Nach Artikel 174-175 der Bundesverfassung (BV) ist der aus sieben Mitgliedern bestehende Bundesrat die oberste leitende und vollziehende Behörde, d.h. die Exekutive, der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Ihm obliegt die Führung der Aussenpolitik und der Sicherheitspolitik sowie der inneren Angelegenheiten, die nicht im Kompetenzbereich der Kantone liegen. Er erstellt die Staatsrechnung und den Finanzplan (Voranschlag) und überwacht die Haushaltsführung. Im Rahmen der Rechtsetzung leitet er das Vorverfahren der Gesetzgebung (Bundesrecht), unterbreitet der Bundesversammlung Gesetzesentwürfe sowie Bundesbeschlüsse und ist für die Ausarbeitung der Gesetzesvorlagen besorgt. Er erlässt Verordnungen und überwacht, im Rahmen seiner Zuständigkeit, den Vollzug von Gesetzen, Beschlüssen und Justizentscheiden. Zu einer massiven Erweiterung der bundesrätlichen Verantwortlichkeiten war es während und unmittelbar nach den beiden Weltkriegen gekommen. Dieser Kompetenzausbau mittels einer eigentlichen Generalvollmacht der Bundesversammlung, das sogenannte Vollmachtenregime, geschah auf Kosten der Rechte von Parlament und Volk. Erst die 1949 beschlossene Dringlichkeitsklausel (Artikel 89bis aBV, Artikel 165 BV) führte zu einer demokratischen Kontrolle des Bundesrats auch in Situationen, in denen das Notrecht zur Anwendung gelangt.
Trotz des enormen gesellschaftlichen und politischen Wandels ist das 1848 mit dem Bundesstaat begründete Regierungssystem im Wesentlichen bis heute unverändert geblieben. Jeder Bundesrat ist zugleich Regierungsmitglied und Vorsteher eines Departements der Bundesverwaltung. Die rechtlich und fachlich einander gleichgestellten Mitglieder der Landesregierung tragen gemeinsam die Regierungsbeschlüsse als Kollegialbehörde (Kollegialsystem). Konsequenterweise kennt das schweizerische Regierungssystem weder einen Regierungschef noch einen eigentlichen Staatspräsidenten. Der alljährlich wechselnde Bundespräsident ist den anderen Bundesräten praktisch gleichgestellt; er ist nach einer Formulierung aus dem Jahre 1913 Primus inter pares. Ihm kommt in erster Linie die formelle Leitung des Regierungskollegiums zu. Bei offiziellen Staatsbesuchen empfängt nicht er, sondern der Gesamtbundesrat das ausländische Staatsoberhaupt.
In den ersten Jahrzehnten des Bundesstaats stand das Kollegialsystem im Vordergrund. Die einzelnen Sachgeschäfte waren überschaubar, was die Zusammenarbeit erleichterte. Ausserdem wurde das Kollegialsystem durch den Brauch gestärkt, dass der Bundespräsident sein angestammtes Departement im Präsidialjahr verliess und das Politische Departement (heute EDA) übernahm. Diese Regel, die erstmals 1887 für kurze Zeit durchbrochen und nach dem Ersten Weltkrieg endgültig aufgegeben wurde, führte dazu, dass im Bundesratskollegium regelmässig personelle Rotationen stattfanden. Doch schon in den ersten Jahrzehnten des Bundesstaats funktionierte die Kollegialbehörde nicht ideal. Starke Bundesratsfiguren suchten sich ihr Wunschdepartement aus und übernahmen häufiger als andere die Funktion des Bundespräsidenten.
Mit der Totalrevision der BV wurden 1874 die Aufgabenbereiche des Bundes gewaltig ausgeweitet; das Kollegialsystem kam dadurch unter Druck. Die Bundesräte, die von ihrer eigenen Departementsführung ausgelastet waren, vermochten immer weniger in der Departementspolitik ihrer Kollegen mitzureden. Die Ausweitung der Staatstätigkeiten während des Ersten Weltkriegs verschärfte diese Entwicklung; das ursprüngliche Kollegialsystem, das sich in einer latenten Krise befand, wurde de facto durch ein Ministerialsystem ersetzt.
Um ein neues Gleichgewicht zwischen Regieren und Verwalten herzustellen, wurden ab Ende der 1960er Jahre verschiedene Regierungsreformen eingeleitet. Bedeutende Schritte, die aber an den Grundstrukturen des Regierungssystems nichts änderten, waren der Ausbau der Bundeskanzlei (Bundeskanzler) und der Parlamentsdienste sowie die Einführung von Staatssekretären. Kurz vor Beginn des 700-Jahr-Jubiläums der Eidgenossenschaft 1991 machte sich in weiten Kreisen das Gefühl breit, dass das bisherige Regierungssystem überholt sei. Der Bundesrat legte eine Botschaft für ein Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vor, das vom Volk 1996 vor allem wegen der vorgesehenen zusätzlichen Staatssekretäre verworfen wurde. Die Diskussion ist noch im Gang.
Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern weist die personelle Zusammensetzung der Schweizer Regierung eine grosse Stabilität auf. Die Bundesräte werden einzeln durch die Bundesversammlung gewählt. Nach Gesamterneuerungswahlen des Nationalrats müssen sie jeweils auf eine Amtszeit von vier Jahren gewählt oder bestätigt werden. Der Misstrauensantrag fehlt als politisches Instrument, sodass die Regierungsmitglieder den Zeitpunkt ihrer Demission weitgehend selbst bestimmen. In seltenen Fällen haben indessen Skandale, Abstimmungsniederlagen oder Pressionen von aussen sowie von Seiten des Parlaments und der Fraktionen zur Abwahl (Ulrich Ochsenbein, Jean-Jacques Challet, Ruth Metzler-Arnold, Christoph Blocher) oder zum vorzeitigen Rücktritt (u.a. Emil Welti, Arthur Hoffmann, Heinrich Häberlin, Jean-Marie Musy, Marcel Pilet-Golaz, Max Weber, Paul Chaudet, Elisabeth Kopp) eines Bundesrats geführt.
Mitglieder des Bundesrats
a Bis 1987 Bürgerort entscheidend, seither Wohnort. Bei Mitgliedern der Bundesversammlung, kantonaler Regierungen oder Parlamente ist seit 1987 der Kanton massgebend, in dem sie gewählt wurden.
b Die Parteibezeichnungen richten sich nach den heute verwendeten Namen. FDP: Freisinnig-Demokratische Partei; CVP: Christlichdemokratische Volkspartei; LPS: Liberale Partei der Schweiz; SVP: Schweizerische Volkspartei; SP: Sozialdemokratische Partei; BDP: Bürgerlich-Demokratische Partei.
Bis 1999 enthielt die BV eine Klausel, nach welcher pro Kanton nur ein Mitglied im Bundesrat vertreten sein durfte. Im Februar 1999 beschlossen Volk und Stände den Ersatz der sogenannten Kantonsklausel durch eine flexiblere Verfassungsbestimmung. Sie fordert nunmehr die angemessene Vertretung der Sprachgemeinschaften und Regionen in der Landesregierung. Seit 1848 haben sich ausserhalb der Verfassungsvorgaben Traditionen und Spielregeln entwickelt, die zu eigentlichen Auswahlkriterien geworden sind. Auf diese Weise konnten die unterschiedlichen Minderheiten in das Regierungssystem integriert werden. Ein massgeblicher Faktor bei den Bundesratswahlen war aber stets die Parteizugehörigkeit. Die Sonderbundswirren von 1847 hatten zur Folge, dass die radikal-liberalen Mehrheitsparteien der katholisch-konservativen Opposition Spitzenpositionen im Bundesstaat zunächst vorenthielten. Als Emil Welti 1891 – nachdem das Volk die Vorlage zur Verstaatlichung der Eisenbahnen verworfen hatte – überraschend zurücktrat, fing die freisinnige Regierungspartei die Staatskrise durch die Wahl des katholisch-konservativen Luzerners Josef Zemp zum ersten Bundesrat aus den Reihen der bisherigen Opposition auf. 1919 erhielten die Katholisch-Konservativen einen zweiten Sitz. 1929 nahm auch die agrarische BGB mit Rudolf Minger Einsitz in der Landesregierung. Im gleichen Jahr bewarb sich erstmals ein Vertreter der SP vergeblich um einen Sitz. In den 1930er Jahren scheiterten Kandidaturen der SP mehrfach, und erst 1943 trat mit Ernst Nobs der erste Sozialdemokrat in die Landesregierung ein. Nach einer kurzen Regierungskrise infolge des überraschenden Rücktritts von Max Weber (SP) erreichten die Freisinnigen 1953 nochmals vier Sitze, bevor eine katholisch-konservative und sozialdemokratische Wahlallianz 1954 die Formel 3:3:1 durchsetzte. Der Rücktritt von vier Bundesräten im Jahr 1959 schuf die Voraussetzungen für eine Umkrempelung der parteipolitischen Regierungszusammensetzung. Unter der Führung der CVP entstand die Zauberformel, die 2003 durch die Wahl eines zweiten SVP-Bundesrats zu Lasten der CVP modifiziert wurde.
Das sprachliche Gleichgewicht in der Zusammensetzung der Landesregierung war in der mehrsprachigen Schweiz stets von grösster Bedeutung. Dabei spielte sich zwischen der deutschsprachigen Mehrheit (2000 63,7% der Schweizer Bevölkerung) und den lateinischen Minderheiten (französisch, italienisch und rätoromanisch) die Formel 5:2 oder 4:3 ein. Eine klare Untervertretung der lateinischen Minderheiten (einer von sieben) existierte bisher nur 1876-1880. Häufiger aber war die lateinische Schweiz mit zwei oder drei Vertretern im Bundesrat überrepräsentiert. Vom Ersten Weltkrieg an verfügte die italienische Schweiz, von kurzen Perioden abgesehen (1951-1954, 1960-1966, 1974-1986, 1999-2017), stets über einen Sitz in der Exekutive.
Im Vergleich zur Sprache spielte der konfessionelle Faktor bei den Bundesratswahlen im 20. Jahrhundert eine geringere Rolle. Die Katholiken bildeten im 19. Jahrhundert klar die Minderheit und stellten normalerweise zwei Sitze. Mit dem Eintritt der Katholisch-Konservativen in die Landesregierung wurde die Vertretung der Katholiken in der Regel durch diese Partei wahrgenommen. Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts wurde die Konfession zunehmend zu einem parteiunabhängigeren Element der Regierungszusammensetzung. 1993 wurde mit Ruth Dreifuss erstmals eine Bundesrätin jüdischer Herkunft gewählt.
Die Frauen sind in den eidgenössischen Räten seit 1971 vertreten. 1983 war die Sozialdemokratin Lilian Uchtenhagen erste offizielle Bundesratskandidatin, doch erst 1984 wurde mit der Zürcher Freisinnigen Elisabeth Kopp die erste Frau in den Bundesrat gewählt. 1999 erreichten die Frauen mit der christlichdemokratischen Ruth Metzler-Arnold neben der Sozialdemokratin Ruth Dreifuss erstmals einen zweiten Sitz, den sie 2003 mit der Nicht-Wiederwahl von Bundesrätin Metzler-Arnold wieder verloren. Seit 2006 zählt der Bundesrat immer mindestens zwei Frauen und 2010-2011 stellten vier Bundesrätinnen erstmals die Mehrheit im Gremium.