« Kapitel A 7 Beschreibung des Oberamts Neresheim Kapitel B 2 »
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B.


Ortsbeschreibung,

in alphabetischer Reihe der den Oberamtsbezirk bildenden 34 politischen Gemeinden oder Schultheißereien, jedoch unter Vorausstellung der Oberamtsstadt. Die am Schluß beigefügten Tabellen gewähren übersichtliche Zusammenstellungen: I. der Bevölkerung, der Gebäude und des Viehstandes, II. des Flächenmaßes nach den verschiedenen Bestandtheilen, und III. des Steuerkatasters, des Gemeinde- und Stiftungshaushaltes. Die Bevölkerungszahlen sind für die Ortsbeschreibung der neuesten Zählung vom 1. Dezember 1871 entnommen, deren Ergebnisse erst während des Drucks der Oberamtsbeschreibung festgestellt worden, daher sie auch im allgemeinen Theil noch nicht benützt werden konnten.


Neresheim,
mit der Gallus-Mühle.
Gemeinde II. Kl. mit 1133 Einw., wor. 86 Ev., und 8 Israel. a. Neresheim, Stadt, 928 Einw.. b. Stetten, Weiler, 205 Einw. – Kath. Pfarrei; die Ev. sind nach Kapfenburg eingepfarrt und die Israel. sind der Synagoge in Oberdorf zugewiesen.

Die Stadt Neresheim liegt unterm 27° 59′ 54″ östlicher Länge und 48° 45′ 16,79 nördlicher Breite (Stadtkirchthurm), 31 geometrische Stunden östlich von Stuttgart. Die Erhebung über das Mittelmeer beträgt an der nordwestlichen Ecke des Stadtkirchthurms 1753,2 württ. Fuß = 502,2 Meter. Als Oberamtsstadt ist sie der Sitz des Oberamtsgerichts mit dem Gerichtsnotariat, des Oberamts mit dem Oberamtsphysikat und eines Postamts mit Telegraphenanstalt. Der kath. Dekan wohnt gegenwärtig in Ohmenheim. Überdieß wohnen in Neresheim zwei Oberamtsbaumeister, ein Rechtskonsulent, ein Oberamtswundarzt und ein Oberamtsthierarzt. Auch befindet sich daselbst seit neuester Zeit eine Apotheke. Der Oberamtsgeometer wohnt in Neresheim, Schloß.

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Das Wappen der Stadt ist das der Fürsten von Oettingen; es besteht aus vier Reihen rother stehender und goldener gestürzter Eisenhütlein, dergestalt, daß in der ersten und dritten Reihe drei rothe, von denen die äußern sich im Schildesrand verlieren, und zwei goldene, in der zweiten und vierten Reihe aber rothe sind. In der Mitte liegt über diese Eisenhütlein ein blauer Mittelschild, und über das Ganze ist ein schmales silbernes Andreaskreuz gezogen. Es ist nur ein einziges, noch jetzt gebräuchliches, rundes Siegel der Stadt bekannt, welches das oben beschriebene Wappen enthält, nur daß dasselbe statt eines Helms mit einer Abtsmütze bedeckt ist. Umschrift: S. DER STADT NERESHEIM.

Im Süden des Herdtfeldes liegt ziemlich geschützt auf einem flachen Ausläufer gegen das Egau-Thal die Stadt, an deren nordöstlichem Ende ein kleines Thälchen, das Sauerteich, in das Egau-Thal eingeht. Die Umgegend der Stadt ist etwas eintönig, jedoch nicht ganz ohne landschaftliche Reize, namentlich gegen Osten hin; hier erhebt sich über der Stadt auf einem wohlgerundeten Vorhügel die großartige und schöne Gebäudegruppe des Schlosses (ehemaligen Klosters) Neresheim, und mehr gegen Süden schneidet das Thal der Egau, worin die Stadt eine freundliche Stelle gefunden hat, sich tiefer ein. Frische Wälder beleben hier seine Gehänge und in der schmalen Thalebene schlängelt sich die klare schilfumsäumte Egau durch üppigen Wiesengrund an hübschen Mühlen vorbei. Noch weiter abwärts wird das Thal sehr enge und zieht als ein malerisches, von Felsen umkränztes Waldthal fort. Zunächst der Stadt dehnt sich flachhügeliges Ackerland aus, steigt man aber hinauf zu dem Schloß und vollends auf den Thurm der ehemaligen Klosterkirche, so eröffnet sich eine sehr umfassende Aussicht einerseits über das Herdtfeld, andererseits über die fruchtbare dörfer- und städtereiche Donau- und Lechgegend mit Augsburg, in deren fernem Hintergrunde der schneeglänzende Kranz der Alpen sich majestätisch erhebt.

Die Stadt selbst, an deren Südseite die Egau hinfließt, bildet beinahe ein Eirund und war ringsum mit einer Mauer und einem tiefen Graben umgeben, wovon sich theilweise noch Überreste erhalten haben. Außerhalb der ehemaligen Umfriedigung hat sich im Laufe der Zeit an der Nordseite zunächst der Stadt und an der Straße nach Bopfingen eine von freundlichen Gärtchen belebte Vorstadt gebildet. Die Stadt hatte drei Thore, das Wörnerthor an der Westseite, das Wasserthor an der Südseite und das Klosterthor an der Südostseite. Das neue Thor an der Nordseite wurde erst in den 1820er Jahren durch die Stadtmauer gebrochen. Über den alten Thoren, zu denen Brücken über den Stadtgraben führten, erhoben | sich feste Thorthürme; die Thore wurden im Laufe dieses Jahrhunderts abgebrochen und zwar das Wörner- und das Klosterthor in den 1820er Jahren, das Wasserthor aber erst 1858. Überdieß standen an der Stadtmauer einige runde Thürme; die Stadtmauer selbst ist in den 1850er und 1860er Jahren bis auf wenige Reste abgetragen worden.

Neresheim hat das Ansehen einer kleineren gemüthlichen schwäbischen Landstadt; die Gebäude sind meist nur zweistockig, nicht groß und wenig alterthümlich; nur ein großes Haus mit Erker und Renaissancegiebel ist zu bemerken. Die genügend breite Hauptstraße, zugleich Landstraße von Heidenheim nach Dischingen, zieht vom Wörnerthor bis zum Klosterthor der Länge nach durch die Stadt und an ihr liegen die meisten bedeutenderen Gebäude. Die übrigen Straßen sind mit Ausnahme der Marktgasse und der Schulgasse meist enge, unregelmäßig, jedoch gut gehalten. Von öffentlichen Plätzen sind zu nennen: der Marktplatz, eigentlich nur die gegen die Hauptstraße erweiterte Marktgasse, der Kirchplatz an der Stadtkirche, auf dem der Viehmarkt abgehalten wird, und der Rathhausplatz.

Das ansehnlichste Gebäude, die Stadtkirche, z. Th. aus dem Jahre 1745, steht im nördlichen Theil der Stadt an der Stelle der früheren 1465 hier erbauten, 1578 erweiterten. Ihr Äußeres ist im schlichten Zopfstil gehalten, das Innere aber an Wänden und Decken mit Fresken und Stuckaturen auf das reichste verziert; das Schiff hat eine beinahe flache Decke, der vielseitige 1716 neugebaute Chor Stichkappengewölbe, denen außen einfache Strebepfeiler entsprechen. Die Fresken malte Joh. Mich. Zink. Die drei Altäre, der Hauptaltar vom Jahre 1660, sowie die Kanzel, sind im prunkvollsten Rococo gehalten, in ähnlich reichem aber sehr edlem Stil ist die Orgel gefaßt. Auch Chorstühle und Sitzbänke sind tüchtig gearbeitet und im Schiffe hängen zwei Ölbilder aus dem vorigen Jahrhundert, die von prachtvoll geschnitzten Rahmen umschlossen werden. Ein Bürgersohn, Johann Frombelt, kais. Proviantverwalter in Komorn, stiftet 1655 die silberne ewige Lampe und ein anderer Bürgersohn, Kaspar Kaufmann, Hauptmann in Neapel, stiftet 1715 das Öl. Von den vier Glocken auf dem stattlichen, mit Zwiebelkuppel bedeckten Thurm hat die größte die Umschrift: Anno 1694 hat Abt Sinpertus dise Glockhen ausgiessen lassen. Sit nomen domini benedictum; auf der zweiten Glocke, welche an die in Heubach (O.A. Gmünd) im Jahre 1603 und von demselben Meister gegossene erinnert, steht in herrlicher Schrift:

Zu Gottes Lob und Ehr brauch man mich
Wallentinus Allgeyer in Ulm goss mich. 1607.

Die übrigen Glocken haben keine Inschrift.

| Die Unterhaltung der Kirche ruht seit 1805 auf der Stadtgemeinde. An der Kirche steht ein kath. Stadtpfarrer.

Der schon in sehr früher Zeit angelegte ummauerte Friedhof liegt anmuthig zwischen der Südseite der Stadt und der Egau und gewährt einen lieblichen Ausblick in das friedlich schöne Thal hinab; er enthält verschiedene hübsche Grabmäler aus neuer und neuester Zeit. Auf ihm steht die innen sehr verwahrloste Gottesackerkirche, die zum größten Theil im Zopfstil erbaut ist. Nur die unteren Theile des nördlich stehenden Thurms und die östlich an denselben gebaute Sakristei zeigen gothische Formen und sind wohl noch Reste der früher hier gestandenen Kirche. Der thätige und so verdienstvolle Abt Melchior (1584–1616) erbaute die jetzige; ihr Thurm ist hübsch, schlank, mit Zahnschnittfriesen verziert, hat zwei achteckige Obergeschosse und endigt wie derjenige der Stadtkirche mit einer Zwiebelkuppel. Das feuchte, mit Stuckaturen und Fresken ausgeschmückte Innere der Kirche enthält drei sehr reiche Zopfaltäre, im Hauptaltar ein schönes Madonnenbild, dann wieder einige Ölgemälde mit prachtvoll geschnitzten Rahmen, ferner an der Nordwand eine alte Pieta (Maria mit dem Leichnam des Herrn) und das steinerne Grabmal einer Frau vom Jahr 1589; überdieß steht außen an der Kirche eine Reihe von hübschen Grabplatten aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert. Die schon genannte Sakristei scheint eine Kapelle gewesen zu sein, hat ein Tonnengewölbe, das in ein Kreuzgewölbe übergeht und enthält an der Ostseite ein frühgothisches Fenster. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf dem Fürsten von Turn und Taxis.

Außer den beiden Kirchen sind an öffentlichen Gebäuden noch zu nennen:

a. Der Gemeinde gehörig:

1. Das Rath- und Schulhaus; dieses große, dreistockige, 1835–36 mit einem Gemeindeaufwand von 12.500 fl. erbaute Gebäude steht frei in der Schulgasse und enthält im untern Stockwerk ein Schulzimmer und das Spritzenmagazin; im zweiten ein Schulzimmer und die Wohnungen des Schulmeisters und des Unterlehrers und im dritten die Realschule und die Gelasse für den Gemeinderath. Der Reallehrer wohnt gegen Entschädigung in einem Privathaus.

2. Das Spitalgebäude, ein unbedeutendes zweistockiges Gebäude in der Spitalgasse.

3. Ein Magazin mit Turnhalle, außerhalb der Stadt an der Landstraße nach Bopfingen gelegen.

4. Das an der Hauptstraße stehende Kastenhaus, früher (bis 1851) fürstlich Wallerstein’sches Rentamt, ein großes im Renaissancestil gehaltenes massives Gebäude, das der evangelischen Gemeinde | gehört; in demselben befindet sich der evangelische Betsaal und die oberen Räume sind als Fruchtmagazine vermiethet. Den ev. Gottesdienst versieht der ev. Pfarrverweser in Kapfenburg, der alle vierzehn Tage hier eine Predigt abzuhalten hat. Im untern Stock ist die Fruchtschranne.

b. Im Eigenthum des Staats sind folgende Gebäude:

1. Das Oberamtsgericht, ein schönes zweistockiges, freundlich gelegenes Gebäude mit hübschem Garten, das außerhalb der ursprünglich ummauerten Stadt am ehemaligen Klosterthor im Jahr 1809 für die frühere Stadtschreiberei erbaut wurde. Dabei das Oberamtsgerichtsgefängniß.

2. Das Oberamteigebäude, in der Mitte der Stadt, die Ecke von der Haupt- und Marktstraße bildend; es wurde 1842–43 als Privathaus erbaut und 1844 um 10.000 fl. erkauft. Früher stand hier ein altes balkenreiches mit Erkern versehenes Wirthshaus zur Krone, das aber im Feuer aufging. Neben dem Oberamt steht das 1856 neu erbaute Oberamtsgefängniß.

3. Das Stadtpfarrhaus (Dekanathaus), ein schönes ansehnliches dreistockiges Gebäude, das mit seinem Hofraum und Nebengebäude einen gut geschlossenen Pfarrhof bildet, befindet sich zunächst der Kirche; es wurde 1733 von Abt Edmund Heisser erbaut. Sein hübscher Kapitelsaal ist von dem oben genannten J. M. Zink ausgemalt.

Endlich gehört der Amtskorporation das außerhalb der Stadt an der Landstraße nach Bopfingen gelegene Bezirkskrankenhaus.

Mit gutem Trinkwasser ist der Ort, seitdem die drei alten Brunnen im Jahre 1867 tiefer erbohrt wurden, versehen und auch in ganz trockenen Jahren tritt kein Wassermangel mehr ein; es bestehen überdieß sechs öffentliche und vier Privatpumpbrunnen. An der Südseite außerhalb der Stadt liegt der sogenannte Badbrunnen, der vortreffliches Wasser liefert und bei dem früher ein Bad bestand; er ist gefaßt und sein Übereich geht in die an der Südseite der Stadt hinfließende Egau, die jedoch in trockenen Jahreszeiten zuweilen ganz versiegt. Eine Quelle der Egau entspringt 1/4 Stunde westlich der Stadt, eine zweite, die bedeutendste, in der Nähe des Gottesackers und gilt allgemein als der eigentliche Ursprung; außer ihr bestehen noch einige Quellen in der Nähe der Stadt, die sämtlich ihr Wasser der Egau zuführen. Überdieß kommen noch einige periodisch fließende Quellen auf der Markung vor. Unterhalb der Steinmühle war früher der große Neresheimer See, der seit 130 Jahren trocken gelegt und in Wiesengrund verwandelt ist. Auch gilt hier oben das Sprichwort:

Neresheimer Fisch
Machen theuern Tisch,

| weil, wenn hier oben Quellenreichthum ist, die eigentlichen Fruchtländer halb unter Wasser stehen.

Die Einwohner, von denen gegenwärtig etwa acht Personen achtzig und mehr Jahre zählen, sind im allgemeinen geordnet und fleißig; ihre Vermögensumstände gehören neben einzelner Wohlhabenheit zu den mittelguten, indem der vermöglichste Bürger 130 Morgen, der sogenannte Mittelmann 25–30 Morgen und die unbemittelte Klasse 1–11/2 Morgen Grundeigenthum besitzt. Die Hauptnahrungsquellen bestehen in Handwerken, Landwirthschaft und Taglohnarbeiten. Eigentliche Bauern, die von der Landwirthschaft ausschließlich leben, sind etwa zwölf vorhanden, indem die meisten neben der Landwirthschaft noch ein Handwerk treiben. Besonders hervorragende Gewerbe bestehen nicht.

Nach dem neuesten Stand zählt die Stadt folgende mechanische Künstler und Handwerker:

  Meist. Geh.   Meist. Geh.
Bäcker 6 3 Nagelschmiede 1 1
Buchbinder 3 Seiler 2 1
Conditoren 1 Sattler 2 1
Drechsler 2 Schmiede 2 3
Flaschner 2 Schneider 6
Frachtfahrer 2 Schreiner 7 5
Glaser 3 1 Schlosser 2 2
Gürtler, Goldarbeiter 1 1 Schirmmacher 1 1
Hafner 3 Schuhmacher 9 4
Hutmacher 1 Seckler u. Kappenmacher 2 1
Küfer 3 2 Siebmacher 1
Metzger 3 3 Uhrenmacher 2 2
Modistinnen 3 Wagner 6 2
Maurer u. Steinhauer 9 2 Weber 3
Nätherinnen 7 2 Zimmerleute 4 8
Handelsgewerbe: Kaufleute und Großhändler 7 mit 1 Gehilfen.
Kleinhändler und Krämer: 8.
Apotheken: 1.
Schildwirthschaften: 6, worunter 3 mit Bierbrauereien.
Buchdruckereien: 1.

Die Gallusmühle mit zwei Mahlgängen und einem Gerbgang liegt 1/8 Stunde unterhalb der Stadt an der Egau.

Die Post fährt zweimal des Tags nach Bopfingen hin und zurück, einmal über Dischingen nach Heidenheim und zurück, und steht von Dischingen aus mit einem bayerischen Wagen über Lauingen mit der Ulm–Münchener Bahn (Station Offingen) in Verbindung.

| Handel wird mit Holz und Früchten getrieben, während Wein, Eisen und Kolonialwaren, Tücher etc. eingeführt werden.

Die Stadt hat das Recht, in den Monaten Februar, April, Mai, Juli und Oktober je einen Vieh- und Krämermarkt, und im August (Bartholomä) und Oktober einen Schafmarkt abzuhalten; die Viehmärkte wie auch die Schafmärkte sind von Bedeutung.

Außer der durch den Ort führenden Nördlingen-Heidenheimer Staatsstraße, von der die nach Bopfingen führende Landstraße bei Ohmenheim abzweigt, bestehen noch Vicinalstraßen nach Stetten, Dischingen und Auernheim; von letzterer zweigt eine Vicinalstraße nach Steinweiler ab. Eine steinerne Brücke an der Staatsstraße nach Heidenheim hat der Staat, und eine an der Vicinalstraße nach Auernheim die Gemeinde zu unterhalten.

Von den zwei Frachtfahrern fährt jeder zweimal in der Woche nach Nördlingen, Aalen, Heidenheim und Lauingen.

Die Gemeindemarkung ist mit Inbegriff der Markung Stetten sehr groß und von Nordwest gegen Südost in die Länge gezogen; sie bildet ein flachhügeliges, meist für den Feldbau benütztes Land, das von mehreren Trockenthälchen (Auernheimer Thal, Kuchener Thal, Stettener Thal, Dossinger Thal, Wutzenthälchen, Sauerteich etc.) und von dem allein mit einem Flüßchen versehenen Egau-Thal durchfurcht ist.

Die Bodenverhältnisse sind im allgemeinen mittelgut, auch kommt ein tiefgründiger sehr fruchtbarer Thonboden ziemlich häufig vor, sonst besteht der oft steinige Boden meist aus den Zersetzungen des weißen Jura und ist daher kalkhaltig, leicht etwas hitzig und in nassen Jahrgängen ergiebiger als in trockenen. Auch Lehm, sog. Lüxe, kommt namentlich auf der Markung Stetten an mehreren Stellen vor.

Etwa 1/2 Stunde südlich von Neresheim in einem 1712 entdeckten Bruche wird Marmor gebrochen, und weißen Jurakalk gewinnt man zu Straßenmaterial und Mauersteinen am Fußweg nach Dischingen. Eine Lehmgrube und eine Töpfergrube sind vorhanden.

Das Klima ist etwas milder als auf dem eigentlichen Herdtfeld, doch kommen bis in den Mai hinein häufige Frühlingsfröste vor, dagegen wurde die Gegend seit 1832 nicht mehr von Hagelschlag heimgesucht.

Die Landwirthschaft wird mit vielem Fleiß getrieben und hat sich seit 25 Jahren sehr gehoben; von verbesserten Ackergeräthen hat der Brabanter Pflug und die eiserne Egge allgemein Eingang gefunden, auch die Dreschmaschine und Futterschneidmaschine wird benützt. Zur Besserung des Bodens wird, außer dem in ziemlich gut angelegten Düngerstätten gesammelten Stalldünger und der Jauche, auch Gips und Knochenmehl angewendet. Man baut die | gewöhnlichen Cerealien, von denen Dinkel und Gerste besonders gut gerathen; ferner Kartoffeln, dreibl. Klee, viel Luzerne, zu der sich der Boden sehr gut eignet, Esparsette, Wicken mit Haber gemengt, ziemlich viel Reps, Flachs und seit neuerer Zeit auch auf 2 Morgen Hopfen. Von den Felderzeugnissen können jährlich 500 Scheffel Dinkel, 800 Scheffel Gerste, 200 Scheffel Haber, 200 Scheffel Roggen, ziemlich viel Reps und der Hopfenertrag nach außen abgesetzt werden.

Der Wiesenbau ist nicht ausgedehnt, liefert aber reichliches und gutes Futter, das jedoch für den nöthigen Viehstand nicht hinreicht, daher man auf einen tüchtigen Futterkräuterbau sehr bedacht ist. Der Gartenbau beschränkt sich mit Ausnahme einiger Vergnügungsgärten auf den Anbau von Gemüsen für den eigenen Bedarf. Auch die Obstzucht ist nicht bedeutend, jedoch im Zunehmen begriffen, und beschäftigt sich hauptsächlich mit späten Mostsorten, Zwetschgen und ziemlich viel Kirschen. Eine der Amtskorporation gehörige Baumschule ist vorhanden und ein besonderer Baumwart aufgestellt. Das Obst wird im Ort verbraucht.

Etwa 1/4 Stunde südwestlich von der Stadt wird ein südlich geneigter Abhang der „Weinberg“ genannt; ob hier je Wein gebaut wurde, ist zweifelhaft.

Die vorhandenen 530 Morgen Gemeindewaldungen ertragen jährlich 100 Klafter und 5500 Stück Wellen, die verkauft und der Erlös mit etwa 1700 fl. zu Gemeindezwecken verwendet werden. Überdieß bestehen etwa 70 Morgen eigentliche, sehr gute und gesunde Weiden, die von der Gemeinde nebst der Brach- und Stoppelweide an einen fremden Schäfer, der den Sommer über 12–1300 Stück Bastard- und spanische Schafe auf der Markung laufen läßt, um 2000 fl. verpachtet werden; die Pferchnutzung trägt 700 fl. jährlich der Gemeindekasse ein.

Die Rindviehzucht ist in gutem Zustande, man sieht hauptsächlich auf rothes Limpurger Vieh, das mit einem Landschlag gekreuzt wird und zu dessen Veredlung zwei bis drei tüchtige Limpurger Zuchtstiere aufgestellt sind. Der Handel mit Vieh auf Märkten ist von Belang, wie auch der Milchverkauf innerhalb der Stadt. Viehaustrieb findet nicht statt. Pferde werden nur wenig gezogen und die Pferdehaltung beschränkt sich auf etwa 45 Stücke.

Von Geflügel zieht man hauptsächlich Gänse und bringt sie zum Verkauf nach außen.

Von besonderen Stiftungen sind zu nennen: eine Stiftung von Kirchenrath v. Strobel mit 1000 fl., deren Zinse zu Lehrgeldern, insbesondere für Verwandte des Stifters, verwendet werden; ferner ein Grundstock von 750 fl., der auf 2000 fl. erhöht werden soll | und von dem dann die Zinse ebenfalls zu Lehrgeldern bestimmt sind. Das Hospitalvermögen beträgt gegenwärtig 8500 fl.

Etwa 1/2 Stunde südlich von Neresheim wird ein zwischen dem Egau- und dem Auernheimer Thal sich kräftig erhebender Vorberg die „Burg“ genannt, und in der Nähe kommt die Benennung „Zwing“ vor; hier stand ohne Zweifel eine Burg, von der übrigens keine Spuren mehr vorhanden sind. Auf der 1/2 Stunde südwestlich von der Stadt gelegenen Flur „auf den Gräbern“ bestand vermuthlich eine Begräbnißstätte.

Unter der 1095–99 in ein Kloster verwandelten Burg Nernistheim (auch Nernestheim, Ernystheim und Erinstein; noch 1452 schreibt eine Urkunde Nernistheim; dann Nöreshaim, schon 1152 z. B., und Nörnishaim) lag eine Ansiedelung, von welcher ein Theil im Besitz des Grundherrn selbst war (predium sui juris) und der geistlichen Stiftung geschenkt wurde; Graf Hartmann von Dillingen der jüngere, des Stifters Sohn, schenkte salicam unam in der nächstgelegenen villa Nernisheim samt einem angrenzenden Walde. Ein anderer Theil des Orts gehörte wohl einer ritterlichen Familie, welche ebenda ihr festes Haus hatte und von welcher z. B. 1220 Marquardus de Nernsheim miles vorkommt, 1251 ein Bertholdus de N. Wieder anderes gehörte bäuerlichen Unfreien, wie z. B. ein Walther (de familia St. Udalrici) 1194 seinem Kloster predium in villa N. schenkte. Noch in späterer Zeit besaß z. B. Hans v. Elchingen einige Güter zu Neresheim 1378; Hans v. Emershofen verkaufte 1446 Wiesen ebenda an Wolfgang v. Hoppingen, der sie 1476 dem Kloster übergab. Einer ehrbaren Familie scheint der Röt v. Neresh. anzugehören, welcher 1330 Äcker zu Ristingen verkaufte.

Das aufblühende Kloster (siehe Dorf Neresheim) verursachte zugleich ein Aufblühen des nahe gelegenen Weilers; es entwickelten sich da verschiedene Gewerbe und ein ansehnlicher Handelsverkehr, so daß der Ort 1343 ein „Markt“ heißt, wahrscheinlich schon einige Zeit Wochenmärkte und einen Jahrmarkt hatte. Zur eben bezeichneten Zeit aber wetteiferten alle Grundherrschaften in Gründung von Städten und Kaiser Ludwig war sehr freigebig mit dergleichen Privilegien. Wir können uns also nicht wundern, wenn auch Neresheim 1350 eine Stadt heißt. Einige Befestigung mag schon der „Markt“ gehabt haben mit Wall und Zaun u. dgl. (denn in der päpstlichen Urkunde von 1298 heißt N. oppidum), jetzt aber wurde eine regelrechte doppelte Ummauerung vorgenommen nebst Graben; drei feste Thore mit Thürmen unterhielten nach allen Seiten hin den Verkehr. 1550 stürzten 160–170 Fuß der „Zwingermauern“ in den „Wassergraben“.

Bei Neresheim, wo einst eine Burg der Gaugrafen gestanden, war der Mittelpunkt eines Gerichtsbezirkes für die nördlichste Spitze | des Brenzgaues und die Grafen von Dillingen übten zugleich die Schirmvogtei über das Kloster und seine Besitzungen in dieser Gegend. Diese Rechte kamen anno 1258 (vgl. VII., 1) an das Bisthum Augsburg, weil aber die Neresheimer Vogtei kurz vorher den Grafen von Oettingen verpfändet worden war, so widersetzten sich diese der Besitzergreifung des Hochstifts mit gewaffneter Hand und besetzten das Kloster samt dem Weiler Neresheim. Als 1263 Friede gemacht wurde, mußten die Grafen zwar die Rechte des Bisthums Augsburg anerkennen, sie jedoch bleiben im Besitz bis zur Bezahlung von 450 Mark Silber. Da nun dieses Geld nicht heimbezahlt wurde, so verblieb den Oettinger Grafen die Klostervogtei und die weltliche Hoheit über alle klösterlichen Besitzungen auf dem Herdtfelde. Sie wußten auch diese Rechte trefflich auszunützen und begründeten dadurch ihre Herrschaft über eine ansehnliche Strecke Landes; vgl. unten die Geschichte des Klosters.

Um die Gerichtsbarkeit und den Klosterschutz zu handhaben, gewiß aber ganz besonders auch um das Kloster zu überwachen und die eigenen Rechte zu wahren, stellten die Grafen in Neresheim einen Vogt auf. (Urkundlich genannt fanden wir 1403 Heinz Jäger, Edelknecht; 1410 Hans-, 1419 Fritz von Schnaitberg, 1449 Fritz von Gravenegg, 1477 Sixt von Gundelsheim, 1477 Rudolf Hack von Hoheneck, 1528–30 und 49 Christof von Horkheim, 1536 Ludwig von Gravenegg …) Zugleich hielten die Grafen auf gutes Einvernehmen mit der Bürgerschaft, um bei den häufigen Zwistigkeiten und Fehden mit dem Kloster an der festen Stadt und ihren waffenfähigen Bürgern einen guten Rückhalt zu haben. Die Bürgerschaft aber lehnte sich gern an den Grafen an, weil sie in Folge der grundherrlichen Rechte und mancherlei Erhebungen des Klosters manchmal in Streit mit demselben kam (z. B. 1466 wollte das Kloster von den Metzgern einen Viehzoll erheben). Aus späterer Zeit wissen wir, daß z. B. 1582 die bewaffneten Bürger in Verbindung mit gräflichen Hakenschützen das Kloster besetzten, um jede Verbindung desselben abzuschneiden. Ohnedieß bei jeder Abtswahl besetzten die Bürger als Schutzwache die Thore.

Daß das altherkömmliche Gericht zu Neresheim wirklich ein Grafenthing war, wird bestätigt durch die Überlieferung, es sei ehemals mit Edelleuten und andern guten Geschlechtern besetzt gewesen und man richtete da über Leben und Tod. Deßwegen stand zu Neresheim Stock und Galgen und dahin mußten auch die adlichen Herrn des Bezirks ihre Malefikanten liefern. Oettingen duldete anderswo kein Hochgericht; vgl. Katzenstein. Späterhin besorgte der Vogt die hohe Justiz in Verbindung mit dem Stadtgericht.

Die Stadtverwaltung wurde besorgt von einem Rath aus zwölf Mitgliedern bestehend, mit zwei Bürgermeistern an der Spitze, | gewählt durch Selbstergänzung unter Theilnahme des Vogts. Vor 1502 sollen es vierundzwanzig Rathsmitglieder gewesen sein, wahrscheinlich aber bestand bis dorthin neben dem bürgerlichen Rath ein besonderes Gericht.

Der Stadtrath übte die niedere Justiz (1/10 der Strafgelder fiel dem Vogte zu), handhabte die Polizei und verwaltete das Stadtvermögen. Von der Herbst- und Mai-Steuer bezog das Kloster 50 Pfund, die Beamten 2 Pfund, vom Umgeld 1/3, von der Nachsteuer die Hälfte und einen kleinen Viehzoll an Jahrmärkten. Dagegen mußte das Kloster zu 1/3 Mauern und Thore der Stadt erhalten helfen.

Wächter und Thorwarte waren streng verpflichtet und im Innern hatte die Stadt manche gute Ordnungen, welche 1536 erneuert wurden. Damals theilte man die Stadt in 4 Viertel mit je 2 Viertelsmeistern und führte eine Feuerlöschordnung ein, die Straßen wurden zuerst unter Abt Melchior Henlin 1584–1616 gepflastert. Ein neues Rathhaus war 1498 gebaut worden, das 1750 einfiel. – Der Stadtkasse gehörte eine Herbst- und Maisteuer, nach Abzug der 50 Pfund fürs Kloster, 2/3 des Umgelds, 1/2 Nachsteuer, ein Bürger- und Pfahlbürgergeld, Wachgeld, Pflasterzoll, Jahrgeld der Juden u. s. w. Gewerbe und Handel erreichten niemals eine besondere Blüthe, darum waren auch die Zünfte (es gab 1) Schneider und Tuchscherer, 2) Metzger, 3) Bierbrauer, 4) Bäcker, 5) Schuhmacher) ohne Bedeutung. Die Mehrzahl der Einwohner (1536 gabs 117 Bürger und 21 Hausgenossen) lebte von der Landwirthschaft. Eine eigene Schranne wurde 1567 errichtet und die Grafen zwangen die Klosterunterthanen, ihre Produkte zuerst in Neresheim feil zu bieten. Dennoch kam die Schranne sehr in Abgang, wollte 1693 neu belebt werden und ebenso 1771, nachdem 1729 eine neue Schrannenordnung auch wenig geholfen hatte.

Über die Schicksale des Orts ist wenig Näheres bekannt. Als König Konrad IV. 1246, 47 und 48 das Kloster feindlich überfiel, hat gewiß auch der Weiler N. Schweres leiden müssen und bei der Fehde 1258–60, als Graf Ludwig von Oettingen seine Ansprüche auf das Kloster und seine Zubehörden mit den Waffen geltend machte, wird es nicht besser gegangen sein. In der Fehde anno 1353 und überhaupt in spätern Zeiten war die jetzt befestigte Stadt ziemlich sicher.

1405 verbrannte fast die ganze Stadt und 32 Menschen kamen dabei um; 1442 bewilligten die Grafen dem Markgrafen Jakob von Baden auf Lebenszeit freie Öffnung zu N. Graf Ulrich von Oettingen verglich 1446 die Stadt mit dem Kloster, im pfälzisch-bayrischen Krieg besetzte Herzog Ludwig von Bayern die Stadt den | 20. April 1462. Im schmalkaldischen Kriege kam Kaiser Karl V. durch N., 25. November 1546; vergl. überhaupt VII., 3.

1570 wurde Neresheim von dem Oettinger Grafen an Schertlin von Burtenbach verpfändet um 10.000 fl., jedoch wieder gelöst. 1629–31 wüthete auch in N. das Hexenfieber; 18 Weibspersonen und 3 Männer wurden zum Tod verurtheilt, andere entflohen und es heißt: man mußte der Sache Einhalt thun, damit nicht das ganze Städtlein draufgehe.

Von den Trübsalen des 30jährigen Kriegs ist oben VII. 3 die Rede gewesen und wie Stadt und Kloster Neresheim 1633–34 im Besitz des schwedischen Generalmajors v. Hofkirchen war. Nach der Nördlinger Schlacht wurde die Stadt geplündert, viele Personen getödtet, Frauen geschändet u. s. w. Mühsam erholte sich das Städtchen wieder von der langen Drangsalszeit.

Die Anstrengungen, welche das Kloster machte, von der öttingschen Schirmvogtei loszukommen, berührten wesentlich auch die Stadt, wo der Abt Mitverpflichtung des Vogts – späterhin „Pflegers“ und Oberamtmanns – in Anspruch nahm, Concurrenz bei Erwählung der Rathsherren, Stadtdiener und des Stadtschreibers; die Diener und Bürger sollen auch dem Abt schwören, dieser will die Stadtrechnung und Heiligenrechnung abhören u. dgl. m. Die Grafen wollten von all dem nichts zugestehn und so gabs Prozeß über Prozeß, bis endlich 1764 ein Vertrag zu Stande kam, durch welchen das Kloster die Stadt N. und verschiedene Landgemeinden an den Fürsten von Oettingen-Wallerstein eigenthümlich abtrat und dagegen für sich und den Rest seiner Besitzungen Reichsunmittelbarkeit zugestanden erhielt. Die Stadt erhielt dabei zur Entschädigung für entgehende Einkünfte von dem an das Kloster abgetretenen Territorium und für die aufhörende Concurrenz des Abts zu städtischen Bauwesen, Faselvieh u. dgl. 2000 fl. Auch wurde ihr das Recht gewahrt, ihr Wasser – gegen den herkömmlichen Wasserzins – aus dem abteilichen Gebiete herzuleiten. An der Spitze von Stadt und Amt blieb der öttingsche Oberamtmann, ein adlicher Herr, für welchen an Ort und Stelle ein Amtsverweser functionirte, mit einem Kastner und Amtsschreiber zur Seite.

Während des Franzosenkriegs 1796 (s. VII. 3) übernachtete Erzherzog Karl von Östreich 2. August im Pfarrhof zu Neresheim. Aus dem 19. Jahrhundert gedenken wir des Übergangs unter bayrische 1806 und 1810 württembergische Hoheit. Ein paar größere Brände waren 1840 (3 Häuser) und 1841 (4 Gebäude).

Ein Badhaus, dem Kloster gehörig, stand ehemals vor der Stadt „beim tiefen Sotbrunnen“, 1446 wollte die Gemeinde ein Bad in der Stadt haben und der Graf sprach: der Abt soll eine neue Badstube errichten, – die z. B. 1524 erwähnt wird.

| Wann der Spital gestiftet und erbaut wurde, ist nicht bekannt. Es bestanden eine Spital- und Siechenpflege und daneben einzelne besondere Armenstiftungen.

Graf Joachim von Oettingen († 1520) forderte zuerst von der Stadt Errichtung einer Schule zu Lehre und Zucht ihrer Kinder; ein neues Schulhaus wurde unter Abt Melchior 1584–1616 erbaut und 1769 eine (lobenswerthe) Instruktion für den Schulmeister entworfen.

Seit wann Israeliten zu Neresheim sind, ist nicht näher bekannt; sie vermehrten sich allmählig und fielen den Einwohnern beschwerlich, weil sie auch die bürgerlichen Nutzungen, Weide u. s. w. genießen wollten. Es wurde deßwegen Graf Wilhelm von Oettingen gebeten 1583, blos 5 haussäßige Juden auf bestimmte Zeit zu dulden, dieser meinte aber, dieses Gesind bringe den Unterthanen überhaupt mehr Schaden als Nutzen und beschloß blos noch 1–2 Haushaltungen zu dulden, welche aber bei Hochzeiten nicht mehr auf dem Rathhaus tanzen dürfen, in der Charwoche kein Ärgerniß geben sollen u. dgl.

Die heutigen Israeliten gehören zur Synagoge in Oberdorf.

Die alte Pfarrkirche der Stadt, der hlg. Jungfrau Maria geweiht, stand außerhalb des Orts, wo heute noch die Gottesackerkirche steht. Es ist wohl die vom Kloster gestiftete, anno 1150 geweihte Capella St. Mariae, welche aber bald zur Pfarrkirche erhoben und 1223 (parrochialis ecclesiae St. Mariae in pede montis sita) dem Kloster incorporirt wurde pleno jure. Die Bürgerschaft stiftete 1449 eine Frühmesse, ausdrücklich für einen Weltpriester, natürlich aber wurde, zumal seit Ummauerung des Orts, der Besuch einer Kirche vor den Thoren höchst lästig und oft gefährlich. Darum erbaute man 1465 die jetzige Stadtpfarrkirche „zur Himmelfahrt Mariä“ und Abt Georg von Nenningen stiftete 1468 eine Mittelmesse, deren Inhaber in der verlassenen Kirche auch gewisse Gottesdienste halten mußte. Die Stadtkaplanei wurde 1748 errichtet.

Im Abtretungsvertrage von 1764 behielt sich das Kloster in der Stadt bevor: den Pfarrsatz, die Kirche und den Pfarrhof samt den Zehenten, die Kapellen zu und bei Neresheim, die Aufstellung des Schulmeisters (unter Mitwirkung des Raths) und des Meßners; das Meßnerhaus, den Zehentstadel und des Klosters Haus in Neresheim, welches damals der Klosterkoch bewohnte. Diese Rechte fielen 1802–03 mit dem Kloster dem Fürsten von Thurn und Taxis zu, welcher 1821 die ehemalige Frühmeßstiftung zu einem Vicariat für die Schloßkirche, d. h. die ehemalige Klosterkirche umgestaltete, jedoch ohne langen Bestand; vgl. Dorf Neresheim.

Neresheim bildete von alten Zeiten her den Mittelpunkt eines augsburgischen Landkapitels. Die Nähe des Klosters und die von | den eifrig katholischen Grafen von Oettingen-Wallerstein geübte Vogtei erhielten die katholische Konfession, nachdem die Reformationsversuche des Grafen Ludwig XV. von Oettingen mißlungen waren. Nur der schwedische General v. Hofkirchen während seines kurzen Besitzes 1632–33 reformirte wirklich und stellte einen evangelischen Prediger auf, welchen aber am 5. August 1634 streifende Croaten in seinem Hause erschossen und den Leichnam in Stücke hieben.

Durch die Verbindung mit Württemberg hat sich allmählig auch ein Gemeindlein von Evangelischen gebildet, welche anfänglich der Pfarrei Schweindorf zugetheilt waren, jetzt der Pfarrverweserei in Kapfenburg.

Die Gallusmühle gehörte einst dem Kloster und war (in Verbindung mit Holz- und Weiderechten) verpachtet, wurde aber neuerer Zeit in Privathände verkauft. Der Namen stammt von einem Pächter Gallus Linse um 1682.

Zu der Gemeinde gehört:

b. Stetten, liegt auf dem Herdtfeld, eine Stunde nordwestlich von Neresheim an der Vicinalstraße von Neresheim nach Elchingen. Der freundliche Ort besteht meist aus einstockigen, weißgetünchten, nicht selten noch mit Stroh gedeckten Bauernwohnungen, welche die Wohlhabenheit der Einwohner, namentlich die der eigentlichen Bauern, verrathen. Die Gebäude sind meist neu und erst nach den Jahren 1846, 1848 und 1853, in denen bedeutende Feuersbrünste vorkamen, erbaut. Die Wohnungen der eigentlichen ursprünglichen Bauern liegen um die Ortshüle herum, die der Söldner aber entfernter, jedoch auch beisammen; selbst die Markung ist in das Bauernfeld und das Söldnerfeld abgetheilt; das der ersteren liegt am Neresheimer Weg und am Maierhäule, das der Söldner am Heuweg und Ebnater Weg. Am südlichen Ende des Orts steht das 1749 von der Gemeinde erbaute hübsche Kirchlein, der h. Maria, St. Florian und Wendelin geweiht; es ist im einfachen Stil gehalten und trägt auf seinem First einen Dachreiter mit zwei kleinen Glocken; im Innern enthält es eine Orgel und drei große mit schönen Ölgemälden geschmückte Zopfaltäre, die sich früher in der Klosterkirche zu Neresheim befanden. Das in der Nähe des Kirchleins stehende freundliche Schulhaus enthält ein Lehrzimmer, die Wohnung des Schulmeisters und ein Zimmer für den Gemeinderath.

An Wasser, insbesondere an gutem Trinkwasser, fehlt es bedeutend, indem nur ein Schöpfbrunnen vorhanden ist, dagegen sind viele Cisternen angelegt; bei anhaltender Trockenheit entsteht daher nicht selten Wassermangel, so daß das Wasser in Ohmenheim oder am Brunnen außerhalb Neresheim geholt werden muß.

Die Einwohner sind geordnete einfache Leute, die sich | ausschließlich vom Feldbau nähren und in günstigen Vermögensverhältnissen befinden, indem der vermöglichste Bürger 362 Morgen, der Mittelmann 100 Morgen und die minder bemittelte Klasse 30 Morgen Grundeigenthum besitzt; nur 2–3 Personen haben bloß 6–8 Morgen und einer Gemeindeunterstützung bedarf Niemand im Ort. Übrigens muß bemerkt werden, daß unter den Gütern viele Wechselfelder sind, die mehrere Jahre lang als Schafweide liegen, und dann erst wieder eingebaut werden; im Übrigen sind die landwirthschaftlichen und natürlichen Verhältnisse wie in Neresheim. Ein namhafter Viehstand (Landrace mit Simmenthaler Kreuzung) wird gehalten und auf der Markung läßt ein fremder Schäfer 8–900 Stück Bastardschafe laufen und entrichtet hiefür 14–1500 fl. an die Gemeindekasse. Die Pferchnutzung gehört zur Hälfte den Gemeinderechtsbesitzern und zur Hälfte der Gemeinde, die jährlich etwa 150 fl. erhält.

Etwa 1/8 Stunde westlich vom Ort zieht schnurgerade die Römerstraße von Heidenheim nach Bopfingen vorüber und wird dort von einem ebenfalls alten, vielleicht römischen Weg, Heuweg auch Heerweg genannt, rechtwinkelig durchkreuzt. Zunächst desselben stand auf den sog. Hofstätten der Ort Eschenbach, der im 30jährigen Krieg abgieng und dessen Bewohner alsdann nach Stetten übersiedelten, ihre Feldungen, das jetzige Söldnerfeld, jedoch beibehielten. Etwa 1/4 Stunde südlich von Stetten wird eine Flur die „Todtenäcker“ genannt, was auf einen ehemaligen Begräbnißplatz schließen läßt und von dieser Stelle nur 1/8 Stunde südlicher wird ein zwischen zwei Thälchen auslaufender Flachrücken „Birkigt“ (d. i. Bürgig) genannt, auf dem schon Bruchstücke von Ziegeln und Mauerreste gefunden wurden; hier stand ohne Zweifel irgend eine Befestigung oder ein Wohnplatz.

Schon 1152 werden unter den Gütern des Kl. Neresheim genannt solche in Stetehim. Einige Gülten daselbst bekam das Kloster Lorch, verkaufte sie aber 1471 an die Kommende Kapfenburg, welche schon 1469 von Simon v. Leonrod auf Trugenhofen etliche Gülten da erworben hatte. Weitaus den größten Theil der Gülten, Gefälle, Dienste u. dergl. bezog jedoch Kloster Neresheim und die Grafen v. Oettingen als Schirmvögte übten die Dorfsherrschaft und erhoben Steuern, bis durch den Vertrag von 1764 das ganze Dorf an Oettingen kam. Die Gemeindeverwaltung besorgten sog. Vierer, alle 2 Jahre neu von der Gemeinde gewählt. 8 Höfe, 24 Selden und 4 Häuser genossen in der Mitte des vorigen Jahrhunderts die Gemeindegerechtigkeit.

Von Erlebnissen ist bekannt, daß St. 1375 in einer Fehde mit Abt Ulrich vom Schenken Andreas von Wittislingen verbrannt wurde, samt Kleinkuchen; derselbe wurde dafür vom Oettinger Grafen enthauptet. Im 30jahrigen Kriege hat auch St. sehr gelitten; statt | 115 communicirender Einwohner anno 1563 waren es anno 1644 noch 21. Nach dem Krieg ist der abgegangene Weiler Eschenbach mit St. vereinigt worden.

1797 entzündete der Blitz eine Brunst, wobei 3 Höfe niederbrannten.

Zu der Kapelle ist eine besondere Pfründe gestiftet, das Beneficiathaus von 1783 ist seit 1842 Schulhaus. Denn von 1815 bis 18 und wieder seit 1835 blieb das Beneficium unbesetzt. Der Ort, vorher zur Pfarrei Auernheim gehörig, wurde seitdem nach Elchingen eingepfarrt.



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