Zyklon Chido
Zyklon Chido (amtlich Intense Tropical Cyclone Chido) war ein tropischer Wirbelsturm der Zyklonsaison im Südwestindik 2024–2025, der Mitte Dezember 2024 vor allem auf Mayotte und in Mosambik zu Schäden und einer hohen, noch unbekannten Zahl an Todesopfern führte. Stand 23. Dezember 2024 wurden 35 Tote auf Mayotte, 120 in Mosambik und 13 in Malawi registriert sowie insgesamt rund 3400 Verletzte.
Intensiver tropischer Zyklon (MFR) | ||
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Zyklon Chido am 12. Dezember bei seiner höchsten Intensität | ||
Entstehung | 10. Dezember 2024 | |
Auflösung | 17. Dezember 2024 | |
Spitzenwind- geschwindigkeit |
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Niedrigster Luftdruck | 935 hPa (mbar) | |
Tote | mind. 168[1]
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Sachschäden | Unbekannt | |
Betroffene Gebiete |
Mauritius (Agalega-Inseln), Mayotte, Mosambik, Malawi | |
Saisonübersicht: Zyklonsaison im Südwestindik 2024–2025 |
Sturmverlauf
BearbeitenZyklon Chido bildete sich am 10. Dezember 2024 im Südwestindik und nahm schnell an Intensität zu. Am 12. Dezember traf Chido als stärkster Zyklon seit Zyklon Andry 1983 mit Kategorie 4 auf der Saffir-Simpson-Hurrikan-Windskala auf die zur Mauritius gehörenden Agalega-Inseln.[2][3] Chido passierte Madagaskar am 13. Dezember nördlich und traf als Kategorie-4-Sturm am 14. Dezember Mayotte mit Böen, die über 220 km/h erreichten.[4][3] Der Sturm zog weiter nach Westen und traf am 15. Dezember etwa 30 Kilometer südlich der Stadt Pemba im Distrikt Mecúfi der Provinz Cabo Delgado in Mosambik mit Kategorie 4 auf das afrikanische Festland.[5][3] Dort erreichten die Windgeschwindigkeiten 120 km/h,[6] begleitet von Gewittern und über 250 mm Niederschlägen innerhalb von 24 Stunden.[7][8] Am 16. Dezember um 6:00 UTC befand sich das Zentrum des Zyklons im Süden Malawis mit maximal anhaltenden Windgeschwindigkeiten von 74 km/h und starken Niederschlägen zwischen 100 und 150 mm.[9] Der Sturm zog weiter gen Westen in die Provinz Tete in Mosambik. Es wird prognostiziert, dass sich der Sturm am 17. Dezember nahe Simbabwe auflöst.[6]
Vorbereitungen und Folgen
BearbeitenMayotte
BearbeitenFür eine schnelle Bestandsaufnahme wurden Satellitenbeobachtungen des Copernicus Emergency Management Service angefordert. Auf der Nordseite der Hauptinsel wurde am 13. Dezember 2024 um 18:00 CAT die höchste Alarmstufe ausgegeben.[10] Laut der Abgeordneten Estelle Youssouffa hätten sich jedoch die meisten Familien in den Armenvierteln trotz Bitten der Behörden geweigert, Schutz zu suchen.[11] Viele Migranten ohne Aufenthaltspapiere verließen die Slums aus Angst vor einer Abschiebung nicht.[12]
Stand 23. Dezember wurden 35 Todesopfer und rund 2500 Verletzte registriert.[1][13] Es wird jedoch insgesamt von Hunderten bis möglicherweise sogar über tausend Todesopfern ausgegangen. Ganze Slums wurden völlig zerstört.[14][15] Stand 16. Dezember waren etwa 85 % der Insel ohne Strom und etwa 80 % der Telefone nicht nutzbar. Zudem wurde die Trinkwasserversorgung und der Zugang zu Nahrungsmitteln beeinträchtigt. Etwa 75 % der Bevölkerung leben bereits unterhalb der Armutsgrenze.[16]
Mosambik
BearbeitenIn Mosambik kam es zu mindestens 120 Todesopfern, darunter 110 in der Provinz Cabo Delgado, sowie Schätzungen nach zu fast 900 Verletzten.[1][17][18] Insgesamt waren über 24.000 Menschen von den Sturmschäden betroffen.[7][12] Am schwersten fielen die Schäden in der Provinz Cabo Delgado aus und dort vor allem in den Distrikten Mecúfi und Chiúre, in denen „100 Prozent der Häuser“ betroffen sind.[8] Chido zerstörte in der Provinz über 23.000 Häuser. Auch Schulen und Gesundheitseinreichtungen waren betroffen.[14] Darüber hinaus traf es die Provinzen Nampula und Niassa und in geringerem Ausmaß Tete und den Norden der Provinz Manica.[6] In den Provinzen Cabo Delgado und Nampula brach zudem das Stromnetz zusammen.[11] Die Störung der Kommunikationswege erschwert die humanitäre Hilfe zusätzlich. Durch die Zerstörung der Wasser- und Sanitärinfrastruktur besteht zudem ein erhöhtes Risiko für die Übertragung von Krankheiten wie Cholera.[8]
Malawi
BearbeitenIn Malawi wurden 13 Menschen getötet und fast 30 verletzt.[1]
Reaktionen
BearbeitenDer Präfekt François-Xavier Bieuville bezeichnete Chido als den schlimmsten Zyklon seit 1934, der das französische Überseedepartement traf.[5] Die Komoren, aus denen viele Menschen in den Armenvierteln auf Mayotte leben, erklärten eine einwöchige Staatstrauer.[1][19] Um auf Mayotte Plünderungen zu verhindern, verhängte das französische Innenministerium eine zwischen 22 und 4 Uhr geltende, nächtliche Ausgangssperre. Zudem wurden zur Unterstützung der rund 1600 Sicherheitskräfte 400 Gendarme entsandt.[20] Innenminister Bruno Retailleau reiste mit 160 Feuerwehrleuten und Soldaten nach Mayotte.[11] Der französische Präsident Emmanuel Macron besuchte die Insel vom 19. bis 20. Dezember. Auf Rücktrittsrufe der Einwohner entgegnete Macron „Ihr habt es gut, dass ihr in Frankreich seid. Denn wenn dies nicht Frankreich wäre, würdet ihr noch zehntausendmal tiefer in der Scheiße stecken!“, wofür er unter anderem von dem sozialistischen Parteichef Olivier Faure kritisiert wurde. Macron kündigte neben dem Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur und Gebäude auf Mayotte an, die „illegale Einwanderung“ auf der Insel stärker zu bekämpfen. Für den 23. Dezember wurde in Frankreich eine Staatstrauer verhängt und in einer Schweigeminute um 11 Uhr Ortszeit der Opfer des Zyklons gedacht.[1][21][22]
Der mosambikanische Präsident Daniel Chapo besuchte am 22. Dezember die betroffenen Gebiete in seinem Land.[1] Der UN-Nothilfekoordinator Tom Fletcher stellte 4 Millionen US-Dollar aus dem Central Emergency Response Fund (CERF, deutsch „Zentraler Nothilfefonds“) für Mosambik bereit.[7]
Weblinks
Bearbeiten- Tropical Cyclone Chido - Dec 2024. In: ReliefWeb.
- Zyklon "Chido": Helfer suchen nach Überlebenden. In: zdf.de. 16. Dezember 2024 .
- Emily Cassidy: Cyclone Chido Pummels Mayotte. In: NASA Earth Observatory. 17. Dezember 2024 (englisch).
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c d e f g Zyklon Chido reisst in Moçambique 120 Menschen in den Tod. In: srf.ch. 23. Dezember 2024, abgerufen am 24. Dezember 2024.
- ↑ Tropical Cyclone Chido hits Agalega as the strongest in over 50 years, heads toward Mayotte and Mozambique. In: watchers.news. 12. Dezember 2024, abgerufen am 16. Dezember 2024 (englisch).
- ↑ a b c Emily Cassidy: Cyclone Chido Pummels Mayotte. In: NASA Earth Observatory. 17. Dezember 2024, abgerufen am 19. Dezember 2024 (englisch).
- ↑ Cyclone à Mayotte : Médecins du Monde s’organise face à l’urgence. In: ReliefWeb. Ärzte der Welt, 16. Dezember 2024, abgerufen am 16. Dezember 2024 (französisch).
- ↑ a b Rachel Savage: Mayotte cyclone: health services in ruins as rescuers race to reach survivors. The Guardian, 16. Dezember 2024, abgerufen am 16. Dezember 2024 (englisch).
- ↑ a b c Mozambique: Intense Tropical Cyclone Chido - Flash Update No. 2, As of 17 December 2024. In: ReliefWeb. OCHA, 17. Dezember 2024, abgerufen am 17. Dezember 2024 (englisch).
- ↑ a b c Southern Africa: Tropical Cyclone Chido - Flash Update No. 4, as of 16 December 2024. In: ReliefWeb. OCHA, 16. Dezember 2024, abgerufen am 16. Dezember 2024 (englisch).
- ↑ a b c Mozambique: Cyclone Chido Flash update - 18 December 2024. In: ReliefWeb. Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, 18. Dezember 2024, abgerufen am 18. Dezember 2024.
- ↑ Mayotte, Comoros, Mozambique - Tropical cyclone CHIDO, update (GDACS, INGD, UN OCHA, COGIC, media) (ECHO Daily Flash of 16 December 2024). In: ReliefWeb. 16. Dezember 2024, abgerufen am 16. Dezember 2024 (englisch).
- ↑ EMSR780 - Tropical Cyclone CHIDO in Mayotte, France. In: rapidmapping.emergency.copernicus.eu. Abgerufen am 16. Dezember 2024 (englisch).
- ↑ a b c Helfer suchen auf Mayotte nach Überlebenden. In: tagesschau.de. 16. Dezember 2024, abgerufen am 17. Dezember 2024.
- ↑ a b Rachel Savage: Cyclone Chido: many missing in Mayotte as death toll rises in south-east Africa. The Guardian, 17. Dezember 2024, abgerufen am 17. Dezember 2024 (englisch).
- ↑ Mayotte : après la tempête Chido, les renforts sont à l’œuvre. französisches Innenministerium, 18. Dezember 2024, abgerufen am 19. Dezember 2024 (französisch).
- ↑ a b Zyklon "Chido": Helfer suchen nach Überlebenden. In: zdf.de. 16. Dezember 2024, abgerufen am 16. Dezember 2024.
- ↑ Nach Zyklon über Mayotte: "Hoffen, noch Überlebende zu finden". In: n-tv.de. 16. Dezember 2024, abgerufen am 16. Dezember 2024.
- ↑ Rachel Hagan, Richard Kagoe: Mayotte feels like nuclear war aftermath since cyclone, residents say. In: bbc.com. 16. Dezember 2024, abgerufen am 17. Dezember 2024 (englisch).
- ↑ Rachel Savage: Macron swears amid furious exchange with cyclone-hit Mayotte islanders. The Guardian, 20. Dezember 2024, abgerufen am 20. Dezember 2024 (englisch).
- ↑ Rachel Savage: Cyclone Chido deaths rise in south-east Africa as Mayotte toll remains unclear. The Guardian, 18. Dezember 2024, abgerufen am 19. Dezember 2024 (englisch).
- ↑ Comoros Declares Week Of National Mourning After Cyclone Chido. In: barrons.com. 16. Dezember 2024, abgerufen am 16. Dezember 2024 (englisch).
- ↑ Ausgangssperre soll Plünderungen auf Mayotte nach Sturm verhindern. In: zeit.de. 17. Dezember 2024, abgerufen am 17. Dezember 2024.
- ↑ Macron-Besuch: Inselbewohner machen Wut Luft. In: zdf.de. 20. Dezember 2024, abgerufen am 24. Dezember 2024.
- ↑ »Wenn dies nicht Frankreich wäre, würdet ihr noch zehntausendmal tiefer in der Scheiße stecken!« Der Spiegel, 21. Dezember 2024, abgerufen am 24. Dezember 2024.