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Artikel „Tannstetter, Georg“ von Karl Hartfelder in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 388–389, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Collimitius,_Georgius&oldid=- (Version vom 30. Dezember 2024, 22:35 Uhr UTC)
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Tannstetter: Georg T. (Collimitius), aus Rain in Baiern, geboren 1482, † 1535, humanistisch gebildeter Mathematiker, Astronom und Astrologe. – Die Latinisirung seines Namens in Collimitius, welche für den Humanisten bezeichnend ist, geht von seinem Geburtsort Rain aus, was Grenzmarke (limes) bedeutet. Manchmal heißt er auch Licoripesis, weil seine Heimath am Lechflusse [389] lag. Seine Universitätsstudien, die er in Ingolstadt machte, erstreckten sich neben den rein humanistischen Lehrfächern auch auf Mathematik und Astronomie. So wurde er von Celtis und Stiborius (Stöberl) aus Nördlingen an die Universität Wien empfohlen, wo er 1503 Vorlesungen über Mathematik eröffnete. Als Astronom und Astrologe erlangte er bald einen bedeutenden Ruf. Daneben beschäftigte er sich auch mit medicinischen Studien. 1510 wurde er Leibarzt bei Kaiser Maximilian I., und nach dessen Tode auch bei Ferdinand I. Auch an der Universität gelangte er bald zu Ehren, so daß er mehrmals Decan der medicinischen Facultät, auch Rector der ganzen Hochschule wurde.

Als humanistisch gebildeter Gelehrter gehörte er der von Celtis gegründeten gelehrten Donaugesellschaft (Sodalitas Danubiana) an, und als nach dem Tode des Celtis das Collegium poetarum et mathematicorum, das mit der Universität Wien in Verbindung stand, einging, versuchte er die Gründung einer ähnlichen Anstalt, wodurch die mathematischen und astronomischen Studien gepflegt werden sollten und die nach dem Stifter Collimitiana sodalitas genannt wurde, aber nicht zu rechtem Leben gelangte. Von der Regierung wurde er, wie andere Humanisten, zu Gesandtschaften verwendet und zur Belohnung für seine verschiedenartigen Dienste in den Adelstand erhoben als Tannstetter von Thannau. Unter den Zeitgenossen erfreute er sich als Mathematiker und Astronom eines guten Ansehens. So wurde er z. B. von Kaiser Maximilian I. dem Papste Leo X. empfohlen, als dieser von der Wiener Hochschule kundige Gelehrte zur Verbesserung des Kirchenkalenders erbat. Seine astrologischen Prophezeiungen genossen eines großen Rufes. So soll er z. B. den Tod des Kaisers Maximilian I. auf den richtigen Tag vorhergesagt haben. Als im J. 1523 die Wiener glaubten, Collimitius habe für das nächste Jahr den Untergang ihrer Stadt prophezeit, mußte er die erregte Bevölkerung durch eine besondere Schrift beruhigen.

Seine Schriften, die in der im J. 1536 zu Straßburg erschienenen Ausgabe seiner Werke nicht alle enthalten sind, beziehen sich auf Mathematik, Astronomie und Medicin. Auch hat er Ausgaben veranstaltet von Proclus Diadochus (Wien 1510), von Albertus Magnus De natura locorum liber (Wien 1514), Opusculum de sphaera von Johannes de Sacro Busco (Wien 1518), Peuerbach’s Tabulae ecclipsium (Wien 1514). Seit 1515 erschienen von ihm allein oder gemeinsam mit dem Mathematiker Perlach bearbeitet Kalender, Ephemerides, Almanach, Practica, wie sie auch der Tübinger Astronom Stöffler herauszugeben pflegte. Auch um die physikalische Geographie, Kartographie u. A. hat er sich verdient gemacht. 1521 erschien von ihm eine Schrift über die Pest in deutscher Sprache, „Regiment für den Lauff der Pestilentz“. In der handschriftlichen Briefsammlung des Alexander Brassicanus auf der Wiener Hofbibliothek (Cod. 9735) befinden sich Briefe Tannstetter’s.

Jos. v. Aschbach, Geschichte der Wiener Universität, Bd. II (Wien 1877), S. 271–277 und sonst (Register).
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