Peptidasen

Enzym, das Proteine bzw. Peptide spaltet

Peptidasen (Kurzform von Peptidbindungshydrolasen) sind Enzyme, die Proteine oder Peptide spalten können. Dabei katalysieren sie die Hydrolyse von Peptidbindungen. Peptidasen werden häufig auch, insbesondere wenn größere Proteine gespalten werden, als Proteasen, Proteinasen oder proteolytische Enzyme bezeichnet.

Peptidasen
Enzymklassifikation
EC, Kategorie
Reaktionsart hydrolytische Spaltung
Substrat Peptide
Produkte Peptide, Aminosäuren
3D-Darstellung des katalytischen Zentrums der viralen TEV-Protease (Tobacco Etch Virus nuclear-inclusion-a endopeptidase) mit gebundenem Proteinsubstrat (schwarz). Drei funktional unterschiedliche Aminosäurereste (rot) – die katalytische Triade – stehen im Vordergrund: Asparaginsäure („Acid“ = sauer), Histidin („Base“ = basisch) und Cystein („Nuc“ = nukleophil).[1]

Vorkommen, Funktion und Anwendung

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Peptidasen sind ubiquitär, d. h., sie kommen in allen Geweben und Zellen aller Organismen vor. Man unterscheidet intrazelluläre und extrazelluläre Peptidasen.

Intrazelluläre Peptidasen übernehmen in zahlreichen Zellkompartimenten verschiedenste Aufgaben. So beteiligen sie sich an der posttranslationalen Regulation des Proteingehalts der Zelle:

  • Proteine, so auch Peptidasen selbst, werden nach ihrer Herstellung (siehe Proteinbiosynthese) durch Abspaltung von Peptidfragmenten (limitierte Proteolyse) in den aktiven Zustand überführt.
  • Signalpeptide, die sicherstellen, dass frisch synthetisierte Proteine ihren richtigen Bestimmungsort erreichen, werden durch Signalpeptidasen abgespalten.
  • Peptidasen sind am Abbau von Antigenen beteiligt, wobei ein großer, aus mehreren Untereinheiten bestehender Peptidasekomplex, das Proteasom, beteiligt ist.
  • Werden Proteine nicht mehr gebraucht oder sind sie beschädigt, werden sie von Peptidasen in den Lysosomen abgebaut. Alle eukaryotischen Zellen haben zusätzlich ein ATP-abhängiges proteolytisches System, das im Cytosol lokalisiert ist.

Extrazellulär abgegebene Peptidasen findet man bei tierischen Organismen vor allem im Verdauungstrakt, wo sie die hydrolytische Spaltung von Nahrungsmitteln katalysieren. Sie werden aber auch in anderen extrazellulären Flüssigkeiten gefunden, wo sie zum Teil hoch spezifische Aufgaben übernehmen, wie zum Beispiel die Peptidasen des Blutgerinnungssystems, des Komplementsystems und des fibrinolytischen Systems.

Durch Peptidaseinhibitoren, niedermolekulare Substanzen wie z. B. den Blutgerinnungshemmer Rivaroxaban, Pepstatin, Iodacetat oder Phenanthrolin lassen sich Peptidasen in ihrer Funktion hemmen.

Peptidasen und andere Enzyme können auch in Reinigungsmitteln zur Zersetzung von Verschmutzungen und daher zur Steigerung der Wirksamkeit dieser Produkte enthalten sein.[2] Einen proteolytischen Wirkstoff zur Fermenttherapie schlecht heilender Wunden enthielt die Heilsalbe Ulcrurisan.[3]

Bedeutung der Peptidasen bei der Tumorbildung

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Peptidasen spielen eine wichtige Rolle bei der Metastasierung bösartiger (maligner) Tumoren. Für die Entstehung von Metastasen bösartiger solider Tumoren ist es notwendig, dass Tumorzellen die Basalmembran, bestehend aus Kollagen (Typ IV), Laminin und Heparinsulfatproteoglykanen, durchwandern. Für deren Überwindung spielen Peptidasen wie die Serinproteinasen, Cathepsin-Proteinasen und Matrixmetalloproteinasen eine essentielle Rolle.

Klassifikation von Peptidasen

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EC-Nomenklatur

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Peptidasen werden, wie alle anderen Enzyme auch, mit Hilfe der so genannten EC-Systematik in Gruppen eingeteilt. Peptidasen gehören zur Klasse 3 der Hydrolasen und bilden dort die Unterklasse 3.4. Diese ist wiederum in 14 Unter-Unterklassen unterteilt. Grundlage dieser Nomenklatur ist die Art der katalysierten Reaktion sowie des aktiven Zentrums.
 

Unter-Unterklasse Peptidase-Typ Anzahl der Einträge
3.4.11 Aminopeptidasen 20
3.4.13 Dipeptidasen 11
3.4.14 Dipeptidyl-Peptidasen 8
3.4.15 Peptidyl-Dipeptidasen 3
3.4.16 Serin-Carboxypeptidasen 4
3.4.17 Metallocarboxypeptidasen 19
3.4.18 Cystein-Carboxypeptidasen 1
3.4.19 Omegapeptidasen 11
3.4.21 Serin-Endopeptidasen 77
3.4.22 Cystein-Endopeptidasen 28
3.4.23 Aspartat-Endopeptidasen 34
3.4.24 Metalloendopeptidasen 70
3.4.25 Threonin-Endopeptidasen 1
3.4.99 Endopeptidasen unbekannten Typs 0
  Gesamtanzahl 287

 

 
Typen von Peptidasen

Art der katalysierten proteolytischen Reaktion

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Da Enzyme unterschiedlichste chemische Reaktionen katalysieren können, ist es folgerichtig sinnvoll, sie anhand dieser Reaktionen zu klassifizieren. Eine erste Einteilung der Peptidasen unter enzymologischen Gesichtspunkten ist die in Exopeptidasen und Endopeptidasen.

Exopeptidasen spalten die Polypeptidkette von den Enden her. Diejenigen, die am N-Terminus agieren, werden je nach abgespaltenem Fragment als Aminopeptidasen (Abspaltung einer einzelnen Aminosäure), Dipeptidyl-Peptidasen (Freisetzung eines Dipeptids) oder Tripeptidyl-Peptidasen (Freisetzung eines Tripeptids) bezeichnet. Am C-Terminus agierende Exopeptidasen setzen einzelne Aminosäuren (Carboxypeptidasen) oder Dipeptide (Peptidyl-Dipeptidasen) frei. Darüber hinaus gibt es Exopeptidasen, die spezifisch Dipeptide spalten (Dipeptidasen) oder endständige substituierte, zyklisierte oder über Isopeptidbindungen verknüpfte Aminosäuren entfernen können (Omega-Peptidasen).

Endopeptidasen spalten meist an sehr spezifischen Stellen innerhalb der Polypeptidkette. Eine zufriedenstellende Klassifizierung anhand der Spezifität ist nicht möglich. Deshalb erfolgt hier die Unterteilung auf Basis des aktiven Zentrums (siehe unten). Die Länge der zu spaltenden Polypeptidkette kann bei Endopeptidasen in einem weiten Bereich variieren. Meist sind Proteine die Substrate. Es gibt jedoch auch eine Untergruppe von Endopeptidasen, die Oligopeptidasen, die auf kürzere Peptide spezialisiert sind.

Art des aktiven Zentrums (MEROPS)

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Die Unterteilung der Peptidasen nach dem EC-System weist Schwächen auf. So werden die zahlreichen Endopeptidasen durch nur sechs Unter-Unterklassen repräsentiert. Verschiedenartige Peptidasen finden sich dabei in der gleichen Gruppe wieder. Der gravierendste Nachteil ist jedoch, dass strukturelle, evolutionäre Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen Enzymen nicht beachtet werden.

Dazu wurde 1993 von Neil D. Rawlings und Alan J. Barett ein neues Klassifikationsschema, genannt MEROPS, eingeführt, das strukturelle Aspekte sowie evolutionäre Verwandtschaftsbeziehungen auf Basis der Aminosäuresequenz berücksichtigt.

Peptidasen haben, wie alle Enzyme, ein aktives Zentrum, das die jeweilige Reaktion – in diesem Fall die Hydrolyse von Peptidbindungen – ermöglicht. Innerhalb dieser Zentren sind einige bzw. Gruppen von Aminosäuren von entscheidender Bedeutung für die Funktionalität. Daher werden Peptidasen in der MEROPS-Datenbank anhand der chemischen Beschaffenheit ihrer katalytischen, aktiven Zentren in sechs Gruppen klassifiziert (siehe nachfolgende Tabelle):

Funktionelle Aminosäure bzw. aktives Zentrum Hauptartikel Beispiel Inhibitor
A Asparaginsäure Aspartylproteasen Pepsin, Chymosin, Cathepsin E Pepstatin
C Cystein Cysteinproteasen Papain, Cathepsin K, Caspase, Calpain Iodacetat, Iodacetamid, Z-Phe-Phe-diazomethylketon[4]
G Glutaminsäure Scytalidoglutamische Peptidase 1,2-Epoxy-3-(p-nitrophenoxy)propan (EPNP)
M Metallo (Metallkomplex) Metalloproteasen Thermolysin, Kollagenasen (bei Wirbeltieren), Carboxypeptidase A u. B EDTA, 1,10-Phenanthrolin
S Serin Serinproteasen Chymotrypsin, Plasmin, Thrombin, Trypsin, Granzyme, Kallikrein APMSF, PMSF, AEBSF, Aprotinin, Diisopropylfluorphosphat, α-1-Antitrypsin
T Threonin Threonylproteasen Proteasom (Lactacystin)
U Unbekannt gpr-Endopeptidase, Prepilin Typ IV Peptidase keiner der oben genannten

Peptidasen in der Übersicht

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Akrosin, Aminopeptidase B, Bromelain, Calpain I, Carboxypeptidase A, Cathepsin A, Cathepsin B, Cathepsin D, Cathepsin E, Cathepsin K, Chymotrypsin, Collagenase, Dipeptidylpeptidase 4, Dispase, Elastase, Faktor IIa, Faktor Xa, Ficin, gpr-Endopeptidase, HIV-Protease, Kallikrein, MBTPS1, Papain, Pepsin, Plasmin, Prepilin Typ IV Peptidase, Prolyl-Oligopeptidase, Proteinase K, Proteasom, Renin, Sekretasen (Alpha-, Beta- und Gamma-Sekretase), Thermolysin, Thrombin, Trypsin, Urokinase

Inhibitoren

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Die Peptidaseaktivität kann durch spezifische, körpereigene Inhibitoren, genannt auch Proteaseinhibitoren, gehemmt werden. Ein Beispiel ist die Serpin-Superfamilie mit Alpha-1-Antitrypsin und Alpha-1-Antichymotrypsin, die den Körper vor übermäßigen Wirkungen seiner eigenen entzündungsfördernden Peptidasen schützen. Zur Serpinfamilie gehören auch Neuroserpin[5] und Protease nexin-1,[6] die im zentralen Nervensystem neuroprotektiv wirken.

Der C1-Esterase-Inhibitor, schützt vor übermäßiger Aktivierung des Komplementsystems, Antithrombin III vor übermäßiger Blutgerinnung. Der Plasminogen-Aktivator-Inhibitor-1 hemmt die Fibrinolyse und schützt damit vor unzureichender Blutgerinnung. Zu den natürlichen Peptidaseinhibitoren gehört auch die Familie der Lipocaline, die bei der Zellproliferation und Zelldifferenzierung eine Rolle spielen. Es wurde festgestellt, dass an Lipocalin gebundene lipophile Liganden tumorale Peptidasen hemmen können.

Synthetische Peptidaseinhibitoren werden in der antiretroviralen Therapie eingesetzt. Einige Viren, darunter HIV, sind in ihrem Vermehrungszyklus auf Peptidasen angewiesen. Daher werden Peptidaseinhibitoren als antivirale Therapeutika entwickelt.[7]

Siehe auch

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Literatur

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  • P. M. de Souza, M. L. Bittencourt, C. C. Caprara, M. de Freitas, R. P. de Almeida, D. Silveira, Y. M. Fonseca, E. X. Ferreira Filho, A. Pessoa Junior, P. O. Magalhães: A biotechnology perspective of fungal proteases. In: Brazilian journal of microbiology : [publication of the Brazilian Society for Microbiology]. Band 46, Nummer 2, Juni 2015, S. 337–346, doi:10.1590/S1517-838246220140359, PMID 26273247, PMC 4507524 (freier Volltext).
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Einzelnachweise

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  1. Thomas Shafee: Evolvability of a viral protease: experimental evolution of catalysis, robustness and specificity. Dissertation, University of Cambridge, 2014 (PDF).
  2. Carlos López-Otín, Judith S. Bond: Proteases: Multifunctional Enzymes in Life and Disease. In: Journal of Biological Chemistry. Band 283, Nr. 45, November 2008, S. 30433–30437, doi:10.1074/jbc.R800035200, PMID 18650443, PMC 2576539 (freier Volltext) – (elsevier.com [abgerufen am 2. Oktober 2022]).
  3. Ulcrurisan.In: Münchener Medizinische Wochenschrift. Band 95, Nr. 1, 2. Januar 1953, S. XXXV (Anzeige der chemischen Fabrik Bavaria München-Gräfelfing).
  4. @1@2Vorlage:Toter Link/www.uni-marburg.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) (PDF)
  5. V. Gupta et al.: Neuroserpin, a crucial regulator for axogenesis, synaptic modelling and cell–cell interactions in the pathophysiology of neurological disease in Cellular and Molecular Life Sciences (2022) Band 79 S. 172
  6. Denis Monard: Cell-derived proteases and protease inhibitors as regulators of neurite outgrowth. In: Trends in Neurochemistry Band 11, Ausgabe 12, 1988, S. 541–544, doi:10.1016/0166-2236(88)90182-8.
  7. Xose S. Puente, Carlos López-Otín: A Genomic Analysis of Rat Proteases and Protease Inhibitors. In: Genome Research. Band 14, Nr. 4, 14. April 2004, doi:10.1101/gr.1946304, PMID 15060002, PMC 383305 (freier Volltext).
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