)

Potentialis

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positiv: S ~ (O) V (X)

~ = dialektale Varianten

(Creissels, 2015, S. 21)

Inkompletiv

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typischerweise in Kontexten der Gewohnheit verwendet

positiv: S (O) V (X)

negativ: S búkà (O) V (X)

(Creissels, 2015, S. 21)

Resultativ

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positiv: S V -ríŋ (X)

negativ: S V -ríŋ (X)

(Creissels, 2015, S. 22)

positiv: S (O) V - (X)

negativ: S (O) V - (X)

(Creissels, 2015, S. 22)

Progressiv

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existiert nur in einigen Varietäten des Mandinka

positiv: S (O) V -kâŋ (X)

negativ: S (O) V -kâŋ (X)

(Creissels, 2015, S. 22)

Imperativ

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positiv: kein Prädikativmarker

negativ: wie beim Konjunktiv (kánà)

Null-Kodierung in der 2. Pers. Singular

(1) Díndíŋ-ò yè táa kàràmbúŋ-ò tó!

 Kind-D  SUBJ gehen Schule-D   LOC

"Lass das Kind zur Schule gehen!"

(2) Táa kàràmbúŋ-ò tó!

 gehen Schule-D   LOC

"Geh zur Schule!"

(3) Álí táa kàràmbúŋ-ò tó!

 2Pl gehen Schule-D   LOC

"Geht zur Schule!"

(4) Kánà táa kàràmbúŋ-ò tó!

 SUBJ.NEG gehen Schule-D   LOC

"Geh nicht zur Schule!"

(5) Álí kánà táa kàràmbúŋ-ò tó!

 2Pl SUBJ.NEG gehen Schule-D   LOC

"Geht nicht zur Schule!"

(Creissels, 2015, S. 22–23)

Präsens vs. Präteritum

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Im Allgemeinen gibt es keine Unterscheidung zwischen Präsens und Präteritum. Normalerweise impliziert der Kontext die Referenz für die Vergangenheit. Manchmal gibt es einen Marker für die Vergangenheit (nǔŋ, stammverwandt mit núntò „zuvor/früher“) in post-verbaler oder satzfinaler Position.[2]

(6) Wǒo tùm-ôo, ŋ̀ kà ñòô fíyì bâaké.

 DEM Zeit-D 1Pl INCL Hirse.D anbauen viel

"Früher haben wir sehr viel Hirse angebaut."

(7) Kód-òo bé sàarêe-ríŋ nǔŋ bàŋk-ôo kónò lè.

 Geld-D LOCCOP vergraben-RESULT PST Erde-D  in FOC

"Das Geld wurde in der Erde vergraben."

(Creissels, 2015, S. 23)

Infinite Verbformen

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– V- (Infinitiv)

– V-ríŋ (resultativ Partizip)

– V-tôo (Gleichzeitigkeit, Gerundiv)

(Creissels, 2015, S. 20)

Auxiliare

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In manchen biverbalen Konstruktionen dient das höhere Verb als Auxiliar des untergeordneten Verbs. Es drückt temporale, modale, oder aspektuelle Spezifikationen aus.

(8) Ì bòyí-tá dòokúw-òo ké-là.

3Pl fallen-CPL Arbeit-D  machen-INF

"Sie fingen an zu arbeiten."

bòyí (fallen) wird als inchoatives Auxiliar verwendet

(Creissels, 2015, S. 23)

Wortstellung

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Satzebene

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S-(O)-V-(X)-(X‘)[2][3]

X: Obliquus (=genereller Ausdruck für Phrasen in postverbaler Position, meist als Adpositionalphrase kodiert) (Creissels, 2019, S.5)

Phrasenebene

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C pm V X*

C1 pm C2 V X*

C: einzelner Kernbegriff der verbalen prädikativen Konstruktion mit einem Kernbegriff

C1: in verbaler prädikativer Konstruktion mit zwei Kernbegriffen nimmt der Begriff die erste Position ein und ist durch den anderen Kernbegriff vom Verb getrennt

C2: in der verbalen prädikativen Konstruktion mit zwei Kernbegriffen, der Begriff, der dem Verb unmittelbar vorausgeht

pm: Prädikativmarker

X*: Zeichenkette die aus einer beliebigen Anzahl von X’s besteht

(Creissels, 2019, S.3)


(9) Fànkàntáŋ-ò-lú ká sùulá máakóyír-òo lá.

 arm-D-PL     INCPL.POS brauchen Hilfe-D    POSTP
 C            pm V        X

"Die Armen brauchen Hilfe."

(Creissels, 2019, S.4)


(10) Kèw-ôo yè kód-òo díi mùs-ôo lá.

  Mann-D CPL.POS Geld-D geben Frau-D POSTP
  C1     pm C2     V     X

"Der Mann gab der Frau Geld."

(Creissels, 2019, S.4)

Einfache Sätze

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Interrogativsätze

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Interrogativsätze enthalten immer den Auxiliar-ähnlichen Prädikativmarker, welcher zwischen Agens und Patiens steht. Sie unterscheiden sich von assertiven Sätzen durch zwei Möglichkeiten: Entweder durch: 1. steigende Betonung oder 2. einem eingefügten interrogativ Partikel (Creissels, 2015, S. 30).[2]

Entscheidungsfrage

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Ja/Nein-Fragen sind von der gleichen Konstruktion wie assertive Sätze. Sehr häufig enthalten sie jedoch zusätzlich den interrogativ Partikel „bǎŋ“, welcher in satzfinaler Position auftritt (Creissels, 2015, S. 30).

(11) Kèw-óo yè kód-òo díi mùs-ôo lá bǎŋ?

  Mann-D CPL Geld-D geben Frau-D POSTP Q

"Hat der Mann der Frau Geld gegeben?"

(Creissels, 2015, S. 30)

W-Fragen

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Inventar der Interrogativwörter:

jùmâa = Wer/Was?

mǔŋ = Was/Welcher Art?

mùmmâa = In welcher Form?

dǐi = Wie?

mìntóo ~ mùntóo = Wo?

jèlú ~ jòlú = Wie viele?

jèlùñjáŋ ~ jòlùñjáŋ = An welcher Position?

Mǔŋ nè yè à tínnà ..., = Was hat das verursacht?/Warum?

(Creissels, 2015, S. 30)


(12) Kèw-óo yè kód-òo díi jùmáa (lè) lá?

   Mann-D CPL Geld-D geben Wer  (FOC) POSTP

„Wem hat der Mann das Geld gegeben?“

(Creissels, 2015, S. 30)

Literatur

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  • Karin Knick: Kauderwelsch. Mandinka für Gambia – Wort für Wort. Reise Know-How Verlag, Bielefeld 2002, ISBN 3-89416-286-4.
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Einzelnachweise

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  1. Sierra Leone 2015 Population and Housing Census national analytical report. (PDF; 12 MB) Statistics Sierra Leone, Oktober 2017, S. 89 ff.
  2. a b c d e f g h i j k Denis Creissels: A sketch of Mandinka. (PDF) In: deniscreissels.fr. 2015, abgerufen am 4. Mai 2019 (englisch).
  3. Denis Creissels: Grammatical relations in Mandinka. (PDF) In: deniscreissels.fr. 2019, abgerufen am 5. Mai 2019 (englisch).
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